Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Okt. 2011 - 5 StR 378/11

bei uns veröffentlicht am26.10.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 378/11

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 26. Oktober 2011
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Oktober 2011

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 24. Mai 2011 gemäß § 349 Abs. 4 StPO im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in fünf Fällen und des sexuellen Missbrauchs eines Kindes in 152 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit versuchtem schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes schuldig ist.
Die weitergehende Revision des Angeklagten wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dadurch der Nebenklägerin entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten „wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in 170 Fällen, davon in fünf Fällen des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes und in einem Fall des versuchten schweren sexu- ellen Missbrauchs eines Kindes“ – unter Teilfreispruch im Übrigen – zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt (Einzelstrafen : 1. Tat: Geldstrafe; 45 Taten nach § 176 Abs. 1 StGB der ersten Tatserie: jeweils neun Monate Freiheitsstrafe; 118 Taten nach § 176 Abs. 1 StGB der zweiten Tatserie: jeweils ein Jahr Freiheitsstrafe; eine Tat nach § 176a Abs. 1 Nr. 1, § 22 StGB: ein Jahr und drei Monate Freiheitsstrafe; fünf Taten nach § 176a Abs. 1 Nr. 1 StGB: jeweils ein Jahr und neun Monate Freiheitsstrafe). Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den über den Antrag des Generalbundesanwalts hinausgehenden, aus der Beschlussformel ersichtlichen geringfügigen Teilerfolg.
2
Das Landgericht hat die Anzahl der Taten zu hoch veranschlagt. Nach den Feststellungen wurde die erste Tat im Juli 1997 begangen, die darauf folgenden Taten innerhalb zweier Zeiträume von August 1997 bis 15. März 1998 und vom 1. Januar 1999 bis 29. Juli 2000. Das Landgericht geht auf der Grundlage der Angaben der Nebenklägerin zugunsten des Angeklagten von einer Tatfrequenz von jeweils zwei Taten in der Woche aus und bringt die Ferienzeiten, in denen sich die Nebenklägerin in einem Ferienlager , bei ihrem leiblichen Vater oder ihrer Großmutter aufhielt, sowie die Zeit einer Erkrankung der Nebenklägerin, in der keine Übergriffe stattfanden, in Abzug. Vor dem Hintergrund, dass eine nähere Konkretisierung der dem Angeklagten vorgeworfenen Sexualstraftaten nicht möglich war und insbesondere weitergehende Feststellungen zu Frequenz, Häufigkeit oder zeitlichen Abständen zwischen einzelnen Rechtsverstößen nicht getroffen werden konnten, durften indes „angebrochene“ Kalenderwochenzur Ermittlung der absoluten Zahl der stattgefundenen Übergriffe nicht herangezogen werden.
3
Über den auf denselben Überlegungen beruhenden Antrag des Generalbundesanwalts hinaus zieht der Senat zwei weitere Wochen von den Tatzeiträumen ab, und zwar zum einen eine Woche ausgehend von der Erwägung , dass die zweiwöchige Krankheitszeit der Nebenklägerin jeweils während des Verlaufs einer Kalenderwoche begonnen und geendet haben kann, und zum anderen die 18. Kalenderwoche 2000, in der sich unmittelbar an die Osterferien der Maifeiertag (Montag) anschloss. Die Abzüge gegenüber den von der Strafkammer abgeurteilten Taten betreffen fünf Taten des ersten Tatzeitraums (jeweils neun Monate Freiheitsstrafe) und acht Taten des zweiten Tatzeitraums (jeweils ein Jahr Freiheitsstrafe); die jeweiligen Einzelstrafen entfallen.
4
Der Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe bleibt von der Schuldspruchänderung unberührt. Der Senat schließt in Anbetracht der Vielzahl der übrigen in die Gesamtstrafe einzubeziehenden Einzelstrafen und angesichts der deutlich an der Höhe der Einsatzstrafen orientierten Gesamtstrafe aus, dass sich der Wegfall der bezeichneten Einzelstrafen auf den Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe ausgewirkt hat.
5
Eines weiteren Teilfreispruchs bedarf es angesichts des bereits im angefochtenen Urteil ergangenen Teilfreispruchs, der nunmehr auch die zusätzlich weggefallenen Taten umfasst, nicht.
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Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Okt. 2011 - 5 StR 378/11 zitiert 4 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 176 Sexueller Missbrauch von Kindern


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer 1. sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,2. ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer d

Strafgesetzbuch - StGB | § 22 Begriffsbestimmung


Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

Strafgesetzbuch - StGB | § 176a Sexueller Missbrauch von Kindern ohne Körperkontakt mit dem Kind


(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer 1. sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,2. ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 176 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 mit Strafe bedroht ist, oder
3.
auf ein Kind durch einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) oder durch entsprechende Reden einwirkt.

(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.

(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 strafbar. Bei Taten nach Absatz 1 Nummer 3 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 176 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 mit Strafe bedroht ist, oder
3.
auf ein Kind durch einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) oder durch entsprechende Reden einwirkt.

(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.

(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 strafbar. Bei Taten nach Absatz 1 Nummer 3 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.