Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Okt. 2016 - 5 StR 234/16

bei uns veröffentlicht am26.10.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 234/16
vom
26. Oktober 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Körperverletzung
ECLI:DE:BGH:2016:261016B5STR234.16.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Oktober 2016 beschlossen :
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kiel vom 16. Oktober 2015 im Strafausspruch dahin klargestellt, dass der Angeklagte unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Neumünster vom 6. Mai 2011 sowie der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Kiel vom 29. April 2015 unter Auflösung der dort nachträglich gebildeten Gesamtgeldstrafe zu einer Gesamtgeldstrafe von 250 Tagessätzen zu je zehn Euro verurteilt ist. 2. Darüber hinaus wird das Urteil im Adhäsionsausspruch nach § 349 Abs. 4 StPO wie folgt neu gefasst:
a) Der Schmerzensgeldanspruch der Nebenklägerin aufgrund der in der Zeit von September 2010 bis Februar 2011 zu ihrem Nachteil vom Angeklagten begangenen drei Straftaten ist dem Grunde nach gerechtfertigt;
b) es wird festgestellt, dass der Schmerzensgeldanspruch aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen herrührt. Im Übrigen wird von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag der Nebenklägerin gegen den Angeklagten abgesehen.
3. Die weitergehende Revision wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
4. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels, die der Neben- und Adhäsionsklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen und die im Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung in drei Fällen unter Einbeziehung der in der Beschlussformel genannten Strafen zu einer Gesamtgeldstrafe von 250 Tagessätzen zu je zehn Euro verurteilt, von denen 90 Tagessätze als Entschädigung für die rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung als vollstreckt gelten. Darüber hinaus hat es den Angeklagten verurteilt, an die Adhäsionsklägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 8.000 Euro (nebst Zinsen) zu zahlen, und festgestellt, dass er verpflichtet ist, ihr alle aus den zu ihrem Nachteil begangenen Straftaten entstehenden immateriellen und materiellen Schäden zu ersetzen. Schließlich hat es festgestellt, dass diese Forderungen aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung herrühren.
2
Die auf eine Verfahrens- und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten ist nur hinsichtlich des Adhäsionsausspruchs entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts erfolgreich.
3
1. Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte an der Adhäsions - und Nebenklägerin, die im Tatzeitraum der Prostitution nachging, in drei Fällen gegen ihren Willen den Analverkehr durchführte, was für sie mit erhebli- chen Schmerzen und Verletzungen am After verbunden war. Das Landgericht vermochte nicht festzustellen, dass die Taten darüber hinaus die Voraussetzungen des § 177 Abs. 1 StGB erfüllten.
4
2. Die Revision des Angeklagten ist zum Schuld- und Strafausspruch unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO). Hinsichtlich der Rüge der Verletzung des § 171b Abs. 3 Satz 2 StPO weist der Senat ergänzend zur Stellungnahme des Generalbundesanwalts darauf hin, dass ein Beruhen des Urteils auf dem geltend gemachten Verfahrensfehler schon deshalb ausgeschlossen ist, weil der Angeklagte in allen Fällen nur wegen Körperverletzung verurteilt wurde. Erkenntnisse über die sexuellen Vorlieben des Angeklagten aus der auf seinen Antrag unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgten Vernehmung der Zeugin B. spielten bei der Strafzumessungsentscheidung des Landgerichts keine Rolle.
5
3. Demgegenüber enthält die Adhäsionsentscheidung durchgreifende Rechtsfehler und kann deshalb keinen Bestand haben. Aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts ändert der Senat die Adhäsionsentscheidung wie aus der Beschlussformel ersichtlich ab. Eine Verantwortlichkeit des Angeklagten neben weiteren Beteiligten für die posttraumatische Belastungsstörung ist nicht rechtsfehlerfrei festgestellt.
Sander Schneider König
Berger Bellay

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 177 Sexueller Übergriff; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung


(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freihei

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.