Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 128/00

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 18. April 2000
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. April 2000 beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Leipzig vom 15. November 1999 nach § 349 Abs. 4
StPO im Strafausspruch aufgehoben, soweit es den Angeklagten
betrifft.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als
unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des
Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
G r ü n d e :
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei
zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt.
Daneben hat es die sichergestellten Zigaretten eingezogen und für beim
Angeklagten weiterhin sichergestellte 60.200 DM den Verfall angeordnet. Die
Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge hinsichtlich des Strafausspruchs
Erfolg. Im übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von
Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte sich der Angeklagte
vor dem 30. Juni 1999 von unbekannten Lieferanten mehr als 3,5 Millionen
Stück unverzollter und unversteuerter Zigaretten verschafft, um sie in der
Folgezeit mit Gewinn weiterzuverkaufen. Einen Teil der Zigaretten wollte er
am 30. Juni 1999 auf einem Markt verkaufen, was von Zollbeamten bemerkt
wurde. Die von dem Angeklagten mitgeführten Zigaretten sowie ein Betrag
von 9.685 DM wurden sichergestellt. Bei einer anschließenden Wohnungsdurchsuchung
wurden in der Küche der Wohnung des Angeklagten weitere
50.515 DM aufgefunden, die in Aluminiumfolie verpackt und in der Dunstabzugshaube
versteckt worden waren. Das Landgericht hat aus diesem Betrag
– unter Zugrundelegung eines Gewinns für den Angeklagten von drei DM pro
Stange Zigaretten – die Menge weiterer Zigaretten errechnet, die sich der
Angeklagte neben den sichergestellten und den am 30. Juni 1999 bereits
verkauften Zigaretten verschafft hatte, und hat auch diese Zigaretten der
Verurteilung zugrunde gelegt.
1. Der Schuldspruch wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei gemäß
§ 373 Abs. 1, § 374 Abs. 1 AO weist keinen Rechtsfehler auf.
Insbesondere ist es rechtlich nicht zu beanstanden, daß das Landgericht
im Rahmen der Beweiswürdigung, die sich auf ausreichende Indizien
stützt, zu dem Schluß gekommen ist, daß das in der Dunstabzugshaube aufgefundene
Geld dem Angeklagten zuzurechnen sei und aus dem Handel mit
unverzollten und unversteuerten Zigaretten stamme.
2. Die Beweiswürdigung hält jedoch insoweit rechtlicher Nachprüfung
nicht stand, als das Landgericht ohne weiteres davon ausgegangen ist, daß
es sich bei dem in der Dunstabzugshaube aufgefundenen Geld (ausschließlich
) um den Gewinn des Angeklagten aus dem Handel mit unversteuerten
und unverzollten Zigaretten handelt. Die Stückelung des Geldbetrages – bis
auf einen Zweihundertmarkschein lediglich kleinere Beträge – deutet darauf
hin, daß es sich hierbei um die Umsatzerlöse aus Zigarettenverkäufen handelt.
Um den dem Angeklagten verbliebenen Gewinn könnte es sich nur
dann handeln, wenn der Angeklagte nach den Zigarettenverkäufen von den
Umsatzerlösen Geldbeträge – z. B. zur Bezahlung seiner eigenen Lieferan-
ten – entnommen hätte. Dafür fehlen jedoch ausreichende Anhaltspunkte.
Die Annahme, es handele sich um den Gewinn des Angeklagten, stellt eine –
nicht näher begründete – Vermutung des Tatrichters dar. Das Urteil des
Landgerichts beruht insoweit auf einer nicht tragfähigen Grundlage (vgl.
BGHR § 261 – Überzeugungsbildung 26 m.w.N.). Der Senat schließt aus,
daß hierzu noch weitere Feststellungen getroffen werden können. Bei den
verbleibenden Zweifeln ist zugunsten des Angeklagten davon auszugehen,
daß es sich bei dem aufgefundenen Geldbetrag um die Verkaufserlöse des
Angeklagten und nicht lediglich um seinen Gewinn handelt. Damit ergibt sich
ein erheblich niedrigerer Schuldumfang. Der neue Tatrichter wird die vom
Angeklagten beschaffte Zigarettenmenge auf der Basis des in der Dunstabzugshaube
versteckten Geldbetrages unter Zugrundelegung der Zigarettenverkaufspreise
des Angeklagten neu zu schätzen haben (zur Schätzung vgl.
BGH wistra 1999, 426).
3. Weder die Einziehung der sichergestellten Zigaretten gemäß § 375
Abs. 2 Nr. 1 AO noch der nach § 73 StGB angeordnete Verfall des sichergestellten
Geldes begegnet rechtlichen Bedenken.
Harms Häger Basdorf
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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 73 Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einzieh

Abgabenordnung - AO 1977 | § 374 Steuerhehlerei


(1) Wer Erzeugnisse oder Waren, hinsichtlich deren Verbrauchsteuern oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union hinterzogen oder Bannbruch nach § 372 Abs. 2, § 373 begangen worden ist, ankauft oder sonst s

Abgabenordnung - AO 1977 | § 373 Gewerbsmäßiger, gewaltsamer und bandenmäßiger Schmuggel


(1) Wer gewerbsmäßig Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben hinterzieht oder gewerbsmäßig durch Zuwiderhandlungen gegen Monopolvorschriften Bannbruch begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist

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bei uns veröffentlicht am 18.04.2000

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer gewerbsmäßig Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben hinterzieht oder gewerbsmäßig durch Zuwiderhandlungen gegen Monopolvorschriften Bannbruch begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
eine Hinterziehung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben oder einen Bannbruch begeht, bei denen er oder ein anderer Beteiligter eine Schusswaffe bei sich führt,
2.
eine Hinterziehung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben oder einen Bannbruch begeht, bei denen er oder ein anderer Beteiligter eine Waffe oder sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand eines anderen durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung der Hinterziehung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben oder des Bannbruchs verbunden hat, eine solche Tat begeht.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) § 370 Abs. 6 Satz 1 und Abs. 7 gilt entsprechend.

(1) Wer Erzeugnisse oder Waren, hinsichtlich deren Verbrauchsteuern oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union hinterzogen oder Bannbruch nach § 372 Abs. 2, § 373 begangen worden ist, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder abzusetzen hilft, um sich oder einen Dritten zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Handelt der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach Absatz 1 verbunden hat, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) § 370 Absatz 6 und 7 gilt entsprechend.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.