Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Apr. 2016 - 5 StR 118/16

bei uns veröffentlicht am19.04.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 118/16
vom
19. April 2016
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:190416B5STR118.16.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. April 2016 beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 4. Dezember 2015 unter Aufrechterhaltung der Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Einbeziehung einer Freiheitsstrafe aus einem anderen Urteil wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten mit der Rüge der Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts im Wesentlichen Erfolg.
2
1. Allerdings begegnet die tatgerichtliche Wertung, der Angeklagte habe mit bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt, keinen durchgreifenden Bedenken. Der Angeklagte hat dem Opfer das Messer nicht nur in den Unterleib gestoßen und ihm dadurch lebensbedrohliche Verletzungen beigebracht. Er hat darüber hinaus auch geäußert, dass er das Opfer „abgestochen“ habe.
3
2. Hingegen sind die Feststellungen des Landgerichts zur Frage des Rücktritts vom Totschlagsversuch unzureichend. Sie beschränken sich darauf, das Opfer sei nach Zufügung der Verletzungen aufgestanden und zu seinem Nachbarn geflohen. Hieraus ergibt sich indes nicht, ob der Versuch beendet, unbeendet oder gar fehlgeschlagen war.
4
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs erfasst auch die für sich genommen rechtsfehlerfreie Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung und zieht die Aufhebung der Rechtsfolgenentscheidung nach sich. Die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen können bestehen bleiben. Sie können ergänzt werden, wenn die neuen Feststellungen den bisherigen nicht widersprechen.
5
4. Der Senat weist darauf hin, dass die Voraussetzungen des vom Landgericht angenommenen vertypten Milderungsgrundes nach § 46a Nr. 1 StGB nach dessen Feststellungen nicht vorliegen.
Sander Dölp König
Berger Bellay

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Apr. 2016 - 5 StR 118/16

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Apr. 2016 - 5 StR 118/16

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Apr. 2016 - 5 StR 118/16 zitiert 2 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 46a Täter-Opfer-Ausgleich, Schadenswiedergutmachung


Hat der Täter 1. in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt oder2. in einem Fall, in welchem die

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Hat der Täter

1.
in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt oder
2.
in einem Fall, in welchem die Schadenswiedergutmachung von ihm erhebliche persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht erfordert hat, das Opfer ganz oder zum überwiegenden Teil entschädigt,
so kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern oder, wenn keine höhere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu dreihundertsechzig Tagessätzen verwirkt ist, von Strafe absehen.