Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Dez. 2007 - 4 StR 541/07

bei uns veröffentlicht am18.12.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 541/07
vom
18. Dezember 2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.
hier: Revisionen der Nebenkläger
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 18. Dezember 2007
gemäß § 349 Abs. 1 StPO beschlossen:
Die Revisionen der Nebenkläger gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 18. Juni 2007 werden als unzulässig verworfen. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 24. Oktober 2007 ausgeführt: "I. Das Landgericht hat die Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung und mit Freiheitsberaubung verurteilt, und zwar den Angeklagten G. zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, den Angeklagten S. zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr. Mit Schreiben vom 4. Oktober 2005 erklärten die Nebenkläger über ihre damaligen Bevollmächtigten, die Rechtsanwälte Claudia H. -M. und Johannes F. , dass sie sich der erhobenen Anklage anschließen (Bd. II S. 397f.). Die Anschlusserklärung wurde durch eine E-Mail der Nebenkläger vom 14. Januar 2007 wiederholt (Bd. IV S. 799). Die Nebenklägervertreterin , Rechtsanwältin H. -M. , gab auf Nachfrage des Vorsitzenden telefonisch bekannt, dass kein Kontakt mehr zu den Nebenklägern bestehe und das Mandatsverhältnis beendet sei (Bd. III S. 742).
Mit Beschluss des Landgerichts vom 13. Februar 2007 wurde die Nebenklage zugelassen. Der Nebenklägerin wurde unter Bewilligung von Prozesskostenhilfe Rechtsanwältin Dr. K. und dem Nebenkläger Rechtsanwalt Ku. beigeordnet (Bd. IV S. 822f.). Die Nebenkläger erschienen zu den Hauptverhandlungsterminen am 5. Juni, 12. Juni und 18. Juni 2007, zu denen sie geladen wurden (Bd. IV S. 825), nicht. Rechtsanwältin Dr. K. und Rechtsanwalt Ku. nahmen an allen Verhandlungsterminen teil. Im Termin am 18. Juni 2007 wurde das Urteil gegen die Angeklagten verkündet. Die Angeklagten, die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, die Verteidiger und die Vertreter der Nebenklage erklärten Rechtsmittelverzicht (Bd. V S. 1019). Mit EMail vom 27. Juni 2007, eingegangen beim Landgericht Essen am selben Tag, haben die Nebenkläger „... gegen die ergangenen und uns bis heute unbekannten Urteile zum o. Aktenzeichen Widerspruch bzw. Einspruch ...“ eingelegt (Bd. V S. 1046ff.). II. Die Revision der Nebenkläger ist wegen verspäteter Einlegung unzulässig (§ 341 Abs. 1 StPO). Ob der von den Nebenklägervertretern erklärte Rechtsmittelverzicht die Nebenkläger selbst bindet, bedarf deshalb keiner Entscheidung durch den Senat. 1. Der eingelegte „Widerspruch bzw. Einspruch“ gegen das Urteil des Landgerichts Essen ist als Rechtsmittel der Revision auszulegen (§ 300 StPO). 2. Nach § 401 Abs. 2 Satz 1 StPO beginnt die einwöchige Frist des § 341 Abs. 1 StPO für den Nebenkläger, der in der Hauptverhandlung anwesend oder durch einen Anwalt vertreten war, mit der Verkündung des Urteils. Aus der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks 7/551, S. 93f.) wird deutlich, dass der Gesetzgeber den Beginn der Rechtsmittelfrist mit der Urteilsverkündung für denjenigen Prozessbeteiligten, der seinen Anschluss als Nebenkläger erklärt hat, nicht auf die Fälle beschränkt wissen wollte, in denen die Funktion der Nebenklage auch tatsächlich ausgeübt wird, sondern dass es allein darauf
ankommt, ob der Nebenkläger tatsächlich im Termin anwesend oder vertreten war, von ihm daher erwartet werden kann, dass er sich nach dem Ausgang des Verfahrens erkundigt und, falls er dies für zweckdienlich erachtet, innerhalb der Wochenfrist Rechtsmittel einlegt (vgl. auch OLG Hamm, Beschluss vom 1. März 1978 - 3 Ss 120/78). Nur dann, wenn der Nebenkläger in der Hauptverhandlung überhaupt nicht anwesend oder vertreten gewesen ist, beginnt die Frist mit der Zustellung der Urteilsformel an ihn (§ 401 Abs. 2 S. 2 StPO). Im vorliegenden Fall wurden die Nebenkläger in allen Terminen durch die vom Landgericht mit Beschluss vom 13. Februar 2007 beigeordneten Rechtsanwälte Dr. K. und Ku. vertreten. Lediglich Zustellungen können, wie sich aus § 397 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 378 Satz 2 StPO ergibt, nur dann an den Rechtsanwalt mit rechtlicher Wirkung für den Nebenkläger erfolgen, wenn sich eine schriftliche Vollmacht bei den Akten befindet. Die Verkündung des Urteils in Anwesenheit der Nebenklägervertreter setzte deshalb die Wochenfrist des § 341 Abs. 1 StPO in Gang. Fristende war somit gemäß § 43 Abs. 1 StPO am Montag, 25. Juni 2007, 24.00 Uhr. Die am 27. Juni 2007 per E-Mail durch die Nebenkläger erfolgte Revisionseinlegung war damit, unabhängig von der Frage, ob die Schriftform gewahrt ist, verspätet. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde nicht gestellt."
2
Dem tritt der Senat bei.
Tepperwien Kuckein Athing
Ernemann Sost-Scheible

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Referenzen - Gesetze

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 300 Falschbezeichnung eines zulässigen Rechtsmittels


Ein Irrtum in der Bezeichnung des zulässigen Rechtsmittels ist unschädlich.

Strafprozeßordnung - StPO | § 341 Form und Frist


(1) Die Revision muß bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, binnen einer Woche nach Verkündung des Urteils zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt werden. (2) Hat die Verkündung des Urteils nicht in Anwesenheit des A

Strafprozeßordnung - StPO | § 43 Berechnung von Wochen- und Monatsfristen


(1) Eine Frist, die nach Wochen oder Monaten bestimmt ist, endet mit Ablauf des Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat; fehlt dieser Tag in dem letzten Mo

Strafprozeßordnung - StPO | § 401 Einlegung eines Rechtsmittels durch den Nebenkläger


(1) Der Rechtsmittel kann sich der Nebenkläger unabhängig von der Staatsanwaltschaft bedienen. Geschieht der Anschluß nach ergangenem Urteil zur Einlegung eines Rechtsmittels, so ist dem Nebenkläger das angefochtene Urteil sofort zuzustellen. Die Fri

Strafprozeßordnung - StPO | § 378 Beistand und Vertreter des Privatklägers


Der Privatkläger kann im Beistand eines Rechtsanwalts erscheinen oder sich durch einen Rechtsanwalt mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht vertreten lassen. Im letzteren Falle können die Zustellungen an den Privatkläger mit rechtlicher Wirkung an de

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Revision muß bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, binnen einer Woche nach Verkündung des Urteils zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt werden.

(2) Hat die Verkündung des Urteils nicht in Anwesenheit des Angeklagten stattgefunden, so beginnt für diesen die Frist mit der Zustellung, sofern nicht in den Fällen der §§ 234, 329 Absatz 2, § 387 Absatz 1, § 411 Absatz 2 und § 434 Absatz 1 Satz 1 die Verkündung in Anwesenheit des Verteidigers mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht stattgefunden hat.

Ein Irrtum in der Bezeichnung des zulässigen Rechtsmittels ist unschädlich.

(1) Der Rechtsmittel kann sich der Nebenkläger unabhängig von der Staatsanwaltschaft bedienen. Geschieht der Anschluß nach ergangenem Urteil zur Einlegung eines Rechtsmittels, so ist dem Nebenkläger das angefochtene Urteil sofort zuzustellen. Die Frist zur Begründung des Rechtsmittels beginnt mit Ablauf der für die Staatsanwaltschaft laufenden Frist zur Einlegung des Rechtsmittels oder, wenn das Urteil dem Nebenkläger noch nicht zugestellt war, mit der Zustellung des Urteils an ihn auch dann, wenn eine Entscheidung über die Berechtigung des Nebenklägers zum Anschluß noch nicht ergangen ist.

(2) War der Nebenkläger in der Hauptverhandlung anwesend oder durch einen Anwalt vertreten, so beginnt für ihn die Frist zur Einlegung des Rechtsmittels auch dann mit der Verkündung des Urteils, wenn er bei dieser nicht mehr zugegen oder vertreten war; er kann die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist nicht wegen fehlender Rechtsmittelbelehrung beanspruchen. Ist der Nebenkläger in der Hauptverhandlung überhaupt nicht anwesend oder vertreten gewesen, so beginnt die Frist mit der Zustellung der Urteilsformel an ihn.

(3) Hat allein der Nebenkläger Berufung eingelegt, so ist diese, wenn bei Beginn einer Hauptverhandlung weder der Nebenkläger noch für ihn ein Rechtsanwalt erschienen ist, unbeschadet der Vorschrift des § 301 sofort zu verwerfen. Der Nebenkläger kann binnen einer Woche nach der Versäumung unter den Voraussetzungen der §§ 44 und 45 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beanspruchen.

(4) Wird auf ein nur von dem Nebenkläger eingelegtes Rechtsmittel die angefochtene Entscheidung aufgehoben, so liegt der Betrieb der Sache wiederum der Staatsanwaltschaft ob.

(1) Die Revision muß bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, binnen einer Woche nach Verkündung des Urteils zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt werden.

(2) Hat die Verkündung des Urteils nicht in Anwesenheit des Angeklagten stattgefunden, so beginnt für diesen die Frist mit der Zustellung, sofern nicht in den Fällen der §§ 234, 329 Absatz 2, § 387 Absatz 1, § 411 Absatz 2 und § 434 Absatz 1 Satz 1 die Verkündung in Anwesenheit des Verteidigers mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht stattgefunden hat.

(1) Der Rechtsmittel kann sich der Nebenkläger unabhängig von der Staatsanwaltschaft bedienen. Geschieht der Anschluß nach ergangenem Urteil zur Einlegung eines Rechtsmittels, so ist dem Nebenkläger das angefochtene Urteil sofort zuzustellen. Die Frist zur Begründung des Rechtsmittels beginnt mit Ablauf der für die Staatsanwaltschaft laufenden Frist zur Einlegung des Rechtsmittels oder, wenn das Urteil dem Nebenkläger noch nicht zugestellt war, mit der Zustellung des Urteils an ihn auch dann, wenn eine Entscheidung über die Berechtigung des Nebenklägers zum Anschluß noch nicht ergangen ist.

(2) War der Nebenkläger in der Hauptverhandlung anwesend oder durch einen Anwalt vertreten, so beginnt für ihn die Frist zur Einlegung des Rechtsmittels auch dann mit der Verkündung des Urteils, wenn er bei dieser nicht mehr zugegen oder vertreten war; er kann die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist nicht wegen fehlender Rechtsmittelbelehrung beanspruchen. Ist der Nebenkläger in der Hauptverhandlung überhaupt nicht anwesend oder vertreten gewesen, so beginnt die Frist mit der Zustellung der Urteilsformel an ihn.

(3) Hat allein der Nebenkläger Berufung eingelegt, so ist diese, wenn bei Beginn einer Hauptverhandlung weder der Nebenkläger noch für ihn ein Rechtsanwalt erschienen ist, unbeschadet der Vorschrift des § 301 sofort zu verwerfen. Der Nebenkläger kann binnen einer Woche nach der Versäumung unter den Voraussetzungen der §§ 44 und 45 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beanspruchen.

(4) Wird auf ein nur von dem Nebenkläger eingelegtes Rechtsmittel die angefochtene Entscheidung aufgehoben, so liegt der Betrieb der Sache wiederum der Staatsanwaltschaft ob.

Der Privatkläger kann im Beistand eines Rechtsanwalts erscheinen oder sich durch einen Rechtsanwalt mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht vertreten lassen. Im letzteren Falle können die Zustellungen an den Privatkläger mit rechtlicher Wirkung an den Anwalt erfolgen.

(1) Die Revision muß bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, binnen einer Woche nach Verkündung des Urteils zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt werden.

(2) Hat die Verkündung des Urteils nicht in Anwesenheit des Angeklagten stattgefunden, so beginnt für diesen die Frist mit der Zustellung, sofern nicht in den Fällen der §§ 234, 329 Absatz 2, § 387 Absatz 1, § 411 Absatz 2 und § 434 Absatz 1 Satz 1 die Verkündung in Anwesenheit des Verteidigers mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht stattgefunden hat.

(1) Eine Frist, die nach Wochen oder Monaten bestimmt ist, endet mit Ablauf des Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat; fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit dem Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.