Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Nov. 2017 - 4 StR 467/17

22.11.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 467/17
vom
22. November 2017
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Wohnungseinbruchdiebstahls u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:221117B4STR467.17.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführerin am 22. November 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Detmold vom 3. Juli 2017 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Fall II. 4 der Urteilsgründe,
b) in den Fällen II. 1, II. 2, II. 5 und II. 6 der Urteilsgründe jeweils im Strafausspruch sowie
c) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen versuchten Wohnungseinbruchdiebstahls in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung , wegen Freiheitsberaubung, wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte , wegen Sachbeschädigung in zwei Fällen und wegen falscher Verdäch- tigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die Revision der Angeklagten, mit der sie allgemein die Verletzung sachlichen Rechts beanstandet , hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat zu den Schuldsprüchen in den Fällen II. 1, II. 2, II. 3, II. 5 und II. 6 der Urteilsgründe keinen die Angeklagte benachteiligenden Rechtsfehler ergeben. Die Verurteilung im Fall II. 4 begegnet indes durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil die Urteilsgründe die Voraussetzungen eines versuchten Wohnungseinbruchdiebstahls im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 StGB nicht hinreichend belegen.
3
1. Nach den Feststellungen begab sich die nicht ausschließbar in ihrer Steuerungsfähigkeit erheblich verminderte Angeklagte im Fall II. 4 der Urteilsgründe zum Haus der Pflegeeltern ihres Sohnes, der Eheleute F. , öffnete die Kellertür an der Gebäuderückseite mit einem Hebelwerkzeug und drang in die Wohnräume ein. Im Haus „spielte sich die Angeklagte als Eigentümerin auf“. Zuerst duschte sie im Badezimmer, entnahm sodann einem Kleiderschrank im Schlafzimmer verschiedene Damenkleidungsstücke und zog sie an, um sie für sich zu behalten. Ferner packte sie Schmuckstücke, Kosmetikartikel und Nahrungsmittel in Zueignungsabsicht in eine Umhängetasche, die sie zum Abtransport in der Küche bereitstellte. Als die Zeugin F. nach Hause kam, versteckte sich die Angeklagte zunächst im Gäste-WC, wo sie die Zeugin entdeckte und zum Verlassen des Hauses aufforderte. Nach einem Gerangel mit der Zeugin, in dessen Verlauf die Angeklagte diese beleidigte und so heftig würgte, dass sie keine Luft mehr bekam und nicht mehr schlucken konnte, gelang es dem herbeigeeilten Ehemann, die Angeklagte zu überwältigen.
4
2. Mangels ausreichender Feststellungen zu den Vorstellungen der Angeklagten zu dem insoweit entscheidungserheblichen Zeitpunkt ihres Eindringens in das Wohnhaus der Eheleute F. lassen die Urteilsgründe nicht er- kennen, ob diese „zur Ausführung der Tat“ im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB gehandelt hat (vgl. dazu BGH, Urteil vom 30. Juni 1982 – 2 StR 56/82).
5
Nach den zum Verhalten der Angeklagten vor deren Entdeckung durch die heimkehrende Zeugin F. getroffenen Feststellungen bestand ferner Anlass zu erörtern, ob die Angeklagte vom Versuch des Diebstahls mit strafbefreiender Wirkung zurückgetreten ist. Denn die Angeklagte entfaltete keine Bemühungen , mit dem Diebesgut zu entkommen, sondern hielt sich weiterhin im Haus auf.

II.


6
Ferner halten die Aussprüche über die Einzelstrafen in den Fällen II. 1, II. 2, II. 5 und II. 6 rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
7
1. In den Fällen II. 1 und II. 2 der Urteilsgründe hat das Landgericht die Unerlässlichkeit der Verhängung von kurzen Freiheitsstrafen von jeweils drei Monaten (§ 47 StGB) unter anderem damit begründet, die Angeklagte habe in der Hauptverhandlung „in provokanter Weise jedwede Unrechtseinsicht vermissen“ lassen. Uneinsichtigkeit kann aber nur dann ausnahmsweise zum Nachteil eines Täters berücksichtigt werden, wenn daraus ungünstige Schlüsse auf des- sen Persönlichkeit, vor allem auf seine Einstellung zur Tat zu ziehen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 11. November 1986 – 1 StR 564/86, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Nachtatverhalten 5 mwN). Bei der Angeklagten, die sich zu den Tatvorwürfen lediglich dahin eingelassen hat, sie verstehe nicht, warum sie sich vor Gericht verantworten müsse, sie wolle doch nur ihre Kinder wiederhaben, und die im Fall II. 2 der Urteilsgründe zudem nicht ausschließbar auf Grund einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typ erheblich vermindert schuldfähig war, hätte dies eingehender als geschehen begründet werden müssen.
8
2. Im Fall II. 5 der Urteilsgründe ist die Strafkammer, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 19. September 2017 zutreffend ausgeführt hat, bei der Zumessung der Strafe rechtsfehlerhaft von einem Strafrahmen von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe statt – wie in § 113 Abs. 1 StGB bestimmt – von einem solchen bis zu drei Jahren oder Geldstrafe ausgegangen. Nach der vom Landgericht gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB vorgenommenen Strafrahmenverschiebung beträgt die Strafrahmenobergrenze mithin zwei Jahre drei Monate statt der angenommenen drei Jahre neun Monate. Auch unter Berücksichtigung der verhängten Einzelstrafe von lediglich neun Monaten vermag der Senat anders als der Generalbundesanwalt ein Beruhen hier nicht mit letzter Sicherheit auszuschließen.
9
3. Schließlich hätte sich das Landgericht angesichts der zum Fall II. 6 der Urteilsgründe getroffenen Feststellungen dazu gedrängt sehen müssen, auch hier die Frage zu erörtern, ob die Angeklagte bei der Tatausführung möglicherweise unter dem Einfluss einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typ handelte und deshalb erheblich vermindert schuldfähig war.
10
Die insoweit sachverständig beratene Strafkammer hat angenommen, dass die Persönlichkeitsstörung unter anderem dazu führe, dass die Angeklagte ihre Bedürfnisse triebhaft ausagiere. Die Störung könne auch zu bedrohlichem oder aggressivem Verhalten führen. Da die Angeklagte am Tattag ohne jeden äußeren Anlass eine Marmorplatte auf den Pkw eines ihr Unbekannten warf und dadurch einen Sachschaden von etwa 8.000 € verursachte, weil es ihr nicht passte, dass das Fahrzeug dort parkte und ihrer Ansicht nach „den Bus behinderte“ , erweist sich die Nichterörterung dieser Frage als durchgreifender Erörterungsmangel , der sich indes auf den Strafausspruch beschränkt, da die Voraussetzungen des § 20 StGB auszuschließen sind.
11
Über die Gesamtstrafe ist danach ebenso neu zu befinden.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Franke Quentin

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Nov. 2017 - 4 StR 467/17

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Nov. 2017 - 4 StR 467/17

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Nov. 2017 - 4 StR 467/17 zitiert 9 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 49 Besondere gesetzliche Milderungsgründe


(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf hö

Strafgesetzbuch - StGB | § 46 Grundsätze der Strafzumessung


(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen. (2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Um

Strafgesetzbuch - StGB | § 20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen


Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der

Strafgesetzbuch - StGB | § 47 Kurze Freiheitsstrafe nur in Ausnahmefällen


(1) Eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten verhängt das Gericht nur, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rech

Strafgesetzbuch - StGB | § 244 Diebstahl mit Waffen; Bandendiebstahl; Wohnungseinbruchdiebstahl


(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer 1. einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,b) sonst ein Werkzeug oder Mittel b

Strafgesetzbuch - StGB | § 113 Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte


(1) Wer einem Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei der Vornahme einer solchen Diensthandlung mit Gewalt oder durch Drohung mit

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt oder
3.
einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat in eine Wohnung einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in der Wohnung verborgen hält.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 3 ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Betrifft der Wohnungseinbruchdiebstahl nach Absatz 1 Nummer 3 eine dauerhaft genutzte Privatwohnung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten verhängt das Gericht nur, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerläßlich machen.

(2) Droht das Gesetz keine Geldstrafe an und kommt eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten oder darüber nicht in Betracht, so verhängt das Gericht eine Geldstrafe, wenn nicht die Verhängung einer Freiheitsstrafe nach Absatz 1 unerläßlich ist. Droht das Gesetz ein erhöhtes Mindestmaß der Freiheitsstrafe an, so bestimmt sich das Mindestmaß der Geldstrafe in den Fällen des Satzes 1 nach dem Mindestmaß der angedrohten Freiheitsstrafe; dabei entsprechen dreißig Tagessätze einem Monat Freiheitsstrafe.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

(1) Wer einem Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei der Vornahme einer solchen Diensthandlung mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt Widerstand leistet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
der Täter durch eine Gewalttätigkeit den Angegriffenen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
3.
die Tat mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begangen wird.

(3) Die Tat ist nicht nach dieser Vorschrift strafbar, wenn die Diensthandlung nicht rechtmäßig ist. Dies gilt auch dann, wenn der Täter irrig annimmt, die Diensthandlung sei rechtmäßig.

(4) Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig an, die Diensthandlung sei nicht rechtmäßig, und konnte er den Irrtum vermeiden, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder bei geringer Schuld von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen. Konnte der Täter den Irrtum nicht vermeiden und war ihm nach den ihm bekannten Umständen auch nicht zuzumuten, sich mit Rechtsbehelfen gegen die vermeintlich rechtswidrige Diensthandlung zu wehren, so ist die Tat nicht nach dieser Vorschrift strafbar; war ihm dies zuzumuten, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.