Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Juli 2000 - 4 StR 254/00

11.07.2000

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 254/00
vom
11. Juli 2000
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 11. Juli 2000 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stendal vom 10. Februar 2000 mit den Feststellungen aufgehoben
a) im Ausspruch über die im Fall II. 2. der Urteilsgründe verhängte Einzelstrafe,
b) im Gesamtstrafenausspruch.
2. Insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und hierzu in Tateinheit stehender Straftaten sowie wegen zweier weiterer Taten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es gegen den Angeklagten für die Erteilung einer Fahrerlaubnis eine Sperrfrist von fünf Jahren angeordnet. Gegen dieses
Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat teilweise Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuldspruch, zu den Einzelstrafaussprüchen im Fall II. 1. der Urteilsgründe und zur Maßregel nach § 69 a StGB keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
2. Keinen Bestand kann hingegen die im Fall II. 2. der Urteilsgründe wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und weiterer tateinheitlich zusammentreffender Delikte ausgesprochene Einzelstrafe von drei Jahren Freiheitsstrafe haben. Das Landgericht hat hierzu ausgeführt, daß ”von dem Strafrahmen des § 315 b Abs. 3 i.V.m. § 315 Abs. 3 Nr. 1 b StGB als Delikt mit der schwersten Strafandrohung [auszugehen sei], wonach die Tat mit Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bis zum gesetzlichen Höchstmaß der zeitigen Freiheitsstrafe von 15 Jahren (§ 38 Abs. 2 StGB) geahndet wird” (UA 39). Dies ist rechtsfehlerhaft, da § 315 b Abs. 3 StGB – anders als die Vorschrift des § 315 Abs. 3 StGB, auf die in § 315 b Abs. 3 StGB (lediglich) hinsichtlich der Qualifikationsmerkmale verwiesen wird – einen Strafrahmen von (nur) einem Jahr bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe eröffnet. Der Senat kann in Anbetracht der im Höchstmaß fünf Jahre betragenden Differenz zwischen den
beiden Strafrahmen und angesichts der Höhe der verhängten Einzelfreiheitsstrafe nicht ausschließen, daß deren Bemessung auf dem aufgezeigten Rechtsfehler beruht und hebt daher die betroffene Einzelstrafe auf. Dies entzieht auch dem Ausspruch über die Gesamtstrafe die Grundlage.
Meyer-Goßner Kuckein Athing

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Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Juli 2000 - 4 StR 254/00 zitiert 5 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 315 Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr


(1) Wer die Sicherheit des Schienenbahn-, Schwebebahn-, Schiffs- oder Luftverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er 1. Anlagen oder Beförderungsmittel zerstört, beschädigt oder beseitigt,2. Hindernisse bereitet,3. falsche Zeichen oder Signale gibt oder

Strafgesetzbuch - StGB | § 38 Dauer der Freiheitsstrafe


(1) Die Freiheitsstrafe ist zeitig, wenn das Gesetz nicht lebenslange Freiheitsstrafe androht. (2) Das Höchstmaß der zeitigen Freiheitsstrafe ist fünfzehn Jahre, ihr Mindestmaß ein Monat.

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Freiheitsstrafe ist zeitig, wenn das Gesetz nicht lebenslange Freiheitsstrafe androht.

(2) Das Höchstmaß der zeitigen Freiheitsstrafe ist fünfzehn Jahre, ihr Mindestmaß ein Monat.

(1) Wer die Sicherheit des Schienenbahn-, Schwebebahn-, Schiffs- oder Luftverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er

1.
Anlagen oder Beförderungsmittel zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2.
Hindernisse bereitet,
3.
falsche Zeichen oder Signale gibt oder
4.
einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
in der Absicht handelt,
a)
einen Unglücksfall herbeizuführen oder
b)
eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, oder
2.
durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen verursacht.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.