Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Feb. 2011 - 2 StR 571/10

24.02.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 571/10
vom
24. Februar 2011
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 24. Februar 2011 gemäß
§ 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 28. Juni 2010 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Angeklagte N. wegen gefährlicher Körperverletzung, Diebstahls in 13 Fällen, versuchten Diebstahls in sieben Fällen und Beihilfe zum Diebstahl in zwei Fällen verurteilt ist. 2. Das Rubrum des angefochtenen Urteils wird dahin berichtigt, dass die Hauptverhandlung am 16.6., 22.6., 25.6. und 28.6.2010 stattgefunden hat; in der Liste der angewendeten Vorschriften wird bezgl. des Angeklagten N. § 31 Abs. 2 JGG gestrichen. 3. Es wird davon abgesehen, dem Angeklagten die Kosten seines Rechtsmittels aufzuerlegen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung , Diebstahls in 13 Fällen, versuchten Diebstahls in sechs Fällen und Beihilfe zum Diebstahl in zwei Fällen zu einer Einheitsjugendstrafe von drei Jahren verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision.
2
Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben und führt nur zu den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Berichtigungen. Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift ausgeführt: "Die Nennung von falschen Daten der Hauptverhandlung (16.06.2009, 22.06.2009, 25.06.2009 und 28.06.2009 statt 16.06.2010, 22.06.2010, 25.06.2010 und 28.06.2010) sowie eines falschen Datums der Urteilsverkündung (28.06.2009 statt 28.06.2010) im Rubrum stellt ein offensichtliches Fassungsversehen dar. Eine entsprechende Berichtigung des Rubrums wird angeregt. Soweit im Rubrum unter den angewandten Vorschriften bezüglich des Angeklagten N. anders als bezüglich des Angeklagten P. [richtig: P. ] der § 31 Abs. 2 JGG aufgeführt ist, handelt es sich ebenfalls um einen offenkundigen Schreibfehler. Das Landgericht hat zutreffend § 31 Abs. 2 JGG zwar bei dem Angeklagten P. [richtig: P. ] (UA S. 45), aber nicht bei dem Angeklagten N. (UA S. 49) angewandt, da der Angeklagte N. (UA S. 21/22) anders als der Angeklagte P. [richtig: P. ] (UA S. 11-14) alle bisher gegen ihn festgesetzten Jugendstrafen bereits vollverbüßt hatte. Eine entsprechende Berichtigung des Rubrums wird in das Ermessen des Senats gestellt. Aufgrund der Urteilsfeststellungen (UA S. 37) ist zwar davon auszugehen , dass der Angeklagte N. auch im Fall 15 nur einen versuchten Diebstahl begangen hat. Der Angeklagte N. ist durch die rechtsfehlerhafte Annahme eines vollendeten Diebstahls im Fall 15 seitens des Landgerichts in den Urteilsgründen (UA S. 42/43) aber nicht beschwert. Denn der Angeklagte N. hat auch ohne Berücksichtigung des Fall 15 seiner Teilverurteilung durch das Landgericht entsprechend 13 vollendete Diebstähle (Fälle 4, 5, 6, 8, 11, 13, 14, 17, 18, 19, 20, 21, 22) verübt. Die Strafkammer hat dem Umstand, dass - ihrer Wertung gemäß - sechs Diebstähle nicht über das Versuchsstadium hinaus gekommen sind (Fälle 3, 9, 10, 12, 23, 24), bei der Strafzumessung (UA S. 46-49) zudem keine Bedeutung beigemessen. Mit Blick auf die Vielzahl der vollendeten und versuchten Diebstähle kann daher ausgeschlossen werden, dass die Strafkammer bei rechtsfehlerfreier Annahme eines versuchten Diebstahls im Fall 15 auf eine geringere Einheitsjugendstrafe erkannt hätte. Der Schuldspruch leidet vielmehr an einem offenkundigen Zählfehler zugunsten des Angeklagten N. , der auch auf dessen Revision berichtigt werden kann (BGH NStZ 1994, 25; NStZRR 2004, 67). Nach der rechtlichen Würdigung in den Urteilsgründen hat der Angeklagte N. 23 Straftaten einschließlich 14 Fällen des vollendeten Diebstahls und sechs Fällen des versuchten Diebstahls begangen (UA S. 42/43). Die Feststellungen in den Urteilsgründen würden dagegen seine Verurteilung wegen 23 Straftaten einschließlich 13 Fällen des vollendeten Diebstahls und sieben Fällen des versuchten Diebstahls tragen (UA S. 29-40). Tatsächlich wurde er aber lediglich wegen 22 Straftaten einschließlich 13 Fällen des vollendeten Diebstahls und sechs Fällen des versuchten Diebstahls verurteilt (UA S. 3). Es fehlt daher die Verurteilung wegen eines weiteren Falls des versuchten Diebstahls. Soweit das Landgericht die Prüfung des Vorliegens eines besonders schweren Falls gemäß § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 - 3, Abs. 2 StGB in den Fällen 2 bis 6 und 8 bis 23 der Urteilsgründe unterlassen hat, ist der Angeklagte N. nicht beschwert."
3
Dem folgt der Senat und weist ergänzend darauf hin, dass sich die zahlreichen vom Generalbundesanwalt aufgezeigten Unzulänglichkeiten bei sorgfältiger Abfassung der Urteilsgründe unschwer hätten vermeiden lassen.
Fischer Appl Schmitt Krehl Ott

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Referenzen - Gesetze

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 243 Besonders schwerer Fall des Diebstahls


(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter 1. zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Gesc

Jugendgerichtsgesetz - JGG | § 31 Mehrere Straftaten eines Jugendlichen


(1) Auch wenn ein Jugendlicher mehrere Straftaten begangen hat, setzt das Gericht nur einheitlich Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel oder eine Jugendstrafe fest. Soweit es dieses Gesetz zuläßt (§ 8), können ungleichartige Erziehungsmaßregeln und Zuchtm

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Auch wenn ein Jugendlicher mehrere Straftaten begangen hat, setzt das Gericht nur einheitlich Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel oder eine Jugendstrafe fest. Soweit es dieses Gesetz zuläßt (§ 8), können ungleichartige Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel nebeneinander angeordnet oder Maßnahmen mit der Strafe verbunden werden. Die gesetzlichen Höchstgrenzen des Jugendarrestes und der Jugendstrafe dürfen nicht überschritten werden.

(2) Ist gegen den Jugendlichen wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig die Schuld festgestellt oder eine Erziehungsmaßregel, ein Zuchtmittel oder eine Jugendstrafe festgesetzt worden, aber noch nicht vollständig ausgeführt, verbüßt oder sonst erledigt, so wird unter Einbeziehung des Urteils in gleicher Weise nur einheitlich auf Maßnahmen oder Jugendstrafe erkannt. Die Anrechnung bereits verbüßten Jugendarrestes steht im Ermessen des Gerichts, wenn es auf Jugendstrafe erkennt. § 26 Absatz 3 Satz 3 und § 30 Absatz 1 Satz 2 bleiben unberührt.

(3) Ist es aus erzieherischen Gründen zweckmäßig, so kann das Gericht davon absehen, schon abgeurteilte Straftaten in die neue Entscheidung einzubeziehen. Dabei kann es Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel für erledigt erklären, wenn es auf Jugendstrafe erkennt.

(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält,
2.
eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist,
3.
gewerbsmäßig stiehlt,
4.
aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient,
5.
eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist,
6.
stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt oder
7.
eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 ist ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht.