Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Nov. 2001 - 2 StR 456/01
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags in Tateinheit mit dem Führen einer halbautomatischen Selbstladekurzwaffe zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat zum Strafausspruch Erfolg; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.Die Strafzumessung hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
Das Landgericht hat bei der Prüfung, ob ein minder schwerer Fall des Totschlags gegeben ist - den es im Ergebnis verneint hat -, eine Reihe gewichtiger Milderungsgründe aufgeführt, wie die Tatvorgeschichte, daß der Tatentschluß spontan und in affektiver Erregung gefaßt wurde, das Alter des Angeklagten und die dadurch und durch seinen altersbedingten Hirnabbauprozeß besondere Haftempfindlichkeit, sein frühzeitiges Geständnis und daß er sich selbst sogleich gestellt hat. Als Straferschwerungsgrund hat es neben einer Vorstrafe wegen eines Vergehens gegen das Waffengesetz und die gleichzeitige Verwirklichung dieses Delikts lediglich angegeben, daß der mit direktem Tötungsvorsatz handelnde Angeklagte, der unmittelbar hintereinander zwei - jeweils tödliche - Schüsse auf das Opfer abgegeben hat, "dem Opfer keine Chance zu überleben und mit absolutem Vernichtungswillen gehandelt habe". Abgesehen davon, daß diese Erwägung im Hinblick auf § 46 Abs. 3 StGB schon für sich gesehen nicht unbedenklich ist (BGHR StGB § 46 Abs. 3 Tötungsvorsatz 1; § 21 Strafzumessung 4), läßt die Wertung des Landgerichts jedenfalls nicht erkennen, warum es angesichts der erheblich überwiegenden strafmildernden Umstände, wenn schon ein minder schwerer Fall nicht in Betracht kommt, eine Strafe in der Mitte des Strafrahmens des § 212 StGB für angemessen erachtet hat.
Über die Bemessung der Strafe muû deshalb neu verhandelt und entschieden werden.
Jähnke Detter Bode Otten Elf
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.