Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Feb. 2012 - 2 StR 411/11
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Der Senat hat durch den angegriffenen Beschluss vom 28. Dezember 2011 Anträge des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur weiteren Begründung der Revision sowie nach Aufhebung eines Maßregel- und Maßnahmenausspruchs im Übrigen auch die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Limburg an der Lahn vom 9. Juni 2011 gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Hiergegen richtet sich die Anhörungsrüge des Verurteilten vom 18. Februar 2012, die er mit einer Ablehnung derjenigen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit verbindet, die bereits am Revisionsverwerfungsbeschluss mitgewirkt hatten.
- 2
- Der Senat entscheidet über die Anhörungsrüge in der nach dem Geschäftsverteilungsplan des Bundesgerichtshofs für das Geschäftsjahr 2012 sowie nach den nunmehr geltenden Mitwirkungsgrundsätzen des Senats bestimmten Besetzung. Die nachträgliche Richterablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit, soweit sie Richter betrifft, die bereits an dem angegriffenen Senatsbeschluss vom 28. Dezember 2011 mitgewirkt hatten, ist unzulässig. Die Ablehnung der Richter, die am Beschluss vom 28. Dezember 2011 mitgewirkt hatten, wegen solcher Umstände, die bereits bis zu der Revisionsverwerfung hätten geltend gemacht werden können, kann im Anhörungsrügenverfahren nicht nachgeholt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 13. April 2011 - 1 StR 26/11 m.w.N.). Nachvollziehbare und zudem neue Umstände bringt der Verurteilte nicht vor.
- 3
- Die Anhörungsrüge ist jedenfalls unbegründet, da keine Verletzung des Anspruchs des Verurteilten auf rechtliches Gehör vorliegt. Soweit ihm keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachholung von Verfahrensrügen gewährt wurde, ist ihm im Ergebnis weiteres Vorbringen aufgrund einer gesetzlichen Fristbestimmung (§ 345 Abs. 1 Satz 1 StPO) in Verbindung mit einer der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entsprechenden Auslegung der Wiedereinsetzungsvorschriften (vgl. Meyer-Goßner, StPO 54. Aufl. § 345 Rn. 22 m.w.N.) versagt worden. Dies verstößt nicht gegen Art. 103 Abs. 1 GG. Die Revisionsverwerfung ohne Erläuterung der weiteren Gründe unter Bezugnahme auf die Antragschrift des Generalbundesanwalts vom 26. September 2011 verletzt ebenfalls nicht das grundrechtsgleiche Recht des Verurteilten. Sein zurzeit dieser Entscheidung bei den Senatsakten befindliches Vorbringen ist bei der Beratung berücksichtigt worden. Fischer Berger Krehl Eschelbach Ott
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Der Senat hat durch den beanstandeten Beschluss die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mosbach vom 7. Oktober 2010 gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Hiergegen hat der Verurteilte mit Schreiben vom 29. März 2011, das am selben Tag zunächst ohne Unterschrift , am 7. April 2011 dann vom Verurteilten unterschrieben beim Bundesgerichtshof eingegangen ist, Anhörungsrüge erhoben und die "beschlossen habenden BGH-Richter … wegen offenkundiger Befangenheit" abgelehnt.
- 2
- 1. Der Senat entscheidet über die Anhörungsrüge (§ 356a StPO) in der nach dem Geschäftsverteilungsplan des Bundesgerichtshofs und nach dem internen Geschäftsverteilungsplan des Senats bestimmten Besetzung. Dass dies grundsätzlich dieselben Richter sind, die auch über die Revision des Angeklagten entschieden haben, entspricht der Intention des Rechtsbehelfs. Die Prüfung und die Beseitigung gerichtlicher Gehörsverstöße obliegt in erster Linie dem mit der Sache befassten iudex a quo (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Februar 2007 - 2 BvR 2578/06).
- 3
- Dem Angeklagten wäre es nach Zustellung des Antrags des Generalbundesanwalts , gemäß § 349 Abs. 2 StPO zu entscheiden, unbenommen gewesen , die nach den Geschäftsverteilungsplänen zur Entscheidung über seine Revision berufenen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wenn er hierzu Anlass gesehen hätte. Im Zusammenhang mit der Anhörungsrüge kann dies nicht nachgeholt werden (BGH, Beschluss vom 7. August 2007 - 4 StR 142/07; Beschluss vom 4. August 2009 - 1 StR 287/09).
- 4
- 2. Die Anhörungsrüge ist bereits unzulässig, da der Verurteilte nicht glaubhaft gemacht hat, wann er von der seiner Auffassung nach vorliegenden Verletzung des rechtlichen Gehörs Kenntnis erlangt hat (§ 356a Satz 3 StPO).
- 5
- Die Anhörungsrüge wäre zudem unbegründet. Denn es liegt keine Verletzung rechtlichen Gehörs vor. Der Senat hat bei seiner Entscheidung zum Nachteil des Verurteilten weder Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen dieser nicht gehört worden wäre, noch hat er bei der Entscheidung zu berücksichtigendes, namentlich in mehreren Schreiben enthaltenes Vorbringen des Verurteilten übergangen. Nack Rothfuß Hebenstreit Jäger Sander
(1) Die Revisionsanträge und ihre Begründung sind spätestens binnen eines Monats nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, anzubringen. Die Revisionsbegründungsfrist verlängert sich, wenn das Urteil später als einundzwanzig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen Monat und, wenn es später als fünfunddreißig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen weiteren Monat. War bei Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels das Urteil noch nicht zugestellt, so beginnt die Frist mit der Zustellung des Urteils und in den Fällen des Satzes 2 der Mitteilung des Zeitpunktes, zu dem es zu den Akten gebracht ist.
(2) Seitens des Angeklagten kann dies nur in einer von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle geschehen.