Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Aug. 2000 - 2 StR 286/00
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateineinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln jeweils in nicht geringen Mengen in fünf Fällen und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwölf Fällen unter Einbeziehung von Strafen aus vorangegangenen Entscheidungen zu drei Gesamtfreiheitsstrafen von zwei Jahren und s echs Monaten, vier Jahren und zwei Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge in dem aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg , im übrigen erweist sie sich als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.Der Generalbundesanwalt hat dazu folgendes ausgeführt:
"Keinen Bestand haben kann das Urteil aber insoweit, als der Beschwerdeführer zu drei Gesamtfreiheitsstrafen verurteilt worden ist. Das begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Der zugrunde liegende Rechtsfehler ist darauf zurückzuführen, daß der Tatrichter im Falle der Verurteilung des Beschwerdeführers durch das Amtsgericht Schmalkalden vom 19.01.1999 nicht dem Tag der Urteilsverkündung, sondern dem Tag des Erlasses des Strafbefehls (18.08.1998) die Zäsurwirkung des § 55 Abs. 1 StGB zumißt. Das ist unzutreffend; insoweit ist vielmehr auf die Hauptverhandlung vom 19.01.1999 abzustellen, weil in ihr die tatsächlichen Feststellungen, die dem am selben Tage ergangenen Urteil zugrunde liegen, letztmals geprüft werden konnten (vgl. § 55 Abs. 1 Satz 2 StGB). Daß infolge der Beschränkung des Einspruchs gegen den Strafbefehl vom 18.08.1999 auf den Rechtsfolgenausspruch am 19.01.1999 nur noch zur Straffrage verhandelt wurde (vgl. UA S. 7), ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich (BGHSt 15, 66).
Danach mußten zwei Gesamtfreiheitsstrafen gebildet werden, wobei der Gesamtstrafe 1 sämtliche Taten zugrunde liegen, die der Beschwerdeführer vor dem 19.01.1999 begangen hat, der Gesamtstrafe 2 die danach begangenen Taten. Mithin ist die Gesamtstrafe 1 aus den Einzelstrafen für folgende Taten zu bilden: Tat vom 08.04.1997 (Gegenstand des Urteils vom 19.01.1999), Taten vom November 1995 und September 1998 (Gegenstand des Strafbefehls vom 02.06.1999, soweit die Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen noch nicht vollstreckt ist, was der neu erkennende Tatrichter noch aufzuklären hat, und soweit von der Regelung des § 53 Abs. 2 Satz 2 StPO kein Gebrauch gemacht wird), Taten des vorliegenden Verfahrens Nr. 1 bis 9 (letzte
Tatzeit 18.01.1999 - UA S. 8). Die Gesamtfreiheitsstrafe Nr. 2 wird aus den für die Fälle 10 bis 19 des vorliegenden Verfahrens verhängten Einzelstrafen zu bilden sein."
Dem schließt sich der Senat an.
Die danach vorzunehmende Gesamtstrafenbildung wird der Strafkammer Gelegenheit geben, auch das Gesamtstrafübel neu zu bewerten.
Jähnke Niemöller Detter Bode Otten
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.
(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.
(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind ferner berechtigt
- 1.
Geistliche über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden oder bekanntgeworden ist; - 2.
Verteidiger des Beschuldigten über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist; - 3.
Rechtsanwälte und Kammerrechtsbeistände, Patentanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater und Steuerbevollmächtigte, Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Apotheker und Hebammen über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist; für Syndikusrechtsanwälte (§ 46 Absatz 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung) und Syndikuspatentanwälte (§ 41a Absatz 2 der Patentanwaltsordnung) gilt dies vorbehaltlich des § 53a nicht hinsichtlich dessen, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist; - 3a.
Mitglieder oder Beauftragte einer anerkannten Beratungsstelle nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist; - 3b.
Berater für Fragen der Betäubungsmittelabhängigkeit in einer Beratungsstelle, die eine Behörde oder eine Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt oder bei sich eingerichtet hat, über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist; - 4.
Mitglieder des Deutschen Bundestages, der Bundesversammlung, des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland oder eines Landtages über Personen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Mitglieder dieser Organe oder denen sie in dieser Eigenschaft Tatsachen anvertraut haben, sowie über diese Tatsachen selbst; - 5.
Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von Druckwerken, Rundfunksendungen, Filmberichten oder der Unterrichtung oder Meinungsbildung dienenden Informations- und Kommunikationsdiensten berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben.
(2) Die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 bis 3b Genannten dürfen das Zeugnis nicht verweigern, wenn sie von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden sind. Die Berechtigung zur Zeugnisverweigerung der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 Genannten über den Inhalt selbst erarbeiteter Materialien und den Gegenstand entsprechender Wahrnehmungen entfällt, wenn die Aussage zur Aufklärung eines Verbrechens beitragen soll oder wenn Gegenstand der Untersuchung
- 1.
eine Straftat des Friedensverrats und der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaats oder des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit (§§ 80a, 85, 87, 88, 95, auch in Verbindung mit § 97b, §§ 97a, 98 bis 100a des Strafgesetzbuches), - 2.
eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1 des Strafgesetzbuches oder - 3.
eine Geldwäsche nach § 261 des Strafgesetzbuches, deren Vortat mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe bedroht ist,