Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Mai 2010 - 2 StR 171/10

bei uns veröffentlicht am12.05.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 171/10
vom
12. Mai 2010
in dem Sicherungsverfahren
gegen
wegen nachträglicher Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Verurteilten am 12. Mai 2010 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Verurteilten wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 19. Oktober 2009 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung nachträglich gemäß § 66 b Abs. 2 StGB angeordnet. Grundlage war eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren durch das Landgericht Bonn vom 14. September 1995 wegen Mordes in Tateinheit mit versuchtem Mord und besonders schwerer Brandstiftung. Die Revision des Verurteilten hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.

2
1. Das Landgericht hat - teils unter Bezugnahme auf das Ausgangsurteil - folgende Feststellungen getroffen:
3
Der heute 76jährige Verurteilte erkrankte 1951 im Alter von 17 Jahren erstmals psychisch. Während eines halbjährigen Aufenthalts in einer Nervenklinik wurde eine hebephrene Schizophrenie diagnostiziert. In den folgenden Jahren befand er sich wiederholt auch über längere Zeiträume in stationärer nervenärztlicher Betreuung, wobei jeweils die Diagnose einer endogenen Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis bestätigt wurde.
4
Strafrechtliche Verfahren gegen ihn in den Jahren 1966 und 1969 u.a. wegen Körperverletzungen und Widerstandshandlungen wurden wegen Schuldunfähigkeit eingestellt. 1975 wurde wegen ähnlicher Delikte gegen ihn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
5
Im Jahre 1995 verurteilte ihn das Landgericht Bonn wegen Mordes in Tateinheit mit versuchtem Mord und besonders schwerer Brandstiftung zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren. Dem lag zugrunde, dass der Verurteilte einen Eimer Benzin in ein voll besetztes Lokal gegossen und entzündet hatte, wodurch zwei Menschen zu Tode kamen und zahlreiche weitere Gäste zum Teil schwerste Verletzungen erlitten. Sachverständig beraten hielt die Schwurgerichtskammer den Verurteilten zwar für schuldfähig, vermochte aber eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit nicht sicher auszuschließen. Dies deshalb, weil es nach Einschätzung des Sachverständigen zu einer erheblichen Remission der früher diagnostizierten Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis gekommen war; es könne lediglich nicht mit der notwendigen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass es bei dem Angeklagten infolge der durchgemachten psychotischen Erkrankung zu einem durch seelische Ausfälle gekennzeichneten , nicht rückbildungsfähigen Endzustand nach einer Psychose gekommen sei, der aber nicht ein solches Ausmaß erreicht habe, dass die Steuerungsfähigkeit ausgeschlossen war.
6
Nach Teilverbüßung setzte die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Aachen mit Wirkung zum 1. Juli 2008 die Reststrafe zur Bewährung aus. Die Bewährungszeit wurde auf vier Jahre festgesetzt. Der Verurteilte wurde u.a. angewiesen, seinen ständigen Aufenthalt in einer geschlossenen Einrichtung für Psychiatrie zu nehmen und diesen nicht ohne Zustimmung der Kammer vorzeitig zu beenden.
7
Der Verurteilte war zunächst mit dieser Maßnahme einverstanden und wurde in die psychiatrische Einrichtung entlassen. Als er jedoch nach einem Gespräch mit seiner Bewährungshelferin realisierte, dass er dort vier Jahre würde zubringen müssen, während er alternativ nur noch einen Strafrest von einem Jahr und drei Monate zu verbüßen hatte und ihm auch bewusst wurde, dass der Heimaufenthalt seine Ersparnisse von ca. 30.000 Euro aufzehren würde, forderte er die Rückverlegung in die Justizvollzugsanstalt. Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, verweigerte er die Nahrungs- und Medikamenteneinnahme , drohte, einen anderen Heimbewohner zu erwürgen und äußerte , dass die Matratzen "sicher sehr schön brennen würden". Dieses Verhalten führte zu einem Bewährungswiderruf und zu einer Rückverlegung in die Justizvollzugsanstalt, wo er seine Strafe bis zum 30. November 2009 unauffällig verbüßte.
8
2. Das Landgericht ist - nach rechtsfehlerfreier Bejahung der formellen Voraussetzungen des § 66 b Abs. 2 StGB - sachverständig beraten zu der Überzeugung gelangt, dass bei dem Verurteilten eine hohe Wahrscheinlichkeit erneuter Begehung erheblicher, potentielle Opfer schwer schädigender Straftaten der in § 66 b Abs. 2 StGB vorausgesetzten Art bestehe. Die Gefährlichkeit des Verurteilten für die Allgemeinheit ergebe sich aus Tatsachen, die erst während des Strafvollzugs erkennbar geworden seien. Zwar habe die Grunderkrankung des Verurteilten bereits zur Tatzeit im November 1994 und bei seiner an- schließenden Verurteilung bestanden. Damals sei jedoch nicht erkennbar gewesen , dass die Krankheit sich dauerhaft auf die Steuerungsfähigkeit auswirken und ein Maß erreichen würde, das zumindest erheblich im Sinne des § 21 StGB ist. Im Gegenteil hätten deutlich Anhaltspunkte für eine Remission der psychotischen Erkrankung vorgelegen. Die Dauerhaftigkeit und der Grad der Auswirkung der Erkrankung auf die Steuerungsfähigkeit seien erst während des Vollzugs , ganz deutlich bei den Vorfällen in der psychiatrischen Einrichtung im Juli 2008 erkennbar geworden. Seitdem stehe fest, dass jederzeit mit dem Eintreten von Situationen zu rechnen sei, auf die der Verurteilte mit erheblichen Straftaten reagiere. Diese neuen Umstände führten zu einer sowohl zeitlich als auch tatsächlich erheblich vergrößerten Beurteilungsgrundlage für eine Gefahrprognose , wodurch die Gefährlichkeit des Verurteilten im Vergleich zum Zeitpunkt der Vorverurteilung in einem neuen Licht erscheine.

II.

9
Die Anwendung des § 66 b Abs. 2 StGB hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Neue Tatsachen, die erst nach der Verurteilung erkennbar geworden sind, werden durch die bisherigen Urteilsfeststellungen nicht belegt. Zwar können auch psychiatrische Befundtatsachen im Einzelfall "neue Tatsachen" im Sinne des § 66 b Abs. 2 StGB darstellen. Maßgeblich ist aber nicht eine neue sachverständige Bewertung von Tatsachen. Entscheidend ist vielmehr, ob die dieser Bewertung zugrunde liegenden Anknüpfungstatsachen im Zeitpunkt der Aburteilung bereits vorlagen und bekannt oder erkennbar waren (BGHSt 50, 275, 278). Hier stellt das Landgericht fest, "bei dem Verurteilten handelt es sich um ein chronisches Stadium im Verlauf einer schizophrenen Erkrankung, dass schon seit Jahrzehnten besteht und bei dem der Versuch einer therapeutischen Behandlung keine Aussicht auf Erfolg hat. Als Krankheitsfolge besteht eine Persönlichkeitsproblematik mit einer Störung der Affektwahrnehmung und der Affektkontrolle. Diese Problematik, die auch der Anlasstat zugrundelag, besteht weiter fort" (UA 8). Damit folgt das Landgericht den Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. L. und Dr. K. (UA 10), die darüber hinaus ausgeführt haben, "Diese besondere Problematik der Persönlichkeit des Verurteilten , die schon vor der Anlasstat zu Aggressionshandlungen geführt habe, bestehe , trotz durchgehender psychiatrischer Behandlung unter den Bedingungen der Haft unverändert fort…" (Dr. K. UA 11), bzw. "dass seiner Einschätzung nach bereits damals ein hinreichender Anlass gegeben gewesen wäre, die Minderung der Schuldfähigkeit als sicher feststellbar anzunehmen" (Prof. Dr. L. UA 13). Vor diesem Hintergrund und angesichts des bereits viele Jahre vor der Anlasstat festgestellten Krankheitsbildes, das wiederholt zur Einstellung von Strafverfahren wegen Schuldunfähigkeit bzw. zur Anordnung einer Maßregel nach § 63 StGB geführt hat, hätte die Strafkammer erwägen müssen, ob es sich bei der vom Sachverständigen im Ausgangsverfahren diagnostizierten Remission der psychiatrischen Erkrankung um eine falsche Bewertung eines seit langem bekannten psychischen Defektzustandes gehandelt hat. Dann nämlich würde es sich vorliegend lediglich um eine bloße Um- bzw. Neubewertung bereits im Ausgangsverfahren erkannter und gewürdigter Tatsachen und eine hierauf gestützte bloße Änderung der psychiatrischen Bewertung handeln, die eine nachträgliche Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nicht rechtfertigen könnte (BGHSt 50, 275, 278; BGHR StGB § 66 b Neue Tatsachen 3; BGH, Urteil vom 22. April 2009 - 2 StR 21/09; Rissing-van Saan/Peglau in LK StGB 12. Aufl. § 66 b Rdn. 89). Ebenso wenig könnten Tatsachen - wie hier das Verhalten des Verurteilten in der psychiatrischen Einrichtung -, die zwar nach der Anlassverurteilung auftreten, durch die sich ein im Ausgangsverfahren bekann- ter bzw. erkennbarer Zustand aber lediglich bestätigt, als "neu" gelten (BGH StV 2007, 29, 30).
10
Der neue Tatrichter wird schließlich auch zu erwägen haben, ob der hochintelligente, mit einem IQ von 136 ausgestattete Verurteilte mit den in der psychiatrischen Einrichtung geäußerten - wie von ihm behauptet nicht ernst gemeinten - Drohungen aus durchaus nachvollziehbaren Gründen nur seine Rückverlegung in die Justizvollzugsanstalt erzwingen wollte. Fischer Athing Roggenbuck Appl Schmitt

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Referenzen - Gesetze

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 63 Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus


Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und

Strafgesetzbuch - StGB | § 66 Unterbringung in der Sicherungsverwahrung


(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn 1. jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die a) sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die per

Referenzen

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.