Bundesgerichtshof Beschluss, 28. März 2001 - 2 StR 101/01

bei uns veröffentlicht am28.03.2001

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 101/01
vom
28. März 2001
in der Strafsache
gegen
wegen räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts, zu Ziffer 3 auf dessen Antrag, am
28. März 2001 gemäß § 349 Abs. 2 und Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 2. November 2000 mit den Feststellungen aufgehoben
a) soweit der Angeklagte wegen Diebstahls verurteilt worden ist;
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit räuberischem Angriff auf Kraftfahrer sowie wegen "gemeinschaftlichen Diebstahls in einem besonders schweren Fall" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine hiergegen eingelegte, auf die Sachrüge gestützte Revision führt zur Auf-
hebung der Verurteilung wegen Diebstahls; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. 1. Die Bemessung der Einzelstrafe für das Verbrechen der versuchten schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit räuberischem Angriff auf Kraftfahrer weist ebensowenig wie der Schuldspruch Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten auf. Die strafschärfende Berücksichtigung der Ausnutzung des "berufsbedingten Vertrauensvorschusses" bei der Bemessung der Einzelstrafe der gegen einen Taxifahrer begangenen Tat begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zwar gehört die bewußte Ausnutzung einer verkehrstypisch eingeschränkten Abwehrfähigkeit des Opfers zu den Tatbestandsmerkmalen des § 316 a Abs. 1 StGB (vgl. BGHSt 37, 256, 258; 38, 196, 197; BGH NStZ 1994, 340 f.; 2000, 144; BGHR StGB § 316 a Abs. 1 Straßenverkehr 3). Jedoch ist das Verbrechen des räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer keine Qualifikation des Raubs oder der räuberischen Erpressung, sondern ein eigenständiger Tatbestand mit einem gegenüber der beabsichtigten weiteren Straftat vorverlagerten Vollendungszeitpunkt. Die Ausführungsmodalitäten der mit dem räuberischen Angriff in Tateinheit stehenden Raubtat - hier der Umstand, daß der Angeklagte das Tatopfer veranlaßte, in einen abgelegenen Teil einer Tiefgarage zu fahren - können daher ohne Verstoß gegen § 46 Abs. 3 StGB bei der Strafzumessung zu Lasten des Täters berücksichtigt werden. 2. Die Verurteilung wegen "gemeinschaftlichen Diebstahls in einem besonders schweren Fall" zu einer Einzelstrafe von einem Jahr hält dagegen rechtlicher Überprüfung nicht stand. Nach den Feststellungen des Landgerichts unterstützte der Angeklagte seinen Bekannten O. auf dessen Aufforderung bei einem von O. ausgeführten Einbruchsdiebstahl in ein Geschäftsgebäude, in-
dem er "Schmiere stand"; als Entlohnung hierfür wurde ihm eine Darlehensschuld von 1.000 DM erlassen. Eine mittäterschaftliche Beteiligung des Angeklagten ist damit nicht hinreichend festgestellt. Sie ergibt sich angesichts der nach den bisherigen Feststellungen fehlenden Tatherrschaft des Angeklagten nicht schon aus seinem Interesse, von O. eine Gegenleistung für seine Unterstützung zu erlangen. Da das Landgericht das Problem der Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe nicht näher erörtert, sondern schon auf der Grundlage der genannten Feststellungen ohne weiteres eine Täterstellung des Angeklagten angenommen hat, erscheinen weitergehende Feststellungen insoweit nicht ausgeschlossen. 3. Der Senat weist darauf hin, daß weder eine mittäterschaftliche Begehungsweise noch die Voraussetzungen der Strafzumessungsvorschrift des § 243 StGB in die Urteilsformel aufzunehmen sind (BGHSt 23, 254, 256; 27, 287, 289; BGH NStZ RR 1999, 45; st. Rspr.; vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Aufl., § 260 Rdn. 25; Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl., § 46 Rdn. 96).
Jähnke Otten Rothfuß Fischer Elf

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 28. März 2001 - 2 StR 101/01

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 28. März 2001 - 2 StR 101/01

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 28. März 2001 - 2 StR 101/01 zitiert 6 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 46 Grundsätze der Strafzumessung


(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen. (2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Um

Strafgesetzbuch - StGB | § 243 Besonders schwerer Fall des Diebstahls


(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter 1. zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Gesc

Strafgesetzbuch - StGB | § 316 Trunkenheit im Verkehr


(1) Wer im Verkehr (§§ 315 bis 315e) ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer im Verkehr (§§ 315 bis 315e) ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 315a oder § 315c mit Strafe bedroht ist.

(2) Nach Absatz 1 wird auch bestraft, wer die Tat fahrlässig begeht.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält,
2.
eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist,
3.
gewerbsmäßig stiehlt,
4.
aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient,
5.
eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist,
6.
stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt oder
7.
eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 ist ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht.