Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Nov. 2019 - 1 StR 503/19

bei uns veröffentlicht am19.11.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 503/19
vom
19. November 2019
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
ECLI:DE:BGH:2019:191119B1STR503.19.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 19. November 2019
beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Weiden i.d. OPf. vom 11. Juli 2019 wird als unbegründet verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat: Das Revisionsverfahren ist entgegen dem Antrag des Angeklagten nicht entsprechend § 205 StPO vorläufig einzustellen, weil er vor Verkündung des angefochtenen Urteils eine Klage beim Verwaltungsgericht gegen die Sperrer- klärung für die Vertrauensperson „A. “ erhoben hat. Dies war für die Überprü- fung des angefochtenen Urteils durch den Senat unmaßgeblich, ohne dass sich der Revisionsführer hierdurch einem gegen Art. 6 EMRK verstoßenden unfairen Strafverfahren ausgesetzt sähe. Eine Verfahrensbeanstandung, mit der er eine aufgrund seiner Klage rechtsfehlerhaft abgelehnte Aussetzung der tatgerichtlichen Hauptverhandlung rügt (vgl. BGH, Urteil vom 11. August 2006 – 3 StR 284/05 Rn. 42 [insoweit nicht abgedruckt in BGHSt 51, 88 ff.]; Beschluss vom 24. Oktober 2006 – 1 StR 442/06), hat der Angeklagte nicht erhoben. Darüber hinaus ergibt sich weder aus den Urteilsgründen noch aus den Ermittlungsakten eine rechtsstaatswidrige Tatprovokation. Die unterbliebene Konfrontation der Vertrauensperson „A. “ hat das Landgericht bei seiner rechtsfehlerfreien Be- weiswürdigung bedacht. Sollte der Angeklagte in dem von ihm angestrengten verwaltungsgerichtlichen Verfahren obsiegen, bliebe ihm die Möglichkeit, den freigegebenen Zeugen in einem Wiederaufnahmeverfahren als neues Beweismittel zu benennen (§ 359 Nr. 5 StPO; vgl. LR/Menges, StPO, 27. Aufl., § 96 Rn. 110; MüKoStPO/Percic, § 54 Rn. 33; Ellbogen, NStZ 2007, 310, 311).
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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 359 Wiederaufnahme zugunsten des Verurteilten


Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens zugunsten des Verurteilten ist zulässig, 1. wenn eine in der Hauptverhandlung zu seinen Ungunsten als echt vorgebrachte Urkunde unecht oder verfälscht war;2. wenn der Ze

Strafprozeßordnung - StPO | § 205 Einstellung des Verfahrens bei vorübergehenden Hindernissen


Steht der Hauptverhandlung für längere Zeit die Abwesenheit des Angeschuldigten oder ein anderes in seiner Person liegendes Hindernis entgegen, so kann das Gericht das Verfahren durch Beschluß vorläufig einstellen. Der Vorsitzende sichert, soweit nöt

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Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Okt. 2006 - 1 StR 442/06

bei uns veröffentlicht am 24.10.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 442/06 vom 24. Oktober 2006 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Oktober 2006 beschlossen : Die Revisionen

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Steht der Hauptverhandlung für längere Zeit die Abwesenheit des Angeschuldigten oder ein anderes in seiner Person liegendes Hindernis entgegen, so kann das Gericht das Verfahren durch Beschluß vorläufig einstellen. Der Vorsitzende sichert, soweit nötig, die Beweise.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 442/06
vom
24. Oktober 2006
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Oktober 2006 beschlossen
:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Tübingen vom 10. April 2006 werden als unbegründet verworfen
, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen
keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten
ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Die von dem Angeklagten S. erhobene Rüge, das
Landgericht habe den Aussetzungsantrag der Verteidigung rechtsfehlerhaft
zurückgewiesen, ist jedenfalls unbegründet. Aus dem -
von dem Beschwerdeführer seinem wesentlichen Inhalt nach wiedergegebenen
- ablehnenden Beschluss der Strafkammer ergibt
sich, dass diese bei der Entscheidung über den Aussetzungsantrag
die wesentlichen Gesichtspunkte - Wahrheitsermittlung einerseits
, Verfahrensbeschleunigung andererseits - erkannt und unter
Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falles, insbesondere
der Beweisbedeutung des Informanten und der voraussichtlichen
Dauer des von dem Angeklagten vorgesehenen Verwaltungsstreitverfahrens
, gegeneinander abgewogen hat. Das Ergebnis
dieser Abwägung kann nicht beanstandet werden, und zwar
umso weniger, als die Strafkammer die Sperrerklärung des In-
nenministeriums zutreffend für ermessensfehlerfrei hielt, einer
verwaltungsgerichtlichen Anfechtung also keine ernsthaften Erfolgschancen
beizumessen brauchte (vgl. BGH NStZ 1985, 466,
467 f.). Die Polizeibehörde muss die Anonymität eines als Zeugen
in Anspruch zu nehmenden V-Mannes wahren können, wenn zu
besorgen ist, dass er durch die Offenbarung seiner Identität in Leibes
- oder Lebensgefahr gerät; dies gilt grundsätzlich auch für die
Gefährdung seiner weiteren Verwendung (vgl. BTDrucks. 12/989
S. 42; Schäfer in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 96 Rdn. 64).
Beide Voraussetzungen hat das Innenministerium bejaht, ohne
dass seiner Beurteilung - angesichts der dafür angeführten Umstände
- ein offenbarer Rechtsfehler, sei es auch nur in der Form
des Ermessensfehlgebrauchs, anhaftete.
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Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens zugunsten des Verurteilten ist zulässig,

1.
wenn eine in der Hauptverhandlung zu seinen Ungunsten als echt vorgebrachte Urkunde unecht oder verfälscht war;
2.
wenn der Zeuge oder Sachverständige sich bei einem zuungunsten des Verurteilten abgelegten Zeugnis oder abgegebenen Gutachten einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht oder einer vorsätzlichen falschen uneidlichen Aussage schuldig gemacht hat;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf die Sache einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten schuldig gemacht hat, sofern die Verletzung nicht vom Verurteilten selbst veranlaßt ist;
4.
wenn ein zivilgerichtliches Urteil, auf welches das Strafurteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftig gewordenes Urteil aufgehoben ist;
5.
wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, die allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen die Freisprechung des Angeklagten oder in Anwendung eines milderen Strafgesetzes eine geringere Bestrafung oder eine wesentlich andere Entscheidung über eine Maßregel der Besserung und Sicherung zu begründen geeignet sind,
6.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.