Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Jan. 2012 - 1 StR 474/11

bei uns veröffentlicht am12.01.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 474/11
vom
12. Januar 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Januar 2012 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Frankfurt am Main vom 3. März 2011 wird als unbegründet verworfen
, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten
ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Der von der Revision geltend gemachte absolute Revisionsgrund des § 338
Nr. 5 StPO, den sie aus einem Verstoß gegen § 230 Abs. 1 StPO i.V.m. § 231
Abs. 2 StPO herleiten will, liegt nicht vor. Der Kammervorsitzende hatte den
Angeklagten, der nach Rumänien reisen wollte, ausdrücklich darauf hingewiesen
, dass eine Auslandsreise im Hinblick auf die laufende Hauptverhandlung
nicht in Betracht komme. Gleichwohl ist der Angeklagte entgegen einer gegenüber
dem Landgericht abgegebenen Zusage, nicht ins Ausland zu reisen, nach
dem 27. Verhandlungstag nach Rumänien ausgereist. Das Landgericht hat sich
rechtsfehlerfrei davon überzeugt, dass sich der Angeklagte nach Rumänien
begeben hat, um sich dem Verfahren zu entziehen und um eine Situation zu
schaffen, die eine Fortsetzung der Hauptverhandlung in seiner Gegenwart unmöglich
macht. Er war somit bereits vor dem Tag vor dem geplanten Fortsetzungstermin
, als er in Bukarest mit Symptomen einer schweren Erkältung ein
Krankenhaus aufsuchte, und auch unabhängig von der dort u.a. diagnostizier-
ten „interstitiellen Pneumonie“, entschlossen, der weiteren Hauptverhandlung
fernzubleiben. Das Landgericht durfte daher gemäß § 231 Abs. 2 StPO die
Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten zu Ende führen. Der von
der Revision angesprochene Umstand, dass der Angeklagte „nach wie vor
flüchtig ist“, hat dabei keine Bedeutung für die Frage der Eigenmächtigkeit beim
Fernbleiben des Angeklagten von den weiteren Hauptverhandlungsterminen.
Nack Wahl Hebenstreit
Jäger Sander

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 230 Ausbleiben des Angeklagten


(1) Gegen einen ausgebliebenen Angeklagten findet eine Hauptverhandlung nicht statt. (2) Ist das Ausbleiben des Angeklagten nicht genügend entschuldigt, so ist die Vorführung anzuordnen oder ein Haftbefehl zu erlassen, soweit dies zur Durchführun

Strafprozeßordnung - StPO | § 231 Anwesenheitspflicht des Angeklagten


(1) Der erschienene Angeklagte darf sich aus der Verhandlung nicht entfernen. Der Vorsitzende kann die geeigneten Maßregeln treffen, um die Entfernung zu verhindern; auch kann er den Angeklagten während einer Unterbrechung der Verhandlung in Gewahrsa

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Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Jan. 2012 - 1 StR 474/11

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 474/11 vom 12. Januar 2012 in der Strafsache gegen wegen Steuerhinterziehung u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Januar 2012 beschlossen : Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des La

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Gegen einen ausgebliebenen Angeklagten findet eine Hauptverhandlung nicht statt.

(2) Ist das Ausbleiben des Angeklagten nicht genügend entschuldigt, so ist die Vorführung anzuordnen oder ein Haftbefehl zu erlassen, soweit dies zur Durchführung der Hauptverhandlung geboten ist.

(1) Der erschienene Angeklagte darf sich aus der Verhandlung nicht entfernen. Der Vorsitzende kann die geeigneten Maßregeln treffen, um die Entfernung zu verhindern; auch kann er den Angeklagten während einer Unterbrechung der Verhandlung in Gewahrsam halten lassen.

(2) Entfernt der Angeklagte sich dennoch oder bleibt er bei der Fortsetzung einer unterbrochenen Hauptverhandlung aus, so kann diese in seiner Abwesenheit zu Ende geführt werden, wenn er über die Anklage schon vernommen war, das Gericht seine fernere Anwesenheit nicht für erforderlich erachtet und er in der Ladung darauf hingewiesen worden ist, dass die Verhandlung in diesen Fällen in seiner Abwesenheit zu Ende geführt werden kann.