Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Aug. 2005 - 1 StR 333/05

24.08.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 333/05
vom
24. August 2005
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern u. a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. August 2005 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Angeklagte in den Fällen II. 2 und 3 a) und b) der Urteilsgründe verurteilt worden ist. Insoweit fallen die Kosten des Verfahrens und die notw endigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last. 2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hof vom 15. April 2005
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt ist,
b) im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben. 3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in vier Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. 1. Soweit der Angeklagte wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen verurteilt worden ist, hat der Senat das Verfahren wegen Verjährung eingestellt. Das Landgericht konnte die Tatzeiten in den Fällen II. 2 und 3 a) und b) der Urteilsgründe nicht näher bestimmen. Nach den Urteilsfeststellungen ist daher nicht ausgeschlossen, dass die fünfjährige Verjährungsfrist für dieses Vergehen (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB) bereits abgelaufen war, als der Angeklagte am 5. November 2002 erstmals zur Vernehmung als Beschuldigter geladen und dadurch die erste zur Unterbrechung der Verfolgungsverjährung geeignete Maßnahme (§ 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB) vorgenommen wurde. Weitere Beweiserhebungen zu den Tatzeiten versprechen keinen Erfolg. Zur weiteren Begründung nimmt der Senat auf die Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 28. Juli 2005 Bezug. 2. Die von der Revision erhobenen Verfahrensrügen haben keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO). 3. Die Überprüfung des Schuldspruchs hat zum Fall II. 1 - soweit es den sexuellen Missbrauch von Kindern betrifft - ebenfalls keinen den Angeklagten
benachteiligenden Rechtsfehler ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Die Beweiswürdigung ist rechtsfehlerfrei. 4. Dagegen kann der Strafausspruch nicht bestehen bleiben. Die Teileinstellung führt zum Wegfall der in den Fällen II. 2, 3 a) und b) verhängten Einzelfreiheitsstrafen sowie der Gesamtfreiheitsstrafe. Der Senat hebt auch die verbliebene Einzelstrafe im Fall II. 1 der Urteilsgründe auf. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Strafzumessung auch in diesem Fall anders ausgefallen wäre, wenn der Angeklagte nur wegen einer Tat schuldig gesprochen worden wäre und die Kammer hätte im Blick haben müssen, dass die allein übrig gebliebene Strafe zur Bewährung ausgesetzt hätte werden können, wozu das Landgericht bei dem bisherigen Verlauf der Hauptverhandlung keine Feststellungen treffen musste. Nack Wahl Boetticher Schluckebier Elf

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Referenzen - Gesetze

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 78 Verjährungsfrist


(1) Die Verjährung schließt die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) aus. § 76a Absatz 2 bleibt unberührt. (2) Verbrechen nach § 211 (Mord) verjähren nicht. (3) Soweit die Verfolgung verjährt, beträgt die Verjäh

Strafgesetzbuch - StGB | § 78c Unterbrechung


(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch 1. die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe,2. jede richterliche Vernehmung des B

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Verjährung schließt die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) aus. § 76a Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Verbrechen nach § 211 (Mord) verjähren nicht.

(3) Soweit die Verfolgung verjährt, beträgt die Verjährungsfrist

1.
dreißig Jahre bei Taten, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind,
2.
zwanzig Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als zehn Jahren bedroht sind,
3.
zehn Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als fünf Jahren bis zu zehn Jahren bedroht sind,
4.
fünf Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr bis zu fünf Jahren bedroht sind,
5.
drei Jahre bei den übrigen Taten.

(4) Die Frist richtet sich nach der Strafdrohung des Gesetzes, dessen Tatbestand die Tat verwirklicht, ohne Rücksicht auf Schärfungen oder Milderungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind.

(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch

1.
die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe,
2.
jede richterliche Vernehmung des Beschuldigten oder deren Anordnung,
3.
jede Beauftragung eines Sachverständigen durch den Richter oder Staatsanwalt, wenn vorher der Beschuldigte vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist,
4.
jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
5.
den Haftbefehl, den Unterbringungsbefehl, den Vorführungsbefehl und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
6.
die Erhebung der öffentlichen Klage,
7.
die Eröffnung des Hauptverfahrens,
8.
jede Anberaumung einer Hauptverhandlung,
9.
den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung,
10.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens oder im Verfahren gegen Abwesende zur Ermittlung des Aufenthalts des Angeschuldigten oder zur Sicherung von Beweisen ergeht,
11.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit des Angeschuldigten ergeht, oder
12.
jedes richterliche Ersuchen, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen.
Im Sicherungsverfahren und im selbständigen Verfahren wird die Verjährung durch die dem Satz 1 entsprechenden Handlungen zur Durchführung des Sicherungsverfahrens oder des selbständigen Verfahrens unterbrochen.

(2) Die Verjährung ist bei einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem die Anordnung oder Entscheidung abgefasst wird. Ist das Dokument nicht alsbald nach der Abfassung in den Geschäftsgang gelangt, so ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem es tatsächlich in den Geschäftsgang gegeben worden ist.

(3) Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 78a bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist und, wenn die Verjährungsfrist nach besonderen Gesetzen kürzer ist als drei Jahre, mindestens drei Jahre verstrichen sind. § 78b bleibt unberührt.

(4) Die Unterbrechung wirkt nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht.

(5) Wird ein Gesetz, das bei der Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert und verkürzt sich hierdurch die Frist der Verjährung, so bleiben Unterbrechungshandlungen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts vorgenommen worden sind, wirksam, auch wenn im Zeitpunkt der Unterbrechung die Verfolgung nach dem neuen Recht bereits verjährt gewesen wäre.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.