Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 306/01
vom
25. Oktober 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Oktober 2001 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Traunstein vom 29. Januar 2001 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die
der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen
Auslagen zu tragen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten u.a. wegen Vergewaltigung in acht Fällen zu einer Jugendstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision wird aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.
Zur Rüge der Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes (§§ 338 Nr. 6 StPO, 169 Satz 1 GVG) bemerkt der Senat ergänzend:
Der Rüge liegt folgendes zugrunde: In der Hauptverhandlung hatte die Strafkammer beschlossen, nach § 171b GVG die Öffentlichkeit zum Schutz der Privatsphäre der Nebenklägerin während deren Vernehmung auszuschließen.
Während des Öffentlichkeitsausschlusses wurde sodann nicht nur diese Zeugin vernommen; vielmehr erfolgte zudem ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls
- die Verfügung des Vorsitzenden, daû vier Zeugen umgeladen werden, - die Mitteilung des Vorsitzenden, wann diese Zeugen während der mehrtägigen Hauptverhandlung zur Vernehmung erscheinen werden und - die Feststellung des Vorsitzenden, seit wann sich der Angeklagte in Untersuchungshaft befindet.
Dies stellt keinen durchgreifenden Verstoû gegen § 169 Satz 1 GVG dar.
Zwar darf der Ausschluû der Öffentlichkeit nur erfolgen, soweit er erforderlich ist; er ist mithin in der Regel auf bestimmte Verfahrensabschnitte (etwa die Vernehmung eines bestimmten Zeugen) zu beschränken. Die Erörterung nicht mit dem fraglichen Verfahrensabschnitt zusammenhängender Fragen ist dann während des Öffentlichkeitsausschlusses in der Regel unzulässig (K. Schäfer /Wickern in LR 24. Aufl. § 172 GVG Rdn. 40 f.; vgl. auch BGH GA 1982, 275 und BGH NStZ 1996, 49). Hier war der Ausschluû zwar nicht ausdrücklich aber eindeutig erkennbar auf die Vernehmung der Nebenklägerin begrenzt. Um mit dieser Vernehmung eng zusammenhängende Fragen (vgl. BGH NStZ 1994, 354) handelte es sich bei der fraglichen Verfügung sowie bei den Mitteilungen des Vorsitzenden nicht.
Allerdings erweist sich nicht jede von den Verfahrensbeteiligten während des Öffentlichkeitsausschlusses entfaltete Aktivität, die nicht vom Ausschlieûungsbeschluû umfaût wird, als Verletzung des § 169 Satz 1 GVG. Nach dieser Vorschrift ist "die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht einschlieûlich
der Verkündung der Urteile und Beschlüsse" grundsätzlich öffentlich. Damit zusammenhängend greift der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 6 StPO ein, wenn das Urteil auf Grund einer "mündlichen Verhandlung" ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind. Unter "mündlicher Verhandlung" ist die Hauptverhandlung zu verstehen (BGHSt 4, 279, 283; vgl. Eb. Schmidt, StPO § 338 Rdn. 29: "die Hauptverhandlung mit all ihren Bestandteilen und während ihrer ganzen Dauer"). Die Öffentlichkeit des Verfahrens soll u.a. der Kontrolle des Verfahrensganges und damit der staatlichen Rechtspflege dienen und das Vertrauen des Volkes zu der Rechtsprechung seiner Gerichte fördern (BGH aaO; Schoreit/Diemer in KK 4. Aufl., § 169 GVG Rdn. 2). In diesem Zusammenhang ist allerdings zu beachten , daû etwa Verhandlungen über Ablehnungsanträge, Fragen der Untersuchungshaft und über den Ausschluû des Verteidigers nicht öffentlich erfolgen müssen (Pfeiffer, StPO 3. Aufl. § 169 GVG Rdn. 2). Die Kontrolle der Justiz durch die Öffentlichkeit und das Informationsinteresse des Publikums können in diesen Bereichen dann zurückstehen. Dann aber ist es folgerichtig, wenn die Vornahme solcher Handlungen, die auûerhalb der Hauptverhandlung vorgenommen werden dürfen, bereits im Rahmen der Hauptverhandlung während des Ausschlusses der Öffentlichkeit erledigt werden können.
Dementsprechend hat der Senat bereits entschieden, daû etwa der Schutz des Vertrauens in Terminankündigungen nicht vom Öffentlichkeitsgrundsatz umfaût wird (BGH NStZ 1984, 134, 135) und es sich auch bei der während des Ausschlusses der Öffentlichkeit erfolgten Mitteilung des Vorsitzenden, daû bestimmte Vernehmungsprotokolle eingegangen seien, von denen er den Verteidigern Abschriften übergab, nicht um einen eigenständigen Verfahrensab-
schnitt handelt, für den die Öffentlichkeit wiederhergestellt werden muû (BGH NStZ 1999, 371).
Der 3. Strafsenat (BGH NStZ 1996, 398) hat hinsichtlich eines nach Ausschluû der Öffentlichkeit entgegengenommenen und erörterten Ablehnungsgesuchs vergleichbar entschieden: Das Ablehnungsverfahren sei materiell gesehen nicht Teil der vom Öffentlichkeitsprinzip bestimmten Hauptverhandlung, sondern ein selbständiges, eigenen Regeln unterliegendes Verfahren, für das Öffentlichkeit gesetzlich nicht vorgeschrieben sei. Die nach den Vorschriften über die richterliche Ablehnung gegebene Möglichkeit der Anbringung des Ablehnungsgesuchs in der Hauptverhandlung rechtfertige nicht die Annahme, daû das Ablehnungsgesuch damit notwendig allen zwingenden Regeln über die Hauptverhandlung unterliege. Daû die Richterablehnung in der Hauptverhandlung geschieht, habe vielmehr für die Hauptverhandlung nur eine zufällige , unwesentliche (akzidentielle) Bedeutung. Die materielle Abschichtung des Ablehnungsgesuchs von der Hauptverhandlung und seine Zugehörigkeit zum eigenständigen, vom Öffentlichkeitsprinzip befreiten Ablehnungsverfahren finde nicht zuletzt darin ihren Ausdruck, daû das Ablehnungsgesuch zur Wahrung des Unverzüglichkeitsgebots in § 25 Abs. 2 Nr. 2 StPO bei längeren Hauptverhandlungsunterbrechungen auûerhalb der Hauptverhandlung und damit unabhängig von ihr gestellt werden müsse.
Diesen Ausnahmen ist gemeinsam, daû sie den Schuld- und Strafausspruch nicht unmittelbar betreffen, die Maûnahmen auch auûerhalb der Hauptverhandlung hätten vorgenommen werden können und ihre Einführung in die Hauptverhandlung nicht vorgeschrieben ist. Dies trifft vorliegend auch auf die
rein organisatorischen Maûnahmen des Vorsitzenden hinsichtlich der Umladung der Zeugen zu.
Anders verhält es sich bei der Feststellung des Kammervorsitzenden zur Dauer der Untersuchungshaft des Angeklagten. Die Dauer der Untersuchungshaft kann für die Strafzumessung von Bedeutung sein (vgl. Schäfer, Praxis der Strafzumessung, 3. Aufl. Rdn. 433 f., 587). Hier hat die Kammer im Urteil ausdrücklich - "wenn auch im geringen Umfang - berücksichtigt", daû sich der Angeklagte seit dem 13. Januar 2000 in Untersuchungshaft befindet und diese ihn auch psychisch belaste.
Der Verstoû gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit ist jedoch jedenfalls dann ausgeräumt, wenn der Mangel durch Wiederholung der Prozeûhandlung geheilt worden ist oder sich diese Maûnahme - wie hier - aus besonderen Gründen als überflüssig erweist (BGHSt 33, 99; Kuckein in KK 4. Aufl. § 338 Rdn. 90). Hinsichtlich der Untersuchungshaft wurde an einem späteren Hauptverhandlungstag in öffentlicher Verhandlung die Aufhebung des gegen den Angeklagten ("vorgeführt aus der JVA Traunstein") vollzogenen Haftbefehls beantragt, erörtert und abgelehnt.
Der Antrag der Nebenklägerin auf Bewilligung von Prozeûkostenhilfe für das Revisionsverfahren ist aufgrund der fortwirkenden Beistandsbestellung durch das Landgericht gegenstandslos (vgl. Senatsentscheidungen vom 31. August 1999 - 1 StR 367/99 - und vom 8. März 2001 - 1 StR 73/01).
Schäfer Nack Wahl Schluckebier Kolz

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 338 Absolute Revisionsgründe


Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen, 1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswid

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(1) Die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht einschließlich der Verkündung der Urteile und Beschlüsse ist öffentlich. Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder Veröffentlichung ihre

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 171b


(1) Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen werden, soweit Umstände aus dem persönlichen Lebensbereich eines Prozessbeteiligten, eines Zeugen oder eines durch eine rechtswidrige Tat (§ 11 Absatz 1 Nummer 5 des Strafgesetzbuchs) Verletzten zur Sprache

Strafprozeßordnung - StPO | § 25 Ablehnungszeitpunkt


(1) Die Ablehnung eines erkennenden Richters wegen Besorgnis der Befangenheit ist bis zum Beginn der Vernehmung des ersten Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse, in der Hauptverhandlung über die Berufung oder die Revision bis zum Beginn de

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Bundesgerichtshof Beschluss, 08. März 2001 - 1 StR 73/01

bei uns veröffentlicht am 08.03.2001

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 73/01 vom 8. März 2001 in der Strafsache gegen wegen schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. März 2001 beschlossen: 1. Die Revision der Nebenklägerin ge

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

(1) Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen werden, soweit Umstände aus dem persönlichen Lebensbereich eines Prozessbeteiligten, eines Zeugen oder eines durch eine rechtswidrige Tat (§ 11 Absatz 1 Nummer 5 des Strafgesetzbuchs) Verletzten zur Sprache kommen, deren öffentliche Erörterung schutzwürdige Interessen verletzen würde. Das gilt nicht, soweit das Interesse an der öffentlichen Erörterung dieser Umstände überwiegt. Die besonderen Belastungen, die für Kinder und Jugendliche mit einer öffentlichen Hauptverhandlung verbunden sein können, sind dabei zu berücksichtigen. Entsprechendes gilt bei volljährigen Personen, die als Kinder oder Jugendliche durch die Straftat verletzt worden sind.

(2) Die Öffentlichkeit soll ausgeschlossen werden, soweit in Verfahren wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (§§ 174 bis 184k des Strafgesetzbuchs) oder gegen das Leben (§§ 211 bis 222 des Strafgesetzbuchs), wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen (§ 225 des Strafgesetzbuchs) oder wegen Straftaten gegen die persönliche Freiheit nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuchs ein Zeuge unter 18 Jahren vernommen wird. Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(3) Die Öffentlichkeit ist auszuschließen, wenn die Voraussetzungen der Absätze 1 oder 2 vorliegen und der Ausschluss von der Person, deren Lebensbereich betroffen ist, beantragt wird. Für die Schlussanträge in Verfahren wegen der in Absatz 2 genannten Straftaten ist die Öffentlichkeit auszuschließen, ohne dass es eines hierauf gerichteten Antrags bedarf, wenn die Verhandlung unter den Voraussetzungen der Absätze 1 oder 2 oder des § 172 Nummer 4 ganz oder zum Teil unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden hat.

(4) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 darf die Öffentlichkeit nicht ausgeschlossen werden, soweit die Personen, deren Lebensbereiche betroffen sind, dem Ausschluss der Öffentlichkeit widersprechen.

(5) Die Entscheidungen nach den Absätzen 1 bis 4 sind unanfechtbar.

(1) Die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht einschließlich der Verkündung der Urteile und Beschlüsse ist öffentlich. Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder Veröffentlichung ihres Inhalts sind unzulässig. Die Tonübertragung in einen Arbeitsraum für Personen, die für Presse, Hörfunk, Fernsehen oder für andere Medien berichten, kann von dem Gericht zugelassen werden. Die Tonübertragung kann zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der Beteiligten oder Dritter oder zur Wahrung eines ordnungsgemäßen Ablaufs des Verfahrens teilweise untersagt werden. Im Übrigen gilt für den in den Arbeitsraum übertragenen Ton Satz 2 entsprechend.

(2) Tonaufnahmen der Verhandlung einschließlich der Verkündung der Urteile und Beschlüsse können zu wissenschaftlichen und historischen Zwecken von dem Gericht zugelassen werden, wenn es sich um ein Verfahren von herausragender zeitgeschichtlicher Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland handelt. Zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der Beteiligten oder Dritter oder zur Wahrung eines ordnungsgemäßen Ablaufs des Verfahrens können die Aufnahmen teilweise untersagt werden. Die Aufnahmen sind nicht zu den Akten zu nehmen und dürfen weder herausgegeben noch für Zwecke des aufgenommenen oder eines anderen Verfahrens genutzt oder verwertet werden. Sie sind vom Gericht nach Abschluss des Verfahrens demjenigen zuständigen Bundes- oder Landesarchiv zur Übernahme anzubieten, das nach dem Bundesarchivgesetz oder einem Landesarchivgesetz festzustellen hat, ob den Aufnahmen ein bleibender Wert zukommt. Nimmt das Bundesarchiv oder das jeweilige Landesarchiv die Aufnahmen nicht an, sind die Aufnahmen durch das Gericht zu löschen.

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 2 kann das Gericht für die Verkündung von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in besonderen Fällen Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder der Veröffentlichung ihres Inhalts zulassen. Zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der Beteiligten oder Dritter sowie eines ordnungsgemäßen Ablaufs des Verfahrens können die Aufnahmen oder deren Übertragung teilweise untersagt oder von der Einhaltung von Auflagen abhängig gemacht werden.

(4) Die Beschlüsse des Gerichts nach den Absätzen 1 bis 3 sind unanfechtbar.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

(1) Die Ablehnung eines erkennenden Richters wegen Besorgnis der Befangenheit ist bis zum Beginn der Vernehmung des ersten Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse, in der Hauptverhandlung über die Berufung oder die Revision bis zum Beginn des Vortrags des Berichterstatters, zulässig. Ist die Besetzung des Gerichts nach § 222a Absatz 1 Satz 2 schon vor Beginn der Hauptverhandlung mitgeteilt worden, so muss das Ablehnungsgesuch unverzüglich angebracht werden. Alle Ablehnungsgründe sind gleichzeitig vorzubringen.

(2) Im Übrigen darf ein Richter nur abgelehnt werden, wenn

1.
die Umstände, auf welche die Ablehnung gestützt wird, erst später eingetreten oder dem zur Ablehnung Berechtigten erst später bekanntgeworden sind und
2.
die Ablehnung unverzüglich geltend gemacht wird.
Nach dem letzten Wort des Angeklagten ist die Ablehnung nicht mehr zulässig.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 73/01
vom
8. März 2001
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. März 2001 beschlossen:
1. Die Revision der Nebenklägerin gegen das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 25. Oktober 2000 wird verworfen. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. 2. Der Antrag der Nebenklägerin auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für das Revisionsverfahren ist gegenstandslos.

Gründe:

1. Die Nachprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). 2. Der Antrag, der Nebenklägerin für das Revisionsverfahren Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt T. zu gewähren, ist als Antrag auf Bestellung eines Beistands gemäß § 397a Abs. 1 StPO auszulegen.
Einer Entscheidung darüber bedarf es jedoch nicht, da Rechtsanwalt T. bereits durch Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 25. Juli 2000 zum Beistand der Nebenklägerin bestellt worden ist. Die Beistandsbestellung nach § 397a Abs. 1 StPO wirkt über die jeweilige Instanz hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens fort und erstreckt sich somit auch auf die Revisionsinstanz (BGH, Beschlüsse vom 16. Februar 2000 - 2 StR 52/00 - und vom 30. Mai 2000 - 4 StR 24/00). Schäfer Nack Wahl Boetticher Kolz