Bundesfinanzhof Beschluss, 16. Dez. 2010 - IX B 146/10

16.12.2010

Tatbestand

1

I. Das Finanzgericht (FG) lud die Beschwerdeführerin in dem Rechtsstreit ihres geschiedenen Ehemannes gegen das Finanzamt H zur Zeugenvernehmung im Termin zur mündlichen Verhandlung am 28. September 2010. Da die Terminsladung ausweislich der bei den Akten befindlichen Zustellungsurkunde der Beschwerdeführerin nicht übergeben werden konnte, wurde sie am 11. August 2010 in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten eingelegt. Zur Zeugenvernehmung am 28. September 2010 ist die Beschwerdeführerin nicht erschienen. Das FG hat aus diesem Anlass mit Beschluss vom 28. September 2010 ein Ordnungsgeld in Höhe von 270 €, ersatzweise drei Tage Ordnungshaft, gegen die Beschwerdeführerin festgesetzt. Die hiergegen erhobene Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat, begründet die Beschwerdeführerin im Wesentlichen damit, sie habe die Ladung zur Zeugenvernehmung nicht erhalten.

Entscheidungsgründe

2

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

3

1. Nach § 82 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sind für die Beweisaufnahme im finanzgerichtlichen Verfahren u.a. die §§ 380, 381 der Zivilprozessordnung (ZPO) sinngemäß anzuwenden. Nach der Regelung in § 380 Abs. 1 ZPO werden einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt; zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festgesetzt. Gemäß § 381 Abs. 1 ZPO unterbleibt eine dahingehende Festsetzung, wenn der Zeuge sein Ausbleiben genügend entschuldigt.

4

2. Im Streitfall hat die Beschwerdeführerin ihr Ausbleiben nicht genügend entschuldigt; ihre Einlassung, sie habe die Terminsladung nicht erhalten, ist hierzu nicht geeignet.

5

Der Beschwerdeführerin ist die Ladung zur Zeugenvernehmung mit Zustellungsurkunde --und zwar im Wege der Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten-- zugestellt worden (§ 53 Abs. 1, 2 FGO i.V.m. § 180 ZPO). Mit der Einlegung gilt die Ladung als zugestellt (§ 180 Satz 2 ZPO). Nach §§ 418 Abs. 1, 182 Abs. 1 Satz 2 ZPO erbringt die Zustellungsurkunde den vollen Beweis für die von ihr bezeugten Tatsachen, insbesondere auch darüber, dass der Empfänger --im Streitfall die Beschwerdeführerin-- in der vorgeschriebenen Weise über die Ladung zur Zeugenvernehmung benachrichtigt worden ist (Spindler in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 53 FGO Rz 32, m.w.N.). Ein Gegenbeweis kann nur durch den Beweis der Unrichtigkeit der in der Zustellungsurkunde bezeugten Tatsachen geführt werden (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20. Februar 1992 V R 39/88, BFH/NV 1992, 580, m.w.N.; BFH-Beschluss vom 14. April 2004 VIII B 77/04, BFH/NV 2004, 1532). Diesen Gegenbeweis hat die Beschwerdeführerin nicht erbracht; die bloße Behauptung, sie habe die Ladung nicht erhalten, reicht dafür ebenso wenig aus wie ihre Einlassung, sie sei aufgrund der Erfahrungen im Rahmen ihres Scheidungsverfahrens in Gerichtsangelegenheiten sehr gewissenhaft. Der volle Nachweis eines anderen Geschehensablaufs erfordert dessen substantiierte Darlegung und nicht nur eine Alternativbehauptung.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesfinanzhof Beschluss, 16. Dez. 2010 - IX B 146/10

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesfinanzhof Beschluss, 16. Dez. 2010 - IX B 146/10

Referenzen - Gesetze

Bundesfinanzhof Beschluss, 16. Dez. 2010 - IX B 146/10 zitiert 8 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 418 Beweiskraft öffentlicher Urkunden mit anderem Inhalt


(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen. (2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Lande

Zivilprozessordnung - ZPO | § 180 Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten


Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang e

Zivilprozessordnung - ZPO | § 380 Folgen des Ausbleibens des Zeugen


(1) Einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, werden, ohne dass es eines Antrages bedarf, die durch das Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt. Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieb

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 82


Soweit §§ 83 bis 89 nicht abweichende Vorschriften enthalten, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 371, 372 bis 377, 380 bis 382, 386 bis 414 und 450 bis 494 der Zivilprozessordnung sinngemäß anzuwenden.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 53


(1) Anordnungen und Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, sowie Terminbestimmungen und Ladungen sind den Beteiligten zuzustellen, bei Verkündung jedoch nur, wenn es ausdrücklich vorgeschrieben ist. (2) Zugestellt wird von Amt

Zivilprozessordnung - ZPO | § 381 Genügende Entschuldigung des Ausbleibens


(1) Die Auferlegung der Kosten und die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleiben, wenn das Ausbleiben des Zeugen rechtzeitig genügend entschuldigt wird. Erfolgt die Entschuldigung nach Satz 1 nicht rechtzeitig, so unterbleiben die Auferlegung de

Referenzen

Soweit §§ 83 bis 89 nicht abweichende Vorschriften enthalten, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 371, 372 bis 377, 380 bis 382, 386 bis 414 und 450 bis 494 der Zivilprozessordnung sinngemäß anzuwenden.

(1) Einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, werden, ohne dass es eines Antrages bedarf, die durch das Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt. Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festgesetzt.

(2) Im Falle wiederholten Ausbleibens wird das Ordnungsmittel noch einmal festgesetzt; auch kann die zwangsweise Vorführung des Zeugen angeordnet werden.

(3) Gegen diese Beschlüsse findet die sofortige Beschwerde statt.

(1) Die Auferlegung der Kosten und die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleiben, wenn das Ausbleiben des Zeugen rechtzeitig genügend entschuldigt wird. Erfolgt die Entschuldigung nach Satz 1 nicht rechtzeitig, so unterbleiben die Auferlegung der Kosten und die Festsetzung eines Ordnungsmittels nur dann, wenn glaubhaft gemacht wird, dass den Zeugen an der Verspätung der Entschuldigung kein Verschulden trifft. Erfolgt die genügende Entschuldigung oder die Glaubhaftmachung nachträglich, so werden die getroffenen Anordnungen unter den Voraussetzungen des Satzes 2 aufgehoben.

(2) Die Anzeigen und Gesuche des Zeugen können schriftlich oder zum Protokoll der Geschäftsstelle oder mündlich in dem zur Vernehmung bestimmten neuen Termin angebracht werden.

(1) Einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, werden, ohne dass es eines Antrages bedarf, die durch das Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt. Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festgesetzt.

(2) Im Falle wiederholten Ausbleibens wird das Ordnungsmittel noch einmal festgesetzt; auch kann die zwangsweise Vorführung des Zeugen angeordnet werden.

(3) Gegen diese Beschlüsse findet die sofortige Beschwerde statt.

(1) Die Auferlegung der Kosten und die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleiben, wenn das Ausbleiben des Zeugen rechtzeitig genügend entschuldigt wird. Erfolgt die Entschuldigung nach Satz 1 nicht rechtzeitig, so unterbleiben die Auferlegung der Kosten und die Festsetzung eines Ordnungsmittels nur dann, wenn glaubhaft gemacht wird, dass den Zeugen an der Verspätung der Entschuldigung kein Verschulden trifft. Erfolgt die genügende Entschuldigung oder die Glaubhaftmachung nachträglich, so werden die getroffenen Anordnungen unter den Voraussetzungen des Satzes 2 aufgehoben.

(2) Die Anzeigen und Gesuche des Zeugen können schriftlich oder zum Protokoll der Geschäftsstelle oder mündlich in dem zur Vernehmung bestimmten neuen Termin angebracht werden.

(1) Anordnungen und Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, sowie Terminbestimmungen und Ladungen sind den Beteiligten zuzustellen, bei Verkündung jedoch nur, wenn es ausdrücklich vorgeschrieben ist.

(2) Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung.

(3) Wer seinen Wohnsitz oder seinen Sitz nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat, hat auf Verlangen einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen. Geschieht dies nicht, so gilt eine Sendung mit der Aufgabe zur Post als zugestellt, selbst wenn sie als unbestellbar zurückkommt.

Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung.

(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen.

(2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Landesgesetze diesen Beweis ausschließen oder beschränken.

(3) Beruht das Zeugnis nicht auf eigener Wahrnehmung der Behörde oder der Urkundsperson, so ist die Vorschrift des ersten Absatzes nur dann anzuwenden, wenn sich aus den Landesgesetzen ergibt, dass die Beweiskraft des Zeugnisses von der eigenen Wahrnehmung unabhängig ist.

(1) Anordnungen und Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, sowie Terminbestimmungen und Ladungen sind den Beteiligten zuzustellen, bei Verkündung jedoch nur, wenn es ausdrücklich vorgeschrieben ist.

(2) Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung.

(3) Wer seinen Wohnsitz oder seinen Sitz nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat, hat auf Verlangen einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen. Geschieht dies nicht, so gilt eine Sendung mit der Aufgabe zur Post als zugestellt, selbst wenn sie als unbestellbar zurückkommt.