Bundesfinanzhof Beschluss, 15. Sept. 2015 - I B 57/15

bei uns veröffentlicht am15.09.2015

Tenor

1. Das Verfahren betreffend die Aussetzung der Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide 2004 bis 2008 wird abgetrennt und an den XI. Senat des Bundesfinanzhofs abgegeben.

2. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Finanzgerichts Düsseldorf vom 23. März 2015  3 V 3863/14 A(E,U) wird im Hinblick auf die Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuerbescheide 2004 bis 2008 als unbegründet zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Antragsteller zur Last.

Tatbestand

1

I. Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) wohnte in den Streitjahren (2004 bis 2008) --wie auch heute noch-- in Thailand. Er war seinerzeit über seinen Vater V als Treuhänder mittelbarer Gesellschafter der inländischen K-GmbH und fungierte aufgrund eines Beratervertrags als Berater dieser Gesellschaft "in allen betrieblichen Fragen". Seit März 2010 ist der Antragsteller Geschäftsführer der K-GmbH. Der Bruder des Antragstellers B war in den Streitjahren als Arbeitnehmer für die Gesellschaft tätig.

2

Nach einer Prüfung des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung beim Antragsteller rechnete der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) dem Antragsteller Erlöse aus dem Verkauf von Tonerkartuschen über die Internetplattform eBay (X) unter dem Benutzernamen "Y" in Höhe von brutto 1.156,81 € (2004), 23.975,09 € (2005), 7.993,95 € (2006), 174.179,67 € (2007) und 29.845,62 € (2008) zu. Diese Beträge ermittelte die Steuerfahndung mithilfe eines Datensatzes, den X auf ein Auskunftsersuchen der Steuerfahndung hin an diese übermittelt hatte. Die steuerliche Zurechnung zum Antragsteller begründete das FA neben der Inhaberschaft des X-Accounts "Y" damit, der Antragsteller habe die Verkäufe über B abgewickelt, der die am Betriebssitz der K-GmbH lagernden Waren jeweils weisungsgemäß an die Erwerber versandt habe. Für ein Bankkonto, auf dem laufend Überweisungen aus den Verkäufen über die Plattform X eingegangen seien, sei der Antragsteller bevollmächtigt. Die zugeflossenen Beträge unterliegen nach Auffassung des FA der beschränkten Steuerpflicht gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes 2002. Nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Thailand zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 10. Juli 1967 (BGBl II 1968, 590, BStBl I 1968, 1047) --DBA-Thailand-- gebühre der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) das Besteuerungsrecht an den Einkünften, weil die K-GmbH für den Antragsteller einen Warenbestand unterhalten und davon regelmäßig Auslieferungen vorgenommen habe (Betriebsstätte gemäß Art. 5 Abs. 5 Buchst. b DBA-Thailand), ohne unabhängiger Vertreter i.S. von Art. 5 Abs. 6 DBA-Thailand gewesen zu sein. Die zugeflossenen Erlöse seien vom Antragsteller ohne Abzug von Betriebsausgaben zu versteuern, weil die K-GmbH sich mit dem FA im Rahmen einer tatsächlichen Verständigung darauf geeinigt habe, dass sie diese Kosten übernommen habe.

3

Der Antragsteller hat gegen die auf dieser Grundlage für die Streitjahre erlassenen Einkommensteuerbescheide geltend gemacht, die von ihm verkauften Waren seien von Thailand aus und nicht über die K-GmbH ausgeliefert worden; es bestehe deshalb für Deutschland kein Besteuerungsrecht. Etwaige von der K-GmbH getätigte Geschäfte seien ihm nicht zuzurechnen. Außerdem wären im Falle einer Zurechnung die Betriebsausgaben in Abzug zu bringen. Die tatsächliche Verständigung zwischen der K-GmbH und dem FA entfalte ihm gegenüber keine Bindungswirkung.

4

Über die deswegen vom Antragsteller gegen die Einkommensteuerbescheide und gegen die vom FA im Übrigen noch erlassenen Umsatzsteuerbescheide erhobene Klage hat das Finanzgericht Düsseldorf (FG) noch nicht entschieden. Der Antragsteller hatte beim FA zunächst vergeblich die Aussetzung der Vollziehung (AdV) der angefochtenen Bescheide beantragt. Nachdem der Antragsteller später beim FG AdV beantragt hat, hat das FA die Vollziehung der Bescheide über die Einkommensteuer nebst Solidaritätszuschlägen und Zinsen sowie der Umsatzsteuerbescheide und Zinsen für die Streitjahre wegen ernstlicher Zweifel an deren Rechtmäßigkeit ausgesetzt, die Aussetzung jedoch von Sicherheitsleistungen in Höhe von 73.000 € (Einkommensteuer) und 45.000 € (Umsatzsteuer) abhängig gemacht.

5

Die danach weiterhin beantragte AdV ohne Sicherheitsleistungen hat das FG abgelehnt, weil die Steuerforderungen aufgrund des Auslandswohnsitzes des Antragstellers gefährdet seien. Der FG-Beschluss vom 23. März 2015  3 V 3863/14 A(E,U) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2015, 1218 abgedruckt. Gegen den Beschluss richtet sich die --vom FG zugelassene-- Beschwerde des Antragstellers. Er ist der Auffassung, eine Sicherheitsleistung könne nur angeordnet werden, wenn die AdV mitursächlich für die Gefährdung der Steuerforderungen sei. Daran fehle es hier, weil der ausschließliche Auslandswohnsitz schon vor der Anordnung der AdV bestanden hat.

6

Der Antragsteller beantragt, die Vollziehung der angefochtenen Bescheide ohne Sicherheitsleistung auszusetzen.

7

Das FA stellt keinen formellen Antrag, hält die Beschwerde aber für unbegründet.

Entscheidungsgründe

8

II. Das Verfahren betreffend die AdV der Umsatzsteuerbescheide ist gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) abzutrennen und an den hierfür nach Teil A. Sachliche Zuständigkeit der Senate, XI. Senat, dort unter Nr. 1 des Geschäftsverteilungsplans des Bundesfinanzhofs (BFH) für das Jahr 2015 zuständigen XI. Senat abzugeben.

III.

9

Hinsichtlich der AdV der Einkommensteuerbescheide ist die Beschwerde unbegründet und deshalb zurückzuweisen. Das FG hat es insoweit zu Recht abgelehnt, die AdV ohne Sicherheitsleistung anzuordnen.

10

1. Nach § 69 Abs. 2 Satz 3 (hier i.V.m. Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2) FGO kann die AdV von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Dies ist angezeigt, wenn die spätere Vollstreckung der Steuerforderung infolge der AdV gefährdet oder erschwert erscheint. Denn die Sicherheitsleistung dient der Vermeidung von Steuerausfällen bei einem für den Steuerpflichtigen ungünstigen Verfahrensausgang (Senatsbeschluss vom 17. Mai 2005 I B 108/04, BFH/NV 2005, 1778, m.w.N.; BFH-Beschluss vom 26. Juni 2009 IX B 194/08, nicht veröffentlicht --n.v.--).

11

Eine Gefährdung der Steuerforderung ist u.a. dann gegeben, wenn die spätere Vollstreckung nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen möglich wäre, wie es z.B. der Fall ist, wenn der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz im Ausland hat (Senatsbeschlüsse vom 22. Juli 1987 I B 148/86, n.v., und vom 14. September 1994 I B 40/94, BFH/NV 1995, 376; BFH-Urteil vom 27. August 1970 V R 102/67, BFHE 100, 291, BStBl II 1971, 1; BFH-Beschluss vom 18. Dezember 2000 VI S 15/98, BFH/NV 2001, 637) oder der Steuerbescheid aus anderen Gründen im Ausland vollstreckt werden müsste, ohne dass völkervertraglich gewährleistet ist, dass in dem betreffenden Land wie im Inland vollstreckt werden könnte (vgl. BFH-Beschluss vom 10. Oktober 2002 VII S 28/01, BFH/NV 2003, 12; Gosch in Beermann/Gosch, FGO § 69 Rz 207; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 69 FGO Rz 110; Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 69 FGO Rz 387).

12

2. Nach diesen Maßgaben ist im Streitfall von einer Gefährdung der Steuerforderungen auszugehen.

13

a) Der Antragsteller wird im Zeitpunkt einer etwaigen späteren Vollstreckung seinen einzigen Wohnsitz aller Voraussicht nach in Thailand haben. Im Inland gelegenes Vermögen hat er nach eigenem Bekunden nicht. Und mit Thailand besteht kein zwischenstaatliches Abkommen, welches dem FA mit der Inlandssituation vergleichbare Vollstreckungsmöglichkeiten verschaffen könnte. Der Antragsteller selbst bezeichnet eine Vollstreckung gegen ihn in der Beschwerdebegründung als "aussichtslos".

14

b) Entgegen der Auffassung der Beschwerde hindert es die Anordnung der Sicherheitsleistung nicht, dass der Antragsteller schon gegenwärtig in Thailand wohnt und die Steuerforderung deshalb schon zum jetzigen Zeitpunkt gefährdet ist. Denn die Gefährdung der Steuerforderung kann ihren Grund auch in einem zur Zeit der Entscheidung bereits gegebenen Umstand haben (vgl. Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 69 FGO Rz 385). Zwar muss die Gefahr eines Steuerausfalls gerade durch die Gewährung der Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung eintreten (BFH-Beschluss in BFH/NV 2003, 12; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 69 FGO Rz 110; Loschelder, Der AO-Steuer-Berater --AO-StB-- 2002, 284). Insoweit ist indes nicht ausschließlich auf die formalen Vollstreckungsmöglichkeiten des FA abzustellen, sondern sind auch andere Umstände zu berücksichtigen, die dazu führen können, dass die Steuerforderung ohne die AdV früher realisiert werden könnte als bei Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. So ist es in der Situation des Antragstellers, der zwar schon seit langem in Thailand wohnt, aber offenkundig noch geschäftliche und familiäre Beziehungen in das Inland unterhält (er wurde 2010 zum Geschäftsführer der K-GmbH bestellt), gut denkbar, dass er einem vollziehbaren Steuerbescheid "freiwillig" --das heißt auch ohne durchschlagende Vollstreckungschancen des FA-- durch Zahlung Folge leisten würde, um z.B. persönliche Nachteile zu vermeiden (z.B. eine Gewerbeuntersagung nach § 35 der Gewerbeordnung --Unzuverlässigkeit wegen Steuerrückständen--, die nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung zum Verlust auch der Fähigkeit führen kann, Geschäftsführer einer GmbH zu sein, oder eine Eintragung in das Schuldnerverzeichnis nach § 882b der Zivilprozessordnung). Insoweit verschlechtert (verzögert) mithin im vorliegenden Fall die AdV die Realisierungschancen der Steuerforderung.

15

c) Aus der geschilderten Sachlage folgt im Übrigen, dass der von der Beschwerde angestellte Vergleich der hier gegebenen Konstellation eines Auslandswohnsitzes mit jener eines vermögens- und einkommenslosen Antragstellers, bei dem aus diesem Grund schon zum Zeitpunkt der Gewährung der AdV keinerlei Realisierungschancen für die Steuerforderung bestehen (vgl. zum Absehen von Sicherheitsleistungen in solchen Situationen z.B. Senatsbeschlüsse vom 11. August 2000 I S 5/00, BFH/NV 2001, 314, und in BFH/NV 2005, 1778; BFH-Beschlüsse vom 18. Februar 1992 VIII B 101/91, BFH/NV 1993, 488, und vom 26. Juni 2003 X S 4/03, BFH/NV 2003, 1217) nicht passend ist.

16

3. Soweit der Antragsteller gegenüber dem FG geltend gemacht hat, er könne die Sicherheitsleistung mangels entsprechender Einkünfte nicht aufbringen, hat das FG diese nicht weiter belegte Behauptung zu Recht nicht als hinreichend substantiiert angesehen, um darauf schließen zu können, dass er die geforderte Sicherheit trotz zumutbarer Anstrengungen nicht leisten kann (zur Darlegungslast des Antragstellers vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 6. November 2001 II B 85/01, BFH/NV 2002, 508; Loschelder, AO-StB 2002, 284).

17

4. Die Sicherheitsleistung entfällt nicht aufgrund einer hohen Wahrscheinlichkeit des Obsiegens des Antragstellers im Klageverfahren gegen die Einkommensteuerbescheide. Allerdings überwiegt das Rechtsschutzinteresse des Steuerpflichtigen dann, wenn mit Gewissheit oder großer Wahrscheinlichkeit ein für ihn günstiger Prozessausgang zu erwarten ist; das öffentliche Interesse an der Vermeidung von Steuerausfällen tritt hier zurück. Dieser Gesichtspunkt greift z.B. ein, wenn sich der Steuerpflichtige hinsichtlich der streitigen rechtlichen Erwägungen auf eine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung berufen kann (vgl. BFH-Beschluss vom 13. Dezember 1999 III B 15/99, BFH/NV 2000, 827) oder wenn sich in einem rechtlich schwierigen Fall der Sachverhalt in den Akten des Finanzamts so ungeordnet, verworren oder widersprüchlich darstellt, dass die rechtliche Subsumtion Schwierigkeiten bereitet (Senatsbeschluss vom 30. Juli 1997 I B 141-142/96, BFH/NV 1998, 84).

18

Im vorliegenden Fall hängen die Erfolgschancen des Antragstellers im Hauptsacheverfahren gegen die Einkommensteuerbescheide vor allem davon ab, inwiefern es dem FA gelingen wird, die von ihm vorausgesetzten Sachverhalte (Zuordnung der Einnahmen, nicht aber der Betriebsausgaben zum Antragsteller, im Inland gelegene Betriebsstätte des Antragstellers i.S. von Art. 5 Abs. 5 Buchst. b DBA-Thailand) auf tatsächlicher Ebene darzulegen und nachzuweisen. Da es somit in erster Linie um die Feststellung von Tatsachen geht, sieht sich der Senat im gegenwärtigen Verfahrensstadium nicht im Stande, eine verlässliche Prognose mit dem Ergebnis einer hohen Wahrscheinlichkeit des Obsiegens des Antragstellers zu treffen.

19

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 69


(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für

Gewerbeordnung - GewO | § 35 Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit


(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bez

Zivilprozessordnung - ZPO | § 882b Inhalt des Schuldnerverzeichnisses


(1) Das zentrale Vollstreckungsgericht nach § 882h Abs. 1 führt ein Verzeichnis (Schuldnerverzeichnis) derjenigen Personen,1.deren Eintragung der Gerichtsvollzieher nach Maßgabe des § 882c angeordnet hat;2.deren Eintragung die Vollstreckungsbehörde n

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 73


(1) Das Gericht kann durch Beschluss mehrere bei ihm anhängige Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, dass mehrere in einem Verfahren zusammengefasste Klagegegenstände in getrennten Verfa

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 6 Geschäftsführer


(1) Die Gesellschaft muß einen oder mehrere Geschäftsführer haben. (2) Geschäftsführer kann nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein. Geschäftsführer kann nicht sein, wer1.als Betreuter bei der Besorgung seiner Vermögensangel

Referenzen

(1) Das Gericht kann durch Beschluss mehrere bei ihm anhängige Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, dass mehrere in einem Verfahren zusammengefasste Klagegegenstände in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden.

(2) Ist die Klage von jemandem erhoben, der wegen dieses Klagegegenstands nach § 60 Abs. 3 zu einem anderen Verfahren beizuladen wäre, so wird die notwendige Beiladung des Klägers dadurch ersetzt, dass die beiden Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und einheitlicher Entscheidung verbunden werden.

(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.

(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.

(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf

1.
die Feststellung des Sachverhalts,
2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder
3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a der Strafprozeßordnung), der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(3a) (weggefallen)

(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.

(5) (weggefallen)

(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.

(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.

(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.

(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.

(1) Die Gesellschaft muß einen oder mehrere Geschäftsführer haben.

(2) Geschäftsführer kann nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein. Geschäftsführer kann nicht sein, wer

1.
als Betreuter bei der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten ganz oder teilweise einem Einwilligungsvorbehalt (§ 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) unterliegt,
2.
aufgrund eines gerichtlichen Urteils oder einer vollziehbaren Entscheidung einer Verwaltungsbehörde einen Beruf, einen Berufszweig, ein Gewerbe oder einen Gewerbezweig nicht ausüben darf, sofern der Unternehmensgegenstand ganz oder teilweise mit dem Gegenstand des Verbots übereinstimmt,
3.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlich begangener Straftaten
a)
des Unterlassens der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Insolvenzverschleppung),
b)
nach den §§ 283 bis 283d des Strafgesetzbuchs (Insolvenzstraftaten),
c)
der falschen Angaben nach § 82 dieses Gesetzes oder § 399 des Aktiengesetzes,
d)
der unrichtigen Darstellung nach § 400 des Aktiengesetzes, § 331 des Handelsgesetzbuchs, § 346 des Umwandlungsgesetzes oder § 17 des Publizitätsgesetzes oder
e)
nach den §§ 263 bis 264a oder den §§ 265b bis 266a des Strafgesetzbuchs zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr
verurteilt worden ist; dieser Ausschluss gilt für die Dauer von fünf Jahren seit der Rechtskraft des Urteils, wobei die Zeit nicht eingerechnet wird, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist.
Satz 2 Nummer 2 gilt entsprechend, wenn die Person in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum einem vergleichbaren Verbot unterliegt. Satz 2 Nr. 3 gilt entsprechend bei einer Verurteilung im Ausland wegen einer Tat, die mit den in Satz 2 Nr. 3 genannten Taten vergleichbar ist.

(3) Zu Geschäftsführern können Gesellschafter oder andere Personen bestellt werden. Die Bestellung erfolgt entweder im Gesellschaftsvertrag oder nach Maßgabe der Bestimmungen des dritten Abschnitts.

(4) Ist im Gesellschaftsvertrag bestimmt, daß sämtliche Gesellschafter zur Geschäftsführung berechtigt sein sollen, so gelten nur die der Gesellschaft bei Festsetzung dieser Bestimmung angehörenden Personen als die bestellten Geschäftsführer.

(5) Gesellschafter, die vorsätzlich oder grob fahrlässig einer Person, die nicht Geschäftsführer sein kann, die Führung der Geschäfte überlassen, haften der Gesellschaft solidarisch für den Schaden, der dadurch entsteht, dass diese Person die ihr gegenüber der Gesellschaft bestehenden Obliegenheiten verletzt.

(1) Das zentrale Vollstreckungsgericht nach § 882h Abs. 1 führt ein Verzeichnis (Schuldnerverzeichnis) derjenigen Personen,

1.
deren Eintragung der Gerichtsvollzieher nach Maßgabe des § 882c angeordnet hat;
2.
deren Eintragung die Vollstreckungsbehörde nach Maßgabe des § 284 Abs. 9 der Abgabenordnung angeordnet hat; einer Eintragungsanordnung nach § 284 Abs. 9 der Abgabenordnung steht die Anordnung der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis durch eine Vollstreckungsbehörde gleich, die auf Grund einer gleichwertigen Regelung durch Bundesgesetz oder durch Landesgesetz ergangen ist;
3.
deren Eintragung das Insolvenzgericht nach Maßgabe des § 26 Absatz 2 oder des § 303a der Insolvenzordnung angeordnet hat.

(2) Im Schuldnerverzeichnis werden angegeben:

1.
Name, Vorname und Geburtsname des Schuldners sowie die Firma und deren Nummer des Registerblatts im Handelsregister,
2.
Geburtsdatum und Geburtsort des Schuldners,
3.
Wohnsitze des Schuldners oder Sitz des Schuldners,
einschließlich abweichender Personendaten.

(3) Im Schuldnerverzeichnis werden weiter angegeben:

1.
Aktenzeichen und Gericht oder Vollstreckungsbehörde der Vollstreckungssache oder des Insolvenzverfahrens,
2.
im Fall des Absatzes 1 Nr. 1 das Datum der Eintragungsanordnung und der gemäß § 882c zur Eintragung führende Grund,
3.
im Fall des Absatzes 1 Nr. 2 das Datum der Eintragungsanordnung und der gemäß § 284 Abs. 9 der Abgabenordnung oder einer gleichwertigen Regelung im Sinne von Absatz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 zur Eintragung führende Grund,
4.
im Fall des Absatzes 1 Nummer 3 das Datum der Eintragungsanordnung sowie die Feststellung, dass ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners mangels Masse gemäß § 26 Absatz 1 Satz 1 der Insolvenzordnung abgewiesen wurde, oder bei einer Eintragung gemäß § 303a der Insolvenzordnung der zur Eintragung führende Grund und das Datum der Entscheidung des Insolvenzgerichts.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.