Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 02. Mai 2018 - 2 B 18.458
vorgehend
Tenor
I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
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Tenor
I.
Soweit die Parteien die Klage übereinstimmend für erledigt erklärt haben (Antrag Nr. 1) und soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat (Antrag Nr. 3), wird das Verfahren eingestellt.
II.
Die Auflage Nr. 1 der Baugenehmigung vom
III.
Die Beklagte hat 10/11, die Klägerin 1/11 der Kosten des Verfahrens zu tragen.
IV.
Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. ... der Gemarkung ... ..., ...str. 114. Mit Baugenehmigung vom
Mit Bauantrag vom
Mit Schriftsatz vom
I.
Die Beklagte wird verpflichtet, die Änderungen an den notwendigen Fluren im zweiten bis vierten Obergeschoss wie im Antrag vom
II.
Die Beklagte wird verpflichtet, die Auflage Nr. 1 (zusätzliche Kfz-Stellplätze) in der Baugenehmigung vom
Hilfsweise:
Die Beklagte wird verpflichtet, die Auflage Nr. 1 (zusätzliche Kfz-Stellplätze) in der Baugenehmigung vom
III.
Hilfsweise:
Die Beklagte wird verpflichtet, in der Baugenehmigung festzustellen, dass für das Bauvorhaben nur noch 50 Stellplätze erforderlich sind.
Hilfsweise:
Es wird festgestellt, dass für das Bauvorhaben nur noch 50 Stellplätze erforderlich sind.
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, das Gebäude sei bislang im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss als Fitness-Studio und im zweiten bis vierten Obergeschoss als Bürogebäude genutzt worden. Für das Gebäude bestünden auf dem Grundstück 63 Stellplätze, wovon gemäß der Tekturgenehmigung vom 4. November 2003 62 Stellplätze gebunden seien. Mit Antrag vom 12. Juli 2013 habe die Klägerin eine weitere Tektur zur Einziehung einer Treppe zwischen dem ersten und zweiten Obergeschoss sowie einer Nutzungsänderung im zweiten Obergeschoss (Büronutzung zu Fitness-Studio) und Änderungen an den notwendigen Fluren im zweiten bis vierten Obergeschoss beantragt. Die streitgegenständliche Baugenehmigung sei von der Beklagten am 6. Mai 2014 nicht wie beantragt erteilt worden. Zum einen seien die Pläne hinsichtlich der Änderungen an den notwendigen Fluren im zweiten bis vierten Obergeschoss gestrichen und nicht in die Baugenehmigung aufgenommen worden. Zur Begründung sei ausgeführt worden, dass eine solche Änderung nicht genehmigungspflichtig sei. Zum anderen sei beabsichtigt gewesen, die Auflage zu erlassen, vier weitere Stellplätze zu errichten. Diese sei gegen Schließung eines vorläufigen Stellplatzablösevertrages vom 5. Mai 2014 gegen eine Zahlung von Euro 40.000,- (Euro 10.000,- pro Stellplatz) abgewendet worden, wobei in den Vertrag aufgenommen worden sei, dass der Betrag zurückzuerstatten sei, wenn sich die Stellplatzberechnung nach gerichtlicher Prüfung als falsch herausstellen sollte.
Die Änderungen der bisher notwendigen Flure wegen der zwei separaten Büroeinheiten unter 400 m² seien wegen der abweichenden rechtlichen Brandschutzanforderungen genehmigungspflichtig und auch genehmigungsfähig.
Die beantragte Nutzungsänderung löse keinen Stellplatzmehrbedarf, sondern einen Stellplatzminderbedarf aus. Nach § 3 Abs. 1 b der Stellplatzsatzung der Beklagten (StPlS)
Nach Ansicht der Beklagten sei bei der Berechnung des Stellplatzbedarfs ausschließlich der Bereich der beantragten Nutzungsänderung im zweiten Obergeschoss zu berücksichtigen. Bei einer Fläche von 220,57 m² für das Fitness-Studio ergäben sich 11 Stellplätze. Für die vorhergehende Büronutzung seien 6 Stellplätze erforderlich gewesen. Auf die Differenz von 5 Stellplätzen sei sodann die 75%-Regelung nach § 3 Abs. 1 b StPlS anzuwenden und daher ein Mehrbedarf von 4 Stellplätzen nachzuweisen.
2. OG neuFitness220,57 qm2011,0311
2. OG altBüro220,57 qm40 5,51 6
Mehrbedarf 575%3,75 4
Diese Berechnung sei unzulässig, erforderlich sei eine Betrachtung des gesamten Gebäudes. Nach Art. 47 BayBO seien bei einer (Nutzungs-)Änderung nur Stellplätze in solcher Zahl und Größe herzustellen, dass die Stellplätze die aufgrund der Änderung zusätzlich zu erwartenden Kraftfahrzeuge aufnehmen könnten. Der Mehrbedarf aufgrund der Nutzungsänderung sei durch einen rechnerischen Vergleich zwischen dem Stellplatzbedarf der geänderten baulichen Anlage (sog. „Sollbedarf“) und des genehmigten Altbestandes zu ermitteln. Dabei sei bei der rechnerischen Ermittlung des Bedarfs auch im Hinblick auf den Altbestand auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen (VG München, U.v. 18.11.2013 - M 8 K 12.5721 - juris RdNr. 31). Erforderlich sei es also, den Stellplatzbedarf für die gesamte bauliche Anlage zu ermitteln und zwar vor und nach der beantragten Änderung unter Anwendung der aktuellen Rechtslage (vgl. Würfel, in: Simon/Busse, BayBO, 114. ErgL 2013, RdNrn. 69 ff.). Dementsprechend sei für die gesamte bauliche Anlage der Stellplatzbedarf nach der geltenden Stellplatzsatzung zu ermitteln, was zur Folge habe, dass für die gesamte Anlage der Stellplatzbedarf unter Anwendung der 75%-Regelung zu berechnen sei. Da diese Regelung zum Zeitpunkt der letzten Tektur noch nicht bestanden habe, habe dies zur Folge, dass anstatt eines Mehrbedarfs nunmehr tatsächlich 13 Stellplätze frei würden. Die verminderten Stellplatzanforderungen aufgrund der geänderten Stellplatzsatzung müssten der Klägerin zugute kommen. Die Baugenehmigung habe keine negative Sperrwirkung. Die Klägerin habe mit der Neuberechnung des Stellplatzbedarfs für das Gesamtgebäude die Neufestsetzung des Stellplatzbedarfs nach aktueller Rechtslage beantragt. Die Stellplatzanforderungen seien Einschränkungen der Eigentümerrechte aus Art. 14 GG, weshalb die Erleichterungen der Beschränkungen der Klägerin unmittelbar zugute kommen müssten. Die Klägerin wäre schlechter gestellt als der Eigentümer eines Neubaus, der nur die verminderten Anforderungen aus der Stellplatzsatzung erfüllten müsste, was eine nicht zu rechtfertigende Verletzung des Gleichheitssatzes des Art. 3 GG wäre. Jedenfalls seien die Bereiche in die Betrachtung einzubeziehen, die infolge der Änderungen an den notwendigen Fluren im zweiten bis zum vierten Obergeschoss einträten.
Insgesamt ergebe sich ein Stellplatzminderbedarf von minus 3 Stellplätzen:
4. OG alt Büro324,89 qm408,12 8
4. OG neuBüro306,28 qm407,6675%5,74275 6
-2
3. OG alt Büro435,16 qm4010,6311
3. OG neuBüro439,56 qm4010,9975%8,24175 8
-3
2. OG alt Büro451,49 qm4011,2911
2. OG neuBüro247,15 qm406,1875%4,6340625 5
Fitness247,15 qm2011,0375%8,271375 8
2
Bedarf: -3
Da sich auch die Größen der Nutzungseinheiten geändert hätten, sei eine Neuberechnung erforderlich. Die Abweichungen seien auch nicht unwesentlich, die Stellplatzpflicht hänge nicht davon ab, ob eine wesentliche oder unwesentliche Änderung vorliege.
Höchst hilfsweise wurde von den Bevollmächtigten der Klägerin ausgeführt, dass jedenfalls die Berechnung durch die Beklagte fehlerhaft sei, weil auch bei einer ausschließlichen Betrachtung des zweiten Obergeschosses die 75%-Regelung bereits auf die ermittelten 11 Stellplätze anzuwenden sei. Erst vom ermittelten Ergebnis samt Ermäßigung seien die bereits vorhandenen Stellplätze abzuziehen (VG München, U.v. 18.11.2013 - M 8 K 12. 5721 - juris RdNr. 34 ff.).
Für den geänderten Bereich Fitness-Studio seien daher von vornherein nur 8 Stellplätze anzusetzen. Bei Abzug von 6 vorhandenen Stellplätzen bestünde daher allein ein Mehrbedarf von 2 Stellplätzen. Hiervon sei der tatsächlich vorhandene freie Stellplatz abzuziehen, so dass auch bei isolierter Betrachtung des geänderten Bereichs im zweiten Obergeschoss bei korrekter Rechtsanwendung nur 1 Stellplatz zusätzlich nachzuweisen bzw. abzulösen sei.
Mit Schreiben vom
Die Klage wird abgewiesen.
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass mittlerweile eine weitere Baugenehmigung vom
Im Übrigen sei die Auflage Nr. 1 zu den Stellplätzen rechtmäßig. Die Berechnung der zusätzlichen erforderlichen Stellplätze infolge der Nutzungsänderung des zweiten Obergeschosses von Büronutzung zu Fitness-Center-Nutzung betrage 220,57 m². Entgegen der klägerischen Meinung entspreche es gerade dem Wortlaut des Art. 47 Abs. 1 Satz 2 BayBO, dass allein auf die Fläche der Nutzungsänderung abgestellt werde, denn Art. 47 Abs. 1 Satz 2 BayBO bestimme, dass „bei Nutzungsänderungen von Anlagen Stellplätze in solcher Zahl und Größe herzustellen sind, dass die Stellplätze durch die Änderung die zusätzlich zu erwartenden Kraftfahrzeuge aufnehmen können“. Für diese Fläche seien nach dem Schlüssel der Stellplatzsatzung für Büro (1 Stellplatz je 40 m² gemäß Anlage 1, Nr. 2.1 StPlS) 5,51 Stellplätze im Bestand zugrunde zu legen, wobei gemäß § 2 Abs. 6 StPlS auf 6 Stellplätze aufzurunden sei. Nach dem Schlüssel für Fitness-Center (1 Stellplatz je 20 m² gemäß Anlage 1, Nr. 5.9 StPlS) ergebe sich ein Bedarf von 11,02 Stellplätzen, welcher jedoch gemäß § 2 Abs. 6 StPlS auf 11 Stellplätze abzurunden sei. Nach Abzug des Bestandes vom Bedarf ergebe sich somit eine Zahl von 5 Stellplätzen. Für eine Nichtwohnnutzung sei entsprechend § 3 Abs. 1 der StPlS für die Zone II nur 75% der Stellplätze nachzuweisen, was hier zu dem Ergebnis von 3,75 Stellplätzen führe. Auch hier sei gemäß § 3 Abs. 3 i. V. m. § 2 Abs. 6 StPlS aufzurunden, so dass im Ergebnis 4 Stellplätze zusätzlich erforderlich seien. Diese Berechnung sei gängige Praxis der Beklagten und entspreche dem Formblatt der Beklagten, welches diese online zur Verfügung stelle.
Soweit die Klägerin diese Berechnung unter Bezugnahme auf das Urteil des VG München
Hinsichtlich des dritten hilfsweise gestellten Klageantrags sei die Klage bereits unzulässig und im Übrigen auch unbegründet, da die Klägerin keinen Anspruch darauf habe, dass die Beklagte in der streitgegenständlichen Baugenehmigung feststelle, dass für das Bauvorhaben nur noch 50 Stellplätze erforderlich seien.
Mit Schriftsatz vom
Hinsichtlich der Ausführungen der Beklagten, dass für den Fall, dass die 75%-Regelung auf den Mehrbedarf von 11 Stellplätzen anzuwenden sei, diese Regelung auch auf den Bestand von 6 Stellplätzen anzuwenden sei, wird ausgeführt, dass dies nicht nachvollzogen werden könne. Diese 6 Stellplätze seien tatsächlich vorhanden, was auch von der Beklagten nicht angezweifelt werde. Wieso aber der faktische Bestand von 6 Stellplätzen durch Anwendung der 75%-Regelung auf 4,5 Stellplätze bzw. 5 Stellplätze (künstlich) reduziert werden solle, sei nicht ersichtlich. Dies würde bedeuten, dass tatsächlich vorhandene Stellplätze teilweise nicht berücksichtigt würden und damit gleichsam zusätzlich zu errichten wären. Dies sei nicht Hintergrund der Änderung der Stellplatzsatzung gewesen, die die Anforderungen insoweit habe senken wollen. Soweit die Beklagte mit ihren Ausführungen zum Ausdruck bringen wolle, dass die 75%-Regelung bzw. die heutige Rechtslage beim Vergleich des Mehrbedarfs anzusetzen sei, stütze dies gerade die zutreffende und erforderliche Betrachtungsweise bezogen auf das gesamte Gebäude. Wenn die heutige Rechtslage beim Vergleich zur Ermittlung des Mehrbedarfs auch auf den Bestand anzuwenden sei, ergebe sich hieraus das Erfordernis, stets das gesamte Gebäude zu betrachten. Andernfalls würde ein Stellplatzbedarf ausgelöst, der den tatsächlich vorhandenen Bestand an Stellplätzen in keiner Weise berücksichtige. Damit würde bei einer teilweisen Tektur dem Eigentümer eines Bestandsgebäudes die Erleichterungen der geänderten Stellplatzsatzung vorenthalten, was zur Folge hätte, dass bei kleinen Einheiten der Bauherr keinerlei Privilegierung erfahre, bei größeren nur eine geringe, was eine erhebliche Verletzung des Gleichheitssatzes aus Art. 3 GG darstelle. Insgesamt lasse sich die Benachteiligung eines Eigentümers eines Bestandsgebäudes nur dadurch lösen, dass auch bei einer teilweisen Tektur für die Stellplatzberechnung das gesamte Gebäude betrachtet werde, um festzustellen, ob durch die Tektur tatsächlich ein „Mehrbedarf“ an Stellplätzen ausgelöst werde. Nur hierdurch lasse sich die durch die Änderung der Stellplatzsatzung eindeutig beabsichtigte Erleichterung bei der Anzahl der erforderlichen Stellplätze auch für Eigentümer von Bestandsgebäuden sachgerecht umsetzen. Die sich hieraus ergebende Konsequenz, dass bei einer Tektur gegebenenfalls Stellplätze wegfallen könnten, sei hinzunehmen, da der Satzungsgeber sich bewusst für eine Senkung der Anforderungen an die Anzahl von Stellplätzen entschieden habe, ohne dabei zwischen Bestandsbauten und Neubauten zu differenzieren. Eine andere Auslegung der Stellplatzsatzung wäre weder mit Art. 3 GG noch mit Art. 14 GG zu vereinbaren, weil dann Bestandsgebäude schlechter gestellt würden als Neubauten.
Die vorgenannte Ansicht zur korrekten Berechnung der Stellplätze habe offensichtlich die Beklagte mittlerweile mit der Tektur 2015 selbst bestätigt. Dem Antrag zur Tektur 2015 sei die gleiche Stellplatzberechnung beigefügt gewesen, wie dem Antrag zur streitgegenständlichen Tektur. Diese unveränderte Stellplatzberechnungsmethode habe die Beklagte für die Tektur 2015 ohne weiteres akzeptiert und damit gleichsam zum Ausdruck gebracht, dass bereits die ursprüngliche Berechnung korrekt gewesen sei.
Die Verwaltungsstreitsache wurde am
die Auflage Nr. 1 der Baugenehmigung vom
Die Vertreterin der Beklagten beantragt,
soweit die Klage aufrechterhalten worden ist, Klageabweisung
und stimmte im Übrigen der Klagerücknahme zu.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 18. Januar 2016 verwiesen.
Gründe
Soweit die Parteien das Verfahren in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen (I.). Auch soweit der Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung die Klage zurückgenommen hat, war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen (II.). Im Übrigen war die Auflage Nr. 1 der Baugenehmigung vom 6. Mai 2014 aufzuheben, da diese rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO (III.).
I.
Durch die übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung ist für diesen Teil des Verfahrens ipso jure die Rechtshängigkeit beendet worden, so dass das Verfahren insoweit in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO deklaratorisch einzustellen war. Da sich die Hauptsache nur teilweise erledigt hat, war kein gesonderter Beschluss zu erlassen, sondern die - auch in diesem Fall nicht der Anfechtung unterliegende - Entscheidung über die Verfahrenseinstellung und die Kostentragung zusammen mit der Sachentscheidung über den nicht erledigten Teil im Urteil zu treffen (vgl. BVerwG, B.v. 7.8.1998 - 4 B 75/98, NVwZ-RR 1999, 407 - juris RdNr. 2).
II.
Auch hinsichtlich der teilweisen Klagerücknahme war das Verfahren deklaratorisch nach § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Da auch die Klagerücknahme das Verfahren nur teilweise beendet hat, war auch insoweit kein gesonderter Beschluss zu erlassen, sondern die Entscheidung über die Verfahrenseinstellung und die Kostentragung zusammen mit der Sachentscheidung über den nicht erledigten Teil im Urteil zu treffen.
III.
Die Auflage zur Stellplatzpflicht mit einer Verpflichtung zur Herstellung bzw. Ablösung von 4 zusätzlichen Stellplätzen ist rechtswidrig, da aufgrund der im Bestand tatsächlich vorhandenen 63 Stellplätze die beantragte Nutzungsänderung keinen Stellplatzmehrbedarf auslöst. Die Beklagte kann nur dann gemäß Art. 36 Abs. 1 Alt. 2 BayVwVfG zur Sicherstellung des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen einer Baugenehmigung zur Erfüllung der Verpflichtung aus Art. 47 Abs. 1 Satz 2 BayBO i. V. m. der Stellplatzsatzung der Beklagten erlassen, wenn durch die beantragte Änderung eine Pflicht zur Herstellung zusätzlicher Stellplätze besteht.
Nach Art. 47 Abs. 1 Satz 2 BayBO sind bei Änderungen oder Nutzungsänderungen von Anlagen Stellplätze in solcher Zahl und Größe herzustellen, dass die Stellplätze die durch die Änderung zusätzlich zu erwartenden Kraftfahrzeuge aufnehmen können. Dieser Zusatzbedarf ist der Bedarf, der aufgrund des mit der Änderung verbundenen zusätzlichen Zu- und Abfahrtsverkehrs entsteht. Der Zusatzbedarf oder Mehrbedarf ist die Differenz des bisherigen Sollbedarfs und des neuen infolge der Änderung eingetretenen Sollbedarfs. Hierfür ist der Gesamtbedarf an Stellplätzen für die bauliche Anlage nach der Änderung zu ermitteln und mit dem tatsächlichen Bestand in Beziehung zu setzen (Würfel, in: Simon Busse, BayBO, 121. EL 2015, Art. 47 Rn. 69).
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist bei der Ermittlung des Mehrbedarfs auf die gesamte bauliche Anlage abzustellen, da nur die gesamte bauliche Anlage der Stellplatzpflicht des Art. 47 Abs. 1 BayBO unterliegt. Nach Art. 47 Abs. 1 Satz 1 BayBO sind bei der Errichtung von Anlagen, bei denen ein Zu- oder Abfahrtsverkehr zu erwarten ist, Stellplätze in ausreichender Zahl und Größe und in geeigneter Beschaffenheit herzustellen. Es ist also die gesamte bauliche Anlage, die insoweit der Stellplatzpflicht des Art. 47 BayBO unterliegt und nicht nur die jeweiligen einzelnen Nutzungseinheiten in der Anlage. Oftmals dürfte für die Berechnung des Mehrbedarfs bei Änderungen nur die Betrachtung der konkret betroffenen Nutzungseinheiten ausreichen, da sich hieraus in der Regel kein Unterschied zur Gesamtbetrachtung der Anlage ergibt. Im vorliegenden Fall besteht jedoch die Besonderheit, dass nach der Stellplatzsatzung der Beklagten in der Fassung zum Zeitpunkt der Erstgenehmigung im Jahr 2001 keine 75%-Ermäßigung gegolten hat, jetzt aber nach der aktuellen Stellplatzsatzung der Beklagten, die zum 3. Januar 2008 in Kraft getreten ist, für das Vorhaben die 75%-Ermäßigung nach § 3 Abs. 1 b StPlS gilt.
Im Falle einer Nutzungsänderung ist zunächst in einem ersten Schritt der „Mehrbedarf“ zu ermitteln. Hierfür ist vom Sollbedarf der geänderten Anlage nach geltender Rechtslage der Bedarf der bestandskräftig genehmigten Anlage nach geltender Rechtslage abzuziehen. In einem zweiten Schritt ist dann das sich hieraus ergebende Ergebnis mit dem tatsächlich vorhandenen Bestand an Stellplätzen zu vergleichen.
Bei einer isolierten Betrachtung nur der von der Nutzungsänderung betroffenen Nutzungseinheit würde sich vorliegend ein Mehrbedarf von 4 Stellplätzen ergeben:
2. OG neu Fitness220,57 qm2011,0375%8,2725 =8
2. OG altBüro220,57 qm40 5,5175%4,1325 =4
Mehrbedarf 4
Da für das zweite Obergeschoss tatsächlich 6 Stellplätze vorhanden sind (für die betroffene Fläche waren nach der alten Stellplatzsatzung 5,51 = 6 Stellplätze zu erbringen), wären bei isolierter Betrachtung nur der von der Nutzungsänderung betroffenen Fläche 2 zusätzliche Stellplätze nachzuweisen.
Da jedoch die Gesamtanlage der Stellplatzpflicht unterliegt, ist auch bei der Ermittlung des zusätzlichen Stellplatzbedarfs eine Gesamtbetrachtung der Anlage erforderlich. Hinzu kommt, dass bei isolierter Betrachtung nur der von der Nutzungsänderung betroffenen Fläche mit ihrer entsprechenden Nutzung die mittlerweile infolge der Stellplatzsatzung 2008 eingetretene Begünstigung mit der 75%-Regelung nicht zum Tragen käme.
Der Sollbedarf der Nutzungsänderung bei einer Gesamtbetrachtung ergibt 51 Stellplätze:
4. OG neuBüro150,01 qm40 3,75/475% 3
4. OG neu Büro156,27 qm40 3,90/475% 3
3. OG neuBüro239,28 qm40 5,98/675%4,5 5
3. OG neuBüro200,28 qm405,007/575%3,75 4
2. OG neuBüro200,86 qm405,02/575%3,75 4
EG, 1./2. OGFit847,79 qm2042,38/4275%31,5 32
Sollbedarf 51
Die Betrachtung des Gesamtgebäudes nach dem bisherigen Bestand unter Geltung des neuen Rechts ergibt einen fiktiven Stellplatzbestand von 45 Stellplätzen:
4. OG alt Büro324,89 qm408,12/875% 6
3. OG alt Büro435,16 qm4010,63/1175% 8,25 8
2. OG alt Büro451,49 qm4011,29/1175% 8,25 8
EG, 1.OGFit627,22 qm2031,36/3175%23,25 23
45
Damit ergibt sich aus der Differenz (51 Stellplätze minus 45 Stellplätze) ein Stellplatzmehrbedarf von 6 Stellplätzen.
Bei einem tatsächlich vorhandenen Bestand von 63 Stellplätzen ergibt sich als Differenz zum Sollbedarf der Nutzungsänderung bei Gesamtbetrachtung ein Überschuss von 12 Stellplätzen, so dass auch nach der durchgeführten Nutzungsänderung 6 freie tatsächlich vorhandene Stellplätze verbleiben.
Damit stellt sich die Auflage, 4 zusätzliche Stellplätze zu schaffen bzw. abzulösen, als rechtswidrig dar und war entsprechend aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oderPostanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird bis zur Erledigungserklärung und Klagerücknahme auf EUR 55.000,-, nach Erledigungserklärung und Klagerücknahme auf EUR 40.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit)..
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
(1) Anordnungen und Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, sowie Terminbestimmungen und Ladungen sind zuzustellen, bei Verkündung jedoch nur, wenn es ausdrücklich vorgeschrieben ist.
(2) Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung.
(3) Wer nicht im Inland wohnt, hat auf Verlangen einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen.
Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist das Dokument unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, so gilt es in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem das Dokument der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist.
(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.
(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.
(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.
(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.