Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 22. Aug. 2018 - 13a C 18.954

22.08.2018
vorgehend
Verwaltungsgericht Augsburg, Au 8 K 17.1671, 04.04.2018

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 4. April 2018 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

Die Klägerin wendet sich mit ihrer am Verwaltungsgericht Augsburg anhängigen Klage (Au 8 K 17.1671) gegen den Bescheid des Technologie- und Förderzentrums im Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe (TFZ) vom 11. Oktober 2017, mit dem der Zuwendungsbescheid vom 17. Dezember 2009 (Zuschuss für ein Biomasseheizkraftwerk in Höhe von 53.214 Euro) sowie der Auszahlungsbescheid vom 3. Dezember 2012 zurückgenommen wurden. Die Rücknahme ist damit begründet, dass die Fördervoraussetzungen – hier: eine Nennwärmeleistung von maximal 500 kW – nicht vorgelegen hätten. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 4. April 2018, mit dem das dort anhängige Verfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens mit dem Az. 7 KLs 318 Js 118592/13 ausgesetzt wurde.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist die Aussetzung nach § 94 VwGO keine prozessleitende Verfügung im Sinn von § 146 Abs. 2 VwGO (siehe Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 94 Rn. 8). Sie ist aber nicht begründet.

Nach § 94 VwGO kann das Gericht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits auszugesetzt wird. Dem Beschwerdegericht obliegt dabei im Rahmen der Beschwerde nur die Nachprüfung, ob die Voraussetzungen der Aussetzung gemäß § 94 VwGO vorliegen und das Verwaltungsgericht sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat (Rennert in Eyermann, a.a.O., § 94 Rn. 8).

Dass das Verwaltungsgericht vorliegend annimmt, das Strafverfahren stelle ein vorgreifliches Rechtsverhältnis im Sinn von § 94 VwGO dar, ist nicht zu beanstanden. Zwischen den Parteien unstreitig liegt die für die Bewilligung des Zuschusses maßgebliche Grenze bei einer Nennwärmeleistung des eingesetzten Biomasseheizkessels von 500 kW. Für die Rücknahme des Förderderbescheids kommt es deshalb maßgeblich darauf an, ob ein solcher Kessel auch wirklich eingebaut wurde. Dieselbe Frage stellt sich im anhängigen Strafverfahren wegen Subventionsbetrugs. Dort ist maßgeblich auf die beiden Komponenten (objektive) Täuschungshandlung über den Einbau eines Kessels mit einer Nennwertleistung von insgesamt maximal 500 kW und (subjektive) Schuld abzustellen. Eine Aussetzung nach § 173 VwGO i.V.m. § 149 ZPO ist insbesondere für den Fall möglich, dass bei der Beweiswürdigung das Ergebnis eines parallel laufenden Strafverfahrens abgewartet werden soll (vgl. Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 94 Rn. 19). So liegt es hier. Zwar ist es – wie die Klägerin richtig einwendet – nicht ausreichend, wenn sich in dem anderen Verfahren dieselbe Rechtsfrage stellt, weil es insoweit es nicht um die Feststellung eines Rechtsverhältnisses geht (siehe hierzu Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 94 Rn. 4 f.; Rudisile a.a.O., § 94 Rn. 21). Allerdings steht vorliegend keine Rechtsfrage im Raum, etwa die Gültigkeit oder Auslegung einer Norm, sondern die tatsächliche Frage, ob ein Kessel mit einer Nennwärmeleistung von 500 kW eingesetzt wurde. Mit der Landesanwaltschaft ist deshalb davon auszugehen, dass der Umstand, ob ein Kessel mit einer Nennwärmeleistung von maximal 500 kW eingesetzt wird, nicht nur Teil des Verwaltungs-, sondern auch des Strafrechtsverhältnisses ist. Dort werde zu prüfen sein, ob über den Einbau eines solchen Kessels wissentlich und willentlich getäuscht worden sei. Letztendlich sieht das auch die Klägerin so, wenn sie ausführt, im Strafverfahren sei die Frage zu beantworten, ob eine „schuldhafte Täuschungshandlung“ vorliege. Dies sei beim Einbau eines Kessels mit einer Nennwärmeleistung von maximal 500 kW mangels einer strafrechtlich relevanten Täuschungshandlung nicht der Fall. Zugleich aber komme in diesem Fall auch der Klägerin zufolge ein Widerruf oder eine Rücknahme nicht in Betracht, weil die Fördervoraussetzungen erfüllt seien.

Es bestehen ferner weder Anhaltspunkte noch wurde es von der Klägerin grundsätzlich in Frage gestellt, dass der angegriffene Aussetzungsbeschluss nicht ermessensfehlerfrei ergangen wäre. Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 94 VwGO vor, so ist eine Abwägung vorzunehmen zwischen dem grundrechtlich geschützten Interesse des Rechtssuchenden an einer zügigen Durchführung des Verfahrens und den mit dem Rechtsinstitut der Aussetzung verfolgten Zielen – insbesondere der Prozessökonomie und der Vermeidung divergierender Gerichtsentscheidungen (vgl. BayVGH, B.v. 2.4.2015 – 22 C 14.2701 – juris; Rudisile, a.a.O., § 94 Rn. 31). Dass die demnach vorzunehmende Abwägung fehlerhaft wäre, ist nicht zu erkennen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG im Falle der Zurückweisung der Beschwerde eine pauschale Gerichtsgebühr zu entrichten ist.

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Referenzen - Gesetze

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 146


(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 173


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 3 Höhe der Kosten


(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 94


Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde fes

Zivilprozessordnung - ZPO | § 149 Aussetzung bei Verdacht einer Straftat


(1) Das Gericht kann, wenn sich im Laufe eines Rechtsstreits der Verdacht einer Straftat ergibt, deren Ermittlung auf die Entscheidung von Einfluss ist, die Aussetzung der Verhandlung bis zur Erledigung des Strafverfahrens anordnen. (2) Das Geric

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Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Das Gericht kann, wenn sich im Laufe eines Rechtsstreits der Verdacht einer Straftat ergibt, deren Ermittlung auf die Entscheidung von Einfluss ist, die Aussetzung der Verhandlung bis zur Erledigung des Strafverfahrens anordnen.

(2) Das Gericht hat die Verhandlung auf Antrag einer Partei fortzusetzen, wenn seit der Aussetzung ein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn gewichtige Gründe für die Aufrechterhaltung der Aussetzung sprechen.

Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.