Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 23. Okt. 2018 - L 9 EG 32/17

bei uns veröffentlicht am23.10.2018

Tenor

I. Auf die Berufung wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 25. August 2017 aufgehoben und der Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 8. Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Juli 2016 verurteilt, der Klägerin Elterngeld für die Lebensmonate eins bis zwölf ihres Sohns I. A. zu gewähren.

II. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft das Begehren der Klägerin, für Betreuung und Erziehung ihres Sohns Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) zu erhalten.

Die 1980 geborene Klägerin ist türkische Staatsangehörige und Mutter des am ...2015 geborenen Kindes I. A. Sie lebt seit ihrer Geburt in Deutschland und ist im Besitz einer unbefristeten ausländerrechtlichen Niederlassungserlaubnis. Vor I.s Geburt arbeitete sie als abhängig Beschäftigte beim Türkischen Generalkonsulat in B-Stadt. Sie wurde dort als so genannte Ortskraft eingesetzt. Diese Tätigkeit hatte sie zum 01.04.2011 begonnen. Zur Einkommensteuer wurde die Klägerin in Deutschland veranlagt. Demgemäß führte man Lohnsteuer an den deutschen Fiskus ab. Sozialversichert war die Klägerin allerdings in der Türkei.

Am 13.11.2015 beantragte die Klägerin die Bewilligung von Elterngeld für Betreuung und Erziehung von I.. Der Antrag bezog sich auf den ersten bis zwölften Lebensmonat des Kindes. Während des sich aus dem Antrag ergebenden Bezugszeitraums war sie mit dem Vater des Kindes verheiratet und lebte mit diesem sowie I. in einem Haushalt zusammen. Neben I. gehörte dem Haushalt damals auch die am 04.01.2004 geborene Tochter N. A. an. Während der angestrebten Elterngeldbezugszeit ging die Klägerin keiner Erwerbstätigkeit nach. Das Türkische Generalkonsulat bestätigte unter dem Datum 29.12.2015, Lohn werde acht Wochen vor und nach dem als voraussichtlich angegebenen Entbindungstermin (bei der Klägerin der 18.10.2015) bezahlt. Die Klägerin habe nach türkischem Recht keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung während einer Elternzeit. Daher habe sie ein Jahr unbezahlte Erziehungszeit beansprucht.

Der Beklagte lehnte den Elterngeldantrag mit Bescheid vom 08.01.2016 ab. Er begründete dies damit, Mitglieder und Beschäftigte diplomatischer Missionen und konsularischer Vertretungen seien nach Art. 33 Abs. 1, Art. 37 Abs. 1 und 2 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen bzw. Art. 48 des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen (im Folgenden WÜK) von der Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit und damit auch von der Anwendung des BEEG ausgeschlossen. Der Ausschluss der Anwendbarkeit des BEEG gelte nicht, wenn eine Tätigkeit als Arbeitnehmer ausgeübt werde, die der Versicherungspflicht nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) unterliege. Nach europäischem Recht hätten Mitglieder des Geschäftspersonals der diplomatischen Vertretungen und konsularischen Dienststellen eines EWR-Staats als Staatsangehörige des Entsendestaats gegebenenfalls ein Wahlrecht, ob sie dem System der sozialen Sicherheit im Beschäftigungsland oder in Deutschland unterliegen wollten. Die Klägerin habe dieses Wahlrecht nicht genutzt, so dass sie weiterhin dem System der sozialen Sicherheit im Beschäftigungsland unterliege und kein Anspruch auf Elterngeld bestehe.

Dagegen legte die Klägerin am 20.01.2016 Widerspruch ein. Sie verwies auf eine Auskunft, die sie vom Bürgerservice des Auswärtigen Amts erhalten hatte. In einer E-Mail vom 21.01.2016 schrieb der Bürgerservice des Auswärtigen Amts, ausweislich der vorliegenden Unterlagen sei die Klägerin als örtlich eingestellte Mitarbeiterin beschäftigt. In dieser Funktion unterliege sie - ungeachtet eventuell bestehender bilateraler Sozialversicherungsabkommen - in der Bundesrepublik Deutschland der Einkommensteuer- und Sozialversicherungspflicht. Als örtlich eingestellte Mitarbeiterin würde die Klägerin in der Bundesrepublik Deutschland keine Vorrechte oder Immunitäten nach dem WÜK genießen. Sie unterliege voll der deutschen Gerichtsbarkeit.

Unter dem Datum 27.04.2016 teilte das Türkische Generalkonsulat dem Beklagten mit, die Klägerin sei beitragspflichtig in der Sozialversicherung; die Beiträge würden in der Türkei bezahlt. Eine ergänzende telefonische Nachfrage erbrachte die Bestätigung, zur deutschen Sozialversicherung würden keinerlei Beiträge abgeführt; lediglich die Einkommensteuer werde hierzulande bezahlt.

Aufgrund dieser Mitteilung wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 04.07.2016 als unbegründet zurück. Zur Begründung schrieb er, nach Art. 48 WÜK seien Mitglieder und Beschäftigte konsularischer Vertretungen anderer Staaten in Deutschland von der Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit und damit auch von der Anwendung des BEEG ausgenommen. Dazu zählten auch Mitglieder des Verwaltungspersonals und des technischen Personals der Missionen und Vertretungen sowie die zum Haushalt eines Mitglieds des Verwaltungspersonals oder des technischen Personals gehörenden Familienmitglieder, wenn sie weder die deutsche Staatsangehörigkeit besäßen noch in Deutschland ständig ansässig seien. Den vorliegenden Unterlagen und den Angaben der Klägerin sei zu entnehmen, dass sie in Deutschland geboren sei, seit ihrer Geburt in Deutschland lebe und seit dem 01.04.2011 für das türkische Konsulat in B-Stadt arbeite. Ihr Sohn habe die deutsche Staatsangehörigkeit. Sie selbst besitze jedoch nicht die deutsche, sondern die türkische Staatsangehörigkeit. Da mit dem Wohnsitz nur eine der beiden erforderlichen Voraussetzungen (Wohnsitz, deutsche Staatsangehörigkeit) vorliege, sei die Klägerin als Beschäftigte des Türkischen Generalkonsulats von der Anwendbarkeit des BEEG ausgeschlossen. Der Ausschluss der Anwendbarkeit des BEEG gelte nicht, wenn die Personen eine Tätigkeit als Arbeitnehmer ausübten, die der Versicherungspflicht nach dem SGB III unterliege. Laut Mitteilung des Türkischen Generalkonsulats würden die Sozialversicherungsbeiträge der Klägerin nicht in Deutschland, sondern ausschließlich in der Türkei entrichtet. In Deutschland werde lediglich die Einkommenssteuer abgeführt. Es bestehe daher kein Anspruch auf Elterngeld.

Am 12.07.2016 hat die Klägerin beim Sozialgericht Augsburg Klage erhoben und diese damit begründet, die deutschen Angestellten im Türkischen Generalkonsulat erhielten Elterngeld. Sie, die Klägerin, unterliege nicht den Bestimmungen des WÜK, da sie keine diplomatischen Rechte habe. Sie sei von der deutschen Steuerpflicht nicht befreit. Die Klägerin müsse auch Deutschland nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht verlassen. Die Voraussetzungen „deutsche Staatsangehörigkeit“ bzw. „ständig in Deutschland ansässig“ seien im Rahmen des BEEG alternativ und nicht kumulativ zu prüfen.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 25.08.2017 abgewiesen. Die Klage, so das Sozialgericht, sei unbegründet. In seiner Begründung hat es sich stark an das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 29.01.2002 - B 10/14 EG 1/00 R angelehnt. So hat es argumentiert, der Anspruch auf Elterngeld dem Grunde nach sei wegen Art. 48 WÜK ausgeschlossen. Die Klägerin sei auch nicht ausnahmsweise dem deutschen System der sozialen Sicherheit zugeordnet, weil sie in keinem Zweig der Sozialversicherung freiwillig versichert sei. Abkommensrecht mit der Türkei führe nicht zu einem anderen Ergebnis.

Dagegen hat die Klägerin am 26.09.2017 Berufung eingelegt. Sie hat vorgetragen, der Vizekonsul des Türkischen Generalkonsulats habe mit Schreiben vom 26.05.2017 bestätigt, sie sei in Deutschland einkommensteuerpflichtig und sozialversicherungspflichtig. Die Sozialversicherungsbeiträge würden auf der Grundlage des deutsch-türkischen Sozialversicherungsabkommens an die Sozialversicherungsträger in der Türkei abgeführt. Sie, die Klägerin, unterliege nicht dem WÜK. Wegen der Sondervorschrift des Art. 71 Nr. 2 WÜK gelte Art. 48 WÜK nicht für sie. Sie zähle als Konsularangestellte zu den anderen Mitgliedern des konsularischen Postens und sei ständig im Empfangsstaat Deutschland ansässig gewesen. Dieser Personenkreis unterliege voll der Souveränität des Empfangsstaats.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 25.08.2017 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 08.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.07.2016 zu verurteilen, ihr antragsgemäß Elterngeld für die Lebensmonate eins bis zwölf ihres am 24.10.2015 geborenen Kindes I. A. zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er stützt sich weiterhin darauf, die Klägerin sei nicht in Deutschland, sondern in der Türkei sozialversicherungspflichtig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen. Die Akten haben vorgelegen, sind als Streitstoff in das Verfahren eingeführt worden und Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Gründe

Die Berufung der Klägerin hat Erfolg. Sie ist zulässig und in vollem Umfang begründet.

Die Klägerin hat, wie es zulässig und üblich ist, den Streitgegenstand auf den Elterngeldanspruch dem Grunde nach beschränkt. Die Höhe der Leistungen bleibt daher ausgeklammert.

Die Voraussetzungen des deutschen Rechts für die Entstehung eines Anspruchs auf Elterngeld dem Grunde nach liegen unzweifelhaft vor. Das folgt aus § 1 Abs. 1 BEEG in der ab 01.01.2015 geltenden Fassung. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer

  • 1.einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat,

  • 2.mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,

  • 3.dieses Kind selbst betreut und erzieht und

  • 4.keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.

Alle diese Voraussetzungen erfüllte die Klägerin. Sie hatte während des gesamten angestrebten Bezugszeitraums ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, lebte mit I. in einem Haushalt, betreute und erzog ihn selbst und übte während des Bezugszeitraums keine Erwerbstätigkeit aus. Dass die Klägerin als türkische Staatsangehörige keine freizügigkeitsberechtigte Ausländerin im Sinn von § 1 Abs. 7 BEEG war, verkörpert kein Leistungshindernis; denn sie war in Besitz einer Niederlassungserlaubnis (§ 1 Abs. 7 Nr. 1 BEEG). Der Ausschlusstatbestand des § 1 Abs. 8 BEEG aF ist nicht erfüllt, weil das zu versteuernde Einkommen beider Elternteile zusammen im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt deutlich unter 500.000 EUR blieb. Ein ordnungsgemäßer Antrag lag vor.

Zu Unrecht hat der Beklagte angenommen, die Tätigkeit der Klägerin beim Türkischen Generalkonsulat schließe den Anspruch dem Grunde nach aus. Diese Ansicht beruht auf einer falschen, nämlich unvollständigen Anwendung des WÜK. Entsprechend dem BSG-Urteil vom 29.01.2002 - B 10/14 EG 1/00 R haben der Beklagte und das Sozialgericht aus Art. 48 WÜK geschlossen, ein Anspruch auf Elterngeld stehe der Klägerin nicht zu. Diese Vorschrift, die mit „Befreiung vom System der sozialen Sicherheit“ überschrieben ist, lautet:

(1) Vorbehaltlich des Absatzes 3 sind die Mitglieder der konsularischen Vertretung in Bezug auf ihre Dienste für den Entsendestaat und die mit ihnen im gemeinsamen Haushalt lebenden Familienangehörigen von den im Empfangsstaat geltenden Vorschriften über soziale Sicherheit befreit.

(2) Die in Absatz 1 vorgesehene Befreiung gilt auch für die Mitglieder des Privatpersonals, die ausschließlich bei Mitgliedern der konsularischen Vertretung beschäftigt sind, sofern sie

a) weder Angehörige des Empfangsstaats noch dort ständig ansässig sind und

b) den im Entsendestaat oder in einem dritten Staat geltenden Vorschriften über soziale Sicherheit unterstehen.

(3) Beschäftigen Mitglieder der konsularischen Vertretung Personen, auf welche die in Absatz 2 vorgesehene Befreiung keine Anwendung findet, so haben sie die Verpflichtungen zu beachten, welche die Vorschriften des Empfangsstaats über soziale Sicherheit den Arbeitgebern auferlegen.

(4) Die in den Absätzen 1 und 2 vorgesehene Befreiung schließt die freiwillige Beteiligung am System der sozialen Sicherheit des Empfangsstaats nicht aus, sofern dieser eine solche Beteiligung zulässt.

Der Senat kommt zu einem anderen Ergebnis als der Beklagte und das Sozialgericht. Das Urteil des BSG vom 29.01.2002 - B 10/14 EG 1/00 R ist nicht geeignet, die richtige Lösung aufzuzeigen.

Art. 48 WÜK wird gemeinhin dahin interpretiert, die Norm bewahre die betroffenen Konsularbediensteten nicht nur vor rechtlichen Belastungen wie der Einbeziehung in die Sozialversicherung Deutschlands, sondern schließe diese auch von bloßen Vergünstigungen des deutschen Sozialrechts aus. Davon gehen nicht nur der Beklagte und das Sozialgericht, sondern auch das BSG aus. Der Senat hegt erhebliche Zweifel, ob diese Sichtweise zutrifft. Denn bei Art. 48 WÜK handelt es sich nicht um Kollisionsrecht, dessen Aufgabe es ist, bei Sachverhalten mit Auslandsberührung die einschlägige Rechtsordnung mit ausschließender Wirkung zu bestimmen. Allein schon der systematische Kontext, in dem Art. 48 WÜK steht, spricht gegen die herrschende Meinung. Die Vorschrift ist in Abschnitt II WÜK verortet, der die Überschrift „Erleichterungen, Vorrechte und Immunitäten für Berufskonsularbeamte und andere Mitglieder der konsularischen Vertretung“ trägt. Schon diese Überschrift deutet an, dass es nur darum geht, Rechtsbeeinträchtigungen, welche die konsularische Arbeit erschweren könnten, auszuschließen. Führt man sich die einzelnen Vorschriften von Abschnitt II vor Augen (Art. 40 bis 52), stellt man fest, dass damit ausschließlich begünstigende Abweichungen vom nationalen Recht des Empfangsstaats begründet werden; geregelt wird nichts anderes als die Abwehr von Eingriffen. Art. 48 WÜK in der Auslegung der herrschenden Meinung bildet darin einen Fremdkörper. Keine der sonstigen Bestimmungen des Abschnitts II nimmt Vergünstigungen, die nach dem Recht des Empfangsstaats zustünden. Vor diesem Hintergrund erscheint es naheliegend, dass mit Art. 48 WÜK nur Versicherungspflichten in der deutschen Sozialversicherung ausgeschlossen werden sollten, nicht aber Vergünstigungen durch deutsches Fürsorgerecht außerhalb einer sozialversicherungsrechtlichen Bindung. Die in Art. 48 Abs. 4 WÜK geregelte Ausnahme für eine freiwillige Versicherung unterstreicht dies. Sie indiziert, dass rechtliche Vorteile der Sozialrechtsordnung des Empfangsstaats - dazu gehört die Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung, während die Pflichtversicherung einen rechtlichen Nachteil beinhaltet - gleichwohl offenstehen sollen. Für die hier vertretene Sichtweise spricht auch, dass in vergleichbaren Ausschlussvorschriften wie Art. 13 Abs. 1 Satz 1 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut, der anders als Art. 48 WÜK eine genuine Kollisionsnorm darstellt, nicht nur der Ausschluss der Vorschriften der sozialen Sicherheit, sondern auch der Fürsorge explizit niedergelegt ist. Das Schweigen des WÜK in Bezug auf deutsches Fürsorgerecht weist darauf hin, dass fürsorgerechtliche Bestimmungen gerade nicht ausgeschlossen werden sollen.

Der Senat braucht sich in Bezug auf diese Rechtsfrage nicht festzulegen. Denn letztlich kommt es nicht darauf an. Auch wenn der vorliegende Fall entsprechend der herrschenden Meinung beurteilt wird, ergibt sich für die Klägerin kein Leistungsausschluss.

Der Beklagte hat insofern Recht, als Art. 48 Abs. 1 WÜK, der eine Befreiung von den im Empfangsstaat geltenden Vorschriften über soziale Sicherheit anordnet, auch die Klägerin erfasst. Diese ist Mitglied der konsularischen Vertretung. Nach Art. 1 Abs. 1 Buchstabe g WÜK bezeichnet der Ausdruck „Mitglieder der konsularischen Vertretung“ die Konsularbeamten, die Bediensteten des Verwaltungs- oder technischen Personals und die Mitglieder des dienstlichen Hauspersonals. Die Klägerin gehört unbestreitbar zum Verwaltungspersonal. Zudem leistet sie mit ihrer Tätigkeit im Türkischen Generalkonsulat im Sinn von Art. 48 Abs. 1 WÜK Dienste für den Entsendestaat.

Allerdings hat der Beklagte übersehen, dass Art. 71 WÜK insoweit Sonderregelungen vorsieht, die auch für die Klägerin einschlägig sind und letztlich dafür sorgen, dass sehr wohl deutsches Sozialrecht gilt. Die Vorschrift, die den Titel „Angehörige des Empfangsstaats und Personen, die dort ständig ansässig sind“ lautet:

(1) Soweit der Empfangsstaat nicht zusätzliche Erleichterungen, Vorrechte und Immunitäten gewährt, genießen Konsularbeamte, die Angehörigen des Empfangsstaats oder dort ständig ansässig sind, lediglich Immunität von der Gerichtsbarkeit und persönliche Unverletzlichkeit wegen ihrer in Wahrnehmung ihrer Aufgaben vorgenommenen Amtshandlungen sowie das in Artikel 44 Absatz 3 vorgesehene Vorrecht. Hinsichtlich dieser Konsularbeamten ist der Empfangsstaat ferner durch die in Artikel 42 festgelegte Verpflichtung gebunden. Wird gegen einen solchen Konsularbeamten ein Strafverfahren eingeleitet, so ist dieses, außer wenn der Betroffene festgenommen oder inhaftiert ist, in einer Weise zu führen, welche die Wahrnehmung der konsularischen Aufgaben möglichst wenig beeinträchtigt.

(2) Anderen Mitgliedern der konsularischen Vertretung, die Angehörige des Empfangsstaats oder dort ständig ansässig sind, und ihren Familienmitgliedern sowie den Familienmitgliedern der in Absatz 1 bezeichneten Konsularbeamten stehen Erleichterungen, Vorrechte und Immunitäten nur in dem vom Empfangsstaat zugelassenen Umfang zu. Denjenigen Familienangehörigen von Mitgliedern der konsularischen Vertretung und denjenigen Mitgliedern des Privatpersonals, die Angehörige des Empfangsstaats oder dort ständig ansässig sind, stehen ebenfalls Erleichterungen, Vorrechte und Immunitäten nur in dem vom Empfangsstaat zugelassenen Umfang zu. Der Empfangsstaat darf jedoch seine Hoheitsgewalt über diese Personen nur so ausüben, dass er die Wahrnehmung der Aufgaben der konsularischen Vertretung nicht ungebührlich behindert.

Die Norm steht in Kapitel IV „Allgemeine Bestimmungen“. Es begegnet keinen Zweifeln, dass sie im vorliegenden Fall einschlägig ist und Art. 48 WÜK modifiziert. Regelungsgegenstand von Art. 71 WÜK, und zwar beider Absätze, sind Erleichterungen, Vorrechte und Immunitäten. Dieses sachliche Anwendungsfeld stimmt exakt mit der Überschrift von Kapitel II WÜK, in dem auch Art. 48 WÜK platziert ist; überein. Mit der Anknüpfung an „Erleichterungen, Vorrechte und Immunitäten“ stellt Art. 71 WÜK den Bezug zu den verschiedenen in Kapitel II aufgeführten Tatbeständen her.

Vereinfacht ausgedrückt bewirkt Art. 71 WÜK, dass so genannte Ortskräfte in weitaus geringerem Umfang, als in Abschnitt II WÜK geregelt, von Belastungen des deutschen Rechts verschont bleiben. Dabei handelt es sich bei „Ortskraft“ nicht um einen Begriff, der im WÜK verwendet wird. Eine Ortskraft ist ein Mitarbeiter einer staatlichen oder privaten Einrichtung des Inlands, der im Ausland zur Tätigkeit in diesem Land eingestellt worden ist. „Ortskraft“ verkörpert damit den Gegenbegriff zu „Entsendung“ und damit keine konsularrechtliche, sondern eine sozialversicherungsrechtliche Kategorie. Dagegen verwendet das Konsularrecht in Art. 71 WÜK den vergleichbaren Terminus „ansässig“.

Die Klägerin erfüllt den Tatbestand von Art. 71 Abs. 2 Satz 1 WÜK. Sie zählt als Angehörige des Verwaltungspersonals zu den „anderen Mitgliedern des konsularischen Postens“ und war beziehungsweise ist im Sinn der Vorschrift ständig im Empfangsstaat, also Deutschland, ansässig. Diesbezüglich bleibt kein Raum für Zweifel: Die Klägerin ist in Deutschland geboren, lebt seit ihrer Geburt hier und fühlt sich hier heimisch. Auch von Seiten des Ehemanns der Klägerin besteht eine enge Verbindung zu Deutschland. Angesichts dessen ist die Klägerin trotz ihrer türkischen Staatsangehörigkeit in Deutschland ansässig. Das bestreitet übrigens auch der Beklagte nicht. Verdeutlicht wird dies durch den Widerspruchsbescheid, der letztlich nur deswegen zu einem für die Klägerin ungünstigen Ergebnis gekommen ist, weil der Beklagte fälschlicher Weise angenommen hat, nur bei gleichzeitigem Vorliegen von deutscher Staatsangehörigkeit und Ansässigsein werde die Wirkung von Art. 48 WÜK suspendiert.

Dieser engere Bezug zum Empfangsstaat aufgrund Ansässigseins führt nach Art. 71 Abs. 2 Satz 1 WÜK dazu, dass Erleichterungen, Vorrechte und Immunitäten nur in dem vom Empfangsstaat zugestandenen Umfang zustehen. Der dort genannte Personenkreis unterliegt im Prinzip voll der Souveränität des Empfangsstaats. Der Empfangsstaat seinerseits ist nach Art. 71 Abs. 2 Satz 3 WÜK lediglich gehalten, seine Hoheitsgewalt so ausüben, dass er die Wahrnehmung der Aufgaben des konsularischen Postens nicht ungebührlich behindert. Konkret bedeutet das für die Klägerin, dass sie nur in dem Umfang in den Genuss von Erleichterungen kam beziehungsweise kommt, den die Bundesrepublik Deutschland einräumt; so erklärt sich auch, dass sie in der Bundesrepublik Deutschland einkommensteuerpflichtig ist und von ihrem Arbeitsentgelt Lohnsteuer zum deutschen Fiskus abgeführt wird.

Die vom Beklagten im Ablehnungsbescheid und im Widerspruchsbescheid gewählten Begründungsansätze finden im geltenden Recht keine Stütze. Für den Senat erschließt sich nicht, auf welcher Grundlage die Anwendbarkeit des BEEG von der Versicherungspflicht nach dem SGB III abhängen soll, wie es der Beklagte vertreten hat. Im Widerspruchsbescheid hat er zwar auf das Ansässigsein abgestellt, allerdings hatte er dabei offenbar Art. 71 WÜK nicht als einschlägige Rechtsgrundlage vor Augen; nur so erklärt sich seine Fehlinterpretation. Während der Beklagte die maßgebenden rechtlichen Vorgaben im Widerspruchsbescheid zunächst zutreffend abstrakt wiedergegeben hat - dass nämlich der in Art. 48 WÜK niedergelegte Ausschluss der deutschen Sozialrechtsordnung nur dann greift, wenn kumulativ keine deutsche Staatsangehörigkeit vorliegt und die Person auch nicht in Deutschland ansässig ist -, hat er sich später bei der konkreten Rechtsanwendung nicht mehr an den von ihm selbst vorgegebenen Obersatz gehalten. Denn er hat den Anspruch daran scheitern lassen, dass die Klägerin zwar in Deutschland ansässig sei, jedoch nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitze. Damit hat er den logischen Fehler begangen, die positive und die negative Formulierung der Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 71 Abs. 2 Satz 1 WÜK zu vermengen. Richtig ist, dass die Voraussetzungen des Art. 71 Abs. 2 Satz 1 WÜK dann vorliegen - mit der Konsequenz, dass Art. 48 WÜK keine Anwendung findet -, wenn entweder die deutsche Staatsangehörigkeit oder das Ansässigsein in Deutschland gegeben ist.

Auch das weitere Argument des Beklagten, die Klägerin sei nicht in Deutschland sozialversicherungspflichtig, geht ins Leere. Festzustellen ist, dass das WÜK in keiner Weise eine Akzessorietät der Elterngeldberechtigung zur Sozialversicherungspflicht erzeugt. Es mag sein, dass der Zugehörigkeit zur deutschen Sozialversicherung im Rahmen von Art. 13 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut eine spezifische Bedeutung zukommt. Allerdings sieht das WÜK eine komplett andere, zugleich aber vollständige Regelung vor, die nicht durch „Rechtsgedanken“ aus dem Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut „ergänzt“ werden darf. Dass die Klägerin der türkischen Sozialversicherung unterfällt, ist allein Art. 8 Abs. 2 des deutsch-türkischen Abkommens über die soziale Sicherheit geschuldet; offenbar hatte sie sich bei Aufnahme der Tätigkeit beim Konsulat für das türkische System der sozialen Sicherheit entschieden. Art. 8 Abs. 2 des deutsch-türkischen Abkommens über die soziale Sicherheit geht gemäß Art. 73 Abs. 1 WÜK den Bestimmungen des WÜK vor. Allerdings erstreckt sich der Anwendungsbereich des deutsch-türkischen Abkommens über soziale Sicherheit, wie dessen Art. 2 zeigt, nicht auf das Elterngeldrecht. Das hat zur Folge, dass der hier vorliegende Fall allein nach dem WÜK zu lösen ist, was wiederum jeden Rekurs auf die sozialversicherungsrechtlichen Verhältnisse verbietet. Auch das Europäische Fürsorgeabkommen sowie das Recht zur Assoziation der Türkei mit der Europäischen Union enthalten keine Bestimmungen, die das anhand des WÜK gewonnene Ergebnis modifizieren.

Der Senat schließt sich nicht der Vorgehensweise an, die das BSG im Urteil vom 29.01.2002 - B 10/14 EG 1/00 R gewählt hat. Er kann sich das Zustandekommen dieser Entscheidung nur so erklären, dass das BSG Art. 71 WÜK schlicht übersehen hat. Denn die Begründung des BSG geht an keiner einzigen Stelle auf diese Norm ein. Hätte das BSG Art. 71 WÜK wahrgenommen, diesen jedoch nicht als einschlägig erachtet, hätte es die Vorschrift in der Urteilsbegründung sicherlich thematisiert. Unrealistisch wäre, dieses Versäumnis damit erklären zu wollen, das BSG habe Art. 71 WÜK für derart abwegig gehalten, dass es von Erwägungen Abstand genommen habe. Denn die Vorschrift ist relevant; Gegenteiliges hat auch der Beklagte nicht behaupten wollen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nicht gegeben, weil es an einer klärungsbedürftigen Rechtsfrage fehlt. Die Lösung des Falls kann ohne Schwierigkeiten aus den vorhandenen einschlägigen Normen abgeleitet werden. Der Umstand, dass Rechtsanwender Art. 71 WÜK mitunter nicht auffinden, verleiht keine Klärungsbedürftigkeit. Denn das Recht, so man es vollständig zur Kenntnis nimmt, ist klar und lässt keine Fragen offen.

Indem der Senat im vorliegenden Fall Art. 71 WÜK anwendet, verfährt er grundlegend anders, als es das BSG im Urteil vom 29.01.2002 - B 10/14 EG 1/00 R getan hat und gelangt deswegen auch zu einem anderen Ergebnis. Dennoch ist eine Divergenz zur Rechtsprechung des BSG im Sinn von § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG nicht gegeben. Denn dessen Entscheidung ist noch zum Bundeserziehungsgeldgesetz ergangen. Das Bundeselterngeld hat zwar das Bundeserziehungsgeld abgelöst und es weist erhebliche Ähnlichkeiten mit diesem auf. Es bestehen aber auch gravierende, wesensmäßige Unterschiede, so dass der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Bundeserziehungsgeldrecht keine hinreichend unmittelbare Relevanz zukommt.

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Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 23. Okt. 2018 - L 9 EG 32/17 zitiert 7 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit


Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG

Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG | § 1 Berechtigte


(1) Anspruch auf Elterngeld hat, wer 1. einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat,2. mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,3. dieses Kind selbst betreut und erzieht und4. keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.Bei

Referenzen

(1) Anspruch auf Elterngeld hat, wer

1.
einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat,
2.
mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,
3.
dieses Kind selbst betreut und erzieht und
4.
keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.
Bei Mehrlingsgeburten besteht nur ein Anspruch auf Elterngeld.

(2) Anspruch auf Elterngeld hat auch, wer, ohne eine der Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 zu erfüllen,

1.
nach § 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliegt oder im Rahmen seines in Deutschland bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses vorübergehend ins Ausland abgeordnet, versetzt oder kommandiert ist,
2.
Entwicklungshelfer oder Entwicklungshelferin im Sinne des § 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ist oder als Missionar oder Missionarin der Missionswerke und -gesellschaften, die Mitglieder oder Vereinbarungspartner des Evangelischen Missionswerkes Hamburg, der Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen e. V. oder der Arbeitsgemeinschaft pfingstlich-charismatischer Missionen sind, tätig ist oder
3.
die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und nur vorübergehend bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung tätig ist, insbesondere nach den Entsenderichtlinien des Bundes beurlaubte Beamte und Beamtinnen, oder wer vorübergehend eine nach § 123a des Beamtenrechtsrahmengesetzes oder § 29 des Bundesbeamtengesetzes zugewiesene Tätigkeit im Ausland wahrnimmt.
Dies gilt auch für mit der nach Satz 1 berechtigten Person in einem Haushalt lebende Ehegatten oder Ehegattinnen.

(3) Anspruch auf Elterngeld hat abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 auch, wer

1.
mit einem Kind in einem Haushalt lebt, das er mit dem Ziel der Annahme als Kind aufgenommen hat,
2.
ein Kind des Ehegatten oder der Ehegattin in seinen Haushalt aufgenommen hat oder
3.
mit einem Kind in einem Haushalt lebt und die von ihm erklärte Anerkennung der Vaterschaft nach § 1594 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs noch nicht wirksam oder über die von ihm beantragte Vaterschaftsfeststellung nach § 1600d des Bürgerlichen Gesetzbuchs noch nicht entschieden ist.
Für angenommene Kinder und Kinder im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 sind die Vorschriften dieses Gesetzes mit der Maßgabe anzuwenden, dass statt des Zeitpunktes der Geburt der Zeitpunkt der Aufnahme des Kindes bei der berechtigten Person maßgeblich ist.

(4) Können die Eltern wegen einer schweren Krankheit, Schwerbehinderung oder Todes der Eltern ihr Kind nicht betreuen, haben Verwandte bis zum dritten Grad und ihre Ehegatten oder Ehegattinnen Anspruch auf Elterngeld, wenn sie die übrigen Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllen und wenn von anderen Berechtigten Elterngeld nicht in Anspruch genommen wird.

(5) Der Anspruch auf Elterngeld bleibt unberührt, wenn die Betreuung und Erziehung des Kindes aus einem wichtigen Grund nicht sofort aufgenommen werden kann oder wenn sie unterbrochen werden muss.

(6) Eine Person ist nicht voll erwerbstätig, wenn ihre Arbeitszeit 32 Wochenstunden im Durchschnitt des Lebensmonats nicht übersteigt, sie eine Beschäftigung zur Berufsbildung ausübt oder sie eine geeignete Tagespflegeperson im Sinne des § 23 des Achten Buches Sozialgesetzbuch ist und nicht mehr als fünf Kinder in Tagespflege betreut.

(7) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer oder eine nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerin ist nur anspruchsberechtigt, wenn diese Person

1.
eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzt,
2.
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte, eine Mobiler-ICT-Karte oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen oder berechtigt haben oder diese erlauben, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde
a)
nach § 16e des Aufenthaltsgesetzes zu Ausbildungszwecken, nach § 19c Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Beschäftigung als Au-Pair oder zum Zweck der Saisonbeschäftigung, nach § 19e des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Teilnahme an einem Europäischen Freiwilligendienst oder nach § 20 Absatz 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt,
b)
nach § 16b des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck eines Studiums, nach § 16d des Aufenthaltsgesetzes für Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen oder nach § 20 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt und er ist weder erwerbstätig noch nimmt er Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch,
c)
nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den § 23a oder § 25 Absatz 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt,
3.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist oder Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch nimmt,
4.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens 15 Monaten erlaubt, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält oder
5.
eine Beschäftigungsduldung gemäß § 60d in Verbindung mit § 60a Absatz 2 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes besitzt.
Abweichend von Satz 1 Nummer 3 erste Alternative ist ein minderjähriger nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer oder eine minderjährige nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerin unabhängig von einer Erwerbstätigkeit anspruchsberechtigt.

(8) Ein Anspruch entfällt, wenn die berechtigte Person im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes ein zu versteuerndes Einkommen nach § 2 Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes in Höhe von mehr als 250 000 Euro erzielt hat. Erfüllt auch eine andere Person die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder der Absätze 3 oder 4, entfällt abweichend von Satz 1 der Anspruch, wenn die Summe des zu versteuernden Einkommens beider Personen mehr als 300 000 Euro beträgt.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.