Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 19. Nov. 2014 - L 19 R 1157/13

bei uns veröffentlicht am19.11.2014

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I.

Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin einen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hat.

Die Klägerin ist 1965 geboren. Sie absolvierte von April 1990 bis März 1992 eine Ausbildung als examinierte Altenpflegerin. Zuletzt war sie versicherungspflichtig als Altenpflegerin bis Ende 2008 beschäftigt. Danach folgen Arbeitsunfähigkeits- und Arbeitslosigkeitszeiten. Nach dem ungeklärten Versicherungsverlauf liegen zuletzt Pflichtbeiträge für eine abhängige Beschäftigung bis November 2008 vor. Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 05.08.2014 mit, dass ein Kontenklärungsverfahren mit Schreiben vom 18.12.2013 eingeleitet worden sei. Wegen fehlender Mitwirkung hätten bislang die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht geprüft werden können. Dem vorliegenden Versicherungsverlauf seien seit dem 15.08.2010 keine versicherungsrechtlichen Zeiten zu entnehmen.

Die Klägerin absolvierte vom 10.02.2010 bis 23.03.2010 eine Maßnahme der medizinischen stationären Rehabilitation in B. M. Laut Reha-Entlassungsbericht vom 23.03.2010 wurden folgende Diagnosen gestellt: Agoraphobie, Panikstörung, chronischer Schmerz mit biopsychosozialen Implikationen, Nikotinabhängigkeitssyndrom, Periostitis links. Die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch wenigstens sechs Stunden täglich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten verrichten. Es bestünde ein eingeschränktes Durchhaltevermögen und eingeschränkte Kontaktfähigkeit zu pflegebedürftigen alten Menschen und eine eingeschränkte Verantwortung für Personen und Maschinen. Die Klägerin wurde als arbeitsunfähig für den zuletzt ausgeübten Beruf als Altenpflegerin entlassen. Die Klägerin sei dem Reha-Berater wegen möglicher Qualifizierungsmaßnahmen vorgestellt worden. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben seien aus beraterischer Sicht angezeigt. Allerdings sollten diese erst nach einer teilstationären Behandlung (Tagesklinik) erfolgen. Die Angststörung müsse ausreichend behandelt sein, damit die Patientin ausreichend psychische Stabilität für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben habe. Für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wurde ein wenigstens sechsstündiges Leistungsvermögen mit qualitativen Einschränkungen festgestellt.

Am 30.04.2010 beantragte die Klägerin eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Während des noch laufenden Verfahrens stellte die Klägerin einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben am 03.03.2010. Im Rahmen dieses Verfahrens beauftragte die Beklagte den Neurologen, Psychiater und Facharzt für Psychotherapie Dr. J. mit der Erstellung eines Gutachtens. Dr. J. diagnostizierte am 15.09.2010 eine anhaltend depressive Störung, Panikstörung mit Agoraphobie, chronisches Schmerzsyndrom mit biopsychosozialen Implikationen. Die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wenigstens sechs Stunden täglich leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen verrichten.

Mit Bescheid vom 15.11.2010 lehnte die Beklagte die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Hiergegen legte die Klägerin am 29.11.2010 Widerspruch ein.

Die Beklagte beauftragte den Orthopäden Dr. E. mit der Erstellung eines weiteren Gutachtens. Dr. E. diagnostizierte auf orthopädischem Gebiet im Wesentlichen einen Zustand nach Revision eines CTS links und rechts, Zustand nach Epping-OP rechts, diskrete Epycondylopathia humeriradialis links, Cervicobrachialsyndrom beidseits, interscapuläre Dorsalgie mit Verdacht auf Blockierungen, chronisch dysbalanziertes Lumbalsyndrom mit Pseudoischialgien, Chondropathia patellae beidseits. Die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch wenigstens sechs Stunden täglich mit qualitativen Einschränkungen tätig sein. Mit Widerspruchsbescheid vom 01.07.2011 bestätigte die Beklagte den Ausgangsbescheid.

Dagegen hat die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten am 11.07.2011 Klage zum Sozialgericht (SG) Nürnberg erheben lassen und angegeben, sie habe im Dezember 2010 im Benehmen mit dem zuständigen Integrationsamt und ihrem Arbeitgeber ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt. Dieser Arbeitsversuch im Bereich der Altenpflege sei im Ergebnis gescheitert.

Das SG hat die Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte beigezogen, nämlich des Orthopäden Dr. L., des Neurologen und Psychiaters Dr. E., der Allgemeinärztin Dr. F., und hat die Neurologin und Psychiaterin Dr. Z. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt.

Dr. Z. hat am 15.11.2012 folgende Diagnosen gestellt: Depressive Störung im Sinne einer Dysthymie, Panikstörung mit leichtgradiger Agoraphobie, chronisches Schmerzsyndrom mit organischen und psychischen Komponenten sowie anhaltende Schmerzstörung, Zustand nach Carpaltunneloperationen, Rhizarthrose rechts mit Zustand nach mehreren Operationen sowie LWS-Syndrom ohne akute radikuläre Störung, synkopale Ereignisse Läsion eines Hauptastes des Nervus peronaeus links. Die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch wenigstens sechs Stunden täglich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend sitzender Art in wechselnden Körperpositionen in geschlossenen Räumen verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung, Tätigkeiten an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen und mit besonderer Beanspruchung des Bewegungs- und Stützsystems.

Auf Antrag der Klägerin hat das SG den Neurologen und Psychiater Dr. P. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dr. P. hat am 14.05.2013 folgende Diagnosen gestellt:

Dysthymie, generalisierte Angst- und Panikstörung, Schädigung des Nervus peronaeus links, Verdacht auf frische Borreliose, Zustand nach Operation eines Rhizarthrose mit Schädigung der Daumensehne, Zustand nach Karpaltunnelsyndrom beidseits, Synkopen unklarer Genese (psychogen?).

Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne die Klägerin noch leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen drei bis unter sechs Stunden verrichten.

Frau Dr. Z. hat dazu am 02.07.2013 ergänzend Stellung genommen und ist bei ihrer sozialmedizinischen Leistungseinschätzung verblieben.

Mit Urteil vom 28.08.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wenigstens sechs Stunden täglich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen oder im Wechselrhythmus in geschlossenen Räumen sechs Stunden täglich zu verrichten. Vermieden werden müssten Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung wie Wechsel- und Nachtschicht sowie Zeitdruck. Tätigkeiten an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen sowie Tätigkeiten an laufenden Maschinen seien nicht zumutbar. Eine besondere Beanspruchung des Bewegungs- und Stützsystems solle unterbleiben, wie häufiges Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, häufiges Bücken und Überkopfarbeiten, ständige Zwangshaltungen oder häufiges Steigen. Tätigkeiten im Freien unter Einfluss von Kälte, Hitze, Zugluft und starken Temperaturschwankungen sowie Nässe und Lärm sollten vermieden werden. Dem Gutachten von Dr. P. werde nicht gefolgt. Der Sachverständige habe ebenso wenig wie die Vorgutachter objektivierbare Befunde über den Abfall der Konzentrationsdauer oder Belastbarkeit erhoben, die eine Einschränkung des Leistungsvermögens in den unter sechsstündigen Bereich begründen könnten. Der Sachverständige habe das unter sechsstündige Leistungsvermögen damit begründet, dieses resultiere auch aus der Schwierigkeit, Ängste und Zwänge zu überwinden, regelmäßig einer Arbeitstätigkeit nachzugehen sowie Leistungen unter Druck und Anspannung zu erbringen. Dies sei nicht schlüssig. Zum einen würden der auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Klägerin Leistungen unter Druck und Anspannung nicht abverlangt, zum anderen erschließe sich der Kammer nicht, warum die Unfähigkeit regelmäßig einer Arbeitstätigkeit nachzugehen, zu einem zeitlich eingeschränkten Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden führen solle.

Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Im Wesentlichen hat sie vorgetragen, die depressive Angststörung wie auch die orthopädischen Beschwerden hätten sich verschlimmert.

Die Klägerin hat Berichte des sie behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. E. vom 18.10.2013 und 09.12.2013 sowie einen Bericht des Radiologen Dr. S. vom 19.11.2013 und des Krankenhauses R. vom 25.09.2013 vorgelegt.

Der Senat hat Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte eingeholt und zwar des Chirurgen Dr. S. vom 12.02.2014, der Allgemeinärztin Dr. F. vom 13.02.2014, des Neurologen und Psychiaters Dr. E. vom 21.02.2014 und der Dipl.-Psychologin D. vom 25.02.2014.

Die Beklagte hat dazu Stellung genommen und angegeben, dass aus den vorgelegten Berichten hervorgehe, dass eine Verschlechterung nicht eingetreten sei und dass es bei der Einschätzung eines sozialmedizinischen Leistungsvermögens von sechs Stunden täglich verbleibe. Sie hat ebenso darauf hingewiesen, dass dem vorliegenden Versicherungsverlauf seit dem 15.08.2010 keine versicherungsrechtlichen Zeiten zu entnehmen seien.

Der Senat hat den Bevollmächtigten der Klägerin aufgefordert insbesondere zu der Frage Stellung zu nehmen, ob bei der Klägerin seit 8/2010 rentenrechtlich relevante Zeiten vorlägen.

Mit Schreiben vom 11.11.2014 hat der Bevollmächtigte ein Attest von Dr. E. vom 05.11.2014 vorgelegt. Darin werde bestätigt, der Leistungsfall sei schon 2009 eingetreten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 28.08.2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die gesetzlichen Leistungen einer Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung auf ihren Antrag vom 30.04.2010 hin zu gewähren, hilfsweise die Akten der gesetzlichen Krankenkasse der Klägerin beizuziehen, aus denen sich eine Psychotherapie von September 2010 bis 2012 ergebe und ein Gutachten nach § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf psychiatrischem Fachgebiet zur Abklärung der Frage einzuholen, ob die Klägerin krankheitsbedingt Rehamaßnahmen nicht antreten könne.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 28.08.2013 zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Beklagtenakte und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 SGG) ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung hat, denn sie ist noch in der Lage, wenigstens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit qualitativen Einschränkungen tätig zu sein.

Gemäß § 43 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersrente Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1. teilweise erwerbsgemindert sind,

2. in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Tätigkeit oder Beschäftigung haben und

3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes für mindestens

6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben nach § 43

Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Zur Überzeugung des Senats ist die Klägerin noch in der Lage, wenigstens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen oder im Wechselrhythmus und in geschlossenen Räumen zu verrichten. Vermieden werden müssen Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung wie Wechsel- und Nachtschicht sowie Zeitdruck. Tätigkeiten an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen sowie an laufenden Maschinen sind nicht mehr zumutbar. Zu vermeiden sind Tätigkeiten mit häufigem Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, häufiges Bücken und Überkopfarbeiten, ständige Zwangshaltungen oder häufiges Steigen. Tätigkeiten im Freien unter Einfluss von Kälte, Hitze, Zugluft und starken Temperaturschwankungen sowie Nässe und Lärm sollten vermieden werden.

Der Senat stützt sich insoweit auf das überzeugende Gutachten von Dr. Z. im sozialgerichtlichen Verfahren wie auch von Dr. J. im Verwaltungsverfahren.

Die Einschränkungen der Klägerin liegen im Wesentlichen auf neurologisch-psychiatrischem und orthopädischem Fachgebiet. Dr. Z. hat insoweit folgende Diagnosen gestellt: Depressive Störung im Sinne einer Dysthymie, Panikstörung mit leichtgradiger Agoraphobie, chronisches Schmerzsyndrom mit organischen und psychischen Komponenten sowie eine anhaltende Schmerzstörung, Zustand nach Karpaltunneloperationen, Rihzarthrose rechts mit Zustand nach mehreren Operationen sowie LWS-Syndrom ohne akute radikuläre Störung, Läsion eines Hauptastes des Nervus peronaeus links, zurückliegende synkopale Ereignisse.

Die Sachverständige hat jedoch dargelegt, dass diese Erkrankungen keine Minderung des quantitativen Leistungsvermögens nach sich zieht. Psychisch habe eine nur als leicht einzustufende depressive Verstimmung imponiert. Panik trete eher in Form von Anflügen auf. Das letzte der synkopalen Ereignisse, das wahrscheinlich durch Panik mit Hyperventilation verursacht worden sei, habe im August 2012 stattgefunden. Im Beck'schen Depressionsinventar sei in der Selbstwertungsskala ein moderater Punktwert erzielt worden, der zwar im Bereich einer klinisch relevanten aber nicht schwer ausgeprägten Depression anzusiedeln sei. Bei völlig unauffälligem imponierendem Konzentrationsvermögen im Gespräch erscheine möglich, dass der niedrige im KAI-Test erzielte Wert auf motivationale Verzerrung zurückzuführen sei. Im Hinblick auf den geordneten Tagesablauf sei nicht von einer Minderung des quantitativen Leistungsvermögens auszugehen. Darüber hinaus habe auch im Gutachten 2010 Dr. J. schon erhebliche Zweifel an Schwere und Ausprägungsgrad der Störungen geäußert sowie Zweifel daran, ob die therapeutischen Optionen ausgenützt würden. Auch zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens lasse sich zumindest feststellen, dass die Medikation nicht wie verordnet eingenommen werde, was ebenfalls Zweifel am Leidensdruck der Probandin aufwerfe. Es sei nicht anzunehmen, dass der behandelnde Nervenarzt darüber informiert worden sei, dass die Medikamente nicht wie angegeben eingenommen würden. Die Klägerin habe ja sogar mitgeteilt, durch die Citalopramerhöhung seien die Panikattacken seltener geworden.

Wie das SG folgt der Senat nicht der quantitativen Leistungsbeurteilung durch Dr. P.. Dr. P. begründet die quantitative Leistungsminderung damit, die Klägerin habe erhebliche Schwierigkeiten, ihre Ängste und Zwänge zu überwinden, regelmäßig und sicher eine Arbeitstätigkeit aufzunehmen sowie Leistungen unter Druck und Anspannung zu erbringen.

Dr. Z. stellt in ihrer ergänzenden Stellungnahme nachvollziehbar dar, dass die zeitliche Einschränkung, die Dr. P. trifft, nicht durch tatsächlich objektivierbare Parameter wie Abfall der Konzentrationsdauer oder Belastbarkeit erklärt werden können. Darüber hinaus bestehe von Seiten der Klägerin ein zumindest erträglicher Leidensdruck. Die Klägerin besitze eine eher geringe Motivation, eine Verbesserung zu erzielen. So habe die Klägerin beispielsweise bei der Behandlung in B. M. abgelehnt, bei einem Therapieversuch mit EMGR zum Abbau der Panik mitzuwirken. Ebenso habe die Klägerin selbst mitgeteilt, Panikattacken seien durch Citalopram seltener geworden. Anlässlich der Untersuchung durch Dr. Z. sei der Citalopramspiegel jedoch nicht hinreichend nachzuweisen gewesen.

Auch aus den nun vorliegenden Befundberichten ergibt sich keine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin seit 2013. Der Chirurg Dr. S. hat in seinem Befundbericht vom 12.02.2014 als Diagnosen eine cervikale Spinalkanalstenose, Verdacht auf cervikalen Bandscheibenvorfall, Impingement rechte Schulter und Verdacht auf Bandscheibenvorfall L 5/S 1 genannt. Allerdings stünden noch Untersuchungsberichte aus.

Die Allgemeinärztin Dr. F. gibt in ihrem Befundbericht vom 13.02.2014 an, die letzte Behandlung sei am 19.04.2012 erfolgt. Der Neurologe und Psychiater Dr. E. gibt in seinem Befundbericht vom 21.02.2014 an, eine wesentliche Besserung sei nicht aufgetreten. Im Jahr 2013 hätten Behandlungstermine am 10.01.2013, 18.03.2013, 26.04.2013, 24.05.2013, 09.07.2013, 18.10.2013 sowie im Jahr 2014 am 13.01.2014 und 11.02.2014 stattgefunden. Die Dipl.-Psychologin D. gibt an, die Klägerin sei seit 12.09.2011 bis 05.08.2013 in verhaltenstherapeutischer Behandlung gewesen. Eine erneute Krisenintervention habe am 27.01.2014 stattgefunden. Die Diagnosen einer Agoraphobie mit Panikattacken und eine chronische posttraumatische Belastungsstörung seien unverändert, es sei keine Verschlechterung aber auch keine deutliche Besserung eingetreten.

Insbesondere im Hinblick darauf, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen letztmals im Jahr 2012 vorgelegen haben, sieht der Senat keinen Anlass, bei einem im Wesentlichen unveränderten Gesundheitszustand gegenüber 2012/2013 erneut ein Gutachten von Amts wegen einzuholen.

Erst recht ergibt sich nicht der Eintritt des Leistungsfalls schon im Jahre 2009. Dagegen sprechen die schon diskutierten Gutachten von Dr. J. 2010 und von Dr. Z. 2012. Auch enthält das Attest von Dr. E. vom 05.11.2014 keinerlei sozialmedizinische Leistungsbeurteilung, sondern stellt lediglich fest, dass die Klägerin seit 2009 wegen psychischer Probleme in Behandlung gewesen ist. Wieso dies eine Begründung für den Eintritt eines Leistungsfalls 2009 darstellen soll, ist für den Senat nicht nachvollziehbar und wird von dem Bevollmächtigten auch nicht erläutert.

Den hilfsweise gestellten Anträgen war nicht nachzukommen, sie erfüllen auch nicht die Anforderungen, die an einen Beweisantrag zu stellen sind. Notwendig dafür sind die Benennung eines Beweismittels und eines Beweisthemas. Beim Beweisthema ist insbesondere darzulegen, welche Auswirkung das behauptete Beweisergebnis auf das Leistungsvermögen haben soll (vgl. Fichte, Der Beweisantrag im Rentenrechtsstreit, SGb 2000, 653 ff.; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG Kommentar, 10. Aufl., § 160 RdNr. 18a). Dies ist bei den vorliegenden Anträgen nicht der Fall. Es ist nicht klar, welche Schlussfolgerungen in Hinblick auf das Leistungsvermögen der Klägerin im Sinne des § 43 SGB VI daraus gezogen werden sollen, dass sie eine Psychotherapie von September 2010 bis 2012 absolviert hat und Rehamaßnahmen nicht antreten könne.

Darüber hinaus ist schon den vorliegenden Unterlagen zu entnehmen, dass die Klägerin im Jahr 2010 eine Maßnahme der stationären Rehabilitation absolviert (also auch angetreten) hat. Die Behandlungen auf psychischem und psychiatrischem Gebiet ergeben sich aus den Befundberichten des Neurologen und Psychiaters Dr. E. und der Dipl.-Psychologin D..

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

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Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 19. Nov. 2014 - L 19 R 1157/13 zitiert 9 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 151


(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. (2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerh

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 43 Rente wegen Erwerbsminderung


(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind,2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 143


Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

Referenzen

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1.
teilweise erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1.
voll erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch
1.
Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
2.
Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

(3) Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(4) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:

1.
Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt,
4.
Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.

(5) Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.

(6) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.