Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 04. Aug. 2016 - L 14 R 806/15

04.08.2016
nachgehend
Bundessozialgericht, B 5 R 24/16 R, 23.11.2016

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I.

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 11.05.2015 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist der Anspruch auf eine Witwenrente für die Klägerin.

Die 1944 geborene Klägerin ist marokkanische Staatsangehörige mit Wohnsitz in Marokko. Sie beantragte mit Schreiben vom 09.06.2014, Eingang bei der Beklagten am 02.07.2014, die Gewährung einer Hinterbliebenenrente. Dabei gab sie an, die Ehefrau des 1937 geborenen und am 27.07.1975 verstorbenen A. M. zu sein. Der Versicherte habe in Deutschland gearbeitet. Zum Nachweis legte sie einen Reisepass eines Herrn M.A. A. vor. Der Reisepass enthält verschiedene Einreise-/Ausreisestempel für die Jahre 1968 und 1969 und einen Eintrag im Jahr 1971, ausgestellt in Düsseldorf. Mit Bescheid vom 22.10.2014 wurde der Antrag abgelehnt, da deutsche Beiträge wieder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht seien. Ermittlungen seien ergebnislos verlaufen.

Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Bescheid vom 17.02.2015 zurückgewiesen. Der verstorbene Ehegatte habe die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren nicht erfüllt. Aus den vorliegenden Unterlagen ergebe sich nicht, ob die Klägerin überhaupt mit dem Verstorbenen verheiratet gewesen war, ob sie gegebenenfalls wieder geheiratet habe oder überhaupt Witwe des Verstorbenen sei. Es seien keinerlei deutsche Beiträge nachgewiesen oder glaubhaft gemacht worden. Die Klägerin habe keinerlei Angaben gemacht und eine Versicherungsnummer habe nicht ermittelt werden können. Auch Unterlagen über die Ausstellung einer Versicherungskarte lägen nicht vor. Mangels ausreichender Angaben seien keine weiteren Ermittlungen von Amts wegen möglich gewesen. Bei Herrn A., geboren im Jahr 1929, für den die Kopie des Personalausweises übersandt worden sei, habe es sich um eine andere Person gehandelt.

Mit ihrer Klage zum Sozialgericht Augsburg verfolgte die Klägerin ihr Ziel weiter. In der Klagebegründung wurde ausgeführt, dass der verstorbene Ehemann im Jahr 1963 nach Deutschland eingereist sei.

Das Sozialgericht Augsburg wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 11.05.2015 ab. Es führte aus, dass die Voraussetzungen einer Witwenrente nach § 46 SGB VI nicht erfüllt seien. Für den verstorbenen Ehemann der Klägerin seien keine Beitragszeiten zur deutschen Rentenversicherung nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht. (Gezielte) Ermittlungen seien schon deshalb nicht möglich gewesen, weil die Klägerin keinerlei Auskunft darüber gab bzw. geben konnte, in welchen Zeiträumen ihr Ehemann bei welchen deutschen Arbeitgebern beschäftigt gewesen sein solle. Damit stehe fest, dass der für den geltend gemachten Anspruch zu erbringende Nachweis von 60 Beitragsmonaten nicht erbracht sei. Die von der Klägerin vorgelegten Bescheinigungen würden eine Erwerbstätigkeit des Verstorbenen mit Beitragszahlungen zur deutschen Rentenversicherung nicht beweisen. Ebenso wenig sei bewiesen, dass in der Person des Verstorbenen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Wartezeitfiktion, nämlich ein Rentenbezug aus der deutschen Rentenversicherung bis zu seinem Tod, vorgelegen haben.

Die Klägerin war mit der Entscheidung nicht einverstanden und erhob Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht. Beigefügt war eine öffentliche Beglaubigung darüber, dass der Verstorbene und die Klägerin am 22.09.1957 geheiratet hätten Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 16.06.2015 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 22.10.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.02.2015 zu verurteilen, ihr Hinterbliebenenrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des Sozialgerichts und der Beklagten verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Gründe

Der Senat konnte entscheiden, obwohl die Klägerin nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen ist. Sie war zum Termin ordnungsgemäß geladen und wurde in der Ladung darauf hingewiesen, dass auch im Falle ihres Fernbleibens verhandelt und entschieden werden kann.

Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 16.06.2015 ist ebenso rechtmäßig wie der Bescheid der Beklagten 22.10.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.02.2015 und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Hinterbliebenenrente.

Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird nach § 153 Abs. 2 SGG abgesehen und auf die Entscheidungsgründe des Sozialgerichts Augsburg verwiesen, denen sich das Gericht in vollem Umfang anschließt.

Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass selbst dann, wenn der Reisepass vom verstorbenen Ehemann der Klägerin stammt, sich aus diesem allenfalls entnehmen lässt, dass sich der Verstorbene irgendwann zwischen den Jahren 1968 und 1971 unregelmäßig in Deutschland aufgehalten hat. Eine Beitragsentrichtung kann dadurch jedenfalls nicht nachgewiesen werden. Ohne nähere Anhaltspunkte sind weitere Ermittlungen - über die bereits erfolgten hinaus - sozusagen „ins Blaue hinein“ jedoch nicht veranlasst.

Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) beruht auf dem Umstand, dass die Klägerin auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.

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Referenzen - Gesetze

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 04. Aug. 2016 - L 14 R 806/15 zitiert 4 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 153


(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt. (2) Das Landessozialgericht

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 46 Witwenrente und Witwerrente


(1) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Der Anspruch besteht

Referenzen

(1) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Der Anspruch besteht längstens für 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist.

(2) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente, wenn sie

1.
ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen,
2.
das 47. Lebensjahr vollendet haben oder
3.
erwerbsgemindert sind.
Als Kinder werden auch berücksichtigt:
1.
Stiefkinder und Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Erstes Buch), die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind,
2.
Enkel und Geschwister, die in den Haushalt der Witwe oder des Witwers aufgenommen sind oder von diesen überwiegend unterhalten werden.
Der Erziehung steht die in häuslicher Gemeinschaft ausgeübte Sorge für ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, auch nach dessen vollendetem 18. Lebensjahr gleich.

(2a) Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.

(2b) Ein Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente besteht auch nicht von dem Kalendermonat an, zu dessen Beginn das Rentensplitting durchgeführt ist. Der Rentenbescheid über die Bewilligung der Witwenrente oder Witwerrente ist mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden.

(3) Überlebende Ehegatten, die wieder geheiratet haben, haben unter den sonstigen Voraussetzungen der Absätze 1 bis 2b Anspruch auf kleine oder große Witwenrente oder Witwerrente, wenn die erneute Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt ist (Witwenrente oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten).

(4) Für einen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente gelten als Heirat auch die Begründung einer Lebenspartnerschaft, als Ehe auch eine Lebenspartnerschaft, als Witwe und Witwer auch ein überlebender Lebenspartner und als Ehegatte auch ein Lebenspartner. Der Auflösung oder Nichtigkeit einer erneuten Ehe entspricht die Aufhebung oder Auflösung einer erneuten Lebenspartnerschaft.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.