Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 11. Feb. 2015 - L 11 AS 729/14 B ER

bei uns veröffentlicht am11.02.2015
vorgehend
Sozialgericht Bayreuth, S 13 AS 630/14 ER, 30.07.2014

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I.

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 30.07.2014 wird verworfen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

Streitig ist die Form der Auszahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für Juli 2014.

Der Antragsteller (ASt) bezog zuletzt mit Bescheid vom 07.02.2014 Alg II als vorläufige Leistung für den Zeitraum vom 01.02.2014 bis 30.06.2014 in der Höhe des Regelbedarfes (391.- € monatlich). Unterkunftskosten seien nicht zu gewähren, nachdem er nicht mehr bei seiner Mutter wohnhaft sei. Es werde um Mitteilung des aktuellen Wohnsitzes gebeten, wobei ein Leistungsanspruch nur für Tage bestehe, an denen er sich persönlich beim Antragsgegner (Ag) melde. Die Leistungen würden wöchentlich nachträglich ausgezahlt.

Nach einem Fortzahlungsantrag vom 23.05.2014 zum 01.07.2014 bewilligte der Ag dem ASt mit Bescheid vom 28.05.2014 Leistungen für Juli 2014 in Höhe von 391.- € (Regelbedarf) erneut als vorläufige Leistung und zahlte diese wöchentlich nachträglich aus. Die zeitliche Begrenzung des Anspruches beruhe darauf, dass eine Untersuchung in Bezug auf die Erwerbsfähigkeit des ASt durchzuführen sei.

Am 09.07.2014 hat der ASt beim Sozialgericht Bayreuth (SG) die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt. Es habe die vollständige Barauszahlung der Leistungen für Juli 2014 zu erfolgen. Nach einem gerichtlichen Hinweis, der Bescheid vom 28.05.2014 enthalte keine Regelung zur nachträglichen Auszahlung, hat der Ag gegenüber dem SG erklärt, dem ASt seien am 25.07.2014 die vollständigen (Rest-)Leistungen für Juli 2014 ausgezahlt worden. Eine Kopie der Empfangsbestätigung sei zum Nachweis beigefügt.

Hierauf beantragte der ASt die Verweisung des Rechtsstreites an das Amtsgericht A-Stadt.

Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 30.07.2014 abgelehnt. Mit der Auszahlung der begehrten Leistungen am 25.07.2014 habe sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. Eine Anordnung des Gerichts sei daher nicht erforderlich. Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss gebe es nicht, denn in der Hauptsache sei eine Berufung ausgeschlossen.

Gegen den Beschluss hat der ASt Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist unzulässig (§§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Streitgegenstand, über den das SG mit seinem Beschluss vom 30.07.2014 entschieden hat, ist allein der Auszahlungsanspruch von Alg II des ASt für Juli 2014 in Höhe von 391.- €.

Nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG i. d. F. des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008 (BGBl I 444) ist die Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre.

Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750.- € nicht übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Soweit diese Wertgrenze bzw. zeitliche Grenze nicht überschritten wird, bedarf die Berufung der Zulassung, die u. a. erfolgen kann, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 144 Abs. 2 SGG).

Nach dem Wortlaut des § 172 Abs. 3 SGG ist eine Beschwerde im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes jedoch nur dann zulässig, wenn in der Hauptsache die Berufung zulässig ist, nicht aber, wenn sie lediglich zugelassen werden kann. Darüber hinaus ist eine Zulassung der Beschwerde durch das SG in der Regelung des § 172 SGG nicht vorgesehen, so dass für die Frage der Statthaftigkeit der Beschwerde allein auf den Wert des Beschwerdegegenstandes und - gegebenenfalls - auf den umstrittenen Zeitraum abzustellen ist.

Vorliegend standen lediglich die Auszahlungsmodalitäten in Bezug auf die Leistungen für Juli 2014 in Höhe von 391.- € im Streit, denn für die Zeit ab dem 01.08.2014 (bis 31.12.2014) hat der Ag mit Bescheid vom 30.07.2014 i. d. F. des Bescheides vom 28.08.2014 eine gesonderte Entscheidung getroffen, die Gegenstand eines weiteren Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem SG (S 13 AS 778/14 ER) war. Die Berufung in der Hauptsache ist somit nicht zulässig und die Beschwerde nicht statthaft, weil weder Leistungen für mehr als ein Jahr streitig sind (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG), noch der Beschwerdewert von 750.- € erreicht wird (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Dabei kommt es nicht darauf an, ob in der Hauptsache - nach deren Erledigung - vom ASt eine (Fortsetzungs-)Feststellungsklage betrieben werden kann, denn auch eine Feststellung in Bezug auf die Rechtswidrigkeit der Zahlungsmodalitäten, zielt auf die Erbringung einer Geldleistung ab (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl, § 144 Rn. 10a). Das SG hatte in seinem Beschluss auch richtigerweise auf die Unanfechtbarkeit der Entscheidung hingewiesen.

Nach alledem war die Beschwerde zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Mangels eines vorhergehenden Hinweises an den ASt ist - trotz der offensichtlichen Rechtsmissbräuchlichkeit der Beschwerde - davon abzusehen, dem ASt Kosten nach § 192 SGG aufzuerlegen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

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Referenzen - Gesetze

Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 11. Feb. 2015 - L 11 AS 729/14 B ER zitiert 10 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 172


(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. (2) Pro

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 192


(1) Das Gericht kann im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass 1. durch Verschulden des Beteiligten die Vertagung einer mün

Referenzen

(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Vertagungsbeschlüsse, Fristbestimmungen, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen und Sachverständigen können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Die Beschwerde ist ausgeschlossen

1.
in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte,
2.
gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn
a)
das Gericht die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint,
b)
in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte oder
c)
das Gericht in der Sache durch Beschluss entscheidet, gegen den die Beschwerde ausgeschlossen ist,
3.
gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193,
4.
gegen Entscheidungen nach § 192 Abs. 4, wenn in der Hauptsache kein Rechtsmittel gegeben ist und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro nicht übersteigt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Vertagungsbeschlüsse, Fristbestimmungen, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen und Sachverständigen können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Die Beschwerde ist ausgeschlossen

1.
in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte,
2.
gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn
a)
das Gericht die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint,
b)
in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte oder
c)
das Gericht in der Sache durch Beschluss entscheidet, gegen den die Beschwerde ausgeschlossen ist,
3.
gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193,
4.
gegen Entscheidungen nach § 192 Abs. 4, wenn in der Hauptsache kein Rechtsmittel gegeben ist und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro nicht übersteigt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Das Gericht kann im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass

1.
durch Verschulden des Beteiligten die Vertagung einer mündlichen Verhandlung oder die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung nötig geworden ist oder
2.
der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist.
Dem Beteiligten steht gleich sein Vertreter oder Bevollmächtigter. Als verursachter Kostenbetrag gilt dabei mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 für die jeweilige Instanz.

(2) (weggefallen)

(3) Die Entscheidung nach Absatz 1 wird in ihrem Bestand nicht durch die Rücknahme der Klage berührt. Sie kann nur durch eine zu begründende Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden.

(4) Das Gericht kann der Behörde ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass die Behörde erkennbare und notwendige Ermittlungen im Verwaltungsverfahren unterlassen hat, die im gerichtlichen Verfahren nachgeholt wurden. Die Entscheidung ergeht durch gesonderten Beschluss.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.