Bundesarbeitsgericht Urteil, 29. Jan. 2015 - 2 AZR 87/14

ECLI:ECLI:DE:BAG:2015:290115.U.2AZR87.14.0
bei uns veröffentlicht am29.01.2015

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 28. Mai 2013 - 15 Sa 890/12 - im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, wie es auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 21. März 2012 - 22 Ca 4514/11 - abgeändert und festgestellt hat, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen gemäß dem Kündigungsschreiben der Beklagten vom 29. September 2011 rechtsunwirksam ist.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen, betriebsbedingten Änderungskündigung.

2

Die Beklagte betreibt eine Bank. In ihrem Betrieb in Frankfurt am Main waren im Zeitpunkt des Ausspruchs der Änderungskündigung regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt. Am 17. Dezember 1997 schloss sie mit der Deutschen Postgewerkschaft (DPG) einen Tarifvertrag über den Rationalisierungsschutz der Arbeitnehmer bei der Postbank - TV Ratio -. Dieser lautet auszugsweise:

        

§ 1   

        

Geltungsbereich

        

Der Geltungsbereich dieses Tarifvertrages entspricht dem Geltungsbereich des Manteltarifvertrages für die Postbank (MTV) in seiner jeweils geltenden Fassung.

        

§ 2     

        

Rationalisierungsmaßnahmen

        

Rationalisierungsmaßnahmen im Sinne dieses Tarifvertrages sind

                 

a       

Änderungen der Aufbauorganisation,

                 

b       

Änderungen der Ablauforganisation,

                 

c       

Maßnahmen zur Nutzung des technischen Fortschritts und

                 

d       

andere personalwirtschaftliche Maßnahmen der Postbank,

        

die jeweils allein oder in Verbindung mit anderen der genannten Maßnahmen dazu führen, dass Arbeitsplätze verlegt werden oder wegfallen oder sich Tätigkeiten ihrem Umfange nach oder in ihrem Aufgabeninhalt ändern. …

        

§ 3     

        

Sozialauswahl

        

1       

Der Leiter des Betriebes unterrichtet den Betriebsrat rechtzeitig und umfassend über eine geplante Rationalisierungsmaßnahme, berät die personellen Auswirkungen mit dem Betriebsrat und erstellt einen Entwurf zu einem Transferplan. Dieser Transferplan enthält eine Aufstellung aller Arbeitnehmer, die von der Rationalisierungsmaßnahme betroffen sind.

        

…       

        
        

3       

Der Leiter des Betriebes übermittelt den Entwurf des Transferplanes einer betrieblichen Clearingstelle. …

                 

Die Clearingstelle gibt innerhalb eines Zeitraumes von längstens vier Wochen eine Empfehlung ab. Kommt es zu keiner Empfehlung, entscheidet der Leiter des Betriebes über den Transferplan.

        

§ 4     

        

Personaleinsatzverantwortung

        

1       

Die im Transferplan aufgeführten Arbeitnehmer haben grundsätzlich einen Anspruch auf eine arbeitgeberseitige Vermittlung eines gleichwertigen, zumutbaren dauerhaften Arbeitsplatzes im Kernbereich der Postbank. Soweit dies nicht möglich ist, erhalten diese Arbeitnehmer in folgender Reihenfolge Angebote zumutbarer freier Arbeitsplätze (Kaskaden-Modell):

                 

a       

in der Postbank AG

                 

b       

im Postbank Konzern

                 

c       

im Finanzdienstleistungs-Bereich der Deutschen Post AG

                 

d       

in der i GmbH

                 

e       

in den übrigen Bereichen der Deutschen Post AG

                 

…       

        
        

2       

Sofern die Vermittlung eines zumutbaren freien Arbeitsplatzes nach Absatz 1 nicht realisiert werden kann, können die Arbeitnehmer im Wechsel mit verschiedenen Tätigkeiten betraut werden. Die Übertragung einzelner Tätigkeiten erfolgt im Rahmen des Direktionsrechts.

        

…       

        
        

§ 5     

        

Zumutbarkeit

        

1       

Eine Tätigkeit ist zumutbar, wenn sie in funktioneller, zeitlicher, räumlicher, gesundheitlicher und sozialer Hinsicht zumutbar ist.

        

…       

        
        

4       

Die räumliche Zumutbarkeit regelt sich nach folgenden Bestimmungen:

                 

a       

Dauerhafte Versetzungen

                          

Für Arbeitnehmer mit einer Wochenarbeitszeit von mindestens 35,0 Stunden ist eine zusätzliche tägliche Fahrzeit von zwei Stunden, für Arbeitnehmer mit einer Wochenarbeitszeit von weniger als 35,0 Stunden ist eine zusätzliche tägliche Fahrzeit von 1,5 Stunden zumutbar. Hierbei darf für Arbeitnehmer mit einer Wochenarbeitszeit von mindestens 35,0 Stunden eine tägliche Gesamtwegezeit von drei Stunden, für Arbeitnehmer mit einer Wochenarbeitszeit von weniger als 35,0 Stunden eine tägliche Gesamtwegezeit von zwei Stunden für Hin- und Rückfahrt nicht überschritten werden. Maßgebend sind die Wegezeiten auf der Basis der Benutzung regelmäßig verkehrender öffentlicher Verkehrsmittel von der dem Wohnsitz nächstgelegenen bis zu der der Arbeitsstätte nächstgelegenen Haltestelle.

                 

b       

Befristete Versetzungen

                          

Befristete Versetzungen sind über die vorstehenden Grenzen hinaus bis zur Dauer von zwei Jahren räumlich zumutbar. Dies gilt nicht für Arbeitnehmer mit einer Arbeitszeit von weniger als der Hälfte der regelmäßigen tariflichen Wochenarbeitszeit. Nach Ablauf des Versetzungszeitraumes kehren die Arbeitnehmer in ihren ursprünglichen Betrieb zurück.

                          

Protokollnotiz:

                          

Für den Fall der endgültigen Aufgabe von Betriebsteilen ist für die dort beschäftigten Arbeitnehmer ein Einsatz innerhalb der im § 5 Abs. 4 Lit. a definierten Zumutbarkeitsgrenzen vorzusehen. Ist dies nicht möglich, wird der Einzelfall zwischen Betriebsleitung und Betriebsrat mit dem Ziel einer Einigung verhandelt. …

        

…       

        
        

7       

Der Arbeitnehmer kann auf freiwilliger Basis von den in den Absätzen 1 bis 6 genannten Einschränkungen abweichen.

        

§ 6     

        

Wirtschaftliche Absicherung

        

- Sicherung des Arbeitsentgelts

        

1       

Soweit ausnahmsweise im Einzelfall dem Arbeitnehmer ein zumutbarer dauerhafter Arbeitsplatz nur mit Anspruch auf ein geringeres Arbeitsentgelt übertragen werden kann, erhält der Arbeitnehmer zum/zur Ausgleich/Milderung seiner wirtschaftlichen Nachteile eine Ausgleichszulage …

        

- Mobilitätshilfen

        

5       

Die Postbank zahlt Arbeitnehmern, die als Folge einer Maßnahme nach § 2 auf einen anderen zumutbaren dauerhaften Arbeitsplatz nach § 4 Abs. 1 an einen anderen Arbeitsort dauerhaft versetzt werden, als Ausgleich ihrer Fahrmehrkosten für einen Zeitraum von grundsätzlich drei Jahren, längstens jedoch bis zum Zeitpunkt des Umzugs oder des Ausscheidens eine Entschädigung. …

        

…       

        
        

7       

Arbeitnehmer, die im Zusammenhang mit einer dauerhaften Versetzung ihren Wohnort wechseln, erhalten Kostenerstattung gegen Nachweis gemäß der jeweils bei der Postbank gültigen Regelungen.

        

§ 7     

        

Betriebsbedingte Beendigungskündigungen

        

1       

Betriebsbedingte Beendigungskündigungen im Zusammenhang mit Maßnahmen nach § 2 sind bis zum 31. Dezember 2012 [durch Tarifvertrag vom 2. Februar 2011 verlängert bis zum 31. Dezember 2013] ausgeschlossen. Hiervon werden Beendigungskündigungen mit dem gleichzeitigen Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter veränderten Bedingungen (Änderungskündigungen) nicht erfasst.

        

2       

Lehnt der Arbeitnehmer einen ihm angebotenen Arbeitsplatz nach § 4 Absatz 1 oder eine erforderliche Qualifizierung nach § 4 Absatz 4 ab, verliert er die Rechte aus diesem Tarifvertrag.“

3

Der Kläger ist bei der Beklagten seit Mai 2003 beschäftigt. Er war zuletzt als „Senior Händler“ in der Einheit „Treasury Kundenhandel“ am Standort Frankfurt am Main tätig. Seit September 2009 ist er Mitglied der Gewerkschaft ver.di, die im Jahre 2001 durch Zusammenschluss von fünf Einzelgewerkschaften, unter anderem der DPG, entstanden ist.

4

Die Beklagte führte zum 1. Juli 2011 eine Umstrukturierung des Ressorts Financial Markets durch. Das Ressort mit insgesamt 60 Arbeitsplätzen am Standort Frankfurt am Main wurde geschlossen und in verkleinerter Form mit noch 27 Arbeitsplätzen in der Zentrale am Standort Bonn weitergeführt.

5

Mit dem Gesamtbetriebsrat hatte die Beklagte am 10. Juni 2011 eine „Gesamtbetriebsvereinbarung anlässlich der Verlagerung von Financial Markets Funktionen von der Postbank Standort Frankfurt in die Postbank Zentrale“ (GBV) geschlossen. Die GBV regelt insbesondere, in welcher Reihenfolge welchen Arbeitnehmern die in Bonn neu eingerichteten Arbeitsplätze anzubieten waren und in welcher Weise eine Auswahl unter etwaigen Bewerbern getroffen werden sollte. Für Beschäftigte, die infolge der Maßnahme in die Zentrale der Beklagten nach Bonn wechselten, sieht die GBV folgende finanzielle Leistungen vor:

        

§ 4 Sozialplan/Rahmenbedingungen des Wechsels

        

…       

        

2.    

Beschäftigte, die infolge der Maßnahme an einem anderen Standort tätig werden.

        

2.1     

        

Beschäftigte, die im Rahmen der Umsetzung der Maßnahme in der Postbank-Zentrale in Bonn tätig werden, erhalten Leistungen in sinngemäßer Anwendung des § 3 Absatz 4 der ‚GBV Financial Markets‛ vom 31.07.2002 mit der Maßgabe, dass im Großraum Köln/Bonn keine Wohnungen gestellt werden (…). Darüber hinaus erhalten sie eine einmalige Mobiltätspauschale von 3.000 Euro brutto soweit die räumlichen Zumutbarkeitskriterien des TV Ratio überschritten werden.

        

2.2     

        

Die Regelungen nach Ziff. 2.1 g[elten] nicht für Beschäftigte, [die] im Großraum Köln/Bonn (…) bereits eine Wohnung haben.“

6

Nach Anhörung des Betriebsrats kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 29. September 2011 zum 31. März 2012. Gleichzeitig unterbreitete sie dem Kläger das Angebot, das Arbeitsverhältnis ab dem 1. April 2012 wie folgt fortzusetzen:

        

„… Sie werden ab diesem Zeitpunkt am Standort Bonn in der Abteilung TR TBS als Händler (TR TBS-33) mit dem unveränderten monatlichen Fixgehalt von 10.890,17 € tätig. Die genauen Aufgabeninhalte ergeben sich aus dem in Anlage beigefügten Geschäftsverteilungsplan. Daneben gilt für Sie die ‚Gesamtbetriebsvereinbarung zu Entgeltregelungen für nicht leitende, außertarifliche Arbeitnehmer‛ mit der Folge, dass Sie Anspruch auf ein jährliches variables Entgelt in Höhe von 15 % des vertraglichen Jahresfixums haben. Im Übrigen verbleibt es bei den Bedingungen Ihres Arbeitsverhältnisses. Daneben erhalten Sie bei einem Wechsel nach Bonn Leistungen nach der GBV Financial Markets II, …“

7

Der Kläger nahm das Änderungsangebot mit Schreiben vom 19. Oktober 2011 unter dem Vorbehalt an, dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt sind, und hat rechtzeitig die vorliegende Änderungsschutzklage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, die Änderungskündigung sei wegen Verstoßes gegen den TV-Ratio rechtsunwirksam. Der persönliche und sachliche Anwendungsbereich des Tarifvertrags sei eröffnet. Änderungskündigungen, die sich nicht innerhalb der Zumutbarkeitsgrenzen des § 5 TV-Ratio hielten, seien nach den tarifvertraglichen Bestimmungen ebenso ausgeschlossen wie Beendigungskündigungen. Zumindest sei die erklärte Änderungskündigung sozial ungerechtfertigt und sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden.

8

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen gemäß dem Kündigungsschreiben vom 29. September 2011 nebst Anlagen sozial ungerechtfertigt und aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, im Rahmen ihrer „Derisking-Strategie“ sei die Auflösung der Organisationseinheit, in der der Kläger beschäftigt gewesen sei, als Teil des Projekts „Celsius“ beschlossen und durchgeführt worden. Dadurch sei der Arbeitsplatz des Klägers in seiner bisherigen Form entfallen. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Änderungskündigung sei nicht wegen Verstoßes gegen den TV-Ratio unwirksam. Nach dessen Bestimmungen seien Änderungskündigungen auch ohne Beachtung der Zumutbarkeitskriterien des § 5 TV-Ratio möglich. Zudem unterfalle der Kläger als außertariflicher Arbeitnehmer schon nicht dem persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist begründet. Mit der gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht der Klage gegen die Änderungskündigung vom 29. September 2011 nicht stattgeben. Dies führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Ob die Änderungskündigung wirksam ist, steht noch nicht fest.

12

I. Die Änderungskündigung ist nicht nach § 134 BGB iVm. § 5 Abs. 4 Buchst. a TV-Ratio rechtsunwirksam. Der TV-Ratio verbietet nicht generell Änderungskündigungen, die sich nicht im Rahmen der Zumutbarkeitskriterien von § 5 TV-Ratio halten. Nach § 4 TV-Ratio haben die erfassten Arbeitnehmer nur dann einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung innerhalb der Zumutbarkeitsgrenzen des § 5 TV-Ratio, wenn ein entsprechender Arbeitsplatz frei ist. Dass es im Streitfall die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung des Klägers auf einem nach § 5 Abs. 4 Buchst. a TV-Ratio räumlich zumutbaren freien Arbeitsplatz gegeben hätte, ist weder festgestellt noch - soweit ersichtlich - vom Kläger behauptet worden.

13

1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Änderungskündigung vom 29. September 2011 sei rechtsunwirksam, weil das dem Kläger unterbreitete Änderungsangebot nicht den räumlichen Zumutbarkeitskriterien des § 5 Abs. 4 Buchst. a TV-Ratio entsprochen habe. Änderungskündigungen seien zwar nach § 7 TV-Ratio nicht ausgeschlossen. Sie müssten aber die Zumutbarkeitskriterien des § 5 Abs. 4 Buchst. a TV-Ratio einhalten. Für ein anderes Verständnis bestünden keine Anhaltspunkte. Insbesondere lasse § 4 Abs. 2.1 GBV eine andere Auslegung nicht zu. Danach erhalte ein Arbeitnehmer, der eine Versetzung nach Bonn unter Überschreitung der räumlichen Zumutbarkeitskriterien freiwillig hinnehme, eine einmalige Mobilitätspauschale. Den Betriebsparteien sei demnach bekannt gewesen, dass eine Versetzung von Frankfurt am Main nach Bonn nur unter Verletzung der räumlichen Zumutbarkeitskriterien möglich gewesen sei. Der Vereinbarung dieser Mobilitätspauschale wiederum hätte es nicht bedurft, wenn die Auffassung der Beklagten zuträfe, eine Versetzung im Wege der Änderungskündigung müsse nicht den räumlichen Zumutbarkeitskriterien entsprechen.

14

2. Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Zugunsten des Klägers kann unterstellt werden, dass er dem persönlichen Geltungsbereich des TV-Ratio unterfiel und sein Arbeitsplatz von einer Rationalisierungsmaßnahme im Sinne des Tarifvertrags betroffen war. Ferner kann unterstellt werden, dass das ihm unterbreitete Änderungsangebot nicht den räumlichen Zumutbarkeitskriterien des § 5 Abs. 4 Buchst. a TV-Ratio entsprach und die tarifvertraglichen Regelungen unabhängig davon galten, ob er in einem Transferplan nach § 3 TV-Ratio aufgeführt war. Aus dem TV-Ratio ergibt sich nicht, dass Änderungskündigungen mit dem Ziel einer dauerhaften Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz stets die Zumutbarkeitskriterien des § 5 Abs. 4 Buchst. a TV-Ratio wahren müssten. Dies kommt nur dann in Betracht, wenn ein entsprechender freier Arbeitsplatz vorhanden ist.

15

a) Schon nach ihrem Wortlaut enthalten die Bestimmungen des TV-Ratio kein generelles Verbot von Änderungskündigungen, die sich nicht im Rahmen der Zumutbarkeitsregeln des § 5 halten. Ebenso wenig räumen sie einem von einer Rationalisierungsmaßnahme betroffenen Arbeitnehmer einen Anspruch auf Beschäftigung innerhalb der Zumutbarkeitsgrenzen des § 5 TV-Ratio auch dann ein, wenn kein entsprechender Arbeitsplatz frei ist.

16

aa) Nach § 4 Abs. 1 TV-Ratio haben die erfassten Arbeitnehmer lediglich Anspruch darauf, dass ihnen ein nach § 5 TV-Ratio zumutbarerfreier Arbeitsplatz angeboten wird. Für Angebote im sog. Kaskaden-Modell ergibt sich dies bereits unmittelbar aus Satz 2 der Bestimmung, der von Angeboten „zumutbarer freier Arbeitsplätze“ spricht. Aber auch der Anspruch auf Vermittlung eines zumutbaren Arbeitsplatzes im sog. Kernbereich der Beklagten nach Satz 1 der Vorschrift setzt voraus, dass ein entsprechender freier Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Das ergibt einmal ein Rückschluss aus Satz 2. Danach ist ein Angebot im sog. Kaskaden-Modell nur dann zu unterbreiten, wenn eine Vermittlung auf einen Arbeitsplatz nach Satz 1 „nicht möglich“, ein solcher Arbeitsplatz also nicht frei ist. Das folgt zudem aus § 4 Abs. 2 TV-Ratio. Danach können Arbeitnehmer im Wechsel mit verschiedenen Tätigkeiten betraut werden, „sofern die Vermittlung eines zumutbaren freien Arbeitsplatzes nach Absatz 1 nicht realisiert werden kann“.

17

bb) Auch § 4 Abs. 2 TV-Ratio normiert für den Fall, dass ein freier Arbeitsplatz nach § 4 Abs. 1 TV-Ratio nicht zur Verfügung steht, keinen Anspruch auf eine Beschäftigung - und sei es mit wechselnden Tätigkeiten - innerhalb der Zumutbarkeitsgrenzen. Die Bestimmung sieht ihrem Wortlaut nach nur vor, dass die Arbeitnehmer mit entsprechenden Tätigkeiten betraut werden können. Anders als in § 4 Abs. 1 TV-Ratio heißt es nicht, sie hätten darauf Anspruch oder die Tätigkeiten seien ihnen zu übertragen.

18

cc) § 5 Abs. 4 Buchst. a TV-Ratio definiert zwar bei dauerhaften Versetzungen die räumliche Zumutbarkeit im Sinne des Tarifvertrags. Einen Anspruch auf die Zuweisung zumutbarer Tätigkeiten sieht aber auch diese Bestimmung nicht vor, wenn ein freier Arbeitsplatz nicht vorhanden ist. Aus der Protokollnotiz zu § 5 Abs. 4 TV-Ratio folgt nichts anderes. Aus ihr ergibt sich nicht, dass die Tarifvertragsparteien einen generellen Anspruch auf die Zuweisung von Tätigkeiten innerhalb der räumlichen Zumutbarkeitskriterien begründen wollten. Vielmehr ist im Falle der endgültigen Aufgabe von Betriebsteilen ein Einsatz der betroffenen Arbeitnehmer innerhalb der Zumutbarkeitsgrenzen des § 5 Abs. 4 Buchst. a TV-Ratio nur vorzusehen, sofern das „möglich“ ist. Ist dies nicht der Fall, soll zwischen Betriebsleitung und Betriebsrat mit dem Ziel einer Einigung verhandelt werden. Eine Änderungskündigung mit dem Ziel einer - dauerhaften - Versetzung des Arbeitnehmers auf einen Arbeitsplatz außerhalb der Zumutbarkeitskriterien ist damit gerade nicht generell ausgeschlossen.

19

b) Aus der Systematik des TV-Ratio lässt sich ebenso wenig ein Anspruch der von einer Rationalisierungsmaßnahme betroffenen Arbeitnehmer auf Beschäftigung innerhalb der Zumutbarkeitsgrenzen des § 5 Abs. 4 Buchst. a TV-Ratio oder sogar ein Verbot von Änderungskündigungen mit dem Ziel einer dauerhaften Beschäftigung außerhalb der Zumutbarkeitsgrenzen ableiten, sofern es an einem entsprechenden freien Arbeitsplatz fehlt. So knüpft § 6 TV-Ratio lediglich wirtschaftliche Vorteile - die Sicherung des Arbeitsentgelts und Mobilitätshilfen - an die Annahme eines zumutbaren Angebots. Umgekehrt sieht § 7 Abs. 2 TV-Ratio vor, dass ein Arbeitnehmer, der einen nach § 4 Abs. 1 TV-Ratio angebotenen Arbeitsplatz ablehnt, seine Rechte aus dem Tarifvertrag verliert. Mit der Frage, was gelten soll, wenn ein zumutbarer freier Arbeitsplatz nicht angeboten werden kann, befasst sich der TV-Ratio nicht. Kündigungsschutzrechtlich schließt § 7 Abs. 1 Satz 1 TV-Ratio allein betriebsbedingteBeendigungskündigungen im Zusammenhang mit einer Rationalisierungsmaßnahme aus.

20

c) Sinn und Zweck des TV-Ratio erlauben nicht die Annahme, die Tarifvertragsparteien hätten Beschäftigungsangebote außerhalb der Zumutbarkeitsgrenzen des § 5 Abs. 4 Buchst. a TV-Ratio selbst dann verbieten wollen, wenn ein zumutbarer Arbeitsplatz nicht frei ist. Zwar dient der Tarifvertrag ausweislich seines Titels dem Schutz der Arbeitnehmer. Welchen Schutz er vermittelt, kann aber nur den tatsächlich vereinbarten Regelungen entnommen werden. Diese wiederum mildern die Folgen für die von einer Rationalisierungsmaßnahme betroffenen Arbeitnehmer ausschließlich durch einen Anspruch auf Unterbringung auf einem zumutbaren freien Arbeitsplatz nach §§ 4, 5 TV-Ratio, durch finanzielle Hilfen nach § 6 TV-Ratio und durch das Verbot von Beendigungskündigungen gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 TV-Ratio. Aus dem Umstand, dass für Arbeitnehmer, denen ein zumutbarer Arbeitsplatz nicht angeboten werden kann, keine wirtschaftlichen Hilfen vorgesehen sind, kann nicht geschlossen werden, die Tarifvertragsparteien hätten ein Verbot von Versetzungen auf einen Arbeitsplatz außerhalb der Zumutbarkeitskriterien festlegen wollen. Es ist vielmehr ebenso gut möglich, dass sie für entsprechende Vereinbarungen kein Regelungsbedürfnis gesehen haben. Für den Fall des Wechsels eines Arbeitnehmers von Frankfurt am Main nach Bonn im Rahmen der hier fraglichen Maßnahme sieht § 4 Abs. 2.1 GBV vom 10. Juni 2011 dafür finanzielle Leistungen wie die Zahlung einer Mobilitätspauschale vor. Bei einem Wohnungswechsel im Zusammenhang mit einer dauerhaften Versetzung verweist im Übrigen auch § 6 Abs. 7 TV-Ratio auf die Möglichkeit einer Kostenerstattung nach den bei der Beklagten jeweils gültigen Regelungen. Weshalb es, wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat, der Vereinbarung einer Mobilitätspauschale gemäß § 4 Abs. 2.1 GBV nicht bedurft hätte, wenn eine Änderungskündigung den räumlichen Zumutbarkeitskriterien des § 5 Abs. 4 Buchst. a TV-Ratio nicht entsprechen muss, ist nicht nachvollziehbar. Die in § 4 Abs. 2.1 GBV vorgesehenen Leistungen stützen eher ein Verständnis des TV-Ratio dahin, dass dieser Änderungskündigungen mit dem Ziel einer Versetzung auf Arbeitsplätze, die außerhalb der örtlichen Zumutbarkeitsgrenzen liegen, nicht generell ausschließt. Es kann deshalb dahinstehen, ob und ggf. inwiefern die Regelungen der GBV aus dem Jahr 2011 überhaupt von Bedeutung für die Auslegung des TV-Ratio aus dem Jahr 1997 sein können.

21

3. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich auf Basis der bisherigen Feststellungen nicht aus anderen Gründen als richtig. Die Änderungskündigung ist nicht schon deshalb sozial ungerechtfertigt iSd. § 2 KSchG iVm. § 1 Abs. 1 und Abs. 2 KSchG, weil das Angebot der Weiterbeschäftigung auf einer Stelle außerhalb der räumlichen Zumutbarkeitskriterien des § 5 Abs. 4 Buchst. a TV-Ratio unverhältnismäßig gewesen wäre. Es ist weder festgestellt noch objektiv ersichtlich, dass es im Zeitpunkt der Änderungskündigung einen freien Arbeitsplatz innerhalb der Zumutbarkeitsgrenzen gegeben hätte, auf welchem der Kläger hätte weiterbeschäftigt werden können.

22

II. Bei der neuen Verhandlung und Entscheidung wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob die Änderungskündigung auch im Übrigen sozial gerechtfertigt und der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört worden ist. Mit Blick auf den Streitgegenstand der Änderungsschutzklage ist dabei ggf. zu klären, ob es im Streitfall einer Änderungskündigung für die angestrebte Versetzung des Klägers auf die Stelle in Bonn überhaupt bedurfte (vgl. zum Problem der „überflüssigen“ Änderungskündigung: BAG 25. April 2013 - 2 AZR 960/11 - Rn. 29; 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 20; zur Beachtlichkeit von Gründen, die zur Unwirksamkeit der Kündigungserklärung führen, auch bei Annahme des Änderungsangebots unter Vorbehalt vgl. BAG 20. Februar 2014 - 2 AZR 346/12 - Rn. 38).

        

    Kreft    

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    Söller    

        

    B. Schipp    

                 

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Referenzen - Gesetze

Bundesarbeitsgericht Urteil, 29. Jan. 2015 - 2 AZR 87/14 zitiert 5 §§.

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 134 Gesetzliches Verbot


Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 2 Änderungskündigung


Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt a

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 5 Zulassung verspäteter Klagen


(1) War ein Arbeitnehmer nach erfolgter Kündigung trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert, die Klage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung zu erheben, so ist auf seinen Antrag die

Referenzen

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) War ein Arbeitnehmer nach erfolgter Kündigung trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert, die Klage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung zu erheben, so ist auf seinen Antrag die Klage nachträglich zuzulassen. Gleiches gilt, wenn eine Frau von ihrer Schwangerschaft aus einem von ihr nicht zu vertretenden Grund erst nach Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 Kenntnis erlangt hat.

(2) Mit dem Antrag ist die Klageerhebung zu verbinden; ist die Klage bereits eingereicht, so ist auf sie im Antrag Bezug zu nehmen. Der Antrag muß ferner die Angabe der die nachträgliche Zulassung begründenden Tatsachen und der Mittel für deren Glaubhaftmachung enthalten.

(3) Der Antrag ist nur innerhalb von zwei Wochen nach Behebung des Hindernisses zulässig. Nach Ablauf von sechs Monaten, vom Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann der Antrag nicht mehr gestellt werden.

(4) Das Verfahren über den Antrag auf nachträgliche Zulassung ist mit dem Verfahren über die Klage zu verbinden. Das Arbeitsgericht kann das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken. In diesem Fall ergeht die Entscheidung durch Zwischenurteil, das wie ein Endurteil angefochten werden kann.

(5) Hat das Arbeitsgericht über einen Antrag auf nachträgliche Klagezulassung nicht entschieden oder wird ein solcher Antrag erstmals vor dem Landesarbeitsgericht gestellt, entscheidet hierüber die Kammer des Landesarbeitsgerichts. Absatz 4 gilt entsprechend.