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Zwischen den Beteiligten des Beschlussverfahrens sind die Wirksamkeit des Spruchs der Einigungsstelle sowie einer Betriebsvereinbarung im Streit.
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Im Betrieb der Antragsgegnerin (nachfolgend: Arbeitgeberin) fanden am 08.05.2006 Wahlen zum Betriebsrat (weiterer Beteiligter, weiterer Antragsgegner) statt. Die 654 wahlberechtigten Arbeitnehmer wählten 11 (drei weibliche, acht männliche) Betriebsratsmitglieder in der Zusammensetzung, die sich aus Seite 3 der Wahlniederschrift (Anl. 1 = ABl. 10, 12) ergibt. In der konstituierenden Sitzung des Betriebsrats am 11.05.2006 wurden der Betriebsrat F. als Vorsitzender und die Betriebsrätin E. als Stellvertreterin gewählt. In der Sitzung vom 17.05.2006 fand die Wahl der zwei freizustellenden Betriebsratsmitglieder statt. Hierzu reichten die Antragsteller Ziffer 1 und 2 und zwei weitere Betriebsratsmitglieder eine Liste 1 (Anl. 3 = ABl. 16) als Wahlvorschlag ein, auf welcher der Betriebsrat H. (Antragsteller Ziffer 3) und die Betriebsrätin D. (Antragstellerin Ziffer 2) benannt sind. Gleichzeitig beantragten sie, dass die Wahl nach § 38 Abs. 2 BetrVG geheim und nach den Grundsätzen der Verhältniswahl stattfinden solle. Die übrigen Betriebsratsmitglieder legten einen Gegenantrag vor, auf welchem der Betriebsratsvorsitzende und seine Stellvertreterin vorgeschlagen wurde. Der Vorschlag der Minderheit (Liste 1) erhielt vier Stimmen, derjenige der Mehrheit (Liste 2) deren sieben. Als freizustellende Betriebsratsmitglieder waren nach dem Höchstzahlverfahren (D' Hondt) der Betriebsratsvorsitzende F. (Liste 2) und der Betriebsrat H. (Liste 1) gewählt. Die Arbeitgeberin forderte von dem Betriebsrat eine Nachwahl, weil eine Beratung mit ihr vor der Wahl nicht stattgefunden habe. Vielmehr sei abgestimmt gewesen, dass der bisherige stellvertretende Betriebsratsvorsitzende H. seine Freistellung noch bis zum Jahresende 2006 fortführen werde, um sie dann an die neue stellvertretende Vorsitzende E. zu übergeben. Zu einer Wiederholungswahl kam es nicht. Am 31.05.2006 rief die Arbeitgeberin die Einigungsstelle an. Auf Betriebsratsseite nahmen an der Sitzung vom 13.06.2006 der Betriebsratsvorsitzende F. sowie der Betriebsrat K. teil, welcher am 17.05.2006 mit die Liste 1 vorgeschlagen und die Verhältniswahl beantragt hatte. Entsprechend dem Antrag der Arbeitgeberin beschloss die Einigungsstelle: Die zweite Freistellung wird ab sofort von Herrn H. auf die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Frau E. übertragen. Das Abstimmungsergebnis lautete im ersten Abstimmungsdurchgang: 3 Stimmen dafür, 1 dagegen, 1 Enthaltung (Protokoll der Einigungsstellensitzung = Anl. 5 = ABl. 19).
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Mit Schriftsatz vom 23.06.2006 leiteten vier Mitglieder des Betriebsrats (Antragsteller Ziffer 1-4) das vorliegende Beschlussverfahren ein. Die Antragsschrift wurde der Arbeitgeberin und dem Betriebsrat am 30.06.2006 zugestellt. Mit Schreiben vom 11.07.2006 erklärte die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende gegenüber dem Betriebsrat ihren Verzicht auf die Freistellung unter der Voraussetzung, dass eine entsprechende Betriebsvereinbarung mit dem Arbeitgeber unterzeichnet werde (ABl. 65). Am 12.07.2006 schlossen die Arbeitgeberin und der Betriebsrat eine "Betriebsvereinbarung über die Zahl der freigestellten Betriebsratsmitglieder" (Anl. AG 2 = ABl. 39, 40). Diese lautet auszugsweise:
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1. Verzicht auf eine Freistellung
Der Betriebsrat verzichtet darauf, mehr als eine/n freigestellte(n) Betriebsrat/in zu wählen. Der Arbeitgeber nimmt den Verzicht an. Die bereits erfolgte Wahl des Vorsitzenden als freigestelltes Betriebsratsmitglied bleibt unberührt.
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2. Ausnahmen
Der Arbeitgeber verpflichtet sich, die Stellvertretung des Betriebsratsvorsitzenden in folgenden Fällen von der Arbeit freizustellen:
Vertretung in Abwesenheit (Urlaub, Krankheit, Seminare, etc.)
Auf Anforderung des Vorsitzenden
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Die Antragsteller halten sich für berechtigt, den Spruch der Einigungsstelle anzufechten, weil nur so dem gesetzlich verankerten Minderheitenschutz des § 38 Abs. 2 Satz 6, Satz 1 BetrVG Rechnung getragen werden könne. Wie in einem Wahlanfechtungsverfahren würden die wahlberechtigten bzw. wählbaren Betriebsratsmitglieder den Minderheitenschutz und mithin eigene Rechte bzw. Anträge zum Schutz ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsposition geltend machen. Der Spruch der Einigungsstelle sei bereits deshalb unwirksam, weil jene unzuständig gewesen sei. Es hätten keine Gründe vorgelegen, die die Freistellung des Betriebsrats H. als sachlich nicht vertretbar i. S. d. Gesetzes erscheinen ließen. Betriebliche Notwendigkeiten ergäben sich nicht aus dem Schreiben der Arbeitgeberin vom 31.05.2006 an den Betriebsrat (Anl. 4 = ABl. 17, 18), das Grundlage der Einigungsstellensitzung vom 13.06.2006 gewesen sei: Der Mangel der vorherigen Anhörung der Arbeitgeberin führe ggf. zur Anfechtbarkeit der Freistellungswahl, lasse sie aber nicht als sachlich nicht vertretbar erscheinen. Der Wunsch der Arbeitgeberin nach Freistellung eines weiblichen Betriebsratsmitglieds stelle ebenfalls keine betriebliche Notwendigkeit dar. Dasselbe gelte für die - unbewiesene - Behauptung, die Freistellung eines anderen Betriebsratsmitglieds als des Vorsitzenden und seiner Stellvertreterin führe faktisch zu drei freigestellten Betriebsratsmitgliedern. Die durch nichts belegte höhere Kostenbelastung sei unbeachtlich. Im Übrigen habe die Einigungsstelle die nach § 38 Abs. 2 Satz 6 i. V. m. Satz 1 BetrVG zu beachtenden Minderheitenschutz bei ihrer Entscheidung missachtet; allenfalls hätte sie statt des Betriebsrats H. den weiteren Kandidaten der Minderheitenliste 1, die Betriebsrätin D. freistellen müssen, nicht aber die Betriebsrätin E. der Mehrheitsliste.
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Tatsächlich gehe es der Arbeitgeberin einzig und allein darum, den Block der gewerkschaftszugehörigen oder -nahen Betriebsratsmitglieder zurückzudrängen, weil die Arbeitgeberin nach dem Austritt aus dem Arbeitgeberverband in Streitigkeiten mit der Gewerkschaft verwickelt sei. Deshalb halten die Antragsteller auch die Betriebsvereinbarung vom 12.07.2006 für unwirksam. Es gehe nicht darum, die Zahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder zu verringern, sondern darum, über einen in Wirklichkeit gerade nicht gegebenen Verzicht die Freistellung "auf Anforderung des Vorsitzenden" auf seine Stellvertreterin zu verlagern.
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Die Antragsteller beantragen,
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festzustellen, dass der Spruch der von der Antragsgegnerin und dem Beteiligten eingesetzten Einigungsstelle vom 13.06.2006 unwirksam ist.
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Sie beantragen hilfsweise,
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festzustellen, dass die zwischen der Antragsgegnerin und dem Beteiligten abgeschlossene Betriebsvereinbarung "über die Zahl der freigestellten Betriebsratsmitglieder" vom 12.07.2006 unwirksam ist.
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Die Arbeitgeberin und der Betriebsrat beantragen,
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den Hauptantrag zurückzuweisen.
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Der Betriebsrat beantragt dies auch in Bezug auf den Hilfsantrag.
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Der Betriebsrat trägt vor, auf die Überprüfung der Entscheidung der Einigungsstelle habe er per Beschluss vom 21.06.2006 verzichtet. Am 12.07.2006 habe er beschlossen, bis zu den Neuwahlen im Jahre 2010 auf eine zweite Freistellung zu verzichten. Die Betriebsratswahl sei nach den Bestimmungen des Mehrheitswahlsystems durchgeführt worden, was auch für die Wahl der Freistellung beabsichtigt gewesen sei. Überraschend hätten sich die vier Antragsteller in der Sitzung vom 17.05.2006 zur schutzbedürftigen Minderheit erklärt. Die Arbeitgeberin sei mit der Wahl nicht einverstanden gewesen. Eine Neuwahl der Freigestellten sei am Widerspruch eines Betriebsratsmitglieds gescheitert. Die stellvertretende Vorsitzende werde nur bei Abwesenheit des Vorsitzenden freigestellt oder stundenweise auf Anforderung des Vorsitzenden.
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Die Arbeitgeberin rügt die fehlende Aktivlegitimation der Antragsteller. Sie meint, diese könnten den Beschluss der Einigungsstelle gegen die Entscheidung der Betriebsratsmehrheit vom 21.06.2006 nicht zur Überprüfung stellen. Es fehle ihnen an einer subjektiven Rechtsposition bzw. an einer eigenen Beschwer. Aus einer etwaigen Berechtigung zur Anfechtung der Freistellungswahl des Betriebsrats folge keine Anfechtungsbefugnis im Hinblick auf den Beschluss der Einigungsstelle. Im Übrigen seien für die Zuständigkeit der Einigungsstelle Zweifel des Arbeitgebers an der Freistellungsentscheidung ausreichend. Inhaltlich sei die Entscheidung der Einigungsstelle nicht zu beanstanden, weil der Minderheitenschutz keine Priorität genieße. Schon das Abstimmungsergebnis von 3 : 1 belege, dass die Entscheidung den betrieblichen Erfordernissen entspreche. Tatsächlich gehe es einem Block von Betriebsratsmitgliedern darum, Gewerkschaftsinteressen gerade in der angespannten Situation des Unternehmens durchzudrücken und auf dem Rücken des Unternehmens und der Belegschaft rein gesellschaftspolitisch motivierte Themen auszutragen. Durch den Abschluss der Betriebsvereinbarung vom 12.07.2006 habe sich der Antrag erledigt. Für die Freistellung eines weiteren Betriebsratsmitglieds sei kein Raum mehr. Im Hinblick auf den zu erwartenden Arbeitsplatzabbau habe der Betriebsrat durch die Betriebsvereinbarung einen Sparbeitrag erbracht. Die Ausnahmenregelung solle lediglich sicherstellen, dass es nicht zu einem Verzicht auf die notwendige Zusammenarbeit des Betriebsratsvorsitzenden mit seiner Stellvertreterin kommen werde. Ein Rechtsmissbrauch gehe mit der Betriebsvereinbarung nicht einher. Zum Hilfsantrag versagt die Arbeitgeberin die Zustimmung i. S. v. § 81 III ArbGG und beantragt ein Schriftsatzrecht.
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Der Einzelheiten wegen wird auf die bezeichneten Anlagen und die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.
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Der Antrag ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Der Spruch der Einigungsstelle vom 13.06.2006 ist unwirksam und verletzt die Antragsteller in ihren Rechten.
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1. a) Streitigkeiten aufgrund von § 38 Abs. 1, Abs. 2 BetrVG, etwa über den Umfang der Freistellungen bzw. über die Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder entscheiden die Arbeitsgerichte im Beschlussverfahren (§§ 2 a, 80 ff ArbGG). Dasselbe gilt für die Überprüfung des Spruchs der Einigungsstelle unabhängig davon, ob der Gegenstand des Spruchs eine Rechtsfrage ist oder ob es sich hierbei um eine nach § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG nur befristet und inhaltlich eingeschränkt überprüfbare Regelungsfrage handelt (Fitting u. a. BetrVG, 23. Aufl. § 38 RZ 104; § 76 RZ 97 ff).
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b) Die Antragsteller sind auch im Rahmen des gestellten Antrags antragsbefugt.
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aa) Unabhängig von einer persönlichen Betroffenheit ist ein einzelnes Betriebsratsmitglied berechtigt, die Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder nach § 38 Abs. 2 BetrVG anzufechten. Die Anfechtung kann darauf gestützt werden, dass wesentliche Wahlvorschriften, insbesondere der Grundsatz der Verhältniswahl verletzt sind (Fitting § 38 RZ 105, 106; § 27 RZ 96, 97, 99, 101 m. zahlr. Nachw. z. Rspr. des BAG).
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bb) Allerdings unterliegt die Überprüfung des Spruchs der Einigungsstelle regelmäßig nur der Antragsbefugnis des Arbeitgebers und des Betriebsrats, nicht aber des/der einzelnen durch den Spruch betroffenen Arbeitnehmer (Fitting § 76 RZ 98). Diese können aber beteiligungsbefugt sein, wenn sie durch die gerichtliche Entscheidung über die Wirksamkeit des Spruches unmittelbar betroffen werden (Fitting § 76 RZ 100 unter Hinweis auf § 38 Abs. 2 Satz 5 BetrVG). § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG besagt, dass die Überschreitung der Grenzen des Ermessens (durch die Einigungsstelle) durch den Arbeitgeber oder den Betriebsrat nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zuleitung des Beschlusses an gerechnet, beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden kann.
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cc) Vorliegend geht es aber nicht (nur) um eine Ermessensentscheidung der Einigungsstelle, die den Bedenken des Arbeitgebers an einer Freistellungswahl unter Berücksichtigung des Minderheitenschutzes Rechnung zu tragen hat (§ 38 Abs. 2 Satz 6 i. V. m. Satz 1 BetrVG). Hat der Spruch der Einigungsstelle eine Rechtsfrage, z. B. die Auslegung eines unbestimmten Rechtsbegriffs zum Gegenstand, unterliegt er zeitlich unbefristet und in vollem Umfang der gerichtlichen Rechtskontrolle (BAG v. 11.07.2000, AP Nr. 2 zu § 109 BetrVG 1972). Denn die zweiwöchige Ausschlussfrist des § 76 Abs. 5 Satz 2 BetrVG gilt nur für die Überprüfung von Ermessensentscheidungen der Einigungsstelle, nicht bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe (h. M.). Außerdem wird die Entscheidung von Rechtsfragen den Gerichten nicht entzogen (vgl. § 76 Abs. 6 BetrVG). Der Spruch der Einigungsstelle kann nach § 76 Abs. 7 BetrVG vom Arbeitsgericht daraufhin überprüft werden, ob er sachlich nicht vertretbar ist; denn der Begriff "sachlich nicht vertretbar" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff - wenn auch mit weitem Beurteilungsspielraum. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich allerdings auf die Nachprüfung, ob bei der Auslegung die Grenzen des Beurteilungsspielraums eingehalten sind (Fitting § 39 RZ 107, 60, 66; § 76 RZ 102, 96 ff).
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dd) Während die Betroffenheit des einzelnen Arbeitnehmers zur Anfechtung eines Spruchs der Einigungsstelle nicht ausreicht, das einzelne Betriebsratsmitglied aber bereits zur Anfechtung der Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder (§ 38 BetrVG) oder der Ausschussmitglieder (§ 27 BetrVG) befugt ist, so darf die Überprüfbarkeit des Einigungsstellenspruchs nicht grundsätzlich für einzelne Betriebsratsmitglieder, die eine Minderheit im Gremium bilden, ausgeschlossen sein. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es darum geht, ob die Einigungsstelle Rechtsfragen zutreffend beantwortet hat und sich die Minderheit - wie vorliegend - im Ergebnis darauf beruft, das Mehrheitsstimmrecht in der Einigungsstelle nach § 76 Abs. 3 Satz 2 BetrVG führe dazu, dass der Minderheitenschutz der Verhältniswahl nach § 38 Abs. 2 Satz 1 BetrVG ausgehebelt werde. Denn die Einigungsstelle wird zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat gebildet, § 76 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Die Meinungsverschiedenheit besteht vorliegend aber nicht zwischen Betriebsrat und Arbeitgeberin, sondern zwischen der Minderheit auf der einen Seite und Betriebsrat und Arbeitgeberin auf der anderen Seite. Zur Anfechtung des Wahlergebnisses vom 17.05.2006 bestand für die Antragsteller keine Veranlassung. Erst der Spruch der Einigungsstelle berücksichtigt aus ihrer Sicht sachfremde Erwägungen der Arbeitgeberin und lässt den Minderheitenschutz unberücksichtigt. Es kann dem Gesetzgeber schlechterdings nicht unterstellt werden, dass er den Minderheitenschutz auf der einen Seite durch Einführung der Verhältniswahl verstärken, auf der anderen Seite jedoch eine Regelung zulassen wollte, die bei gleichbleibenden Mehrheitsverhältnissen den neu geschaffenen Minderheitenschutz konterkariert (Fitting § 38 RZ 51 für den Fall der gesonderten Wahl der Ersatzmitglieder durch Mehrheitswahl nach vorangegangener Wahl der Freizustellenden in Verhältniswahl).
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ee) Die Antragsbefugnis der Antragsteller Ziffer 1 und 2 ergibt sich mithin daraus, dass das Verfahren nach § 38 Abs. 2 BetrVG rechtsstaatlichen und demokratischen Grundsätzen entsprechen muss. Sie haben den Wahlvorschlag Liste 1 eingeführt und die Verhältniswahl beantragt. Der Antragsteller Ziffer 3 hat mit seiner Wahl einen hieraus abgeleiteten Individualanspruch auf Freistellung erworben (Fitting § 38 RZ 7). Die Antragsbefugnis des Antragstellers Ziffer 4 ergibt sich aus seiner Eigenschaft als Wahlbeteiligter. Nach § 38 Abs. 2 Satz 1 BetrVG findet eine geheime Wahl statt. Das Bestreiten der Arbeitgeberin, jener sei Mitglied der (Wähler-)Minderheit, ist deshalb unbeachtlich.
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2. Gründe, die die Freistellung des gewählten Betriebsrats H. als sachlich nicht vertretbar erscheinen lassen, sind nicht gegeben.
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a) Die "sachliche Nichtvertretbarkeit" der Freistellungsentscheidung des Betriebsrats kann sich zum einen auf die Auswahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder beziehen und zum anderen auf die - hier nicht interessierende - Art der Vornahme von Teilfreistellungen. Der Betriebsrat bestimmt zwar durch autonome Wahl, welche seiner Mitglieder freigestellt werden sollen. Bei dieser Entscheidung ist jedoch gem. § 2 Abs. 1 BetrVG auf die betrieblichen Belange Rücksicht zu nehmen. Stehen zwingende betriebliche Notwendigkeiten der Freistellung eines oder mehrerer Betriebsratsmitglieder entgegen, so ist von deren Freistellung abzusehen, wenn andere für eine Freistellung geeignete Betriebsratsmitglieder vorhanden sind. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn eine für den ordnungsgemäßen Betriebsablauf notwendige, besonders qualifizierte Fachkraft freigestellt werden soll, für die ein Ersatz nicht gefunden werden kann, oder wenn mehrere Betriebsmitglieder aus einer Arbeitsgruppe freigestellt werden sollen und die Arbeitsgruppe dadurch, da keine Ersatzleute vorhanden und zu beschaffen sind, nicht mehr arbeitsfähig ist. Nur wirklich zwingende Gründe können die Aufhebung der Wahlentscheidung des Betriebsrats durch die Einigungsstelle rechtfertigen, nicht jede Erschwerung des Betriebsablaufs oder bloße Unannehmlichkeiten für den Arbeitgeber. Diese Einschränkung der Entscheidungskompetenz der Einigungsstelle auf wirklich zwingende Gründe wird auch darin deutlich, dass das Änderungsgesetz 1989 in Abs. 2 Satz 4 die Worte "sachlich nicht begründet" durch die Worte "sachlich nicht vertretbar" ersetzt hat. Mit diesen, jedenfalls in der Tendenz engeren Worten wird die eigentliche Interpretation des Gesetzes zutreffender eingefangen. Bei ihrer Entscheidung hat die Einigungsstelle zum einen die allgemeinen Entscheidungskriterien des § 76 Abs. 5 Satz 3 BetrVG (angemessene Berücksichtigung der Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer bzw. des Betriebsrats) zu berücksichtigen. Zum anderen hat sie jedoch auch dem in der Verhältniswahl liegenden Minderheitenschutz nach § 38 Abs. 2 Satz 1 BetrVG Rechnung zu tragen. Die Einigungsstelle hat deshalb in erster Linie zu prüfen, ob nicht ein Betriebsratsmitglied aus derselben Liste freizustellen ist, der das zu ersetzende Betriebsratsmitglied angehört. Sind die Freizustellenden in Verhältniswahl gewählt worden, so sind Ersatzmitglieder in entsprechender Anwendung des § 25 Abs. 2 Satz 1 der Reihe nach die nicht gewählten Bewerber derjenigen Vorschlagslisten, denen das verhinderte oder aus der Freistellungsfunktion ausgeschiedene Mitglied angehört (Fitting § 38 RZ 60 ff, 66, 50).
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b) Daran sind die arbeitgeberseitig dem Betriebsrat, der Einigungsstelle und dem Gericht gegenüber vorgebrachten Gründe zu messen.
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aa) Die Arbeitgeberin hat ihre Bedenken an der Freistellung des Betriebsrats H. entsprechend dem Schreiben vom 31.05.2006 (Anl. 4 = ABl. 17, 18) begründet. Darin wird gerügt, dass die Arbeitgeberin nicht vor dem gesamten Betriebsratsgremium vor der Wahl der freigestellten Betriebsräte angehört worden ist. Nach § 38 Abs. 2 Satz 1 BetrVG findet die Wahl "nach Beratung mit dem Arbeitgeber" statt. Die Beratung dient dem Zweck, dem Arbeitgeber vor der Wahl Gelegenheit zu geben, etwaige aus betrieblichen Gründen bestehende Bedenken gegen die Freistellung bestimmter Betriebsratsmitglieder erheben zu können. Damit kann in der fehlenden Beratung selbst ein zwingender betrieblicher Grund nicht gesehen werden. Letztlich sind die Betriebsratsmitglieder sowohl hinsichtlich ihres Wahlvorschlagsrechts als auch ihrer Wahlentscheidung frei (Fitting § 38 RZ 45, 46).
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bb) Zum anderen macht die Arbeitgeberin geltend, dass im Unternehmen zu 55 % weibliche Mitarbeiter beschäftigt seien. Sie möchte, dass die Mehrheit ihrer Belegschaft sich jederzeit unproblematisch mit ihren Anregungen und Sorgen an eine weibliche Betriebsrätin wenden kann. Eine Freistellung sichere diesen leichten Zugang.
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Auch dieser Einwand lässt die Wahl des Betriebsrats H. nicht als sachlich nicht vertretbar erscheinen. Eine Berücksichtigung der im Betriebsrat vertretenen Geschlechter ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Derartige Gesichtspunkte zu berücksichtigen, bleibt denjenigen vorbehalten, die Wahlvorschläge unterbreiten. Maßgebend ist die Reihenfolge, in der die Bewerber auf den Listen stehen. Die Geschlechterzugehörigkeit ist unbeachtlich, da diese bei der Freistellung keine Rolle spielt (Fitting § 38 RZ 36, 43). Nur am Rande ist zu erwähnen, dass in der vorangegangenen Wahlperiode die Herren F. und H. als Betriebsratsvorsitzender und Stellvertreter in Freistellung die Belegschaft repräsentierten.
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cc) Schließlich wendet die Arbeitgeberin ein, die Freistellung anderer Betriebsratsmitglieder als der/des Betriebsratsvorsitzenden und seines/ihrer Stellvertreters/in führe aufgrund der in der Praxis zu erwartenden Vertretungsfälle dazu, dass ihr Unternehmen faktisch drei freigestellte Betriebsräte/innen hat.
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Auch dieser Einwand lässt die Wahl des Betriebsrats H. nicht als sachlich nicht vertretbar erscheinen. Das Gesetz enthält keinerlei Vorgaben hinsichtlich der Person der freizustellenden Betriebsräte. Insbesondere hat der Gesetzgeber davon abgesehen, den Betriebsratsvorsitzenden und seinen Stellvertreter sozusagen kraft Amtes von der Arbeitspflicht freizustellen und nur etwaige weitere Freistellungen zur Wahl zu stellen. Freigestellt werden können grundsätzlich alle Betriebsratsmitglieder, die damit einverstanden sind. Dass damit im konkreten Fall eine sachlich nicht vertretbare Kostenlast einhergehe, ist nicht dargetan. Es ist auch nicht ersichtlich, dass mit der Position der stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden zwingend eine weitere Freistellung einhergeht. Eine Konstellation wie die vorliegende hat der Gesetzgeber in seinen Willen aufgenommen, sonst hätte er die Freistellung an die Person des Vorsitzenden und seines Stellvertreters geknüpft. Der Umfang der Freistellung ist durch die gesetzliche Freistellungsstaffel, durch eine anderweitige tarifliche oder betriebliche Vereinbarung (§ 38 Abs. 1 Satz 5 BetrVG) verbindlich festgelegt. Darauf kann sich die "sachliche Nichtvertretbarkeit" der Freistellungsentscheidung nicht beziehen (Fitting § 38 RZ 60).
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Bei der von der Arbeitgeberin befürchteten zusätzlichen Kostenbelastung handelt es sich um eine bloße Unannehmlichkeit, die nicht maßgeblich ist.
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c) Damit hat die Einigungsstelle den Begriff der sachlichen Nichtvertretbarkeit aus Sicht des Arbeitgebers, nämlich zwingende betriebliche Notwendigkeiten, die der Freistellung eines Betriebsratsmitglieds entgegenstehen, auch unter Wahrung des Beurteilungsspielraums verkannt. Die geltend gemachten Gründe haben keinen Bezug zur betrieblichen Notwendigkeit. Stattdessen hat die Einigungsstelle ihr Ermessen bei der Übertragung der Freistellung auf die Betriebsrätin E. in unzulässigerweise überschritten. Zu Recht verweisen die Antragsteller darauf, dass, wenn überhaupt, die Kandidatin Nummer 2 der Liste 1, die Betriebsrätin D., freizustellen gewesen wäre. Denn die Beachtung des in der Verhältniswahl liegenden Minderheitenschutzes verlangt die Prüfung, ob nicht ein Betriebsratsmitglied aus derselben Liste freizustellen ist, der das zu ersetzende Betriebsratsmitglied angehört. Damit wäre der - vermeintlichen - betrieblichen Notwendigkeit Rechnung getragen, dass sich die Mehrheit der Belegschaft jederzeit unproblematisch mit ihren Anregungen und Sorgen an eine weibliche Betriebsrätin wenden kann. Stattdessen hat die Einigungsstelle die Freistellung auf die zweite Kandidatin der Mehrheitsliste übertragen. Diese Entscheidung berücksichtigt in gar keiner Weise den gesetzlich vorgesehenen Minderheitenschutz. Sie stützt sich allein - wie dargelegt - auf sachfremde Erwägungen und hat die abzuwägenden Interessen nicht erfasst (Fitting § 76 RZ 102, 106).
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Auch bei Anwendung eines eingeschränkten Prüfungsmaßstabes stellt sich mithin die Entscheidung der Einigungsstelle als unwirksam dar.
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3. Der Hauptantrag vom 23.06.2006 ist auch nicht deshalb erledigt, weil die Entscheidung der Einigungsstelle bereits aus anderen Gründen Wirksamkeit nicht mehr entfaltet. Insbesondere liegt in der Betriebsvereinbarung vom 12.07.2006 i. V. m. der Verzichtserklärung vom 11.07.2006 der Betriebsrätin E. kein erledigendes Ereignis, wie dies die Arbeitgeberin meint.
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a) Gem. § 38 Abs. 1 Satz 5 BetrVG können anderweitige Regelungen über die Freistellung vereinbart werden. Damit sind von § 38 Abs. 1 Satz 1 bis Satz 4 BetrVG abweichende Regelungen gemeint. Diese erlaubt auch eine Verringerung der Zahl der Freistellungen. Die anderweitige Regelungsbefugnis durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung bezieht sich - wie sich aus ihrer Stellung in Abs. 1 ergibt - nur auf die in den vorherigen Sätzen des Abs. 1 angesprochenen Angelegenheiten, nicht jedoch auf eine abweichende Regelung des Freistellungsverfahrens nach Abs. 2 und des dort geregelten Minderheitenschutzes. Die Regelungen über das Freistellungsverfahren des Abs. 2 sind zwingendes Recht und können weder durch Tarifvertrag noch durch Betriebsvereinbarung abgeändert werden (Fitting § 38 RZ 5, 29).
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b) Allerdings ist nach der Rechtsprechung des BAG (vom 11.06.1997 - 7 ABR 5/96 = NZA 1997, 1301, 1302) die Öffnungsklausel des § 38 Abs. 1 Satz 5 BetrVG nicht dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass sichergestellt ist, dass auch die Vertreter einer Minderheitsliste bei der Freistellungswahl zum Zuge kommen müssen. Gleichwohl kommt eine Unwirksamkeit des Betriebsratsbeschlusses wegen Rechtsmissbrauchs - was zu Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung führt - in Betracht. Das ist dann der Fall, wenn die Betriebsratsmehrheit die Vertreter der Minderheitsliste bewusst ausschalten will (BAG a. a. O.).
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c) Davon ist vorliegend mit den Antragstellern auszugehen.
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aa) Nach dem Vortrag des Betriebsrats im Schriftsatz vom 24.08.2006 (ABl. 29, 30) herrschte in der konstituierenden Sitzung am 12.05.2006 Einigkeit, dass auch die Wahl zur zweiten Freistellung als Mehrheitswahl durchgeführt werden sollte. Einigkeit habe darin bestanden, den Betriebsrat H. bis zum Jahresende 2006 in der Freistellung zu belassen und zum 01.01.2007 sollte dann die Freistellung auf die stellvertretende Vorsitzende E. übergehen, damit sei auch der Arbeitgeber einverstanden gewesen. Entgegen diesem abgesprochenen Wahlergebnis hätten sich dann in der Betriebsratssitzung am 17.05.2006 zur Überraschung der Betriebsratsmehrheit die vier Antragsteller zur schutzbedürftigen Minderheit erklärt und eine Listenwahl für die Freistellungen verlangt. Mit dem Wahlergebnis sei der Arbeitgeber nicht einverstanden gewesen und habe den Betriebsrat aufgefordert, die Wahl der Freistellungen nochmals durchzuführen.
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Dazu kam es nicht. Stattdessen rief die Arbeitgeberin die Einigungsstelle an und schlug die Besetzung mit jeweils einem Beisitzer vor. Am 13.06.2006 trat die Einigungsstelle zusammen und übertrug die Freistellung auf die Kandidatin 2 der Mehrheitsliste, die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende. Am 23.06.2006 wurde die Antragsschrift zum vorliegenden Verfahren bei Gericht eingereicht und am 30.06.2006 der Arbeitgeberin sowie dem Betriebsrat zugeleitet. Sodann schlossen die Arbeitgeberin und der Betriebsrat die Betriebsvereinbarung zur Verringerung der Zahl der Freistellungen am 12.07.2006.
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bb) Schon der Verfahrensablauf indiziert, dass die Betriebsvereinbarung vom 12.07.2006 darauf angelegt ist, die überraschende Freistellung eines Vertreters der Minderheitsgruppe zu verhindern. Dem entspricht es, dass die Einwände der Arbeitgeberin vom 31.05.2006 sich nicht auf betriebliche Notwendigkeiten beziehen, die der Freistellung des Betriebsrats H. entgegenstehen. Sie beschränken sich darauf, dass es aus Sicht der Arbeitgeberin nur eine "richtige" Wahl geben kann: die der stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden. Damit korrespondieren auch die Ausführungen unter III des Schriftsatzes vom 25.08.2006 (ABl. 37, 38): Es gehe dem gewerkschaftszugehörigen/-nahen Block der Betriebsratsmitglieder einzig darum, Interessen der Gewerkschaft im Betrieb der Arbeitgeberin durchzudrücken. Auf dem Rücken des Unternehmens und der Belegschaft würden in angespannter Situation gesellschaftspolitisch motivierte Themen ausgetragen werden.
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Damit werden die Grundsätze für die Zusammenarbeit (§ 74 BetrVG) nur unzureichend erfasst. Nach § 74 Abs. 3 BetrVG werden Arbeitnehmer, die im Rahmen dieses Gesetzes Aufgaben übernehmen, hierdurch in der Betätigung für ihre Gewerkschaft auch im Betrieb nicht beschränkt. Die Behandlung von Angelegenheiten tarifpolitischer, sozialpolitischer, umweltpolitischer und wirtschaftlicher Art, die den Betrieb oder seine Arbeitnehmer unmittelbar betreffen, wird durch die Pflicht, jede parteipolitische Betätigung im Betrieb zu unterlassen, nicht berührt, § 74 Abs. 2 BetrVG.
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cc) Schließlich beinhaltet die Betriebsvereinbarung über die Zahl der freigestellten Betriebsratsmitglieder auch keinen Verzicht auf eine Freistellung i. S. d. § 38 Abs. 1 Satz 5 BetrVG. Sie regelt und korrigiert vielmehr die Freistellungswahl nach § 38 Abs. 2 BetrVG. Nach Ziffer 1 der Betriebsvereinbarung bleibt die bereits erfolgte Wahl des Vorsitzenden als freigestelltes Betriebsratsmitglied unberührt. Bereits dadurch tritt eine nachträgliche Konkretisierung der Wahl in personeller Hinsicht ein. Ziffer 2 der Betriebsvereinbarung regelt darüber hinaus Ausnahmen (vom Verzicht auf eine Freistellung). Danach wird die Stellvertretung des Betriebsratsvorsitzenden in folgenden Fällen von der Arbeit freigestellt:
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- Vertretung in Abwesenheit (Urlaub, Krankheit, Seminare, etc.)
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- Auf Anforderung des Vorsitzenden.
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Die Ausnahmen vom Verzicht auf eine Freistellung führen mithin zum einen zur Freistellung der stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden. Zum anderen gehen sie schon nach dem objektiven Wortlaut über die "allgemein gegebene Arbeitsbefreiung für Betriebsratsarbeit" hinaus. Die Begriffe "Freistellung" (§ 38 BetrVG) und "Befreiung von der beruflichen Tätigkeit" (§ 37 Abs. 2 BetrVG) sind zu unterscheiden. Während unter Letzterem die Entbindung von der Arbeitspflicht zu verstehen ist, die aus einem konkreten Anlass zur Durchführung von Aufgaben des Betriebsrats erforderlich ist, versteht man unter "Freistellung" die allgemeine Entbindung der Betriebsratsmitglieder von ihrer Verpflichtung zur Arbeitsleistung zum Zweck der Erfüllung von Betriebsratsaufgaben, ohne dass es jeweils eines konkreten Nachweises bedarf, dass die Arbeitsversäumnis wegen der Durchführung der dem Betriebsrat obliegenden Aufgaben erforderlich ist (Fitting § 38 RZ 7). Die Freistellung auf Anforderung eines anderen freigestellten Betriebsratsmitglieds bzw. des Vorsitzenden geht über § 37 Abs. 2 BetrVG hinaus. Sie geht auch über die Vertretung des Vorsitzenden in Abwesenheit hinaus.
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dd) Im Ergebnis dient deshalb die Betriebsvereinbarung unter Berücksichtigung aller Umstände dem Zweck, eine (Teil-)Freistellung der nicht gewählten stellvertretenden Vorsitzenden zu ermöglichen und gleichzeitig die Freistellung des gewählten Minderheitsvertreters zu verhindern. Die Betriebsvereinbarung ist objektiv darauf angelegt, das Wahlergebnis vom 17.05.2006 i. S. der Mehrheit des Betriebsrats und der Arbeitgeberin zu verändern und die Minderheit auszuschalten. Die Verzichtserklärung vom 11.07.2006 geht über die entsprechende Betriebsvereinbarung nicht hinaus.
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4. Der Hilfsantrag vom 15.11.2006 fällt nicht zur Entscheidung an. Auf Einwände nach § 81 III ArbGG kommt es nicht an.
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5. Diese Entscheidung ergeht frei von Kosten, § 2 II GKG.
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