Arbeitsgericht Siegburg Urteil, 26. Feb. 2015 - 1 Ca 2445/14
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
3. Der Streitwert wird auf Euro festgesetzt.
1
Tatbestand
2Die Klägerin ist eine im Dezember 2012 gegründete gemeinsame Einrichtungdes Bundesverbandes des Schornsteinfegerhandwerkes - Zentralinnungsver-band (ZIV) und des Zentralverbandes Deutscher Schornsteinfeger e.v. (ZV) -gewerkschaftlicher Fachverband als Tarifvertragsparteien. Nach § 2 des vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales am 26.03.2013 mit Wirkung vom01.11.2012 für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages über die Förderungder beruflichen Ausbildung im Schornsteinfegerhandwerk vom 24.09.2012(TVAS) wurde die Klägerin zur Förderung der Bereitstellung einer ausreichen-den Anzahl von Ausbildungsplätzen und zur Sicherung der Durchführung einerqualifizierten Berufsausbildung im Schornsteinfegerhandwerk gegründet und istermächtigt, von den Betrieben im eigenen Namen Beiträge einzuziehen undentsprechend dem Gesellschaftszweck einen Zuschuss zu den Ausbildungs-kosten an die auszubildenden Betriebe auszuzahlen.
3Der Beklagte war Bezirksschornsteinfeger, befindet sich im Ruhestand undführt seitdem Schornsteinfegerarbeiten aus, ohne einen Kehrbezirk zu haben.Er beschäftigt weder Mitarbeiter noch Auszubildende.
4Mit der Klage begehrt die Klägerin unter Berufung auf die Allgemeinverbindlich-keit des TVAS die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung des Mindestbeitra-ges für die Jahre 2013 und 2014 und Erfüllung von Auskunftspflichten.
5Die Klägerin beantragt,
6den Beklagten zu verurteilen,
71. an sie
8....... Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über demBasiszinssatz ab dem 21.01.2013,
9...... Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über demBasiszinssatz ab dem 21.04.2013,
10..... Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über demBasiszinssatz ab dem 21.07.2013,
11....... Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über demBasiszinssatz ab dem 21.10.2013,
12........ Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über demBasiszinssatz ab dem 21.01.2014,
13........ Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über demBasiszinssatz ab dem 21.04.2014,
14........ Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über demBasiszinssatz ab dem 21.07.2014;
15. . .. ..... Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten überdem Basiszinssatz ab dem 21.10.2014;
162. bezogen auf die Jahre 2012 und 2013 folgende Angaben - nach Jahren getrennt - zu machen:
17Name, Rechtsform und gesetzliche Vertreter des Unternehmens,Anschrift am Hauptbetrieb/Sitz, ggfs. davon abweichende inländischeZustellungsadresse,
18Telefonnummer, Telefaxnummer, E-Mailadresse,
19Inländische oder, soweit nicht vorhanden, ausländische Bankverbin-dung,
20die gezahlte Bruttolohnsumme der Geschäftsjahre 2012 und 2013.
21Der Beklagte beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Der Beklagte macht geltend, er führe, seit er im Ruhestand ist, nur im Neben-erwerb und ausschließlich selbst Mess- und Kehrarbeiten durch. Er sei außer-dem nicht befugt, Auszubildende auszubilden.
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den In-halt der Akte Bezug genommen.
25Entscheidungsgründe
26Die Klage ist zulässig.
27Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist gemäß § 2 Abs.1 Nr.6ArbGG gegeben, da Gegenstand des Rechtsstreits die Klage einer gemeinsa-men Einrichtung von Tarifvertragsparteien gegen einen Arbeitgeber ist. Dabeikommt es nach den hier anzuwendenden Grundsätzen des sic-non-Falles imRahmen der Prüfung der Prozessvoraussetzungen weder darauf an, ob derTVAS bzw. die Allgemeinverbindlicherklärung den Beklagten, der keine Arbeit-nehmer beschäftigt und damit kein Arbeitgeber ist, überhaupt erfasst, noch da-rauf, ob die Allgemeinverbindlicherklärung wirksam ist. Denn vorliegend kanndie Klage nur auf eine arbeitsrechtliche Anspruchsgrundlage, nämlich § 7TVAS, gestützt werden:
28Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (grundlegend BAG NJW1996, 2948) ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen immer danngegeben, wenn die Klage mit Erfolg nur auf eine arbeitsrechtliche Grundlagegestützt werden kann. Hauptanwendungsfälle sind die Statusklage und dieKündigungsschutzklage, wenn nur arbeitsrechtliche Unwirksamkeitsgründe gel-tend gemacht werden. In diesen Fällen ist kein schlüssiger Tatsachenvortragdes Klägers im Hinblick auf seine Arbeitnehmereigenschaft erforderlich. Viel-mehr reicht seine bloße Rechtsansicht aus, er sei Arbeitnehmer: Würde in die-sen Fällen der Rechtsstreit verwiesen, so müsste das Gericht, wenn es der Be-gründung folgt, die zur Verweisung geführt hat, die Klage als unbegründet ab-weisen. Weder die gesetzliche Zuständigkeitsverteilung noch der Gedanke derRespektierung der Nachbargerichtsbarkeit verlangt in diesen Fällen eine Ver-weisung in einen anderen Rechtsweg (BAG a.a.O.). Verfassungsrechtliche Be-denken gegen diese Rechtsprechung gibt es nicht (BVerfG NZA 1999, 1234).
29Das Arbeitsgericht Siegburg ist auch örtlich zuständig. § 8 TVAS bestimmt inzulässiger Weise (§ 48 Abs.2 Nr.2 ArbGG) für Ansprüche gegen den Betriebund für Ansprüche der Betriebe Siegburg als Gerichtsstand. Nach den auch indiesem Zusammenhang anzuwendenden Grundsätzen des sic-non-Falleskommt es nicht darauf an, ob der TVAS bzw. die Allgemeinverbindlicherklärungden Betrieb des Beklagten erfasst. Dieser Frage kommt Doppelrelevanz sowohlfür die örtliche Zuständigkeit als auch für die Begründetheit der Klage zu. Wür-de der Rechtsstreit an ein anderes Arbeitsgericht verwiesen, weil die Kammerdie Frage verneint, ob der Betrieb des Beklagten vom TVAS bzw. derAllgemeinverbindlicherklärung erfasst wird, wäre das Arbeitsgericht, an dasverwiesen wird, nicht gehindert, diese streitentscheidende Frage anders zubeurteilen als die erkennende Kammer. Es müsste in diesem Fall eine Sach-entscheidung treffen, für die nach § 48 Abs.2 Nr.2 ArbGG in Verbindung mit § 8TVAS das Arbeitsgericht Siegburg örtlich zuständig ist. Das wäre systemwidrig.Würde das Gericht, an das verwiesen würde, die Frage ebenso beurteilen wiedas verweisende Gericht, müsste es die Klage als unbegründet abweisen.
30Die Klage ist unbegründet.
31Der Beklagte ist nicht nach § 7 Abs.2 TVAS verpflichtet, an die Klägerin einenMindestbeitrag von 800,00 Euro für die Jahre 2013 und 2014 zu zahlen.
32§ 7 Abs.2 TVAS lautet:
33"Ab dem 01.01.2013 hat jeder Betrieb kalenderjährlich einen Beitrag von 4,4 der Summe derBruttolöhne aller in seinem Betrieb beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer, die nachSchornsteinfegerhandwerksgesetz mit der Ausübung von Schornsteinfegertätigkeiten betrautsind, als Beitrag an die Ausbildungskostenausgleichskasse abzuführen. Unabhängig hiervonbeträgt der Mindestbeitrag 800,00 EUR pro Kalenderjahr."
34Es kann dahin stehen, ob die genannte Tarifnorm in dem von der Klägerin ver-tretenen Sinn auszulegen ist, dass sie auch Betriebe zur Zahlung des Mindest-beitrages verpflichtet, die keine Arbeitnehmer und/oder Auszubildende beschäf-tigen. Nach dem Wortlaut von § 7 Abs.2 S.2 TVAS, wonach der Mindestbeitrag"unabhängig" von S.1 der Tarifbestimmung 800,00 Euro pro Kalenderjahr beträgt, ist die von der Klägerin vertretene Auslegung nicht ausgeschlossen. Esmag sein, dass die Tarifvertragsparteien die Vorstellung hatten, auch selbstän-dige Schornsteinfeger, die keine Mitarbeiter und/oder Auszubildende haben, zurZahlung des Mindestbeitrages verpflichten zu können. Die den Tarifvertragspar-teien in § 1 Abs.1 TVG gegebene Tarifmacht reicht allerdings nicht so weit.
35Gemäß § 1 Abs.1 TVG regeln Tarifverträge die Rechte und Pflichten der Tarif-vertragsparteien und enthalten Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschlussund die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebs-verfassungsrechtliche Fragen ordnen können. Diese Gesetzesbestimmung re-gelt zwar unmittelbar nur den sachlichen Umfang der Tarifmacht, aus ihr ergibtsich aber mittelbar die Reichweite der Tarifmacht in persönlicher Hinsicht(Löwisch/Rieble, Tarifvertragsgesetz, § 1 Rn 136). Die Tarifmacht ist auf dieBeteiligten des Rechtsverhältnisses, das die Rechtsnormen des Tarifvertragesregeln sollen, beschränkt. Rechtsverhältnis ist dabei einmal das Arbeitsverhält-nis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und zum anderen das betrieblicheRechtsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Belegschaft als Ganzes. Auch dieSonderfälle von Tarifnormen wie die Normen über gemeinsame Einrichtungender Tarifvertragsparteien knüpfen an eines dieser Rechtsverhältnisse an(Ebenda). Die in § 4 Abs.2 TVG aufgeführten Normen über gemeinsame Ein-richtungen stellen keine eigenständige Kategorie von Tarifnormen dar, die überIndividual- und Betriebsnormen hinaus eine weiter reichende Normkraft entfal-ten könnten, sondern ergänzen diese (Löwisch/Rieble, a.a.O., § 4 Rn 497). DieTarifvertragsparteien können mit normativer Wirkung nur die Sachmaterien re-geln, die sich unter die Normenarten des § 1 Abs.1 und § 4 Abs.2 TVG subsu-mieren lassen (ErfK-Franzen § 1 TVG Rn 19). Es mag diskutiert werden kön-nen, ob für die Anwendbarkeit von tarifvertraglichen Normen über eine gemein-same Einrichtung eine beiderseitige Tarifgebundenheit erforderlich ist, oder ei-ne einseitige Tarifgebundenheit genügt (dazu eingehend Waas, Probleme derTarifgebundenheit bei Normen über gemeinsame Einrichtungen der Tarifver-tragsparteien, RdA 2000, 81). Hier besteht jedoch nicht einmal eine einseitigeTarifgebundenheit. Der Beklagte ist nicht Arbeitgeber, ist nicht Partei eines Arbeits- bzw. Berufsausbildungsvertrages und hat keine Belegschaft. Ihn kann derTVAS deshalb nicht binden.
36Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass der TVAS allgemeinverbindlich ist.Die Allgemeinverbindlicherklärung nach § 5 TVG schafft keine größere Reich-weite als der Tarifvertrag. Sie bewirkt lediglich, dass die Tarifnormen sich aufArbeitgeber und Arbeitnehmer erstrecken, für die der Tarifvertrag nicht schonaufgrund Organisationszugehörigkeit gilt (Löwisch/Rieble, a.a.O., § 5 Rn 53).Schon aus dem Wortlaut des § 5 TVG, der in den Absätzen 1, 2 und 4 aus-drücklich von Arbeitgebern und Arbeitnehmern spricht, folgt, dass eine "Ich-AG"von der Allgemeinverbindlicherklärung nicht erfasst sein kann.
37Ob ein Betrieb, der grundsätzlich Arbeitnehmer/Auszubildende beschäftigt, abervorübergehend keine Arbeitnehmer/Auszubildende hat, auch in den Zeiträu-men, in denen er keine Arbeitnehmer/Auszubildende hat, zur Zahlung von Bei-trägen an eine gemeinsame Einrichtung verpflichtet ist, ist vorliegend nicht zuentscheiden. Der Beklagte ist darf nicht ausbilden und beschäftigt nicht nur vo-rübergehend keine Mitarbeiter.
38Der Auskunftsanspruch ist ebenfalls nicht gegeben. Findet der TVAS nach alle-dem keine Anwendung, so bestehen auch keine Auskunftspflichten des Beklag-ten aus § 5 TVAS.
39Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs.2 ArbGG in Verbindung mit § 91ZPO.
40Der gemäß § 61 Abs.1 ArbGG im Urteil auszuweisende Streitwert war nach § 3ZPO für die Zahlungsanträge mit dem Wert der geltend gemachten Zahlungs-ansprüche, für den Antrag auf Auskunftserteilung mit dem geschätzten Wertdes wirtschaftlichen Interesses der Klägerin an der der Vorbereitung einer Zah-lungsklage dienenden Auskunft zu bewerten.
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(1) Für die Zulässigkeit des Rechtsweges und der Verfahrensart sowie für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes mit folgender Maßgabe entsprechend:
- 1.
Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die örtliche Zuständigkeit sind unanfechtbar. - 2.
Der Beschluß nach § 17a Abs. 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes ergeht, sofern er nicht lediglich die örtliche Zuständigkeit zum Gegenstand hat, auch außerhalb der mündlichen Verhandlung stets durch die Kammer.
(1a) Für Streitigkeiten nach § 2 Abs. 1 Nr. 3, 4a, 7, 8 und 10 sowie Abs. 2 ist auch das Arbeitsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat. Ist ein gewöhnlicher Arbeitsort im Sinne des Satzes 1 nicht feststellbar, ist das Arbeitsgericht örtlich zuständig, von dessen Bezirk aus der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat.
(2) Die Tarifvertragsparteien können im Tarifvertrag die Zuständigkeit eines an sich örtlich unzuständigen Arbeitsgerichts festlegen für
- 1.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus einem Arbeitsverhältnis und aus Verhandlungen über die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses, das sich nach einem Tarifvertrag bestimmt, - 2.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten aus dem Verhältnis einer gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien zu den Arbeitnehmern oder Arbeitgebern.
(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.
(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.
(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.
(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.
(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.
(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.
(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.
(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.
(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.
(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.
(1) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann einen Tarifvertrag im Einvernehmen mit einem aus je drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bestehenden Ausschuss (Tarifausschuss) auf gemeinsamen Antrag der Tarifvertragsparteien für allgemeinverbindlich erklären, wenn die Allgemeinverbindlicherklärung im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Die Allgemeinverbindlicherklärung erscheint in der Regel im öffentlichen Interesse geboten, wenn
- 1.
der Tarifvertrag in seinem Geltungsbereich für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen überwiegende Bedeutung erlangt hat oder - 2.
die Absicherung der Wirksamkeit der tarifvertraglichen Normsetzung gegen die Folgen wirtschaftlicher Fehlentwicklung eine Allgemeinverbindlicherklärung verlangt.
(1a) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann einen Tarifvertrag über eine gemeinsame Einrichtung zur Sicherung ihrer Funktionsfähigkeit im Einvernehmen mit dem Tarifausschuss auf gemeinsamen Antrag der Tarifvertragsparteien für allgemeinverbindlich erklären, wenn der Tarifvertrag die Einziehung von Beiträgen und die Gewährung von Leistungen durch eine gemeinsame Einrichtung mit folgenden Gegenständen regelt:
- 1.
den Erholungsurlaub, ein Urlaubsgeld oder ein zusätzliches Urlaubsgeld, - 2.
eine betriebliche Altersversorgung im Sinne des Betriebsrentengesetzes, - 3.
die Vergütung der Auszubildenden oder die Ausbildung in überbetrieblichen Bildungsstätten, - 4.
eine zusätzliche betriebliche oder überbetriebliche Vermögensbildung der Arbeitnehmer, - 5.
Lohnausgleich bei Arbeitszeitausfall, Arbeitszeitverkürzung oder Arbeitszeitverlängerung.
(2) Vor der Entscheidung über den Antrag ist Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die von der Allgemeinverbindlicherklärung betroffen werden würden, den am Ausgang des Verfahrens interessierten Gewerkschaften und Vereinigungen der Arbeitgeber sowie den obersten Arbeitsbehörden der Länder, auf deren Bereich sich der Tarifvertrag erstreckt, Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme sowie zur Äußerung in einer mündlichen und öffentlichen Verhandlung zu geben. In begründeten Fällen kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Teilnahme an der Verhandlung mittels Video- oder Telefonkonferenz vorsehen.
(3) Erhebt die oberste Arbeitsbehörde eines beteiligten Landes Einspruch gegen die beantragte Allgemeinverbindlicherklärung, so kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales dem Antrag nur mit Zustimmung der Bundesregierung stattgeben.
(4) Mit der Allgemeinverbindlicherklärung erfassen die Rechtsnormen des Tarifvertrags in seinem Geltungsbereich auch die bisher nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Ein nach Absatz 1a für allgemeinverbindlich erklärter Tarifvertrag ist vom Arbeitgeber auch dann einzuhalten, wenn er nach § 3 an einen anderen Tarifvertrag gebunden ist.
(5) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann die Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrags im Einvernehmen mit dem in Absatz 1 genannten Ausschuß aufheben, wenn die Aufhebung im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend. Im übrigen endet die Allgemeinverbindlichkeit eines Tarifvertrags mit dessen Ablauf.
(6) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann der obersten Arbeitsbehörde eines Landes für einzelne Fälle das Recht zur Allgemeinverbindlicherklärung sowie zur Aufhebung der Allgemeinverbindlichkeit übertragen.
(7) Die Allgemeinverbindlicherklärung und die Aufhebung der Allgemeinverbindlichkeit bedürfen der öffentlichen Bekanntmachung. Die Bekanntmachung umfasst auch die von der Allgemeinverbindlicherklärung erfassten Rechtsnormen des Tarifvertrages.
(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.
(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.
(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.
(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.
(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.