Arbeitsgericht Magdeburg Urteil, 23. Mai 2013 - 6 Ca 3835/12

ECLI:ECLI:DE:ARBGMAG:2013:0523.6CA3835.12.0A
bei uns veröffentlicht am23.05.2013

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 8.954,13 € festgesetzt.

4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin macht für die Zeit ab Juni 2009 eine Vergütung nach der Stufe 4 der Entgeltgruppe 10 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) geltend.

2

Die Klägerin wurde von dem beklagten Land seit Juli 1991 beschäftigt. Mit Wirkung vom 01.07.2010 wurde sie vom Amt für …… an das Ministerium …… versetzt und ihr die Aufgaben einer Sachbearbeiterin im Referat …… übertragen. Im Zuge dessen schlossen die Parteien unter dem Datum vom 17.05.2010 einen Änderungsvertrag, nach dem die „Vergütungsgruppe Vc“ durch die „Entgeltgruppe 10“ ersetzt wurde. Darüber hinaus vereinbarten die Parteien für das Arbeitsverhältnis die Geltung des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L), des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder), sowie der Tarifverträge, die den TV-L und den TVÜ-Länder ergänzen, ändern oder ersetzen, in der Fassung, die für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder und für das Land jeweils gilt, solange dieses hieran gebunden ist. Seit Juli 2010 erhielt die Klägerin, die vorher in die Entgeltgruppe 8 TV-L eingruppiert war, eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 10 Stufe 3 TV-L.

3

Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe seit Mitte Juni 2009 eine Vergütung nach der Stufe 4 der Entgeltgruppe 10 TV-L zu. Bei der Stufenzuordnung seien Zeiten einschlägiger Berufserfahrung der Kläger zu berücksichtigen. Unter anderem habe sie ihre derzeitigen Aufgaben, wie zwischen den Parteien unstreitig ist, bereits seit 28.11.2005 durchgehend verrichtet, und zwar zunächst im Rahmen einer Abordnung vom Amt …… an das Ministerium ……. Für die Monate Juni 2009 bis Dezember 2012 beziffert die Klägerin die Differenz zwischen der von ihr geforderten Vergütung nach der Entgeltgruppe 10 Stufe 4 TV-L und der ihr gezahlten Vergütung auf 8.484,09 € sowie 470,04 €.

4

Die Klägerin beantragt,

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1. festzustellen, dass die Klägerin in die Entgeltgruppe 10 Stufe 4 TV-L einzugruppieren ist,

6

2. das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin 8.484,09 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.10.2012 zu zahlen,

7

3. das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin weitere 470,04 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.10.2012 zu zahlen.

8

Das beklagte Land beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 23.05.2013 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist unbegründet.

12

Dies gilt zunächst für den Klagantrag zu 1.). Es kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin in die Entgeltgruppe 10 Stufe 4 TV-L einzugruppieren ist. Denn die Klägerin erfüllt nicht die tariflichen Voraussetzungen für die von ihr begehrte Zuordnung in die Stufe 4 der Entgeltgruppe 10 TV-L.

13

Nach § 16 III TV-L erreichen Beschäftigte nach einer ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe bei ihrem Arbeitgeber die Stufe 4 einer Entgeltgruppe nach drei Jahren in Stufe 3. Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin bisher nicht, denn sie befindet sich erst seit dem 01.07.2010 in der Stufe 3 der Entgeltgruppe 10 TV-L.

14

Eine davor liegende einschlägige Berufserfahrung ist bei der Stufenzuordnung der Klägerin nicht zu berücksichtigen. Nach § 16 II 2 TV-L erfolgt eine Stufenzuordnung zwar unter Anrechnung der Zeiten einer einschlägigen Berufserfahrung aus einem vorherigen Arbeitsverhältnis. Dies gilt jedoch, wie sich aus § 16 II 1 TV-L ergibt, nur „bei der Einstellung“, also im Falle der Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses, selbst wenn dieses sich an ein vorheriges Arbeitsverhältnis unmittelbar anschließt (BAG, ZTR 2011, 214). So liegt der Fall hier nicht. Die Klägerin hat mit dem beklagten Land nicht ab Juli 2010 ein neues Arbeitsverhältnis begründet, sondern ihr seit Juli 1991 bestehendes Arbeitsverhältnis fortgesetzt und ist im Rahmen dessen vom Amt für …… an das Ministerium …… versetzt worden.

15

Entgegen der Ansicht der Klägerin kann die Regelung des § 16 II 2 TV-L nicht entsprechend angewendet werden. Denn insofern liegen keine vergleichbaren Sachverhalte vor, weil nach dem Regelungskonzept der Tarifvertragsparteien die Stufenzuordnung neu eingestellter Arbeitnehmer grundsätzlich anderen Regeln folgt und auf anderen Voraussetzungen und Grundannahmen beruht als die Stufenzuordnung bei Höhergruppierungen (BAG, ZTR 2013, 35). Bei Neueinstellungen kann nach Maßgabe des § 16 II und IIa TV-L vorherige Berufserfahrung Berücksichtigung finden. Bei Höhergruppierungen erfolgt die Stufenzuordnung nach § 17 IV 1 TV-L nicht stufengleich. Gewährleistet wird lediglich ein Mindestmehrverdienst in Höhe des Garantiebetrages gemäß § 17 IV 2 TV-L. In der nach § 17 IV 1 TV-L ermittelten Stufe beginnt die Stufenlaufzeit gemäß § 17 IV 3 TV-L mit dem Tag der Höhergruppierung neu zu laufen. Die in der unteren Entgeltgruppe erworbene, in der Stufenzuordnung dokumentierte Berufserfahrung wird nicht berücksichtigt. Nur die in der jeweiligen Entgeltgruppe gewonnene Berufserfahrung wird durch den Aufstieg in den Stufen der Entgeltgruppe honoriert. Nach dem Verständnis der Tarifvertragsparteien hat der höhergruppierte Beschäftigte keine Berufserfahrung, die ihm in der Entgeltstufe, der er nach der Höhergruppierung zugeordnet worden ist, noch zugutekommen könnte. Er muss deshalb in dieser Stufe erst die volle Laufzeit absolvieren, um in ihr die von den Tarifvertragsparteien für den Stufenaufstieg in der höheren Entgeltgruppe vorausgesetzte Berufserfahrung zu gewinnen, so dass die von den Tarifvertragsparteien bei typisierender Betrachtung angenommene Verbesserung seiner Arbeitsleistung nach Qualität und Quantität eintritt (BAG, ZTR 2013, 36). Das gilt auch denn, wenn der Arbeitnehmer die Berufserfahrung – etwa im Wege einer Abordnung - auf demselben Arbeitsplatz gesammelt hat, der zu seiner Höhergruppierung geführt hat.

16

Die Klaganträge zu 2.) und 3.) sind ebenfalls unbegründet. Das gilt sowohl für die damit erhobenen Hauptforderungen als auch für die von ihnen abhängigen Zinsforderungen. Denn der Klägerin stehen in dem streitgegenständlichen Zeitraum von Juni 2009 bis Dezember 2012 keine Ansprüche auf Zahlung von Differenzbeträgen zwischen der gezahlten Vergütung und einer solchen nach der Entgeltgruppe 10 Stufe 4 TV-L zu. Denn die Klägerin ist, wie bereits ausgeführt worden ist, bisher nicht in die Stufe 4 der Entgeltgruppe 10 TV-L gelangt.

17

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 II ArbGG, 91 I ZPO.

18

Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf §§ 61 I, 46 II ArbGG, 3, 5 ZPO, 42 III 2 GKG.

19

Gründe, die Berufung - soweit sie nicht nach § 64 II b) ArbGG ohnehin eröffnet ist - zuzulassen, bestehen nicht.


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