Arbeitsgericht Herne Urteil, 03. Sept. 2014 - 1 Ca 3431/13
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.176,16 € brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2014 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Der Streitwert wird 3.176,16 € festgesetzt.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten über die zutreffende Berechnung des Zuschusses zum Anpassungsgeld.
3Mit Wirkung zum 01.08.1975 begann der 1959 geborene Kläger bei der Beklagten eine Ausbildung zum Elektroanlageninstallateur. Zuletzt war er als Aufsichtshauer auf dem Bergwerk P tätig.
4Die Beklagte hält aufgrund gesetzlicher Bestimmungen eine Grubenwehr vor.
5In dieser war auch der Kläger als Grubenwehrmann tätig. Für seine Tätigkeiten im Rahmen der Grubenwehrübung außerhalb der Schichtzeit erhielt er Zahlungen unter der sogenannten Lohnart „Grubenwehr-Übung außerh“.
6Der von der Hauptstelle für das Grubenrettungswesen, welche Bestandteil des Unternehmens der Beklagten ist, aufgestellte Plan für das Grubenrettungswesen beinhaltet unter Anderem folgende Regelungen:
73 Grubenwehrmitgliedschaft
83.1 Aufnahme in die Grubenwehr
9Der Beitritt zur Grubenwehr ist freiwillig. Bewerbungen und Aufnahme werden an den Oberführer gerichtet. In der Grubenwehr werden als Wehrmänner nur Personen aufgenommen, die
10-mindestens 18 und höchstens 40 Jahre alt sind
11- unmittelbar vor der Aufnahme mindestens ein Jahr unter Tage gearbeitet haben
12- nach ärztlicher Bescheinigung für den Dienst in der Grubenwehr geeignet sind
13- gemäß Abschnitt 4.1 des Plans ausgebildet sind.
14Nach Abschluss der Grundausbildung sind die Anwärter mit der Eintragung in die Mitgliederkartei in die Grubenwehr aufgenommen. Als Eintrittsdatum gilt dann der Tag der ersten Einstundenübung. Bei der Aufnahme wird ihnen der Plan für das Grubenrettungswesen ausgehändigt, dessen Empfang sie durch Unterschrift bestätigen. Aus den „Pflichten der Grubenwehrmitglieder“ (Kap.5) ergibt sich die für Grubenwehrmitglieder verbindliche Dienstanweisung. (…)
154.4 Nachschulung
164.4.1 Nachschulung der Oberführer, Truppführer und Wehrmänner
174.4.1.1 Allgemeines
18Die praktische Nachschulung der Grubenwehrführer und Wehrmänner erfolgt in Übungsschichten und/oder in Übungen außerhalb der Schichtzeit. Die Übungen werden möglichst gleichmäßig über das Jahr verteilt.
194.4.1.2 Übungen
20Grubenwehrführer und Wehrmänner verfahren jährlich mindestens fünf Übungen mit Sauerstoffschutzgeräten. (…)
21Der Grubenwehr steht ein Übungsraum zur Verfügung, in dem bei erhöhter Temperatur und Sichtbehinderung (Rauch/Nebel) besondere Übungsaufgaben durchgeführt werden. (…)
22Die Übungen finden unter Aufsicht eines Oberführers oder eines von ihm beauftragten Truppführers statt. (…)
23Folgende Übungen mit Atemschutzübungen sind vorgeschrieben: (…)
24-Sonstige Übungen
25Bei den übrigen zweistündigen und vierstündigen Übungen im Übungsraum oder unter Tage werden je nach Bedarf und Ausbildungsauftrag auch andere grubenwehrbezogene Tätigkeiten (…) durchgeführt.
26Übungen über die volle Gebrauchszeit des Atemschutzgerätes (sog. 4-Stunden-Übungen) werden grundsätzlich innerhalb der Arbeitszeit verfahren.
27(…)
285 Pflichten der Grubenwehrmitglieder
295.1 Grubenwehrmitglieder
30Jedes Grubenwehrmitglied hat sich auf Eignung für den Dienst in der Grubenwehr untersuchen zu lassen.
31Die Grubenwehrmitglieder sind verpflichtet, vor Übungen und Einsätzen dem Truppführer bzw. dem Oberführer zu melden, wenn sie sich körperlich nicht voll leistungsfähig fühlen. Das Grubenwehrmitglied hat den Oberführer über Krankheiten und Unfälle zu unterrichten, die eine wesentliche Beeinträchtigung für den Dienst in der Grubenwehr verursachen können. Das Grubenwehrmitglied hat dafür Sorge zu tragen, dass es den Anforderungen der Übungen und Einsätze durch ausreichende Kondition gewachsen ist. In den vom Oberführer bestimmten Abständen – jedoch mindestens zweimal im Jahr- hat sich das Grubenwehrmitglied unter Aufsicht einer Konditionsprüfung zu unterziehen (…).
32Die Mitglieder der Grubenwehr leisten bei der Ausbildung und im Einsatz den Anweisungen des Oberführers und des von ihm beauftragten Grubenwehrführers Folge.
33Sie nehmen an den Übungen, Ausbildungen und Unterweisungen (Kapitel 4) planmäßig teil.
34(…).
35Wegen dessen weiteren Inhalts wird auf die von der Klägerseite eingereichte Ausfertigung Bezug genommen.
36Die Bezahlung der Mitglieder der Grubenwehr richtet sich bei der Beklagten nach der Vorstandsrichtlinie E VR 02/07 „Bezahlung der Gruben- und Gasschutzwehren“ nebst Anlagen 1 und 2.
37Diese beinhaltet unter Anderem folgende Vereinbarungen:
382 Einsätze der Gruben-/Gasschutzwehr
39Grundvergütung
40Für einen Einsatz der Gruben- oder Gasschutzwehr erhalten die Mitglieder der Wehr den vorher verdienten Lohn bzw. Gehalt einschließlich der sonst gezahlten Zulagen.
41Mehr-, Ruhetags-, Sonntags- und Feiertagsarbeit
42Für Mehr-, Ruhetags-, Sonntags- und Feiertagsarbeit werden neben der Grundvergütung die tariflichen Zuschläge bezahlt.
43(…)
44Bei dieser Regelung handelt es sich nicht um eine Mehrarbeitsvergütung im Sinne des Arbeitsvertrages.
453 Übungen innerhalb der Schicht
46Übungen innerhalb der Schichtzeit sind grundsätzlich vorzuziehen, da hier in der Regel keine physische Vorbelastung die Atemschutzübungen erschwert und ein ausreichender Zeitrahmen für die theoretische Ausbildung zur Verfügung steht.
47Übungen innerhalb der Schichtzeit bestehen immer aus einer praktischen Übung und einer Unterweisung. Für eine Übung/Unterweisung innerhalb der Schicht erhalten die Mitglieder der Wehr den vorher verdienten Lohn bzw. die Bezüge einschließlich der sonst gezahlten Zulagen. Die Pauschalen für Übungen innerhalb der Schicht werden gewährt für das Tragen der Atemschutzgeräte im Rahmen der praktischen Übung.
48Atemschutzübungen der Grubenwehr mit Pressluftatmern, Schlauchgeräten, Tauchgeräten oder Filtergeräten werden nach der Bezahlungstabelle der Gasschutzwehr bezahlt.
49Werden von der Grubenwehr Klimaübungen verfahren, die aufgrund der Einsatzbeschränkung (Plan Grubenrettungswesen) verkürzt werden müssen, so ist die Pauschale für eine zweistündige Übung zu gewähren.
50(…)
514 Übungen außerhalb der Schicht
52Die Pauschalen und Stundensätze für Übungen außerhalb der Schicht beinhalten den gesamten zeitlichen Ablauf inklusive einer Zulage für das Tragen der Atemschutzgeräte im Rahmen einer praktischen Übung (…, bei Grubenwehren in der Regel 2 Stunden Übungszeit unter Atemschutz). Atemschutzübungen der Grubenwehr mit Presslufthammern, Tauchgeräten, Schlauchgeräten oder Filtergeräten (Dauer 0,5 Stunden) werden nach der Bezahlungstabelle der Gasschutzwehr bezahlt.
53Werden von der Grubenwehr Klimaübungen verfahren, die aufgrund der Einsatzdauerbeschränkung (Plan Grubenwesen) verkürzt werden müssen, so ist die Pauschale für eine zweistündige Übung zu gewähren. Im Rahmen einer Übung ohne Atemschutz sind Aufgaben durchzuführen, die in direktem Zusammenhang mit dem Auftrag einer Grubenwehr oder Gasschutzwehr, z.B. Löschübungen, Dammbauarbeiten stehen.
54(…)
555 Unterweisung / Teilnahme
56Für eine Unterweisung innerhalb der Schicht erhalten die Mitglieder der Wehr den vorher verdienten Lohn bzw. Gehalt einschließlich der sonst gezahlten Zulagen.
57Die Stundensätze für Unterweisungen außerhalb der Schicht beinhalten den gesamten zeitlichen Aufwand. Abgerechnet werden die tatsächlichen Unterweisungszeiten.
58Bei der Beklagten existiert ein Gesamtsozialplan zum Anpassungsprogramm der E AG vom 25.06.2003, abgeschlossen zwischen dem Vorstand der E AG -im Namen und für Rechnung der Beklagten- und dem Gesamtbetriebsrat der E AG.
59Nach dessen § 2 S.1 u. 2. erhalten Arbeitnehmer, die aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden und Anspruch auf die Gewährung von Anpassungsgeld nach den jeweils gültigen APG-Richtlinien haben, unter Anderem einen Zuschuss zum Anpassungsgeld.
60Ziffer 7 der vorgenannten Regelung hat unter Anderem folgenden Inhalt:
61(1) E leistet einen Zuschuss zum Anpassungsgeld, wenn das Anpassungsgeld ohne Abzug der in Ziff.4.1.2 der APG-Richtlinien genannten Leistungen das Garantieeinkommen nicht erreicht.
62(…)
63(3) Das Garantieeinkommen beträgt 60 % des Brutto-Monatseinkommens, jedoch höchstens 60 % der im Zeitpunkt der Entlassung für Monatsbezüge in der knappschaftlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze.
64Für die Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird das Entgelt der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden zugrunde gelegt. Einmalzahlungen und Mehrarbeitsgrundvergütungen bleiben bei der Ermittlung außer Betracht. Weiterhin bleiben Lohn- bzw. Gehaltsbestandteile, die nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen, bei der Ermittlung außer Betracht. Der so ermittelte Betrag wird durch die Anzahl der im 12-Monatszeitraum angefallenen Versicherungstage dividiert und mit dem Faktor 30 multipliziert.
65Bei der Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird das im Jahr des Ausscheidens jeweils gültige Weihnachtsgeld mit einem monatlichen Anteil von 1/12 berücksichtigt.
66(…)
67(8) Der betriebliche Zuschuss wird für die Dauer des Bezuges von Anpassungsgeld – ausgenommen Zeiten des Bezuges gemäß Ziff.5.7 der APG-Richtlinien gewährt. (…)
68Wegen des weiteren Inhalts dieser Regelung sowie des Gesamtsozialplanes wird auf die von dem Kläger eingereichte Ausfertigung Bezug genommen.
69Bei dem Zuschuss des Anpassungsgeldes bzw. bei der Berechnung des Garantieeinkommens finden die in der E VR 02/07 enthaltenen Pauschalen für Übungen, die innerhalb der Schicht geleistet werden, Berücksichtigung.
70Mit Wirkung vom 01.12.2008 nahm der Kläger an der Transferkurzarbeit teil.
71Seit dem 01.09.2009 befand er sich in der sogenannten Anpassung und bezog seitdem Anpassungsgeld, welches von dem Bundesamt für Außenwirtschaft (BAFA) gezahlt wird.
72Mit Datum vom 27.05.2010 verabschiedeten die Vertragsparteien des Gesamtsozialplanes die Protokollnotiz VII.
73Ausweislich dessen Inhalts stimmen die Parteien darin überein, dass unter Anderem bei der Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens gemäß § 2 Ziffer 7 (Zuschuss zum Anpassungsgeld) Absatz 3 des Gesamtsozialplanes die in der Anlage zu dieser Protokollnotiz aufgeführten Lohn- und Gehaltsarten nicht zu berücksichtigen seien. In dieser Anlage findet sich unter Anderem die Lohnart „0E02 Übung Grub-/Gas. auss.einm“.
74Im Weiteren stellen diese darin klar, dass dieses gemeinsame Verständnis der Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens i.S.d. vorgenannten Vorschriften des Gesamtsozialplanes bereits bei Abschluss des Gesamtsozialplanes am 25.06.2003 vorhanden gewesen sei und dem Abschluss des Gesamtsozialplanes zugrunde gelegen habe.
75§ 20 des Tarifvertrages über die allgemeinen betrieblichen Arbeitsbedingungen im rheinisch-westfälischen Steinkohlebergbau (im Nachfolgenden TV ABA) beinhaltet unter Anderem folgende Regelungen:
76(1) Beschwerden wegen unrichtiger Ermittlung oder Errechnung oder Zahlung von Lohn oder Gehalt sind von dem Arbeitnehmer unverzüglich vorzubringen.
77(2) Die Ansprüche des Absatzes 1 sind nötigenfalls im Wege der Klage innerhalb einer Ausschlussfrist von 6 Monaten seit dem Auszahlungstag geltend zu machen. Ansprüche anderer Art werden hierdurch nicht berührt.
78Zur Begründung seiner bei Gericht am 19.12.2013 eingegangenen und der Beklagten am 03.01.2014 zugestellten Klageschrift, mit der der Kläger zunächst einen Differenzbetrag in Höhe von 69,64 € für die Jahre 2010 bis 2013 in Höhe von insgesamt 3.334,25 € verlangt hat, vertritt er die Auffassung, dass die Beklagte verpflichtet sei, den Mitgliedern der Grubenwehr die Notwendigkeit der Übung zu ermöglichen. Ohne Übungen entfalle seine Qualifikation als freiwilliger Grubenwehrmann. Ohne freiwillige Grubenwehr könne die Beklagten ihren Betriebszweck nicht mehr fortführen.
79Bei einer Grubenwehrübung handele es sich seiner Ansicht nach deshalb um notwendige Arbeitszeit zur Erhaltung der zusätzlichen Qualifikation, die staatlicherseits angeordnet worden sei. Bei Mehrarbeit handele es sich um angeordnete Arbeit, die zusätzlich zur normativen Arbeitszeit erbracht werden solle, die jedoch nicht Voraussetzung für den Erhalt des Arbeitsplatzes oder der Qualität darstelle. Von daher sei die Einsatzzeit für Grubenwehrübungen grundsätzlich anders zu betrachten als reine Mehrarbeit.
80Eine hiervon abweichende Auslegung des Sozialplanes sei nicht möglich. Wenn beide Parteien vereinbarten, bestimmte Entgelte nicht berücksichtigen zu wollen, so sei diese Vereinbarung abschließend. Ansonsten hätten sie anderes vereinbaren müssen. Dies hätten sie auch zwischenzeitlich getan. Mit der Vereinbarung vom 27.05.2010 hätten die Vertragsparteien den § 2 Ziffer 7 sowie § 3 Ziffer 1,2, § 4 Ziffer 1,3 sowie § 5 Ziffer 1 neu geregelt. Dies könne, wenn überhaupt, jedoch nur für die Zukunft gelten.
81Der Vortrag der Beklagten, dass die Auschlussfrist des § 20 TV ABA gelten würde, sei zurückzuweisen. Es handele sich bei dem Entgelt weder um Lohn noch um Gehalt. Er erhalte einen Zuschuss gemäß einem Sozialplan und unterliege somit nicht oben genannter Regelung des TV ABA.
82Mit bei Gericht am 30.07.2014 eingegangenem und der Beklagten am 01.08.2014 zugestelltem Schriftsatz vom 29.07.2014 stellt der Kläger die von der Beklagten aufgestellte Berechnung unstreitig und begehrt nunmehr eine monatliche Vergütungsdifferenz in Höhe von 66,17 € für insgesamt 48 Monate.
83Der Kläger beantragt zuletzt unter Rücknahme im Übrigen,
84die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.176,16 € brutto nebst 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit Zustellung des Schriftsatzes vom 29.07.2014 zu zahlen.
85Die Beklagte beantragt,
86die Klage abzuweisen.
87Ihrer Ansicht nach seien die Bezüge, welche der Kläger für seine Grubenwehrtätigkeit erhalten habe, bei der Einkommensermittlung des Garantieeinkommens für Anpassungsgeldempfänger und damit in der Berechnung des ihrerseits zu leistenden Zuschusses nicht zu berücksichtigen.
88Bei den an den Kläger gezahlten Bezügen für Grubenwehrtätigkeiten handele es sich zwar um Entgelt, welches der Sozialversicherungspflicht unterliege.
89Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15.10.2013 sei ihrer Ansicht nach auf den vorliegenden Sachverhalt hingegen nicht anwendbar.
90Folge man der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts, ergäbe sich aus dem Wortlaut des § 2 Ziffer 7 Abs.3 S.2 des Gesamtsozialplanes nicht, dass die dem Kläger gewährte Zulage für Grubenwehrzulagen außerhalb der Arbeitszeit tatsächlich Entgelt für geleistete Arbeit gewesen sei.
91Die Wahrnehmung der Aufgaben als freiwilliges Mitglied der Grubenwehr sei nicht ein weiterer Teil der Arbeitspflichten des Klägers geworden.
92Da die Mitgliedschaft in der Grubenwehr nicht zwingend mit dem Abschluss bzw. der Änderung des Arbeitsvertrages einhergehe, bedürfe es hierzu jeweils eines gesonderten Aktes. Der Mitarbeiter könne in die Grubenwehr eintreten bzw. auch wieder austreten. Sie habe insoweit kein entsprechendes Weisungs- bzw. Direktionsrecht.
93Dass es sich bei der Teilnahme nicht um eine Verpflichtung aus dem Arbeitsvertrag handele und die Beklagte insofern kein Leistungsbestimmungsrecht im Hinblick auf Ort, Art und Umfang gehabt habe, ergäbe sich schon daraus, dass sie selbst für den Fall, dass der Kläger nicht an einer Grubenwehrübung außerhalb der Arbeitszeit teilgenommen habe, dieses nicht habe sanktionieren können. Es sei auch nicht ihre Aufgabe, dafür Sorge zu tragen, ob und wie die freiwilligen Mitglieder der Grubenwehr ihre Übungen organisierten.
94Da der Kläger ihr die Teilnahme an den Grubenwehrübungen außerhalb der Arbeitszeit arbeitsvertraglich nicht schulde, seien somit die gezahlten Grubenwehrzulagen kein Entgelt im Sinne des § 2 Ziff.7 Abs.3 des Gesamtsozialplanes vom 25.06.2003 geworden.
95Nach ihren Berechnungen betrage das monatliche Garantieeinkommen ohne Grubenwehrzulage 2.787,40 € sowie inklusive Grubenwehrzulage 2.673,42 € und ergäbe sich eine Differenz in Höhe von 66,17 € brutto monatlich.
96Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird ergänzend auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
97E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
98I.
99Die Klage ist zulässig und begründet.
100Der Kläger kann von der Beklagten die Zahlung eines weiteren Zuschusses in geltend gemachter Höhe 3.176,16 € brutto nebst Zinsen verlangen.
1011) Für den Kläger besteht für die Jahre 2010 bis einschließlich 2013, mithin für 48 Monate ein Anspruch auf Zahlung eines weiteren Zuschusses in Höhe von jeweils 66,17 € brutto nach § 2 S.1,2 Ziffer 7 des Gesamtsozialplanes vom 25.06.2003.
102Nach Ziffer7 Nr. (1) leistet E einen Zuschuss zum Anpassungsgeld, wenn das Anpassungsgeld ohne Abzug der in Ziff.4.1.2. der APG Richtlinien genannten Leistungen das Garantieeinkommen nicht erreicht.
103a) Der Umstand, dass nach dem Wortlaut der Nr.(1) als Leistende die E angeführt wird, steht dem dabei nicht entgegen. Gleichwohl ist die Beklagte passivlegitimiert. Wie sich nämlich Seite 1 des Gesamtsozialplanes entnehmen lässt, ist der auf Unternehmerseite benannte Vorstand der E im Namen und für Rechnung der S Aktiengesellschaft tätig geworden und wird dieser, wie sich außerdem aus dem in Klammern befindlichen Zusatz ergibt, nachfolgend auch E genannt. Folglich hat dieser sich nicht selbst sondern die Beklagte verpflichtet.
104b) Nach § 2 Ziffer 7 Nr.(3) S.1 1.Hs. des Gesamtsozialplanes vom 25.06.2003 beträgt das Garantieeinkommen grundsätzlich 60 % des Brutto-Monatseinkommens und wird nach dessen S.2 für dessen Ermittlung das Entgelt der letzten 12 abgerechneten Monate zugrunde gelegt.
105Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auch die dem Kläger während dieses Zeitraumes für seine Tätigkeit als Grubenwehrmann gezahlte Zulage einzubeziehen.
106Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge und Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach grundsätzlich vom Wortlaut der Bestimmungen und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang, die Systematik der Regelungen sowie deren Sinn und Zweck, wie er in den jeweiligen Regelungen zum Ausdruck kommt (BAG v.11.12.2007, 1 AZR 953/06, juris). Dabei geht es außerdem darum, wie Dritte, Regelungsadressaten und Gerichte, die jeweiligen Bestimmungen zu verstehen haben (BAG v.19.06.2007, 1 AZR 541/06, juris). Der wirkliche Wille der Betriebspartner im Hinblick auf Sinn und Zweck der Regelung ist über deren reinen Wortlaut zu berücksichtigen, soweit dieser erkennbar zum Ausdruck gekommen ist. Deren Entstehungsgeschichte und praktische Handhabung können ergänzend herangezogen werden, wenn unter Berücksichtigung des Wortlautes, der Systematik sowie des Sinn und Zwecks der Regelung noch Zweifel bleiben (BAG v.21.01.2003, 1 ABR 5/02, juris).
107aa) Unter Beachtung dieser Kriterien bleibt zunächst festzustellen, dass nach § 2 Ziffer 7 Nr. (3) des Gesamtsozialplanes als maßgebliche Berechnungsgrundlage für das Garantieeinkommen auf das Bruttomonatseinkommen abgestellt wird. Von dem Wortlaut von § 2 Ziffer 7 Nr.(3) S.1 werden danach grundsätzlich alle Zahlungen an den Kläger erfasst, die er monatlich von der Beklagten erhalten hat. Eine Beschränkung, beispielsweise auf die tarifliche Vergütung, lässt sich hieraus nicht entnehmen.
108Ausweislich § 2 Ziffer 7 Nr.(3) S.2 wird zudem für dessen Ermittlung das Entgelt der letzten 12 Monate vor dem Ausscheiden zugrunde gelegt. Nach allgemeinen Sprachgebrauch ist unter Entgelt die Gegenleistung für geleistete Arbeit zu verstehen. Kennzeichnend für den Entgeltcharakter einer Leistung ist damit, dass sie in einem zumindest teilweise synallagmatischen Verhältnis zur Arbeitsleistung steht, also eine Gegenleistung hierfür darstellt (BAG v.15.10.2013, 1 AZR 544/12, juris).
109Diese Kriterien treffen auf die von der Beklagten an den Kläger für von ihm wahrgenommene und außerhalb der Schichtzeit durchgeführte Grubenwehrübungen gezahlte Zulage zu.
110Der Umstand, dass er der Beklagten arbeitsvertraglich die Tätigkeit eines Aufsichtshauers schuldete, steht dem dabei nicht entgegen.
111Allein entscheidend ist vielmehr, ob der Kläger durch seine Tätigkeit als Grubenwehrmann gegenüber der Beklagten weitere zusätzliche arbeitsvertragliche Pflichten übernommen hat.
112Dies ist vorliegend der Fall.
113Dabei besteht zwischen den Parteien zunächst kein Streit, dass es die Beklagte ist, die die Grubenwehr vorhält, dies zudem aufgrund gesetzlicher Bestimmungen, namentlich des § 61 Abs.1 S.2 Nr.2 BBergBG.
114Unstreitig existiert bei der Beklagten außerdem ein Plan für das Grubenrettungswesen, durch den unter Anderem die Aufgaben, die Stärke und Zusammensetzung der Grubenwehr, die Grubenwehrmitgliedschaft, die Ausbildung, die Pflichten der Grubenwehrmitglieder, die Ausrüstung und Einrichtung der Grubenwehr und den Einsatz der Grubenwehr umfassend regelt. Diese weist zudem als Aussteller die Hauptstelle für das Grubenrettungswesen aus, welche nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten zudem Bestandteil ihres Unternehmens ist.
115Folglich nehmen deren Mitglieder damit grundsätzlich auch Aufgaben für die Beklagte wahr.
116Der Umstand, dass der Beitritt zur Grubenwehr nach Ziffer 3.1 S.1 des Planes für das Grubenrettungswesen freiwillig ist, steht einer arbeitsvertraglichen Verpflichtung des Klägers gegenüber der Beklagten dabei nicht entgegen. Dies schon deshalb nicht, weil auch der Abschluss eines Arbeitsvertrages grundsätzlich freiwillig ist.
117Im Weiteren bleibt festzustellen, dass Ziffer 3.1 S.2 des Planes für das Grubenrettungswesen konkrete Vorgaben dazu beinhaltet, wer in die Grubenwehr als Wehrmann aufgenommen werden kann. Neben einem bestimmten Lebensalter, einer Tätigkeit unter Tage von mindestens einem Jahr vor der Aufnahme, einer ärztlichen Bescheinigung über die Eignung für den Dienst in der Grubenwehr ist insbesondere auch eine sodann in Ziffer 4.1 festgelegte Ausbildung Voraussetzung.
118Folglich ist es also die Beklagte selbst, die hierüber eine Entscheidung trifft und muss der Kläger diese außerdem durchführen, wenn er Mitglied der Grubenwehr werden will.
119Hinzu kommt, dass nach Ziffer 3.1 S.3 des Planes für das Grubenrettungswesen die Anwärter nach Abschluss der Grundausbildung mit der Eintragung in die Mitgliederkartei in die Grubenwehr aufgenommen sind, wird ihnen außerdem nach dessen Satz 5 bei der Aufnahme ein Plan für das Grubenrettungswesen ausgehändigt und ergibt sich ausweislich dessen Satz 6 aus den Pflichten der Grubenwehrmitglieder (Kap.5) die für Grubenwehrmitglieder verbindliche Dienstanweisung.
120Ausweislich Ziffer 5.1 Abs.3 des Planes für das Grubenrettungswesen leisten die Mitglieder der Grubenwehr bei der Ausbildung und im Einsatz den Anweisungen des Oberführers und des von ihm beauftragten Grubenwehrführers Folge, handelt es sich hierbei ausweislich Ziffer 2.2 S.1 des Planes für das Grubenrettungswesen bei dem Oberführer um einen AT-Angestellten, ist dieser ausweislich dessen Satz 2 außerdem verantwortliche Person.
121Nach Allem ist es dann aber eben die Beklagte, die sowohl die Voraussetzungen für die Aufnahme in die Grubenwehr als auch die damit für das Grubenwehrmitglied einhergehenden Pflichten sowie die diesen gegenüber weisungsberechtige Person, bei der es sich zudem ebenfalls um einen ihrer Mitarbeiter handelt, verbindlich festlegt und ist es mithin sie als Arbeitgeberin, die ihm mit der Eintragung in die Mitgliederkartei zugleich weitere Aufgaben überträgt, deren Erledigung sie aufgrund seiner Aufnahme in die Grubenwehr damit zugleich auch von ihm verlangen kann, diese außerdem grundsätzlich für sie und damit für seine Arbeitgeberin von ihm ausgeübt und von ihr im Weiteren entgegen genommen und vergütet werden.
122Hierzu gehört dann aber nicht nur die Durchführung eines konkreten Einsatzes, wofür sich die alarmierten Grubenwehrmitglieder ausweislich Ziffer 5.1 Abs.6 des Planes für das Grubenrettungswesen zudem bereit zu halten und sich unverzüglich zur Grubenrettungsstelle zu begeben haben sondern auch die Durchführung von Übungen. Nach dessen Ziffer 5.1 Abs.4 nehmen sie an Übungen, Ausbildungen und Unterweisungen (Kapitel 4) planmäßig teil. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Regelung steht die Teilnahme mithin nicht im Ermessen des Mitgliedes der Grubenwehr sondern ist für dieses verbindlich. Dass es sich auch insoweit um eine Erweiterung der seitens des Klägers bereits bestehenden Arbeitspflichten handelt, verdeutlicht im Weiteren der Umstand, dass die Beklagten eben gesetzlich dazu verpflichtet ist, eine Grubenwehr vorzuhalten. Wenn sie damit bei ihr beschäftigte Mitarbeiter betraut, hat sie mithin zugleich sicher zu stellen, dass diese bei einem tatsächlichen Einsatz über die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten verfügen.
123Entgegen ihrem Vorbringen legt sie insoweit zugleich auch Ort, Art und Umfang dieser Übungen fest. Ausweislich Ziffer 4.4.1.2 Abs.1 S.1 des Planes für das Grubenrettungswesen verfahren Grubenwehrführer und Wehrmänner jährlich mindestens fünf Übungen mit Sauerstoffschutzgeräten, steht der Grubenwehr ausweislich dessen Abs.2 S.1 ein Übungsraum zur Verfügung, finden die Übungen ausweislich dessen Abs.4 S.1 unter Aufsicht eines Oberführers oder eines von ihm beauftragten Truppführers statt, sind ausweislich Abs.6 S.1 Übungen mit Atemschutzgeräten im Übungsraum vorgeschrieben, werden ausweislich Abs.7 bei den übrigen zweistündigen und vierstündigen Übungen im Übungsraum oder unter Tage je nach Bedarf und Ausbildungsauftrag auch andere grubenwehrbezogene Arbeiten durchgeführt und sind ausweislich dessen Abs.8 Übungen über die volle Gebrauchszeit des Atemschutzgerätes (sog. 4-Stunden-Übungen grundsätzlich innerhalb der Arbeitszeit zu verfahren.
124Dass es sich bei der Tätigkeit eines Grubenwehrmannes innerhalb der Grubenwehr um eine Erweiterung der arbeitsvertraglichen Pflichten handelt, verdeutlicht im Weiteren die Tatsache, dass ausweislich Ziffer 2 der E VR 02/07 die Mitglieder der Wehr für einen Einsatz der Gruben- und Gasschutzwehr den vorher verdienten Lohn bzw. Gehalt einschließlich der sonst gezahlten Zulagen erhalten. Jedenfalls insoweit handelt es sich damit ersichtlich nicht lediglich um einen Aufwendungsersatz sondern um Vergütung für eine tatsächlich erbrachte Leistung, die der Kläger der Beklagten dann aber eben auch aufgrund seiner Mitgliedschaft in der von der Beklagten betriebenen Grubenwehr und damit aufgrund arbeitsvertraglicher Grundlage schuldet. Dies gilt umso mehr, als die Beklage selbst nicht in Abrede stellt, dass die Vergütung hierfür ebenso wie die Pauschalen, die ausweislich der E VR 02/07 für Übungen innerhalb der Schicht geleistet werden, bei der Berechnung des Garantieeinkommens Berücksichtigung finden.
125Sofern die Beklagte die Teilnahme an der Grubenwehrübung außerhalb der Arbeitszeit nicht als Arbeitsleistung des Klägers wertet und im Weiteren ausführt, das sie eine Nichtteilnahme nicht sanktionieren könne, bleibt zunächst schon festzustellen, dass nach Ziff.3.2 S.1 die Mitgliedschaft unter Anderem durch Ausschluss endet und nach dessen Satz 2 der Ausschluss eines Grubenwehrmitgliedes zulässig ist, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Unabhängig davon, dass ein solcher durchaus denkbar ist, wenn ein Arbeitnehmer dauerhaft nicht an vorgeschriebenen und/oder anderen erforderlichen Übungen teilnimmt und der Beklagten damit auch ein Sanktionsmittel zur Verfügung steht, es sich hierbei zudem um eine reine Behauptung ihrerseits handelt ohne diese durch Tatsachen näher zu belegen, verbleibt es dabei, dass er nach Ziffer 5.1 Abs.4 des Planes für das Grubenrettungswesen ohne Einschränkung dazu verpflichtet ist, an den Übungen, Ausbildungen und Unterweisungen teilzunehmen, mithin gerade unabhängig davon, ob diese innerhalb oder außerhalb der Arbeitszeit durchgeführt werden, nach Ziffer 4.4.1.2 vorgeschrieben oder als sonstige Übungen je nach Bedarf und Ausbildungsauftrag anfallen.
126Darüber hinaus sind nach Ziffer 4 der E VR 02/07 auch für Übungen außerhalb der Schicht Pauschalen und Stundensätze vorgesehen. Sofern diese ausweislich dessen weiteren Wortlauts des gesamten zeitlichen Aufwand inklusive einer Zulage für das Tragen der Atemschutzgeräte im Rahmen einer praktischen Übung beinhalten, führt dies entgegen der Auffassung der Beklagten gleichfalls nicht dazu, dass damit die Teilnahme an diesen Übungen nicht als Arbeitsleistung zu bewerten ist. Unabhängig davon, dass einer von der Beklagten vorgenommenen Bewertung als Aufwendungsersatz schon entgegen steht, dass ausweislich Ziffer 3 Abs.2 S.3 der E VR 02/07 für Übungen innerhalb der Schicht ebenfalls Pauschalen gewährt werden, diese indessen unstreitig bei der Bestimmung des Garantieeinkommens Berücksichtigung finden, die Pauschale „Grubenwehr-Übung ausserh.“ ausweislich der kläger- und beklagtenseits eingereichten Abrechnungen ersichtlich der Sozialversicherungspflicht unterliegt, was ebenfalls für den Entgeltcharakter dieser Zahlungen spricht, bleibt es dabei, dass es nicht auf die Bezeichnung der Vergütung sondern allein darauf ankommt, ob dem eine Arbeitsleistung des Klägers zugrunde liegt.
127Darüber hinaus beinhaltet die Protokollnotiz vom 27.05.2010 eine vierseitige Aufstellung von Zahlungen, die unter Anderem bei der Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens gemäß § 2 Ziffer 7 Nr.(3) des Gesamtsozialplanes nicht zu berücksichtigen sind. Diese werden zudem von den Vertragsparteien als „Lohn- und Gehaltsarten“ bezeichnet. Einer solchen Klarstellung bedarf es hingegen doch grundsätzlich nur, wenn diese von der in dem Gesamtsozialplan vom 25.06.2003 gewählten Begrifflichkeit des Brutto-Monatseinkommens erfasst werden. Anderenfalls wäre eine derartige Aufstellung gerade obsolet, da sich bereits aus dem in der Betriebsvereinbarung gewählten Begriff dessen Inhalt und insbesondere auch der Ausschluss der streitgegenständlichen Grubenwehrzulage ergäbe.
128bb) Die in den Sätzen 3 und 4 des § 2 Ziffer7 Nr.(3) des Sozialplanes konkret benannten Einschränkungen führen zu keiner abweichenden Entscheidung. Danach bleiben Einmalzahlungen und Mehrarbeitsgrundvergütungen sowie Lohn- bzw. Gehaltsbestandteile, die nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen bei der Ermittlung außer Betracht. Diese Aufzählung ist nach dem klaren Wortlaut der Regelung außerdem abschließend und nicht lediglich beispielhaft erfolgt.
129Sämtliche dieser Einschränkungen treffen auf die streitgegenständliche Zulage gleichfalls nicht zu.
130Unstreitig unterliegen die Zahlungen für Übungen der Grubenwehr außerhalb der Sozialversicherungspflicht.
131Auch handelt es sich hierbei weder um Einmalzahlungen noch um Mehrarbeitsvergütung.
132Letzteres behauptet selbst die Beklagte nicht. Einer derartigen Annahme steht zudem Ziffer 2 der E VR 02/07 entgegen. Dieser lässt sich gerade entnehmen, dass zwar unter Anderem für Mehrarbeit neben der Grundvergütung die tariflichen Zuschläge bezahlt werden, es sich hingegen bei dieser Regelung ausdrücklich nicht um eine Mehrarbeitsvergütung im Sinne des Arbeitsvertrages handelt.
133cc) Aus dem Sinn und Zweck der Regelung lässt sich in Abweichung zu dem Wortlaut der Regelung ebenfalls nicht ableiten, dass die Grubenwehrzulage dem Bruttomonatseinkommen im Sinne von § 2 Ziffer 7 Nr. (3) gleichwohl nicht unterfällt. Wie sich aus dessen Nr.(1) entnehmen lässt, soll der Zuschuss dazu dienen, die Differenz zwischen dem Anpassungsgeld und dem Garantieeinkommen auszugleichen, wobei letzteres 60 % des Bruttomonatseinkommens beträgt. Dies lässt grundsätzlich darauf schließen, dass der Arbeitnehmer in der Zeit der Anpassung letztlich 60 % seiner bisherigen Vergütung erhalten soll. Diese wurde im Falle des Klägers während seiner aktiven Zeit bei der Beklagten aber eben nicht nur durch sein Tarifgehalt sondern unter Anderem eben auch durch die Grubenwehrzulage, zudem in einem nicht unerheblichen Umfang bestimmt.
134Der Annahme, dass die Vertragsparteien des Gesamtsozialplanes mit der Zuschusszahlung grundsätzlich nur den Erhalt von 60 % des von dem Arbeitnehmern während der regelmäßige Arbeitszeit verdienten Entgelts sicher stellen wollten, steht bereits entgegen, dass es in diesem gerade an einem solchen entsprechenden Zusatz fehlt.
135dd) Für eine Auslegung in dem von der Beklagten gewünschten Sinn bleibt die Protokollnotiz vom 27.05.2010 gleichfalls ohne Bedeutung. Diese ist unstreitig nicht bereits bei Abschluss der Betriebsvereinbarung sondern erst nahezu sieben Jahre später verfasst worden und kann schon deshalb kein maßgebliches Auslegungskriterium unter dem Gesichtspunkt der Entstehungsgeschichte darstellen, selbst wenn man dieses entgegen der Auffassung der Kammer vorliegend berücksichtigten wollte.
136Hieran ändert auch die darin enthaltene Passage nichts, dass dieses gemeinsame Verständnis der Ermittlung des Bruttomonatseinkommens im Sinne der vorgenannten Vorschriften bereits bei Abschluss des Gesamtsozialplanes am 25.06.2003 vorhanden war und dem Abschluss des Gesamtsozialplans zugrunde lag. Auch insoweit verbleibt es dabei, dass dieser Wille in der Betriebsvereinbarung selbst zum Ausdruck kommen muss, woran es indessen, wie ausgeführt, fehlt.
137ee) Die Protokollnotiz entfaltet eine entsprechende Wirkung auch nicht für die Zukunft. Wenn, wie ausgeführt, der Gesamtsozialplan nicht in dem von der Beklagten angenommenen Sinne ausgelegt werden kann, muss dieser, wenn er gleichwohl diesen Inhalt haben soll, von den Vertragsparteien einvernehmlich geändert werden. Diese Wirkung kann einer Protokollnotiz nicht beigemessen werden. Diese dient grundsätzlich nur der Erläuterung des bisherigen Inhalts der Betriebsvereinbarung (so ausdrücklich BAG v. 15.10.2013).
138c) Ist nach Allem die Grubenwehrzulage „außerhalb“ bei der Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens nach § 2 Ziffer 7 Nr.(3) des Gesamtsozialplanes einzubeziehen und damit Teil des Garantieeinkommens, welches dem Arbeitnehmer grundsätzlich in der Zeit der Anpassung zur Verfügung stehen soll, so ergibt sich für den Kläger der geltend gemachte Anspruch auf einen weiteren monatlichen Zuschuss in Höhe von 66,17 € brutto.
139Die Beklagte selbst hat zuletzt ausgeführt, dass das monatliche Garantieeinkommen ohne Grubenwehrzulage 2.606,86 € brutto und mit dieser 2.673,42 € brutto beträgt. Der Kläger hat diese Berechnungen unstreitig gestellt.
140Ebenfalls besteht zwischen den Parteien kein Streit, dass der Kläger sich seit dem 01.09.2009 in der sogenannten Anpassung befand und seitdem ein Anpassungsgeld bezogen hat.
141Ausweislich Ziffer 4.1.3 S.1 der Richtlinien zur Gewährung von Anpassungsgeld an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmerinnen des Steinkohlenbergbaus vom 12.12.2008 wird das Anpassungsgeld vom Tag nach der Entlassung an monatlich nachträglich gezahlt. Dementsprechend stellt sich der hieran anknüpfende Zuschuss ebenfalls als eine monatliche Zahlung dar, wie nicht zuletzt die Ausführungen des Klägers zur geforderten monatlichen Differenzzahlung verdeutlichen.
142d) Die vorgenannten Ansprüche sind nicht ganz oder teilweise nach § 20 TV ABA verfallen.
143Auf diese ist die tarifliche Regelung nicht anwendbar.
144Wie sich aus dessen Absatz 1) entnehmen lässt, sind Beschwerden wegen unrichtiger Ermittlung oder Errechnung oder Zahlung von Lohn oder Gehalt vom Arbeitnehmer unverzüglich vorzubringen und sind es im Weiteren nach dessen Absatz 2) auch nur diese Ansprüche, die nötigenfalls im Wege der Klage innerhalb einer Ausschlussfrist von 6 Monaten seit dem Auszahlungstag geltend zu machen sind. Letztere Regelung spricht ausdrücklich von den Ansprüchen des Absatzes 1) und führt zudem in seinem Satz 2) aus, dass Ansprüche anderer Art hierdurch nicht berührt werden. Entsprechendes ergibt sich zudem aus § 20 Abs.4 TV ABA, nach dem nach Ablauf vorstehender Fristen die Lohn- oder Gehaltszahlung unter Ausschluss des Gegenbeweises als rechtmäßig und rechtsgültig erfolgt. Auch insoweit wird letztlich wiederum nur auf die in Absatz 1) bezeichnete Zahlung von Lohn oder Gehalt Bezug genommen und können es mithin nur diese Forderungen und damit Ansprüche auf Arbeitsvergütung sein, die von der Geltung der tariflichen Verfallfrist erfasst wird (vgl. lag Hamm v.26.05.2010, 6 Sa 1260/09, nv.). Dies gilt umso mehr, als die Ausschlusstatbestände für den Betroffenen wegen der einschneidenden Wirkungen des Verfalls bei Fristversäumung möglichst klar und eindeutig festzulegen sind (BAG v.31.10.1984, 4 AZR 525/82, juris; ArbG Herne v. 26.08.2009, 5 Ca 1267/09, nv.).
145Bei dem streitgegenständlichen Zuschuss handelt es sich nicht um Lohn- und Gehaltsforderungen und damit zugleich auch nicht um eine Arbeitsvergütung im Sinne der tariflichen Vorschrift.
146Vielmehr handelt es sich hierbei um eine Leistung, die dem Kläger erst nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis von der Beklagten gewährt wird. Erst dann besteht nämlich, wie sich nicht zuletzt aus § 2 S.1 des Gesamtsozialplanes vom 25.06.2003, entnehmen lässt, ein Anspruch auf die Gewährung von Anpassungsgeld und kann mithin denknotwendig der streitgegenständliche Zuschuss ebenfalls erst ab diesem Zeitpunkt entstehen. Dann aber stellt er gerade keine Gegenleistung für die von dem Kläger gegenüber der Beklagten bis zum seinem Ausscheiden vertraglich geschuldete Arbeitsleistung dar sondern handelt es sich vielmehr um eine einseitige Leistungsverpflichtung für diese.
1472) Ebenfalls besteht für den Kläger ein Anspruch auf Verzinsung seiner monatlichen Forderung mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.08.2014 nach §§ 291, 288 Abs.1 S.2 BGB.
148Sämtliche vorliegend streitgegenständliche Differenzzahlungen waren bei zu diesem Zeitpunkt erfolgter Zustellung des den zuletzt zur Entscheidung gestellten Zahlungsantrag enthaltenen Schriftsatzes vom 29.07.2014 bereits fällig.
149Wie ausgeführt, handelt es sich bei dem streitgegenständliche Zuschuss um eine monatliche Zahlung.
150Mangels eindeutiger Festlegung eines Zahlungszeitpunktes in dem einschlägigen Gesamtsozialplan selbst ist unter Beachtung der gesetzlichen Regelung nach § 271 Abs.1 BGB davon auszugehen, dass der Kläger die Zahlung wenn nicht bereits schon am 01. des jeweiligen Monats so doch jedenfalls nach dessen Ablauf verlangen kann, zumal auch das Anpassungsgeld, wie ausgeführt, vom Tag nach der Entlassung an monatlich nachträglich gezahlt wird.
151II.
152Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs.2 Nr.1, 269 Abs.3 S.2 ZPO.
153Sofern es den zuletzt zur Entscheidung gestellten Antrag betrifft, hat der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits als unterliegende Partei zu tragen.
154Außerdem waren ihr die Prozesskosten insgesamt aufzuerlegen. Die mit der teilweisen Klagerücknahme verbundene Zuvielforderung des Klägers ist mit 166,56 € verhältnismäßig geringfügig und hat zudem keine höheren Kosten veranlasst.
155III.
156Der Streitwert ist nach § 61 Abs.1 ArbGG i.V.m. § 3 ZPO in Höhe des bezifferten Wertes des zuletzt von dem Kläger zur Entscheidung gestellten Zahlungsantrages festgesetzt worden.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Arbeitsgericht Herne Urteil, 03. Sept. 2014 - 1 Ca 3431/13
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Urteil einreichenArbeitsgericht Herne Urteil, 03. Sept. 2014 - 1 Ca 3431/13 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
Tenor
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1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 22. März 2012 - 11 Sa 1634/10 - teilweise aufgehoben und unter Berücksichtigung des in der Revision bezifferten Klageantrags zu 2 neu gefasst.
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Auf die Berufung der Beklagten und unter Zurückweisung ihrer weitergehenden Berufung wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 28. Juli 2010 - 1 Ca 1892/09 - teilweise abgeändert.
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Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 75.915,60 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 1.265,26 Euro ab dem 1. April 2008, 2. Mai 2008, 3. Juni 2008, 1. Juli 2008, 1. August 2008, 2. September 2008, 1. Oktober 2008, 1. November 2008, 2. Dezember 2008, 2. Januar 2009, 3. Februar 2009, 3. März 2009, 1. April 2009, 4. Mai 2009, 2. Juni 2009, 1. Juli 2009, 1. August 2009, 1. September 2009, 1. Oktober 2009, 3. November 2009, 1. Dezember 2009, 4. Januar 2010, 2. Februar 2010, 2. März 2010, 1. April 2010, 3. Mai 2010, 1. Juni 2010 und dem 1. Juli 2010 zu zahlen.
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Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
-
2. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Tatbestand
- 1
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Die Parteien streiten über die Berechnung eines Zuschusses zum Anpassungsgeld nach einem Gesamtsozialplan.
- 2
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Der 1958 geborene Kläger war seit 1977 bei der Beklagten, die ein Unternehmen des Steinkohlenbergbaus betreibt, zunächst als Hauer beschäftigt. Seit dem Jahre 1998 war er über Tage als technischer Angestellter tätig. Zum 1. Januar 1999 wurde er zum hauptamtlichen Hauptgerätewart der Grubenwehr bestellt. Die damit verbundenen Aufgaben wurden ihm als Bestandteil des Dienstvertrags zur verantwortlichen Erfüllung übertragen. Er organisierte für die etwa 130 freiwilligen Mitglieder der Grubenwehr zwei- bis dreimal wöchentlich am Nachmittag außerhalb seiner Arbeitszeit als technischer Angestellter obligatorische Rettungsübungen, nahm an ihnen teil und bescheinigte den Mitgliedern jeweils die Teilnahme an den Übungen. Hierfür erbrachte die Beklagte zusätzlich zum tariflichen Arbeitsentgelt Zahlungen nach einer Vorstandsrichtlinie, die in den Entgeltabrechnungen unter der Lohn- und Gehaltsart „1015 Grubenwehr-Übung außerhalb“ ausgewiesen waren. Diese beliefen sich monatlich auf etwa 30 % bis 40 % seiner gesamten Bruttobezüge.
- 3
-
Zum 29. Februar 2008 schied der Kläger aus dem Arbeitsverhältnis in den vorgezogenen Ruhestand aus. Seit dem 1. März 2008 bezieht er Anpassungsgeld auf der Grundlage der „Richtlinie über die Gewährung von Anpassungsgeld an Arbeitnehmer des Steinkohlenbergbaus“. Zusätzlich erhält er von der Beklagten auf der Grundlage des „Gesamtsozialplans zum Anpassungsprogramm der Deutschen Steinkohle AG“ (GSP) vom 25. Juni 2003 einen Zuschuss in Höhe von monatlich 127,09 Euro brutto. In diesem ist bestimmt:
-
„…
§ 2
Arbeitnehmer, die mit Anspruch auf Anpassungsgeld oder Knappschaftsausgleichsleistungen ausscheiden
…
7. Zuschuss zum Anpassungsgeld
(1)
DSK leistet einen Zuschuss zum Anpassungsgeld, wenn das Anpassungsgeld … das Garantieeinkommen nicht erreicht.
…
(3)
Das Garantieeinkommen beträgt 60 % des Brutto-Monatseinkommens, jedoch höchstens 60 % der im Zeitpunkt der Entlassung für Monatsbezüge in der knappschaftlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze.
Für die Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird das Entgelt der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden zugrunde gelegt. Einmalzahlungen und Mehrarbeitsgrundvergütungen bleiben bei der Ermittlung außer Betracht. Weiterhin bleiben Lohn- bzw. Gehaltsbestandteile, die nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen, bei der Ermittlung außer Betracht. Der so ermittelte Betrag wird durch die Anzahl der im 12-Monatszeitraum angefallenen Versicherungstage dividiert und mit dem Faktor 30 multipliziert.
Bei der Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird das im Jahr des Ausscheidens jeweils gültige Weihnachtsgeld mit einem monatlichen Anteil von 1/12 berücksichtigt.
…“
- 4
-
Die Parteien des Gesamtsozialplans unterzeichneten am 27. Mai 2010 eine „Protokollnotiz VII zum Gesamtsozialplan zum Anpassungsprogramm vom 25.06.2003“. Darin heißt es:
-
„Die Vertragsparteien stimmen überein, dass bei der Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens gemäß
●
§ 2 Ziffer 7 (‚Zuschuss zum Anpassungsgeld’) Absatz 3 des Gesamtsozialplans,
…
die in der Anlage zu dieser Protokollnotiz aufgeführten Lohn- und Gehaltsarten nicht zu berücksichtigen sind.
Weiterhin stellen die Vertragsparteien klar, dass dieses gemeinsame Verständnis der Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens i.S.d. vorgenannten Vorschriften des Gesamtsozialplans bereits bei Abschluss des Gesamtsozialplans am 25.06.2003 vorhanden war und dem Abschluss des Gesamtsozialplans zugrunde lag.“
- 5
-
In der Anlage dazu ist „1015 Grubenwehr-Übung ausserh.“ aufgeführt.
- 6
-
Der Kläger hat geltend gemacht, der Zuschuss zum Anpassungsgeld sei unter Einbeziehung der Grubenwehrzulage zu berechnen. Hierbei handele es sich um Entgelt im Sinne des Gesamtsozialplans. Ihm stünden deshalb monatlich weitere 1.265,26 Euro zu.
- 7
-
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
-
1.
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 36.692,54 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 1.265,26 Euro ab dem 1. April 2008, 1. Mai 2008, 1. Juni 2008, 1. Juli 2008, 1. August 2008, 1. September 2008, 1. Oktober 2008, 1. November 2008, 1. Dezember 2008, 1. Januar 2009, 1. Februar 2009, 1. März 2009, 1. April 2009, 1. Mai 2009, 1. Juni 2009, 1. Juli 2009, 1. August 2009, 1. September 2009, 1. Oktober 2009, 1. November 2009, 1. Dezember 2009, 1. Januar 2010, 1. Februar 2010, 1. März 2010, 1. April 2010, 1. Mai 2010, 1. Juni 2010, 1. Juli 2010 zu zahlen;
2.
die Beklagte zu verurteilen, ihm weitere 39.223,06 Euro zu zahlen.
- 8
-
Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, die Grubenwehrzulage sei bei der Berechnung des Garantieeinkommens nicht zu berücksichtigen. Hierüber habe bei Abschluss des Gesamtsozialplans zwischen den Betriebsparteien Einigkeit bestanden, was die „Protokollnotiz vom 25.06.2003“ klarstelle.
- 9
-
Das Arbeitsgericht hat der Klage in dem in der Revision noch anhängigen Umfang entsprochen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seine Zahlungsanträge weiter.
Entscheidungsgründe
- 10
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Die zulässige Revision ist überwiegend begründet. Die dem Kläger für seine Tätigkeit als hauptamtlicher Hauptgerätewart gezahlte Grubenwehrzulage ist bei der Berechnung der Höhe des Zuschusses zum Anpassungsgeld nach dem Gesamtsozialplan zu berücksichtigen. Die Nebenforderung ist teilweise unbegründet. Sie besteht nicht ab dem Ersten des Folgemonats, wenn dieser auf einen Sonnabend, Sonntag oder Feiertag fällt. Insoweit war die Klage abzuweisen.
- 11
-
I. Der Kläger hat nach § 2 Nr. 7 Abs. 1 und Abs. 3 GSP im streitbefangenen Zeitraum Anspruch auf einen weiteren Zuschuss zum Anpassungsgeld in Höhe von monatlich 1.265,26 Euro. Dies ergibt die Auslegung des Gesamtsozialplans.
- 12
-
1. Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge oder Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Bei unbestimmtem Wortsinn sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen verfolgte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen sowie die von den Betriebsparteien praktizierte Handhabung der Betriebsvereinbarung. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Regelung führt(BAG 27. Juli 2010 - 1 AZR 67/09 - Rn. 9).
- 13
-
2. Der Wortlaut des Gesamtsozialplans spricht dafür, die dem Kläger gewährte Grubenwehrzulage bei der Bemessung des Zuschusses zum Anpassungsgeld zu berücksichtigen.
- 14
-
a) Nach § 2 Nr. 7 Abs. 3 Satz 2 GSP wird für die Ermittlung des Bruttomonatseinkommens das Entgelt der letzten zwölf abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden zugrunde gelegt. Nach allgemeinem Sprachgebrauch ist unter Entgelt die Gegenleistung für geleistete Arbeit zu verstehen (BAG 12. April 2011 - 1 AZR 412/09 - Rn. 21, BAGE 137, 300). Kennzeichnend für den Entgeltcharakter einer Leistung ist damit, dass sie in einem zumindest teilweise synallagmatischen Verhältnis zur Arbeitsleistung steht, also eine Gegenleistung hierfür darstellt.
- 15
-
b) Hiervon ausgehend legt bereits der Wortlaut des § 2 Nr. 7 Abs. 3 Satz 2 GSP nahe, dass die dem Kläger gezahlte Grubenwehrzulage Entgelt für geleistete Arbeit war. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit nicht genügend berücksichtigt, dass dem Kläger mit der Bestellung zum hauptamtlichen Hauptgerätewart die damit verbundenen Aufgaben als Bestandteil seines Dienstvertrags übertragen wurden. Sie sind damit ein weiterer Teil seiner bereits bestehenden Arbeitspflichten geworden. Für diese Arbeitsleistungen, die er außerhalb seiner Arbeitszeiten als technischer Angestellter erbrachte, erhielt er eine Vergütung nach den in der Vorstandsrichtlinie „Bezahlung von Gruben- und Gasschutzwehren“ im Einzelnen geregelten Sätzen.
- 16
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3. Der Regelungszusammenhang des Gesamtsozialplans bestätigt dieses Auslegungsergebnis.
- 17
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a) Nach § 2 Nr. 7 Abs. 3 Satz 3 und Satz 4 GSP bleiben Einmalzahlungen und Mehrarbeitsvergütungen sowie Lohn- und Gehaltsbestandteile, die nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen, außer Betracht. Hierbei handelt es sich nicht um Entgelt, das in einem synallagmatischen Verhältnis zu erbrachten Arbeitsleistungen steht, sondern um Zusatzleistungen mit besonderer Zweckbestimmung. Diese sind daher nicht in die Bemessungsgrundlage „Bruttomonatseinkommen“ einzubeziehen. Abweichend von diesem Grundsatz sieht § 2 Nr. 7 Abs. 3 Satz 6 GSP in einer Rückausnahme vor, dass das im Jahr des Ausscheidens jeweils gültige Weihnachtsgeld mit einem monatlichen Anteil von 1/12 zu berücksichtigen ist. Diese Bestimmung ist erforderlich, weil nach der Regelungssystematik das Weihnachtsgeld kein Entgelt und damit an sich nicht zu berücksichtigen ist.
- 18
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b) Nach dieser Regelungssystematik ist die Grubenwehrzulage Entgelt, das bei der Ermittlung des Bruttomonatseinkommens einzubeziehen ist. Sie ist sozialversicherungspflichtiges Arbeitseinkommen, das weder eine Einmalzahlung noch eine Mehrarbeitsvergütung darstellt. Letzteres ist in der Vorstandsrichtlinie zur Bezahlung der Grubenwehren klargestellt und wird von der Beklagten auch nicht behauptet.
- 19
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4. Ein solches Normverständnis entspricht dem Regelungszweck des Gesamtsozialplans. Durch den Zuschuss zum Anpassungsgeld werden nach § 2 Satz 1 GSP die Richtlinien zur Gewährung des Anpassungsgeldes(zuletzt in der Fassung vom 12. Dezember 2008, BAnz 2008 S. 4697) ergänzt. Diese bezwecken gemäß Nr. 1.1, die mit dem Steinkohlefinanzierungsgesetz vom 20. Dezember 2007 beschlossene Beendigung des subventionierten Steinkohlebergbaus sozialverträglich zu flankieren. Wird durch das nach diesen Richtlinien gezahlte Anpassungsgeld das Garantieeinkommen in Höhe von 60 % des Bruttomonatseinkommens nicht erreicht, besteht nach § 2 Nr. 7 Abs. 1 und Abs. 3 GSP ein Anspruch auf einen Zuschuss zum Anpassungsgeld. Damit dient das Anpassungsgeld dazu, den in dieser Bestimmung festgelegten sozialen Besitzstand zu sichern, der sich nach der Höhe des Entgelts richtet, das der Arbeitnehmer als Gegenleistung für erbrachte Arbeitsleistungen erhalten hat. Da die Tätigkeit als hauptamtlicher Hauptgerätewart in der Grubenwehr zu den arbeitsvertraglichen Pflichten des Klägers gehörte, spricht auch eine am Normzweck orientierte Auslegung dafür, das für diese Arbeitsleistung bezogene Entgelt bei der Ermittlung des für die Berechnung des Zuschusses maßgeblichen Bruttomonatseinkommens einzubeziehen.
- 20
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5. Aus der Entstehungsgeschichte des Gesamtsozialplans ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten kein anderes Ergebnis. Der bis zum Jahre 2002 geltende „Gesamtsozialplan über die öffentlichen und betrieblichen Leistungen und Vorsorgemaßnahmen für die von Stillegungen betroffenen Arbeitnehmer des Steinkohlenbergbaus“ vom 15. Mai 1968 wurde im Jahre 2003 durch den hier anwendbaren Gesamtsozialplan vollständig abgelöst. Dieser enthält ein eigenständiges Regelungswerk. Die zu dem früheren Gesamtsozialplan ergangenen Erlasse und Hinweisschreiben der Arbeitsverwaltung können schon deshalb für die Auslegung der neuen Vereinbarung nicht herangezogen werden.
- 21
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II. Die Protokollnotiz vom 27. Mai 2010 steht dieser Auslegung des Gesamtsozialplans nicht entgegen.
- 22
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1. Hierbei handelt es sich um eine Auslegungshilfe und nicht um eine eigenständige normative Regelung. Die Betriebsparteien haben in der Protokollnotiz ihr gemeinsames Verständnis von den bei der Ermittlung des Bruttomonatseinkommens nach § 2 Nr. 7 Abs. 3 GSP zu berücksichtigenden Entgeltbestandteilen zum Ausdruck gebracht und ausgeführt, dass dies bereits bei Abschluss des Gesamtsozialplans bestand. Damit haben sie den Begriff „Bruttomonatseinkommen“ nicht konstitutiv neu festgelegt, sondern nur verdeutlicht, wie ihrer Auffassung nach ein bestimmtes Tatbestandsmerkmal des Gesamtsozialplans zu verstehen ist.
- 23
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2. Dieses Normverständnis der Betriebsparteien hat im Gesamtsozialplan allerdings keinen hinreichenden Niederschlag gefunden und kann deshalb nicht berücksichtigt werden. Da es bei dessen Auslegung darum geht festzustellen, wie die Normunterworfenen und die Gerichte eine Regelung zu verstehen haben (BAG 19. Juni 2007 - 1 AZR 541/06 - Rn. 13), sind Betriebsvereinbarungen objektiv auszulegen. Der subjektive Regelungswille der Betriebsparteien ist nur zu berücksichtigen, soweit er in der betreffenden Regelung erkennbaren Ausdruck gefunden hat (Kreutz GK-BetrVG 9. Aufl. § 77 Rn. 65; Fitting BetrVG 26. Aufl. § 77 Rn. 15). Anders als in dem Sachverhalt, der dem Senatsurteil vom 2. Oktober 2007 (- 1 AZR 815/06 -) zugrunde lag, haben die Betriebsparteien hier den Begriff des Entgelts in § 2 Nr. 7 Abs. 3 GSP hinreichend deutlich bestimmt. Das Verständnis der Betriebsparteien zur fehlenden Einbeziehung von Grubenwehrzulagen, die hauptamtliche Hauptgerätewarte beanspruchen können, die arbeitsvertraglich zu dieser Tätigkeit in der Grubenwehr verpflichtet sind, ist mit Wortlaut, systematischem Regelungszusammenhang und dem sich hieraus erschließenden Zweck unvereinbar. Ein solcher Regelungswille kann deshalb keine Berücksichtigung finden.
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Schmidt
Koch
Linck
Hayen
Rath
Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken.
(2) Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.
(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.
(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.
(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.
(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.
(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.
(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.
(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.