Arbeitsgericht Bonn Urteil, 10. März 2016 - 3 Ca 2378/15
Tenor
1. Der Klageantrag zu 1) wird als unzulässig und die Klage im Übrigen als unbegründet abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Streitwert: 38.999,92 €
4. Eine gesonderte Zulassung der Berufung gem. § 64 Abs. 3 ArbGG erfolgt nicht.
1
Tatbestand:
2Der Kläger war seit 1981, zunächst bei der E., danach bei der Beklagten beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten endete durch dreiseitigen Vertrag, aufgrund dessen das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten zum 30.11.2005 einvernehmlich endete und ein neues Arbeitsverhältnis mit der W. begründet wurde. Die W. war zu diesem Zeitpunkt eine hundertprozentige Tochter der Beklagten.
3Bei der W. wurde der Kläger zuletzt als „Experte Technik“ beschäftigt und in die Entgeltgruppe 5 eingruppiert.
4Zum 01.01.2008 kam es zu einem Betriebsübergang von der W. zur O. Über diesen Betriebsübergang wurde der Kläger von der W. und der O. mit Schreiben vom 16.11.2007 unterrichtet. Über die Wirksamkeit dieses Unterrichtungsschreibens streiten die Parteien im vorliegenden Verfahren.
5Mit Wirkung zum 10.09.2012 wurde die W. mit der Beklagten verschmolzen.
6Mit Schreiben vom 10.01.2013 wendete sich der Kläger an die Beklagte und teilte ihr mit, dass nach seiner Auffassung noch ein Arbeitsverhältnis bestehe. Die Beklagte solle dies bestätigen. Die Beklagte reagierte auf dieses Schreiben mit der Nachricht, dass man nach Abschluss des bei der O. anstehenden Interessenausgleichs und Sozialplanverhandlungen wieder auf den Kläger zukommen werde. Die Beklagte sicherte zu, dass sich die Rechtsposition des Klägers durch das Abwarten bis zum Abschluss der Verhandlungen bei O. und der Rückmeldung der Beklagten nicht verschlechtere.
7Bereits im Jahr 2013 machte der Kläger gegenüber der Beklagten das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses geltend (Arbeitsgericht Oldenburg, 6 Ca 200/13). Auf den dortigen Antrag des Klägers festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht, wies das Arbeitsgericht Oldenburg mit Urteil vom 06.05.2014 die Klage ab. Zur Begründung verwies das Arbeitsgericht Oldenburg darauf, dass der dreiseitige Vertrag wirksam abgeschlossen worden sei und das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten beendet habe. Auch soweit der Kläger sich auf einen noch möglichen Widerspruch gegen einen Betriebsübergang stütze, habe er das Vorliegen eines Betriebsübergangs von der W. auf die O. nicht vorgetragen.
8Laut einem internen Memo vom 20.09.2007 betreffend „die Dekonsolidisierung der W.“ hatte sich der Erwerber verpflichtet eine so genannte Patronatserklärung zum Bestandsschutz der neuen Gesellschaft bis Januar 2009 („Insolvenzschutz“) abzugeben. Bis zum 31.12.2008 sollte eine Standortgarantie abgegeben und betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen werden. Weiter sollte an den Erwerber ein Verlust- und Restrukturierungsausgleich von max. 280 Mio. € über fünf Jahre gezahlt werden und eine sogenannte Workload in Höhe von 280 Mio. über fünf Jahre in Form von Investitionsprojekten zu Marktkonditionen garantiert werden.
9Der Kläger widersprach dem Betriebsübergang mit weiterem Schreiben vom 12.08.2015, das der Beklagte am 14.08.2015 zuging.
10Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der O. wurde zum 31.12.2013 beendet. Der Kläger hat zum 01.01.2014 eine neue Tätigkeit aufgenommen.
11Der Kläger ist der Auffassung, dass er mit Schreiben vom 10.01.2013 und mit Schreiben vom 12.08.2015 wirksam dem Betriebsübergang widersprochen habe. Das Unterrichtungsschreiben zum Betriebsübergang vom 16.11.2007 sei fehlerhaft gewesen. Das Unterrichtungsschreiben habe insbesondere keine Hinweise über die besonderen Stützungsmaßnahmen der O. enthalten. Es sei nicht auf das Sozialplanprivileg des Erwerbers hingewiesen worden. Weiter sei ein falscher Geschäftsführer benannt worden. Entgegen der Angaben im Unterrichtungsschreiben habe die O. zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs noch keine Mitarbeiter beschäftigt.
12Der Kläger ist außerdem der Auffassung, dass der begehrten Feststellung eines Arbeitsverhältnisses nicht die Rechtskraft des Urteils des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 06.05.2014 entgegenstehe. Das Arbeitsrecht Oldenburg habe nur das alte Arbeitsverhältnis mit der Beklagten vor Abschluss des dreiseitigen Vertrages überprüft. Gegenstand der hiesigen Überprüfung sei jedoch das neue Arbeitsverhältnis des Klägers mit der W., das im Falle eines wirksamen Widerspruches durch Verschmelzung auf die Beklagte übergegangen sei.
13Auf Verwirkung könne sich die Beklagte nicht berufen, da sie durch ihre Rückantwort auf den Widerspruch des Klägers vom 10.01.2013 auf Verwirkung verzichtet habe. Außerdem stelle die Berufung auf Verwirkung eine unzulässige Rechtsausübung dar, da der Kläger durch das Unterrichtungsschreiben vorsätzlich und im erheblichen Umfang über die finanzielle Situation der O. getäuscht worden sei.
14Der Kläger beantragt:
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1. Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien über den 31.12.2007
hinaus ein Arbeitsverhältnis besteht.
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2. Für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1), die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits zu unveränderten Bedingungen als „Experte Technik“ zu beschäftigen.
-
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3. Die Beklagte wird verurteilt, für die Zeit vom 13.01.2013 bis Juli 2015 an den Kläger 25.433,08 € brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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4. Die Beklagte wird verurteilt, für die Zeit vom 01.02.2013 bis September 2014 1.362,33 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit auf das Versorgungskonto des Klägers zur Personalnummer 3. bei der N., T., einzuzahlen und hierüber eine Abrechnung zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
25die Klage abzuweisen.
26Sie ist der Auffassung, dass einem Anspruch des Klägers auf Feststellung des Arbeitsverhältnisses die Rechtskraft des Urteils des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 06.05.2014 entgegenstehe.
27Außerdem sei ein möglicher Anspruch des Klägers verwirkt. Durch einen Eintritt in die Transfergesellschaft der O. und dem Bezug von Zwischenverdienst habe der Kläger über ein von ihm behauptetes Arbeitsverhältnis mit der Beklagten disponiert, so dass neben dem Zeitmoment auch das Umstandsmoment für die Verwirkung eingetreten sei.
28Entscheidungsgründe:
291. Soweit der Kläger die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien begehrt, ist die Klage unzulässig.
30Die Rechtskraft des Urteils des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 6.05.2014 (6 Ca 200/13) steht einem erneuten Verfahren entgegen.
312. Die Kammer schließt sich dabei den Entscheidungsgründen aus dem Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 16.09.2015 (4 Ca 807/15) in vollem Umfange an und weist lediglich bezogen auf den Einzelfall auf Folgendes hin:
32a) Bei identischem Streitgegenstand ist die Rechtskraft negative Prozessvoraussetzung. Das Arbeitsgericht Oldenburg hat die Feststellungsklage des Klägers bei identischem Streitgegenstand und angesichts des auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen den identischen Parteien rechtskräftig abgewiesen. Dabei wird das Bestehen des Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt der Entscheidung aus allen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten verneint. Zur Rechtskraftwirkung gehört nicht nur die Präklusion des im ersten Prozesses vorgetragenen Tatsachen, sondern auch die der nicht vorgetragenen Tatsachen, sofern diese nicht erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung entstanden sind, sondern bei natürlicher Anschauung zu dem im Vorprozess vorgetragenen Lebenssachverhalt gehören (vgl. Arbeitsgericht Bonn, a.a.O).
33b) Daher kann der Kläger auch nicht mit seinem Einwand eingreifen, das Gegenstand der Überprüfung des Arbeitsgerichts Oldenburg das ursprüngliche Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten vor Abschluss des dreiseitigen Vertrages gewesen sei, während Gegenstand des hiesigen Verfahrens der danach folgende Arbeitsvertrag der W. mit dem Kläger sei. Dabei übersieht der Kläger, dass auch bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung des Arbeitsgerichts Oldenburg am 06.05.2014 die W. wieder mit der E. verschmolzen war. Die Überprüfung des Arbeitsgerichts Oldenburg umfasste daher auch diese Tatsache und die Rechtsfolge, dass das Arbeitsverhältnis bei rechtmäßigem Widerspruch gegen einen Betriebsübergang wieder auf die Beklagte übergegangen wäre. Damit unterfallen der Rechtskraft alle für den Erfolg des Klägers notwendigen Tatsachen. Insbesondere unterfällt der Rechtskraft auch, dass ein Arbeitsverhältnis mit der W. begründet wurde, aus dem nur dann ein Arbeitsverhältnis kraft Verschmelzung mit der Beklagten geworden wäre, wenn der Kläger wirksam einem Betriebsübergang widersprochen hätte.
34Genau diese Tatsachen und Rechtsfragen sind im gleichen Maße Gegenstand des hiesigen Verfahrens.
35c) Dementsprechend stellt auch das vom Kläger herangeführte Memo bezüglich des Betriebsübergangs von der W. auf die O. keine neue, erst nach dem Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 06.05.2014 entstandene Tatsache dar, da das Memo bereits aus dem Jahre 2007 und damit aus der Zeit vor der Entscheidung des Arbeitsgerichts Oldenburg stammt.
36d) Der Streitgegenstand ist auch nicht durch den Widerspruch des Klägers am 12.08.2015 verändert worden. Zu Recht verweist das Arbeitsgericht Bonn (aaO.) darauf, dass für die zeitlichen Grenzen der materiellen Rechtskraft bei Gestaltungsrechten auf den Zeitpunkt ihres Entstehens und die objektive Befugnis zu ihrer Ausübung, nicht aber auf deren tatsächlichen Ausübung, abgestellt wird. Da das Unterrichtungsschreiben vom 16.11.2007 nach der Auffassung des Klägers von Beginn an fehlerhaft war, waren die Tatsachen für die Ausübung des Widerspruches bereits vor der Entscheidung des Arbeitsgerichts Oldenburg entstanden und hätten den Kläger schon zuvor zur Ausübung seines Gestaltungsrechtes berechtigt. Die Tatsache, dass der Kläger sein Widerspruchsrecht erst später ausgeübt hat, ändert den Streitgegenstand nicht.
37Wegen der entgegenstehenden Rechtskraft des Urteils des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 06.05.2014 ist die auf die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses gerichtete Klage unzulässig.
382. Aufgrund der Unzulässigkeit der Klage steht fest, dass zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis besteht. Daher ist Klage bezüglich der Zahlungsansprüche aus Annahmeverzug bezüglich der Ziffern 3) und 4) zwar zulässig aber unbegründet.
393. Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 ArbGG in Verbindung mit § 91 Abs. 1 ZPO.
40Der Streitwert wurde bestimmt gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG in Verbindung §§ 3 ff. ZPO und § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG in Höhe von drei Gehältern für den Antrag zu 1) und in Höhe der Zahlungsanträge für die Anträge zu 3) und 4).
41Aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls kommt eine gesonderte Zulassung gemäß § 64 Abs. 3 ArbGG nicht in Betracht.
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(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.
(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.
(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.
(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.
(1) Bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, einer Dienstpflicht oder einer Tätigkeit, die anstelle einer gesetzlichen Dienstpflicht geleistet werden kann, bei Ansprüchen von Arbeitnehmern auf wiederkehrende Leistungen sowie in Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen dem Grunde oder der Höhe nach geltend gemacht oder abgewehrt werden, ist der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen maßgebend, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. Ist im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit die Höhe des Jahresbetrags nicht nach dem Antrag des Klägers bestimmt oder nach diesem Antrag mit vertretbarem Aufwand bestimmbar, ist der Streitwert nach § 52 Absatz 1 und 2 zu bestimmen.
(2) Für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend; eine Abfindung wird nicht hinzugerechnet. Bei Rechtsstreitigkeiten über Eingruppierungen ist der Wert des dreijährigen Unterschiedsbetrags zur begehrten Vergütung maßgebend, sofern nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist.
(3) Die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge werden dem Streitwert hinzugerechnet; dies gilt nicht in Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen. Der Einreichung der Klage steht die Einreichung eines Antrags auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe gleich, wenn die Klage alsbald nach Mitteilung der Entscheidung über den Antrag oder über eine alsbald eingelegte Beschwerde eingereicht wird.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.