Amtsgericht Wuppertal Urteil, 28. Okt. 2014 - 33 C 149/13
Tenor
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt,
es zu unterlassen, auf ihrem Grundstück Geflügel in der
Weise zu halten, dass davon ausgehendes Hahnenkrähen
im Hause H-Straße, X, zu hören ist.
Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreites zu
tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckten Betrages.
1
T a t b e s t a n d :
2Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Bei deren Grundstücken handelt es sich um solche, die in einer Stadtrand-Wohnlage, fast ausschließliche Wohnbebauung, Grünlage, umgeben von Wiesen und Wald, liegen. Der Gebäudebestand dort ist vom Alter der Bebauung her gemischt.
3Die Beklagten betreiben auf ihrem Grundstück Hühnerhaltung, der Hühnerstall liegt ca. 3 m von der gemeinsamen Grenze, das Gehege grenzt an das Grundstück des Klägers. Die Beklagten halten seit Sommer 2012 einen Hahn, der naturgemäß kräht. Der Kläger und seine Familie fühlen sich dadurch gestört.
4Der Kläger beantragt,
5wie erkannt,
6hilfsweise: Das Unterlassungsbegehren auf eine Zeit zwischen 12:00 Uhr
7bis 15:00 Uhr und zwischen 19:00 Uhr und 8:00 Uhr morgens, am
8Wochenende 9:00 Uhr morgens zu beschränken,
9hilfs-hilfsweise, das Unterlassungsbegehren auf eine Zeit zwischen
1022:00 Uhr und 6:00 Uhr zu beschränken.
11Die Beklagten beantragen Klageabweisung.
12Wegen des weiteren Vorbringens und des Ergebnisses der Beweisaufnahme, der Sachverständige Dipl.-Ing. T, C, hat ein schriftliches Gutachten erstattet und dies in mündlicher Verhandlung erläutert, wird auf die gewechselten Schriftsätze, die Sitzungsniederschriften und jenes schriftliche Gutachten verwiesen.
13E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
14Die Klage ist begründet.
15Dem Kläger steht ein Unterlassungsanspruch wegen des Hahnenkrähens zu (§ 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB), ohne dass er insoweit zur Duldung verpflichtet wäre (§§ 1004 Abs. 2, 906 Abs. 1 Satz 1, Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BGB).
16Die Beklagten als Halter der Hähne sind Störer im Sinne der oben genannten Vorschrift.
17Es konnte nicht festgestellt werden, dass die vom Hahnengeschrei ausgehende Geräuschentwicklung für den Kläger eine bloß unwesentliche Beeinträchtigung bedeutet.
18Dabei kann dahinstehen, ob Hahnengeschrei außerhalb ausschließlich landwirtschaftlich geprägter und genutzter Gebiete ohne Rücksicht auf seine Intensität unüblich ist (so von Staudinger/Roth, BGB, Neubearbeitung 2009, § 906, Rdn. 154; LG München I, Urteil vom 3. März 1989, 30 O 1123/87, NJW-RR 1989, 1178; LG Ingolstadt, Urteil vom 30. November 1989, 4 O 1279/88, NJW-RR 1991, 654). Jedenfalls erreicht das Hahnengeschrei auf dem Grundstück der Kläger Werte, die die zulässigen Werte gemäß TA-Lärm, eine technische Anleitung zur Erfassung und Beurteilung von Geräuschimmissionen, überschreiten. Hierbei hat der Sachverständige nachvollziehbar und berechtigt die Zuschläge aufgrund des Impulsgeräusches und der Ballung des Hahnengeschreis auf einer Tonfrequenz angesetzt. Die Richtwerte für Geräuschimmissionen der TA-Lärm sind nicht nur zur Beurteilung der Zulässigkeit von Geräuschimmissionen von gewerblichen oder industriellen Anlagen aussagekräftig, sondern auch zur Beurteilung der von Freizeitanlagen verursachten Geräusche (vgl. BGH, Urteil vom 23. März 1990, V ZR 58/89).
19Unter diesen Umständen ist, auch wenn es sich bei der Wohnbebauung der Parteien in einem Stadtrandgebiet handelt, die von dem Hahnengeschrei ausgehende Geräuschentwicklung auf das Grundstück des Klägers nicht als nur unwesentlich zu beurteilen. Folglich besteht ein erfolgsbestimmter Unterlassungsanspruch, wie ausgesprochen.
20Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 708 Ziff. 11, 711 ZPO.
21Streitwert: 4.000,00 Euro, ausgehend von einer Nutzungsminderung des Grundstückes und der zugleich damit betroffenen immateriellen Beeinträchtigung des Klägers und seiner Familie.
22Rechtsbehelfsbelehrung:
23A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
24a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
25b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
26Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Wuppertal, Eiland 1, 42103 Wuppertal, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
27Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Wuppertal zu begründen.
28Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Wuppertal durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
29Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
30B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Wuppertal statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Wuppertal, Eiland 2, 42103 Wuppertal, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
31Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
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Referenzen - Gesetze
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.