Amtsgericht Ulm Beschluss, 22. Sept. 2004 - 3 OWi 193/04

22.09.2004

Tenor

Die Einwendungen des Betroffenen gegen die Zulässigkeit der weiteren Vollstreckung des Fahrverbots aus dem Bußgeldbescheid des Regierungspräsidiums vom 12. Mai 2004 (Az. BG Az) werden als unbegründet zurückgewiesen.

Der Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

 
Durch Bußgeldbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 12. Mai 2004 wurde gegen den Betroffenen ein Bußgeld in Höhe von 50 EUR sowie ein Fahrverbot von einem Monat festgesetzt. Gem. § 25 Abs. 2a StVG wurde bestimmt, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft. Der Betroffene legte über seinen Verteidiger gegen den Bußgeldbescheideinspruch ein. Der Einspruch wurde mit Schriftsatz vom 25. Juni 2004 unter Bezugnahme auf eine gutachterliche Erstbewertung vom 21. Juni 2004 des Sachverständigen H. begründet. Nachdem die Verwaltungsbehörde den Einwendungen nicht erfolgen konnte, wurde der Einspruch mit Schriftsatz vom 23. Juli 2004, vorab per Fax, zurückgenommen und mitgeteilt, dass der Führerschein des Betroffenen mit gleichen Datum bei der zentralen Bußgeldstelle im bayerischen Polizeiverwaltungsamt in V. zu dem Az. BGAz 2 die amtliche Verwahrung gegeben worden sei, nachdem ein Einspruch gegen den dortigen Bußgeldbescheid vom 20. November 2003 am 23. Juli 2004 ebenfalls zurückgenommen worden sei.
Der Betroffene vertritt über seinen Verteidiger die Meinung, dass, da der Gesetzgeber für den vorliegenden Fall keine Vollstreckungsregelung geschaffen habe es bei dem Grundsatz des §§ 25 Abs. 2 Straßenverkehrsgesetz erwerben müsse wonach die Fahrverbote gleichzeitig verbüßt werden. Für den Fall, dass diese Ansicht seitens der Verwaltungsbehörde nicht bestätigt werden können, beantragte der Betroffene die gerichtliche Entscheidung.
Die Verwaltungsbehörde hat den Einwendungen des Betroffenen nicht abgeholfen.
Die Einwendungen des Betroffenen sind als unbegründet zurückzuweisen.
Die Voraussetzungen des § 25 Abs. 2a StVG liegen vor. In beiden Bußgeldbescheiden wurde dem Betroffenen die vier Monate Regelung gem. § 25 Abs. 2a StVG eingeräumt.
Werden mehrere Fahrverbote gem. § 25 Abs. 2a StVG verhängt, so werden die Verbotsfristen addiert, so zu Recht Henschel, StraßenverkehrsR, 36. Aufl., § 25 Randziffer 30, Amtsgericht Heilbronn, Beschluss vom 18. Mai 2004, Az. 31 OWi 3248/03.
§ 25 Abs. 2a StVG wurde vom Gesetzgeber eingeführt, um die Justiz von Einsprüchen zu entlasten, welche nur deswegen eingelegt wurden, um das Fahrverbot zu einem dem Betroffenen genehmen Zeitpunkt wirksam werden zu lassen. Dem Betroffenen sollte hierdurch die Möglichkeit eingeräumt werden, die Zeit des Fahrverbots während einer bestimmten Zeit selbst zu bestimmen. Gleichzeitig wurde vom Gesetzgeber jedoch auch die potenzielle Missbrauchsgefahr durch stark auffällige Verkehrsteilnehmer gesehen und deswegen der § 25 Abs. 2a Satz 2 StVG eingeführt. In den Gesetzesmaterialien heißt es hierzu unter anderem:
„Zu Artikel 4 -- Änderung des Straßenverkehrsgesetzes Zu Nummer 1 (§ 25 Abs. 2 a)
Der Rechtsausschuß hat einen Vorschlag des SPD-Entwurfs in modifizierter Form aufgegriffen, durch den die Justiz von Einsprüchen entlastet werden soll, die allein eingelegt werden, um die Wirksamkeit der Fahrverbote auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Der Rechtsausschuß hat den Vorschlag, wonach der Betroffene innerhalb von vier Monaten nach Rechtskraft des Bußgeldbescheides den Zeitpunkt des Fahrverbots generell selbst bestimmen kann, auf Fälle begrenzt, in denen in den zwei Jahren zuvor kein Fahrverbot gegen den Betroffenen verhängt wurde. Durch die Bestimmung des Satzes 2 wird Mißbrauch ausgeschlossen, der darin bestehen könnte, daß ein Betroffener mehrere kurz hintereinander verhängte Fahrverbote zusammenlegt. Satz 2 bestimmt, daß in diesen Fällen in Abweichung von der sonst gültigen Regelung ausnahmsweise die Fahrverbotsfristen addiert werden.“
10 
(Deutscher Bundestag: Drucksache 13/8655 vom 01.10.1997 (zitiert nach www.dip.bundestag.de))
11 
Eine Gesetzeslücke, wie von dem Betroffenen behauptet, kann deswegen nicht erkannt werden. Vielmehr ist dem Gesetzgeber hier eine eindeutige Regelung gelungen.
12 
Die von dem Betroffenen thematisierte Problematik der gleichzeitigen Rechtskraft der Bußgeldbescheide stellt sich nicht, da es dem Betroffenen nach der gesetzlichen Regelung eben freigestellt ist, wann er welches Fahrverbot binnen der ihm zur Verfügung stehenden Zeit nimmt. Eine parallele Vollstreckung der beiden Fahrverbote ist auf Grund des eindeutigen Wortlauts des Gesetzes nicht möglich.
13 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 StPO.
14 
Die Entscheidung ist gem. § 104 Abs. 3 OWiG nicht anfechtbar.

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Amtsgericht Ulm Beschluss, 22. Sept. 2004 - 3 OWi 193/04 zitiert 4 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 25 Fahrverbot


(1) Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 Absatz 1, die sie unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt, so kann ihr die Verwaltungsbeh

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 104 Verfahren bei gerichtlicher Entscheidung


(1) Die bei der Vollstreckung notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen werden erlassen 1. von dem nach § 68 zuständigen Gericht, wenn ein Bußgeldbescheid zu vollstrecken ist,2. von dem Gericht des ersten Rechtszuges, wenn eine gerichtliche Bu

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(1) Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 Absatz 1, die sie unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt, so kann ihr die Verwaltungsbehörde oder das Gericht in der Bußgeldentscheidung für die Dauer von einem Monat bis zu drei Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a eine Geldbuße festgesetzt, so ist in der Regel auch ein Fahrverbot anzuordnen.

(2) Das Fahrverbot wird mit der Rechtskraft der Bußgeldentscheidung wirksam. Für seine Dauer werden von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine amtlich verwahrt. Dies gilt auch, wenn der Führerschein von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden ist, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. Wird er nicht freiwillig herausgegeben, so ist er zu beschlagnahmen.

(2a) Ist in den zwei Jahren vor der Ordnungswidrigkeit ein Fahrverbot gegen die betroffene Person nicht verhängt worden und wird auch bis zur Bußgeldentscheidung ein Fahrverbot nicht verhängt, so bestimmt die Verwaltungsbehörde oder das Gericht abweichend von Absatz 2 Satz 1, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

(2b) Werden gegen die betroffene Person mehrere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Verbotsfristen nacheinander zu berechnen. Die Verbotsfrist auf Grund des früher wirksam gewordenen Fahrverbots läuft zuerst. Werden Fahrverbote gleichzeitig wirksam, so läuft die Verbotsfrist auf Grund des früher angeordneten Fahrverbots zuerst, bei gleichzeitiger Anordnung ist die frühere Tat maßgebend.

(3) In anderen als in Absatz 2 Satz 3 genannten ausländischen Führerscheinen wird das Fahrverbot vermerkt. Zu diesem Zweck kann der Führerschein beschlagnahmt werden.

(4) Wird der Führerschein in den Fällen des Absatzes 2 Satz 4 oder des Absatzes 3 Satz 2 bei der betroffenen Person nicht vorgefunden, so hat sie auf Antrag der Vollstreckungsbehörde (§ 92 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten) bei dem Amtsgericht eine eidesstattliche Versicherung über den Verbleib des Führerscheins abzugeben. § 883 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(5) Ist ein Führerschein amtlich zu verwahren oder das Fahrverbot in einem ausländischen Führerschein zu vermerken, so wird die Verbotsfrist erst von dem Tag an gerechnet, an dem dies geschieht. In die Verbotsfrist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird.

(6) Die Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozessordnung) wird auf das Fahrverbot angerechnet. Es kann jedoch angeordnet werden, dass die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten der betroffenen Person nach Begehung der Ordnungswidrigkeit nicht gerechtfertigt ist. Der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis steht die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozessordnung) gleich.

(7) Wird das Fahrverbot nach Absatz 1 im Strafverfahren angeordnet (§ 82 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten), so kann die Rückgabe eines in Verwahrung genommenen, sichergestellten oder beschlagnahmten Führerscheins aufgeschoben werden, wenn die betroffene Person nicht widerspricht. In diesem Fall ist die Zeit nach dem Urteil unverkürzt auf das Fahrverbot anzurechnen.

(8) Über den Zeitpunkt der Wirksamkeit des Fahrverbots nach Absatz 2 oder 2a Satz 1 und über den Beginn der Verbotsfrist nach Absatz 5 Satz 1 ist die betroffene Person bei der Zustellung der Bußgeldentscheidung oder im Anschluss an deren Verkündung zu belehren.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Die bei der Vollstreckung notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen werden erlassen

1.
von dem nach § 68 zuständigen Gericht, wenn ein Bußgeldbescheid zu vollstrecken ist,
2.
von dem Gericht des ersten Rechtszuges, wenn eine gerichtliche Bußgeldentscheidung zu vollstrecken ist,
3.
von dem Jugendrichter, dem die Vollstreckung einer gerichtlichen Bußgeldentscheidung obliegt, soweit nicht eine Entscheidung nach § 100 Abs. 1 Nr. 2 zu treffen ist,
4.
von dem Gericht des ersten Rechtszuges im Strafverfahren, wenn eine Entscheidung nach § 102 Abs. 2 zu treffen ist.

(2) Die Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung. Vor der Entscheidung ist den Beteiligten Gelegenheit zu geben, Anträge zu stellen und zu begründen.

(3) Die sofortige Beschwerde ist zulässig gegen die

1.
Anordnung der Erzwingungshaft und die Verhängung des Jugendarrestes,
2.
nachträgliche Entscheidung über die Einziehung (§ 100 Abs. 1 Nr. 2),
3.
gerichtliche Entscheidung in den Fällen des § 103 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 99 Abs. 2;
dies gilt in den Fällen der Nummern 2 und 3 jedoch nur dann, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes zweihundertfünfzig Euro übersteigt. In den übrigen Fällen ist die Entscheidung nicht anfechtbar.