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Die Klage ist zulässig und begründet.
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Die Klage ist zulässig. Das Amtsgericht Tübingen – Zivilgericht – ist örtlich und sachlich zuständiges Prozessgericht. Insbesondere handelt es sich um keine familiengerichtliche Streitigkeit, die vom Amtsgericht – Familiengericht – zu entscheiden wäre. Denn in ständiger Rechtsprechung, der sich auch das Amtsgericht Tübingen anschließt, handelt es sich bei einer Zustimmungsklage zur steuerlichen Veranlagung um einen schuldrechtlichen Anspruch, der eine bürgerliche Vermögensstreitigkeit darstellt (Schellhammer, Familienrecht, 2. Auflage, 2002, Rn. 1430; OLG München, FamRZ 1983, 614; OLG Düsseldorf, FamRZ 1984, 805).
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Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zustimmung zur Zusammenveranlagung für das Jahr 1998 gemäß § 1353 I 2 BGB. Insbesondere kann die Beklagte hier keine Einwände erheben und die Zustimmung nicht von einer Freistellung von Rückforderungsansprüchen des Finanzamtes abhängig machen.
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Gemäß § 1353 I 2 BGB hat der Kläger einen Anspruch auf Zustimmung zur gemeinsamen steuerlichen Veranlagung. Nach dieser Vorschrift sind die Ehegatten einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet und tragen gemeinsam füreinander die Verantwortung. Dabei ergibt sich aus dem Wesen der Ehe grundsätzlich für beide Ehegatten die Verpflichtung, die finanziellen Lasten des anderen Teils nach Möglichkeit zu vermindern.
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So war während der Ehe der Parteien eindeutig eine Regelung dahingehend bestimmt, dass der Kläger in der Lohnsteuerklasse 3 und die Ehefrau in der Lohnsteuerklasse 5 eingestuft wird.
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Diese Verpflichtung besteht nicht nur für das Jahr 1997 – was die Beklagte anerkannt hat und wo sie auch zugestimmt hat – sondern auch für das Jahr 1998.
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In ständiger Rechtsprechung, der sich auch das Amtsgericht Tübingen anschließt sind Eheleute während der Ehe und dem Jahr der Trennung zu einer Mitwirkung an der steuerlichen Zusammenveranlagung gem. § 1353 I S. 2 BGB verpflichtet (OLG Dresden, FamRZ 2002, 1025). Denn aus dem Wesen der Ehe ergibt sich grundsätzlich die Verpflichtung, die finanziellen Lasten des anderen Teils nach Möglichkeit zu vermindern, wobei eine hiernach begründete familienrechtliche Verpflichtung der Zusammenwirkung zuzustimmen auch nach der Scheidung als Nachwirkung der Ehe bestehen bleibt (OLG Dresden, a. a. O., BGH, FamRZ 1977, 38).
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Demnach kann der Kläger auch für das Jahr 1998 die Zustimmung der Beklagten verlangen, da eine Scheidung bzw. Trennung noch nicht erfolgt war, und die Ehe noch bestand, wenn auch Mitte 1998 eine Trennung erfolgte.
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Insbesondere kann die Beklagte ihre Zustimmung zur Zusammenveranlagung nicht davon abhängig machen, dass der Kläger sie von der Rückzahlung an das Finanzamt ... freistellt. Zwar ist der die Zustimmung verlangende Ehegatte regelmäßig zum internen Ausgleich verpflichtet, wenn sich bei dem anderen Ehegatten die Steuerschuld infolge der Zusammenveranlagung im Vergleich zur getrennten Veranlagung erhöht, dies gilt aber nicht, wenn die Ehegatten eine andere Aufteilung der Steuerschulden – wie hier vorliegend – konkludent vereinbart haben (BGH, FamRZ 2002, 1025).
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Denn durch die langjährige Vereinbarung der Parteien, wonach die Beklagte in die Lohnsteuerklasse 5 und der Kläger in die Lohnsteuerklasse 3 geht, wurde eine andere Aufteilung der Steuerschulden vereinbart.
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Das Innenverhältnis der Parteien richtet sich dabei nach § 426 BGB, wobei die Parteien in den Streitjahren als Gesamtschuldner für die Abgaben gem. § 44 AO haften. Nach § 426 BGB haften die Gesamtschuldner grundsätzlich zu gleichen Teilen, sofern nichts anderes bestimmt ist.
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Eine solche andere Bestimmung haben die Parteien aber durch ihre langjährige Steuerpraxis begründet.
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Denn es ist davon auszugehen, dass die Parteien die Wahl von Lohnsteuerklasse 3 und 5 bewußt gewählt haben, um mehr Geldmittel für den gemeinsamen Haushalt zur Verfügung zu haben. Damit hatte die Parteien mehr Geldmittel zur Verfügung als bei der doppelten steuerlichen Veranlagung nach Lohnsteuerklasse 4. Während des gemeinsamen Zusammenlebens hätten die Parteien keine andere Veranlagung beabsichtigt. Wegen der höheren Besteuerung hat die Beklagte auch vom Kläger niemals einen Ausgleich verlangt. Daher ist aufgrund einer langjährigen entsprechenden Übung der Parteien von einer konkludenten Vereinbarung des Inhalts auszugehen, dass die Beklagte die Einkünfte nach der Lohnsteuerklasse 5 versteuert, ohne vom Kläger dessen Lohn dem Abzug nach der Steuerklasse 3 unterliegt, einen Ausgleich zu verlangen (so auch der BGH, a. a. O.).
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Demnach konnte die Beklagte diese Einwendung nicht dem Kläger entgegenhalten.
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Ebenso kann die Beklagte sich nicht darauf berufen, dass diese langjährige konkludente Abrede und Vereinbarung durch die Trennung im Sommer 1998 weggefallen ist. Ein Wegfall bzw. eine wesentliche Veränderung der Geschäftsgrundlage liegt nicht vor.
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Geschäftsgrundlage sind die bei Abschluß des Vertrages zutage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt bestimmter Umstände, sofern der Geschäftswillen der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut (Palandt – Heinrichs, § 242 Rn. 113). Die Rechte aus einem Wegfall der Geschäftsgrundlage bestehen nur, wenn der von der Störung betroffenen Partei die unveränderte Vertragserfüllung nicht mehr zugemutet werden kann, wobei die Grenze der Zumutbarkeit von der Art des Vertrages und der aufgetretenen Störung abhängt (Palandt, a. a. O., § 242 Rn. 129).
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Dabei kann offen bleiben, ob es hier überhaupt zu einer Störung der Geschäftsgrundlage kam, insbesondere ob hier nicht einseitige Erwartungen im Raum standen. Denn über die Geschäftsgrundlage muss ein beiderseitiges Einvernehmen bestehen. Dass die Parteien darüber einig waren, dass im Fall der räumlichen Trennung direkt die steuerliche Veranlagung geändert werden soll – zumal weitere Aspekte wie Unterhaltsleistungen im Raum stehen und die Kaltmiete vom Kläger weiter gezahlt wurde – konnte nicht dargelegt werden.
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Zudem ist die weitere Vertragserfüllung (sprich die Zustimmung zur gemeinsamen steuerlichen Veranlagung) für das fortlaufende Jahr 1998 für die Beklagte nicht unzumutbar gem. § 242 BGB. Denn im Rahmen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage spielt der Grundsatz von Treu und Glauben eine große Rolle. Die Parteien hatten die ganzen Jahre konkludent die jeweiligen Lohnsteuerklassen vereinbart. Dabei konnte sich auch der Kläger darauf verlassen, dass dies für das gesamte Jahr 1998 gilt, und nicht durch die Trennung im Juni 1998 abgeändert wird. Denn diese Zustimmungsverpflichtung der Beklagten bestand noch als Nachwirkung aus der Ehe, die noch bestand, gem. § 1353 I BGB fort.
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Eine Unzumutbarkeit der Zustimmung zur gemeinsamen steuerlichen Veranlagung könnte für die Beklagte nur dann in analoger Anwendung des § 1565 II BGB gegeben sein, wenn diese sich als unzumutbare Härte darstellen würde. Dann müsste es aber Anhaltspunkte dahin geben, dass diese Fortsetzung für die Beklagte eine unzumutbare Härte darstellt, wobei daran strenge Anforderungen zu stellen sind (Palandt, a. a. O., § 1565 Rn. 9).
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Eine solche unzumutbare Härte liegt nicht vor, Anhaltspunkte sind nicht dargelegt worden. Auch die Rückzahlungsverpflichtung der Beklagten an das Finanzamt ist in diesem Zusammenhang keine besondere Härte, da im Zusammenhang mit dem Wegfall der Geschäftsgrundlage nur auf sie und ihren Ehemann abzustellen ist.
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Auch kann die Beklagte nicht wegen des Scheiterns der Ehe den Mehrbetrag, den sie wegen der Besteuerung ihres Einkommens nach der Lohnsteuerklasse V im Vergleich zur Besteuerung bei getrennter Veranlagung vom Kläger verlangen. Denn der ehelichen Lebensgemeinschaft liegt die Anschauung zugrunde, mit den Einkommen der Eheleute gemeinsam zu wirtschaften und finanzielle Mehrleistungen nicht auszugleichen. Eine besondere Vereinbarung dahin, wonach der Kläger der Beklagten einen Ausgleich zahlt, wurde nicht getroffen.
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Daher ist die Beklagte dem Kläger zur Zustimmung verpflichtet.
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