Amtsgericht Stuttgart Beschluss, 10. Jan. 2014 - 3 IN 806/13

10.01.2014

Rechtsgebiete

Gericht

Amtsgericht Stuttgart

Tenor

1. Die Vergütung des Sachverständigen Rechtsanwalt M. Sch. wird ausgehend von einem Stundensatz von 105,00 EUR wie folgt festgesetzt:

Endbetrag

1.187,03 EUR

Vergütung (9,5 Std. á 105 EUR)                        

997,50 EUR

Umsatzsteuer 19%

189,53 EUR

Der Endbetrag wird aus der Landeskasse erstattet und der Gerichtskostenrechnung hinzugesetzt.

2. Der weitergehende Vergütungsantrag wird zurückgewiesen.

3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

 
I.
Mit Beschluss vom 14.10.2013 war der Sachverständige mit der Frage der Feststellung eines Insolvenzgrundes hinsichtlich des schuldnerischen Unternehmens sowie zu den Aussichten einer Fortführung beauftragt worden. Der Geschäftsbetrieb der Schuldnerin, die u.a. Rohbauarbeiten durchgeführt hat, war bereits zum 07.10.2013 eingestellt worden. Der Gutachter empfahl die Abweisung des Eigenantrages mangels Masse.
Mit Schriftsatz vom 29.11.2013 beantragte der Gutachter die Festsetzung der Vergütung als Sachverständiger gemäß § 9 Abs. 1 JVEG auf insgesamt 1.300,08 EUR, wobei er nach der Neufassung dieser Vorschrift einen Stundensatz von 115,00 EUR zugrunde gelegt hat.
Zu dem Antrag des Sachverständigen wurde der Bezirksrevisor des Amtsgerichts Stuttgart angehört, der Bezug nehmend auf die Entscheidung des AG Darmstadt (ZInsO 2013, 2400) einen Stundensatz von 95,00 EUR für angemessen hält.
II.
Das erkennende Insolvenzgericht hält vorliegend ein Stundensatz in Höhe von EUR 105,00 für angemessen.
Die Festsetzung der angemessen Höhe des Stundensatzes bestimmt sich nach § 9 Abs. 1 JVEG nach billigem Ermessen.
Auch im Rahmen der Neufassung dieser Vorschrift durch das 2. KostRMoG vom 01.08.2013 sah der Gesetzgeber von einer ausdrücklichen Regelung der Vergütung eines isoliert bestellten Sachverständigen ab. Vielmehr sollte die Festsetzung im Einzelfall auf Grund der Billigkeit erfolgen. Der teilweise in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung, wonach die Vergütung entsprechend der Vorschrift des § 9 Abs. 2 JVEG zu bemessen sei (vgl. OLG Hamburg, ZInsO 2010, 634; vgl. auch OLG Bamberg, ZInsO 2005, 202; somit vormalige Vergütungshöhe 65,00 EUR), hat sich der Gesetzgeber nicht anschließen können (vgl. Gesetzesbegründung, BR-Drucks. 517/12, S. 401, 402). Dagegen hat der Gesetzgeber die insbesondere vom OLG Frankfurt (ZInsO 2006, 540) sowie vom OLG München (ZIP 2005, 1329) vertretene Ansicht, wonach auf Grund einer Regelungslücke der Stundensatz des Sachverständigen entsprechend der Honorargruppe 7 nach § 9 Abs. 1 JVEG a.F. um weitere 15,00 EUR auf damals insgesamt 80,00 EUR (nach jetziger Rechtslage somit 95,00 EUR) zu erhöhen sei, nicht explizit in seinen gesetzgeberischen Willen aufgenommen.
Allerdings ist das erkennende Insolvenzgericht der Ansicht, dass der Gesetzgeber die unter der alten Rechtslage bestehende Regelungslücke durch eine bewusste Entscheidung der alleinigen Geltung des Absatzes 1 des § 9 JVEG n.F. dahin gehend geschlossen hat, dass nunmehr im Rahmen der Billigkeit im Regelfall die neue Sachgebietsliste Nummer 6 heranzuziehen ist. Zwar ist diese Bezugnahme aufgrund der dort aufgeführten einzelnen Tätigkeitsgebiete keineswegs als hinreichend klare Bezugnahme auf ein bestimmtes Tätigkeitsfeld zu verstehen. Allerdings kann dem AG Darmstadt aufgrund der unterschiedlichen Tätigkeitsgebiete nicht gefolgt werden, wonach quasi infolge dieser unklaren Verweisung die alte Rechtsprechung der OLGe Frankfurt und München fort zu gelten habe. Vielmehr kann dem gesetzgeberischen Willen dadurch hinreichend Geltung verschafft werden, dass eine Interpolation aller drei im Ziffer 6 aufgeführten Tätigkeitsgebiete zu erfolgen hat, im Mittel somit ein Stundensatz in Höhe von 105,00 EUR (75,00 EUR Honorargruppe 3 [Besteuerung], 115,00 EUR Honorargruppe 11 [Unternehmensbewertung] sowie 125,00 EUR Honorargruppe 13 [Kapitalanlagen]).
Die Festsetzung einer auf 105,00 EUR festzusetzenden Vergütung entspricht danach im Regelfall der Billigkeit.
Anhaltspunkte für einen im Einzelfall höheren oder niedrigeren Vergütungssatz sind im vorliegenden Fall auf Grund der Struktur des schuldnerischen Betriebes bzw. dessen Unternehmensform weder ersichtlich noch sonst vorgetragen.
III.
10 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 4 Abs. 8 JVEG.

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Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz - JVEG | § 4 Gerichtliche Festsetzung und Beschwerde


(1) Die Festsetzung der Vergütung, der Entschädigung oder des Vorschusses erfolgt durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält. Eine Festsetzu

Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz - JVEG | § 9 Honorare für Sachverständige und für Dolmetscher


(1) Das Honorar des Sachverständigen bemisst sich nach der Anlage 1. Die Zuordnung der Leistung zu einem Sachgebiet bestimmt sich nach der Entscheidung über die Heranziehung des Sachverständigen. (2) Ist die Leistung auf einem Sachgebiet zu erbri

Referenzen

(1) Das Honorar des Sachverständigen bemisst sich nach der Anlage 1. Die Zuordnung der Leistung zu einem Sachgebiet bestimmt sich nach der Entscheidung über die Heranziehung des Sachverständigen.

(2) Ist die Leistung auf einem Sachgebiet zu erbringen, das nicht in der Anlage 1 aufgeführt ist, so ist sie unter Berücksichtigung der allgemein für Leistungen dieser Art außergerichtlich und außerbehördlich vereinbarten Stundensätze nach billigem Ermessen mit einem Stundensatz zu vergüten, der den höchsten Stundensatz nach der Anlage 1 jedoch nicht übersteigen darf. Ist die Leistung auf mehreren Sachgebieten zu erbringen oder betrifft ein medizinisches oder psychologisches Gutachten mehrere Gegenstände und sind diesen Sachgebieten oder Gegenständen verschiedene Stundensätze zugeordnet, so bemisst sich das Honorar für die gesamte erforderliche Zeit einheitlich nach dem höchsten dieser Stundensätze. Würde die Bemessung des Honorars nach Satz 2 mit Rücksicht auf den Schwerpunkt der Leistung zu einem unbilligen Ergebnis führen, so ist der Stundensatz nach billigem Ermessen zu bestimmen.

(3) Für die Festsetzung des Stundensatzes nach Absatz 2 gilt § 4 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Beschwerde gegen die Festsetzung auch dann zulässig ist, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro nicht übersteigt. Die Beschwerde ist nur zulässig, solange der Anspruch auf Vergütung noch nicht geltend gemacht worden ist.

(4) Das Honorar des Sachverständigen für die Prüfung, ob ein Grund für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vorliegt und welche Aussichten für eine Fortführung des Unternehmens des Schuldners bestehen, beträgt 120 Euro je Stunde. Ist der Sachverständige zugleich der vorläufige Insolvenzverwalter oder der vorläufige Sachwalter, so beträgt sein Honorar 95 Euro je Stunde.

(5) Das Honorar des Dolmetschers beträgt für jede Stunde 85 Euro. Der Dolmetscher erhält im Fall der Aufhebung eines Termins, zu dem er geladen war, eine Ausfallentschädigung, wenn

1.
die Aufhebung nicht durch einen in seiner Person liegenden Grund veranlasst war,
2.
ihm die Aufhebung erst am Terminstag oder an einem der beiden vorhergehenden Tage mitgeteilt worden ist und
3.
er versichert, in welcher Höhe er durch die Terminsaufhebung einen Einkommensverlust erlitten hat.
Die Ausfallentschädigung wird bis zu einem Betrag gewährt, der dem Honorar für zwei Stunden entspricht.

(6) Erbringt der Sachverständige oder der Dolmetscher seine Leistung zwischen 23 und 6 Uhr oder an Sonn- oder Feiertagen, so erhöht sich das Honorar um 20 Prozent, wenn die heranziehende Stelle feststellt, dass es notwendig ist, die Leistung zu dieser Zeit zu erbringen. § 8 Absatz 2 Satz 2 gilt sinngemäß.

(1) Die Festsetzung der Vergütung, der Entschädigung oder des Vorschusses erfolgt durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält. Eine Festsetzung der Vergütung ist in der Regel insbesondere dann als angemessen anzusehen, wenn ein Wegfall oder eine Beschränkung des Vergütungsanspruchs nach § 8a Absatz 1 oder 2 Satz 1 in Betracht kommt. Zuständig ist

1.
das Gericht, von dem der Berechtigte herangezogen worden ist, bei dem er als ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat oder bei dem der Ausschuss im Sinne des § 1 Abs. 4 gebildet ist;
2.
das Gericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, wenn die Heranziehung durch die Staatsanwaltschaft oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht;
3.
das Landgericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, die für das Ermittlungsverfahren zuständig wäre, wenn die Heranziehung in den Fällen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 durch die Finanzbehörde oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht;
4.
das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Gerichtsvollzieher seinen Amtssitz hat, wenn die Heranziehung durch den Gerichtsvollzieher erfolgt ist, abweichend davon im Verfahren der Zwangsvollstreckung das Vollstreckungsgericht.

(2) Ist die Heranziehung durch die Verwaltungsbehörde im Bußgeldverfahren erfolgt, werden die zu gewährende Vergütung oder Entschädigung und der Vorschuss durch gerichtlichen Beschluss festgesetzt, wenn der Berechtigte gerichtliche Entscheidung gegen die Festsetzung durch die Verwaltungsbehörde beantragt. Für das Verfahren gilt § 62 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können der Berechtige und die Staatskasse Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 4 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(6) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(7) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(9) Die Beschlüsse nach den Absätzen 1, 2, 4 und 5 wirken nicht zu Lasten des Kostenschuldners.