Amtsgericht Pforzheim Urteil, 26. Juli 2004 - 6 C 105/04

26.07.2004

Tatbestand

 
(aus Wohnungswirtschaft und Mietrecht WuM)
Mit ihrer Klage machen die Kläger gegenüber dem Beklagten ihren restlichen Kautionsrückzahlungsanspruch i.H.v. EUR 400,00 sowie Auslagen i.H.v. EUR 100,00 für von den Klägern angeschaffte Sockelleisten geltend. Zwischen den Parteien bestand in der Zeit vom 1.3.2003 bis 30.11.2003 ein Mietverhältnis über das im Eigentum des Beklagten stehende Haus.
Die Kläger machen geltend, dass der Beklagte unberechtigt EUR 400,00 für Kosten, die für die Beseitigung angeblich von ihnen bei der Tapezierung verursachter Schäden erforderlich sein sollen, von der Kaution zurückbehalten habe. Weiterhin habe der Beklagte 100,00 EUR zurückbehalten, die sie für die Anschaffung von Sockelleisten aufgewendet haben, zu deren Übernahme sich der Beklagte verpflichtet hatte. Die Kläger vertreten die Auffassung, dass der Beklagte aufgrund des Wohnungsübergabeprotokolls vom 30.11.2003 nicht berechtigt sei, ihnen diese Schäden anzulasten. Schließlich machen die Kläger Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 57,39 EUR geltend.
Der Beklagte trägt vor, dass das Abnahmeprotokoll seiner Rechtsposition nicht entgegenstehe. Die Schäden, welche durch die unsachgemäßen Tapezierarbeiten entstanden sind, seien zum Zeitpunkt der Erstellung des Protokolls nicht erkennbar gewesen, weil die Tapeten noch nicht entfernt waren. Hinsichtlich der Sockelleisten habe er darauf vertraut, dass die restlichen Arbeiten noch durchgeführt werden. Der Beklagte erklärt die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch zur Beseitigung der Mietschäden i.H.v. EUR 500,00.

Entscheidungsgründe

 
Die Kläger haben gegen den Beklagten einen restlichen Kautionsrückzahlungsanspruch i.H.v. EUR 400,00, einen Verwendungsersatzanspruch i.H.v. EUR 100,00 und einen Anspruch auf Ersatz der ihnen entstandenen Anwaltskosten, weil dem Beklagten aufgrund des Übergabeprotokolls die Geltendmachung von weiteren Schäden, die in dem Protokoll nicht aufgeführt worden sind, verwehrt ist.
Nach Ansicht des BGH (NJW 1983, 446) besteht der Sinn und Zweck eines Rückgabeprotokolls darin, dass der Zustand der Mietsache beweissicher festgehalten wird. Der Mieter kann nur für solche Schäden verantwortlich gemacht werden, die in dem Protokoll vermerkt sind (OLG Celle MDR 1998, 149; Sternel, Mietrecht aktuell, RN 570). Das Gericht verkennt nicht, dass eine Ausnahme für solche Schäden gilt, die nicht zu erkennen waren. So hat der BGH für die Gewerberaummiete entschieden, dass es für die Erkennbarkeit auf das Urteilsvermögen eines Fachmanns ankomme, ggfs. müsse der Vermieter einen Fachmann beiziehen. Dieser Grundsatz ist auf die Wohnraummiete jedoch nicht übertragbar, weil hier die Beiziehung eines Fachmannes unüblich ist. Letztlich trägt daher der Vermieter das Risiko von unentdeckten Schäden. Dabei muß auch gesehen werden, dass der Beklagte selbst nicht vorträgt, von den Klägern arglistig getäuscht worden zu sein. Eine solche Risikoverteilung ist im übrigen auch angemessen, weil den Vermieter keine Verpflichtung trifft, ein Rückgabeprotokoll zu unterschreiben. Das Rückgabeprotokoll ist daher dahingehend auszulegen, dass über die dort genannten Mängel hinaus die Mietsache vertragsgemäß zurückgegeben worden ist. Hierin liegt ein negatives Schuldanerkenntnis im Sinne von §397 Abs. 2 BGB, das eventuelle weitergehende Ansprüche des Vermieters zum Erlöschen bringt.
Entgegen der Ansicht des Beklagten ist er auch hinsichtlich der Sockelleisten mit der Einwendung ausgeschlossen, hierfür noch Kosten für die Anbringung dieser Sockelleisten den Klägern in Rechnung zu stellen. Auch dieser Mangel wurde im Wohnungsrückgabeprotokoll nicht vermerkt.
Die Kläger haben gegen den Beklagten einen Anspruch auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten i.H.v. EUR 66,57 gemäß §§ 118, 26, 27 BRAGO.

Gründe

 
Die Kläger haben gegen den Beklagten einen restlichen Kautionsrückzahlungsanspruch i.H.v. EUR 400,00, einen Verwendungsersatzanspruch i.H.v. EUR 100,00 und einen Anspruch auf Ersatz der ihnen entstandenen Anwaltskosten, weil dem Beklagten aufgrund des Übergabeprotokolls die Geltendmachung von weiteren Schäden, die in dem Protokoll nicht aufgeführt worden sind, verwehrt ist.
Nach Ansicht des BGH (NJW 1983, 446) besteht der Sinn und Zweck eines Rückgabeprotokolls darin, dass der Zustand der Mietsache beweissicher festgehalten wird. Der Mieter kann nur für solche Schäden verantwortlich gemacht werden, die in dem Protokoll vermerkt sind (OLG Celle MDR 1998, 149; Sternel, Mietrecht aktuell, RN 570). Das Gericht verkennt nicht, dass eine Ausnahme für solche Schäden gilt, die nicht zu erkennen waren. So hat der BGH für die Gewerberaummiete entschieden, dass es für die Erkennbarkeit auf das Urteilsvermögen eines Fachmanns ankomme, ggfs. müsse der Vermieter einen Fachmann beiziehen. Dieser Grundsatz ist auf die Wohnraummiete jedoch nicht übertragbar, weil hier die Beiziehung eines Fachmannes unüblich ist. Letztlich trägt daher der Vermieter das Risiko von unentdeckten Schäden. Dabei muß auch gesehen werden, dass der Beklagte selbst nicht vorträgt, von den Klägern arglistig getäuscht worden zu sein. Eine solche Risikoverteilung ist im übrigen auch angemessen, weil den Vermieter keine Verpflichtung trifft, ein Rückgabeprotokoll zu unterschreiben. Das Rückgabeprotokoll ist daher dahingehend auszulegen, dass über die dort genannten Mängel hinaus die Mietsache vertragsgemäß zurückgegeben worden ist. Hierin liegt ein negatives Schuldanerkenntnis im Sinne von §397 Abs. 2 BGB, das eventuelle weitergehende Ansprüche des Vermieters zum Erlöschen bringt.
Entgegen der Ansicht des Beklagten ist er auch hinsichtlich der Sockelleisten mit der Einwendung ausgeschlossen, hierfür noch Kosten für die Anbringung dieser Sockelleisten den Klägern in Rechnung zu stellen. Auch dieser Mangel wurde im Wohnungsrückgabeprotokoll nicht vermerkt.
Die Kläger haben gegen den Beklagten einen Anspruch auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten i.H.v. EUR 66,57 gemäß §§ 118, 26, 27 BRAGO.

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Referenzen - Gesetze

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 397 Erlassvertrag, negatives Schuldanerkenntnis


(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn der Gläubiger dem Schuldner durch Vertrag die Schuld erlässt. (2) Das Gleiche gilt, wenn der Gläubiger durch Vertrag mit dem Schuldner anerkennt, dass das Schuldverhältnis nicht bestehe.

Referenzen

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn der Gläubiger dem Schuldner durch Vertrag die Schuld erlässt.

(2) Das Gleiche gilt, wenn der Gläubiger durch Vertrag mit dem Schuldner anerkennt, dass das Schuldverhältnis nicht bestehe.