Amtsgericht Nürtingen Urteil, 01. Apr. 2009 - 13 Ds 81 Js 19913/08

bei uns veröffentlicht am01.04.2009

Tenor

Der Angeklagte Hä wird wegen Betrugs in 4 Fällen zu der

Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr

verurteilt.

Die Vollstreckung der Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt.

Im übrigen wird der Angeklagte freigesprochen.

Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und seine eigenen Auslagen, soweit er verurteilt wurde, im übrigen trägt die Staatskasse die Kosten und notwendigen Auslagen des Angeklagten.

Gründe

 
I.
Der Angeklagte Hä wurde am 1958 in W geboren, er ist deutscher Staatsbürger. Nach dem Besuch der Hauptschule erlernte er den Beruf des Bauglaser, anschließend war in diesem Beruf auch tätig. Seit 2003 ist er als selbständiger Handelsvertreter für Verlage unterwegs, unter anderem für den S-Verlag des Kö aus Obertrubach. Aus seiner Tätigkeit als selbständiger Handelsvertreter / Vertreter des S-Verlages verdiente der Angeklagte netto ca. EUR 1000,-- bis EUR 1200,--.
Der Angeklagte Hä ist verheiratet, seine Ehefrau ist Vollzeit berufstätig und verdient ca. EUR 1200,--. Sie und der Angeklagte haben 2 Kinder im Alter von 18 und 20 Jahren, die noch zuhause wohnen, aber über ein eigenes Einkommen verfügen. Der Angeklagte hat Schulden von rund EUR 40 000,-- aus einer früheren selbständigen Tätigkeit. Die Verbindlichkeiten tilgt er, soweit ihm dies möglich ist.
Der Angeklagte ist wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten:
09.09.94, Amtsgericht Forchheim, Urkundenfälschung in Tatmehrheit mit Betrug, 70 Tagessätze zu je DM 30,-- Geldstrafe.
02.03.95, Amtsgericht Forchheim, gewerbsmäßige unerlaubte Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke zugleich mit unerlaubten Eingriff in verwandte Schutzrechte, 7 Monate Freiheitsstrafe, Bewährungszeit 2 Jahre.
Nach Widerruf der Strafaussetzung wurde der Strafrest zur Bewährung ausgesetzt bis 05.03.01. Die Bewährungszeit wurde bis zum 05.03.02 und erneut bis zum 05.03.03 verlängert. Die Strafe wurde mit Wirkung vom 08.04.03 erlassen.
08.07.96, Amtsgericht Forchheim, Vergehen gegen die Hackfleischverordnung, 40 Tagessätze zu je DM 50,-- Geldstrafe.
15.07.96, Amtsgericht Hof, Umsatzsteuerhinterziehung in 5 Fällen, 25 Tagessätze zu je DM 40,--.
01.10.96, Amtsgericht Forchheim, Betrug in 2 selbständigen Fällen, 5 Monate Freiheitsstrafe unter Einbeziehung der Strafe aus der Entscheidung vom 15.07.96.
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08.07.96, Amtsgericht Neustadt / Aisch, Betrug, 11 Monate Freiheitsstrafe unter Einbeziehung der Strafen aus der Entscheidung vom 01.10.96, 08.07.96, 15.07.96.
11 
Der Strafrest wurde zur Bewährung ausgesetzt bis 13.06.01, Bewährungszeit wurde verlängert bis zum 13.06.02 bzw. 13.06.2003. Mit Wirkung vom 02.09.03 wurde die Strafe erlassen.
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28.02.00, Amtsgericht Hof, Steuerhinterziehung, 30 Tagessätze zu je DM 70,-- Geldstrafe.
13 
13.10.00, Amtsgericht Hof, Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage, 1 Jahr Freiheitsstrafe, unter Einbeziehung der Strafe aus der Entscheidung vom 28.02.00, Bewährungszeit bis 22.10.05.
14 
Nach Verlängerung wurde die Bewährungszeit bis 22.12.06 über die Strafe mit Wirkung vom 08.07.07 erlassen.
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16.06.05, Amtsgericht Forchheim, unerlaubtes Entfernens vom Unfallort, 3 Monate Freiheitsstrafe, Sperre für die Fahrerlaubnis bis 15.12.05.
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Nach Ablauf der Bewährungszeit zum 15.06.08 wurde die Strafe mit Wirkung vom 24.07.08 erlassen.
II.
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Der Angeklagte war auf Provisionsbasis als selbstständiger Handelsvertreter für den S-Verlag des Kö tätig. Als Handelsvertreter erhielt der Angeklagte für jeden von ihm abgeschlossenen Anzeigenvertrag eine Provisionszahlung des Vertrages, und zwar von einer 1. Zahlung eines geworbenen Inserenten Kunden eine Provision von 40 %, bei maximal 3 weiteren Folgezahlungen erhält er jeweils 10 %. Eine weitere Vergütung erhielt er nicht. Die Vergütung des Verlages wurde ihm erst dann bezahlt, wenn die Anzeigenkunden ihrerseits bezahlt hatten.
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Der S-Verlag veröffentlichte und veröffentlicht regelmäßig eine Broschüre im Format DIN-A 5 hoch, die annoncenabhängig regelmäßig - bspw. für Heft 1 mit Einsendeschluss für das Preisrätsel „31.03.08“ - 32 Seiten umfasst. Abgedruckt werden ein Vorwort, 4 halbseitige Zahlenrätsel (Sudoku), ein vierseitiges Preisrätsel sowie ein Impressum. Im übrigen enthält die Broschüre - wie auch die Folgeauflagen - sehr allgemein gehaltene Informationen zu Umweltschutz und Arbeitsrecht. Diese Texte werden zudem mit teilweise halbseitigen Grafiken einfachster Art illustriert. Weder das Impressum des Broschüre „a“ selbst noch die darin publizierten Texte enthalten Hinweise auf eine räumliche Beschränkung des Verbreitungsgebietes. Die „redaktionell“ Texte enthalten zudem keinerlei Hinweise auf konkret zuständige Behörden bzw. deren Adressen. Der S-Verlag stellte dem Angeklagten Hä Blankoanzeigenverträge zur Verfügung, die als vierseitiger Durchschreibesatz konzipiert sind und den folgenden Aufbau und Inhalt haben:
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Im Herbst 2007 war der Angeklagte im mittleren Neckarraum unterwegs, wo er auch übernachtete, wenn er nicht nach Hause fuhr. Der Angeklagte Hä suchte zum Teil Kunden ohne telefonische Voranmeldung auf („kalte Akquise“), im überwiegenden Fall nach vorheriger Terminsabsprache bzw. Ankündigung durch im einzelnen nicht bekannte Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter des S-Verlages. Hinweise auf potentielle Kunden erhielt der Angeklagte vom S-Verlag zugeleitet, entweder durch persönliche Übergabe oder durch Übermittlung per Telefax an seine Wohnanschrift oder an seine Unterkunft. Die Mitteilungen enthielten mit auf den konkreten Einzelfall bezogenen Informationen zu den vorgegebenen Punkten:
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Mit nachstehendem Interessenten Anzeigenvertrag für die laufenden Ausgaben ausarbeiten
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Landkreis: E
Firma: …
Straße: …
PLZ/Ort: …
Telefon: …
gespr. mit: …
Text: …
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Maschinenschriftlich war jeweils die Firmenbezeichnung des Unternehmens und dessen Adresse angegeben, ferner der Name der Person, mit der der Mitarbeiter/ die Mitarbeiterin des S-Verlages gesprochen hatte. Bei Text war vermerkt, was der Mitarbeiter des S-Verlages mit dem Gesprächspartner vorbesprochen hatte.
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Soweit der Angeklagte Hä Kunden aufsuchte, sprach sie der Angeklagte auf das vorangegangene Telefonat an, wenn ihm ein solches mitgeteilt worden war. Ansonsten erweckte der Angeklagte den Eindruck, die von ihm angebotene Veröffentlichung stünde im Zusammenhang mit Broschüren oder Veröffentlichungen, die von der örtlichen Gemeindeverwaltung konzipiert oder befürwortet werde. Obwohl der Angeklagte wusste, dass die Veröffentlichung einer Annonce 6 bzw. - entsprechend der Druckvorgabe des Vertragsformulars - 12 mal erscheinen sollte und ein Inserent den vereinbarten Preis nebst Nebenkosten und Umsatzsteuer dann 12 mal zu entrichten hatte, gab der Angeklagte Hä den Vertragspartnern ausdrücklich oder stillschweigend zu verstehen, dass es sich um eine „einmalige“ Veröffentlichung handeln würde. Der Angeklagte Hä veranlasste so die Vertragspartner dazu, ohne Durchlesen den Vertrag zu unterzeichnen, da sie auf die mündlichen Absprachen vertrauten. Eine Durchschrift des Vertrages überließ der Angeklagte den Vertragspartnern nicht.
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Ihm war aufgrund seiner langjährigen Praxis bekannt, dass der S-Verlag die jeweiligen Vertragspartner stets auf das schriftlich vorliegende Vertragsdokument hinweisen und auf „Vertragserfüllung“ beharren würde, ohne dass die von ihm getroffenen mündlichen und rechtlich wirksamen Absprachen Berücksichtigung finden würden.
25 
Der Angeklagte ging bei Abschluss der Verträge jeweils davon aus, dass die Vertragspartner das verlangte „Entgelt“ zahlen würden. Hierauf kam es ihm auch an, da er daraus seine Provision vom S-Verlag erhielt, die er stets zum Lebensunterhalt verwandte.
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Im einzelnen handelte es sich um folgende Fälle:
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Ziffer 2 der Anklage:
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Am 27.11.07 suchte der Angeklagte Hä den Mes auf einer Baustelle im Lessingweg in Sch auf. Mes war Inhaber des Elektrogeschäftes Mes und mit der Installation einer Satellitenanlage am Bauvorhaben beschäftigt. Der Angeklagte hatte zuvor eine Nachricht des S-Verlages erhalten, dessen Mitarbeiter den Mes in der Zeit vom 25.11.-27.11.07 angerufen hatte. Dem Angeklagten war bekannt, dass Mes auf der Baustelle arbeiten würde. Ein unbekannt gebliebener Mitarbeiter des S-Verlages hatte dem Mes im Telefonat den Eindruck vermittelt, die Broschüre werde im Auftrag der Gemeinde Aic herausgegeben. Als der Angeklagte am 27.11.07 den Mes an der Baustelle aufsuchte, bejahte er die Frage des Mes, dass er wohl vom Bürgermeister komme. Im weiteren Gespräch vermittelte der Angeklagte dem Mes, der für den Angeklagten sichtbar unter Zeitdruck stand, den Eindruck, die Anzeige werde einmal erscheinen und für die Anzeige im Umfang einer viertel Seite werde ein Sonderpreis von netto EUR 180,-- fällig. Aufgrund dessen unterzeichnete Mes den Anzeigenvertrag, ohne diesen durchzulesen, da er auf die Angaben des Angeklagten vertraute.
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Mes bezahlte, wie vom Angeklagten hervorgesehen und mindestens billigend in Kauf genommen, EUR 1030,-- an den S-Verlag. Hieraus erhielte der Angeklagte seine Provision von mind. EUR 160,--.
30 
Ziffer 3 der Anklage:
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Am 27.11.07 erschien der Angeklagte im Gasthof O in Dei nachdem er am 23.11.07 die Mitteilung vom S-Verlag erhalten hatte, dass die Inhaber des Gasthofes O, die Familie Sei, als Interessent für einen Anzeigenvertrag in Betracht käme. Ein Mitarbeiter des S-Verlages hatte bei El Sei angerufen und bei ihr den Eindruck erweckt, die Gemeindeverwaltung werde eine Informationsbroschüre veröffentlichen, die bei den Ämtern ausgelegt werden soll. Ferner gab der unbekannt gebliebene Anrufer des S-Verlages der El Sei zu verstehen, dass sie bereits früher - was nicht der Wahrheit entsprach - beim S-Verlag eine entsprechende Annonce geschaltet hatte. Dem Angeklagten wurde vom S-Verlag mitgeteilt, dass El Sei am 27.1.07 Geburtstag habe, was zutraf.
32 
Am frühen Abend des 27.11.07 erschien der Angeklagte Hä im Gasthof „O“ und wandte sich an den Ehemann der El Sei, den Ed Sei, der im Zeitdruck war, da er als Koch das Essen vorbereitete. Der Angeklagte erklärte dem Ed Sei, er - der Angeklagte - habe mit El Sei bereits gesprochen und die Schaltung einer Annonce vereinbart. Er - Ed Sei - solle das, was vereinbart worden sei, unterzeichnen. Im Vertrauen auf die Richtigkeit der Angaben des Angeklagten unterschrieb Ed Sei das Vertragsformular, ohne es durchzulesen. Tatsächlich hatten weder der Angeklagte noch der unbekannte Mitarbeiter des S-Verlages mit El Sei einen entsprechenden Vertrag vereinbart, der „nur noch“ zu unterzeichnen wäre.
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Wie vom Angeklagten vorhergesehen und zumindest billigend in Kauf genommen, da er seine Provision erwartete, bezahlte El Sei den im Vertragsformular eingetragenen Preis von EUR 190,-- netto zuzügl. 1 mal EUR 50,--, insgesamt EUR 1190,-- netto. Der Angeklagte erhielt mindestens EUR 133,-- Provision.
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Ziffer 13 der Anklage:
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Am 10.12.07 erhielt der Angeklagte vom S-Verlag per Telefax den Hinweis, dass das Autohaus Ku GmbH, in Plo als Interessent in Betracht käme. Dem Angeklagten wurde Ku als Ansprechpartner mitgeteilt.
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Am 11.12.07 erschien der Angeklagte im Autohaus, um mit Ku zu sprechen. Da Ku mit mehrere Kunden ein Verkaufgespräch führte, bat Ku den Angeklagten, später wiederzukommen. Nach etwa 2 Stunden erschien der Angeklagte wieder in den Geschäftsräumen der Fa. Autohaus Ku GmbH und erklärte dem Ku, er bewerbe die Informationsbroschüre, die im Rathaus ausliege. Ku ging deshalb davon aus, dass der Angeklagte vom Weka-Verlag kommen würde, der in Zusammenarbeit mit der Gemeindeverwaltung regelmäßig eine Bürgerinformationsbroschüre der Gemeinde herausgibt. Mit der Angabe, es handele sich um die Bürgerinformationsbroschüre, bezweckte der Angeklagte, dass Ku davon ausging, dass es sich um eine einmalige Annonce in eben jener Broschüre handelte. Der Angeklagte gab dem Ku ferner zu verstehen, dass pro Jahr ein Sonderpreis von EUR 200,-- netto anfallen würde, so dass der Gesamtpreis EUR 400,-- betragen würde. Im Vertrauen auf die Richtigkeit der Angaben des Angeklagten unterzeichnete Ku den vom Angeklagten ausgefüllten Vertrag, ohne ihn sich durchzulesen.
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Das von Ku geführte Autohaus Ku GmbH zahlte mindestens EUR 1000,-- an den S-Verlag, was der Angeklagte zumindest billigend in Kauf nahm, da er hieraus seine Provision erwartete. Der Angeklagte erhielt mindestens eine Provision in Höhe von EUR 140,--.
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Ziffer 22 der Anklage:
39 
Zwischen dem 13.12.07 und dem 18.12.07 erhielt der Angeklagte vom S-Verlag die Mitteilung, dass die Tierarztpraxis El in Ne als Interessent in Betracht käme. Am 18.12.07, gegen 12.00 Uhr, erschien der Angeklagte beim Tierarzt Kec. Der Angeklagte teilte dem Kec bewusst wahrheitswidrig mit, dass die Gemeinde Neuhausen die sogenannte Neubürgerbroschüre neu auflegen würde. Dabei zeigte er ein Schreiben mit dem Logo der Gemeinde Ne vor, das auch die Unterschrift des Bürgermeisters trug, was Kec erkannte. Der Angeklagte legte dem Kec ferner eine Bürgerbroschüre einer bayerischen Gemeinde vor, nicht jedoch die vom S-Verlag herausgegebene Broschüre „a“. Kec, der als Tierarzt Werbebeschränkungen unterlag, und der aufgrund der berufsständischen Vorgaben nur in lokalem Bezug werben durfte, war bereit, in einer Neubürgerbroschüre eine Annonce zu schalten. Der Angeklagte erklärte dem Kec, die Annonce würde 1 mal EUR 190,-- kosten. Dementsprechend füllte er im Formular Anzeigenvertrag als Sonderpreis EUR 190,-- abzüglich 3 % Skonto ein. Im Vertrauen auf die Angaben des Angeklagten unterschrieb Kec den Anzeigenvertrag, ohne ihn durchzulesen.
40 
Kec bezahlte im Anschluss die Rechnung der Fa. S-Verlag vom 28.12.07 über EUR 190,-- zuzüglich MWSt. Dies wurde vom Angeklagten vorhergesehen gesehen und billigend in Kauf genommen, da er hieraus seine Provision erwartete. Der Angeklagte erhielt zumindest EUR 76,-- Provision.
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Den Geschädigten Mes, Sei, Ku und Kec ist jeweils - was der Angeklagte auch wusste - in entsprechender Höhe ihrer Zahlungen an Schaden entstanden, da sie nicht eine vertraglich vereinbarte Annonce in einer amtlichen, lokal verbreiteten Broschüre, sondern eine Annonce in der ohne lokalen Bezug verteilten Broschüre „a“ erhielten. Unabhängig davon, ob für die Veröffentlichung von Annoncen in der Broschüre „a“ des S-Verlages die vereinbarten Preise angemessen sind, war diese Leistung des S-Verlages für die Geschädigten jeweils wertlos. Sie entsprach zudem auch nicht dem vertraglich Vereinbarten. Die Veröffentlichung in der Broschüre „a“ wog den Verlust der Geschädigten jeweils nicht auf.
42 
Dem Angeklagten war ferner zu Fall 12 der Anklage vom 03.09.08 zur Last gelegt worden, in gleicher Weise Inhaber der Apotheke R in Wo, Wa, geschädigt zu haben.
43 
Insoweit war nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ein Tathinweis nicht sicher zu führen. Der Zeuge hat angegeben, ihm sei ein Vertragsformular ohne eingedrucktes Bild „a“ vorgelegt worden. Dass vom Zeugen Wa unterzeichnete Formular trug augenscheinlich jedoch das Logo „a“. Insoweit war nicht auszuschließen, dass der Zeuge verschiedene Annoncenaufträge verwechselte, die er nach Übernahme der Apotheke zur Erhöhung der Bekanntheit vereinbart hatte.
III.
44 
Die Feststellungen beruhen auf dem Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere den verlesenen Urkunden sowie den Angaben der vernommenen Zeugen. Der Angeklagte hat den äußeren Ablauf der einzelnen Taten nicht in Abrede gestellt. Er hat im Einzelfall angegeben, sich an Details nicht mehr erinnern zu können. Soweit er es ausschloss, den Vertragspartnern mitgeteilt zu haben, es handle sich nur um eine einmalige Annonce oder es bestehe eine Verbindung zur Gemeinde, ist das Gericht ihm nicht gefolgt. Die Zeugen Ed und El Sei, Mes, Ku und Kec haben anschaulich und nachvollziehbar geschildert, dass sie der Angeklagte zu Zeiten aufgesucht hat, als sie erkennbar in Zeitnot waren. Der Angeklagte hat zudem in jedem dieser Fälle ausdrücklich oder nach Rückfrage stillschweigend mitgeteilt, dass er im Zusammenhang mit der Neuherausgabe von Bürgerinformationsbroschüren, die lokalen Bezug aufwiese, auftrete. Des Weiteren blieben keine Zweifel, dass der Angeklagte jeweils erkannte, dass die Geschädigten die von ihm tatsächlich vermittelte Annonce in der Broschüre „a“ nicht wollten.
IV.
45 
Der Angeklagte Hä ist danach schuldig des Betrugs in 4 tatmehrheitlichen Fällen gem. §§ 263 I, III Nr. 1, 53 StGB.
V.
46 
Die Strafe war in jedem dieser 4 Einzelfällen dem Strafrahmen des § 263 III StGB zu entnehmen, der Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren vorsieht. Anlass, keinen Regelfall anzunehmen, lag nicht vor, da der Schaden in jedem der Fälle die Schwelle zur Geringfügigkeit erheblich überschritt. Auch der dem Angeklagten jeweils im Einzelfall zugeflossene persönliche Vorteil lag deutlich über der Schwelle zur Geringfügigkeit. Auch die Unachtsamkeit der Geschädigten, die - aufgrund des Verhaltens des Angeklagten - darauf verzichteten, den Vertragstext im einzelnen durchzulesen, führt nicht dazu, dass ein Regelfall nach Ziffer 1 nicht anzunehmen wäre.
47 
Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Angeklagte bereits mehrfach, auch einschlägig, strafrechtlich n Erscheinung getreten ist.
48 
Unter Abwägung der relevanten Strafzumessungsgesichtspunkte, des Schadens in jedem Einzelfall, des Umstandes, dass die Taten geraume Zeiten zurückliegen und der Angeklagte strafrechtlich bereits verurteilt wurde und zur Tatzeit überdies - nicht einschlägig - unter Bewährung stand, hielt das Gericht eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten jeweils als tat- und schuldangemessene Strafe für erforderlich, aber auch ausreichend.
49 
Unter erneuter Abwägung der relevanten Strafzumessungsgesichtspunkte, insbesondere der Höhe der Schäden, bildete das Gericht eine Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr.
50 
Die Strafe konnte noch zur Bewährung ausgesetzt werden. Der Angeklagte hat erklärt, die Tätigkeit für den S-Verlag einzustellen. Schon dies rechtfertigt die Erwartung, dass er sich zukünftig nicht in gleicher Weise straffällig verhalten wird. Zu sehen war zudem, dass die letzte Verurteilung wegen eines Vermögensdeliktes 1997 erfolgte. Dies lässt erwarten, dass der Angeklagte sich die Verurteilung auch ohne Vollzug von Strafe ausreichend zur Warnung dienen lässt. Sollte es zur Verurteilungen - auch wegen anderer Straftaten - kommen, muss er aber mit dem Widerruf der Strafaussetzung und dem Vollzug der Strafe rechnen.
VI.
51 
Kosten: §§ 465, 467 StPO.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 467 Kosten und notwendige Auslagen bei Freispruch, Nichteröffnung und Einstellung


(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zu

Strafprozeßordnung - StPO | § 465 Kostentragungspflicht des Verurteilten


(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im

Referenzen

(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.

(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.

(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.

(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.

(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.

(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er

1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder
2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.

(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.