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| Die Klage ist zulässig und bis auf den Zinslauf begründet. |
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| Zur Durchschaubarkeit der Rechnungen der Klägerin: |
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| Bei der Aufführung des Gasverbrauchs gegenüber den geleisteten Abschlagszahlungen sind die Rechnungen nicht sonderlich aufschlussreich, da der Kunde nur den Sollwert der angeforderten Abschläge mitgeteilt bekommt, nicht jedoch den Wert der von ihm tatsächlich geleisteten Abschläge. Dies ist allerdings im Ergebnis nicht entscheidend, da der Kunde selber weiß, welche Abschlagszahlungen er geleistet hat. Im konkreten Fall ergeben sich die diesbezüglichen Übersichten aus der Forderungsaufstellung zum 08.04.2008, Anlage K 5, Bl. 242 d. Gerichtsakten. |
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| Die von der Klägerin verlangten Preise als wirksam unterstellt, führen zu den für die einzelnen Zeiträume geltend gemachten Beträgen. |
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| Für das Jahr 2008 geht es um die Abschlagszahlungen für Januar bis März 2008. Wiederum die Richtigkeit der Abrechnungen unterstellt, ergibt sich die Befugnis der Klägerin, Abschlagszahlungen zu verlangen, jeweils basiert auf der letzten Verbrauchsrechnung bzw. bei Preisänderungen aus § 13 Abs. I und Abs. II GasGVV. Der verlangte Monatsbetrag von 87,- EUR ist insoweit nicht zu beanstanden. |
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| Die Beklagten haben in 2008 am 07.02.2008 41,68 EUR bezahlt, am 03.03.2008 60,- EUR und am 01.04.2008 wiederum 60,- EUR. Bezogen auf die Gesamtschuld der Abschlagszahlungspflichten von 261,- EUR ergibt sich mithin ein Abzugsposten von 161,68 EUR, womit an rückständigen Abschlagszahlungen der Betrag von 99,32 EUR resultiert. Die Gesamtsumme aller Rückstände ab 2005 bis einschließlich März 2008 beläuft sich zuzüglich 4,- EUR Mahnkosten, die die Klägerin ebenfalls berechtigt geltend macht, auf 633,13 EUR. |
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| Zur Preisbildung ( Preisänderungen, mehrheitlich Preiserhöhungen) der Klägerin: |
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| Ob in dem Fall der Gasversorgung § 315 BGB unmittelbar Anwendung findet, ist durchaus streitig. Der Bundesgerichtshof, der die Anwendung befürwortet, hat in seiner Entscheidung vom 13.06.2007, Aktenzeichen VIII ZR 36/06, unter Nennung auch der abweichenden Auffassungen sich für die unmittelbare Anwendung des § 315 BGB entschlossen. Entscheidend sei, dass der Gaslieferant im Rahmen des von den Parteien abgeschlossenen Gaslieferungsvertrages kraft Gesetzes berechtigt sei, die Preise einseitig zu ändern. |
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| Dass auch zumindest die GasGVV, Bundesgesetzblatt I 2006, 2391 ff., von der Anwendbarkeit des § 315 BGB ausgeht, ergibt sich bereits aus der Nennung dieser Vorschrift in § 17 Abs. I, letzter Satz der Verordnung. |
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| In der genannten Entscheidung hat der Bundesgerichtshof ausgesprochen, dass eine Tariferhöhung, mit der lediglich gestiegene Bezugskosten des Gasversorgers an die Tarifkunden weitergegeben werden, grundsätzlich der Billigkeit entspreche, sie könne allerdings unbillig sein, wenn und soweit der Anstieg der Bezugskosten durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen wird. |
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| Wie sich aus dem im Tatbestand dieses Urteils im Einzelnen wiedergegebenen, von der Klägerin in Rechnung gestellten, Arbeitskosten einerseits und den Bezugskosten andererseits ergibt, hat die Klägerin tatsächlich im Zeitraum von Januar 2005 bis März 2008 im Wesentlichen nur die erhöhten Bezugspreise weitergegeben und kaum eine Preiserhöhung vorgenommen, die über den erhöhten Bezugspreisen lag. |
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| Im Einzelnen stellt sich die Lage wie folgt dar, was die Differenz zwischen Verkaufspreis und Einkaufspreis angeht: |
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Per 01.01.2004 |
Differenzbetrag |
1,5731 Ct./kWh, |
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per 01.10.2004 |
Differenzbetrag |
1,4209 Ct./kWh, |
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per 01.01.2005 |
Differenzbetrag |
1,5819 Ct./kWh, |
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per 01.04.2005 |
Differenzbetrag |
1,2716 Ct./kWh, |
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per 01.07.2005 |
Differenzbetrag |
1,1913 Ct./kWh, |
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per 01.10.2005 |
Differenzbetrag |
1,4314 Ct./kWh, |
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per 01.01.2006 |
Differenzbetrag |
1,3852 Ct./kWh, |
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per 01.04.2006 |
Differenzbetrag |
1,0896 Ct./kWh, |
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per 01.07.2006 |
Differenzbetrag |
1,1322 Ct./kWh, |
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per 01.10.2006 |
Differenzbetrag |
1,2013 Ct./kWh, |
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per 01.01.2007 |
Differenzbetrag |
1,3707 Ct./kWh, |
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per 01.04.2007 |
Differenzbetrag |
1,3467 Ct./kWh, |
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per 01.10.2007 |
Differenzbetrag |
1,4026 Ct./kWh, |
und für 2008, |
soweit geändert, |
Differenzbetrag |
1,2607 Ct./kWh. |
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| Dies bedeutet, dass bei Zugrundelegung der Rechtsprechung des BGH in der zitierten Entscheidung, dort Rd.Ziff. 36, die von den Beklagten akzeptierten Preise für das Jahr 2004 als vereinbarte Preise zugrunde zu legen sind und damit die Differenz zwischen dem verlangten Preis pro Kilowattstunde im Jahr 2004 zu Beginn mit 3,50 Ct. gegenüberzustellen ist dem per 01.01.2004 geltenden Bezugspreis der Klägerin von 1,9269 Ct., mithin die damalige Differenz 1,5731 Ct./kWh betragen hat und diese Relation liegt dem nach der Rechtsprechung des BGH als vereinbart zu wertenden Preis zugrunde. |
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| Aus den mitgeteilten Zahlen ergibt sich, dass lediglich für die kurze Zeit vom 01.01.2005 bis 01.04.2005 die ursprüngliche Differenz zwischen Verkaufs- und Einkaufspreis von 1,5731 Ct./kWh mit 1,5819 Ct./Kwh schwach überboten wurde. In allen anderen Zeiträumen lag ständig eine geringere Differenz zwischen dem von der Klägerin verlangten Preis und ihrem Einkaufspreis. |
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| Gemessen an diesen Kriterien entsprachen die Preiserhöhungen der Klägerin der Billigkeit. |
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| Die Klägerin hat es allerdings nicht verstanden, ihre Preiskalkulation, bezogen auf die verlangten Gaspreise, nachvollziehbar offen zu legen. |
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| Dies dürfte auch verhältnismäßig schwer sein, da die Klägerin, wie von den Beklagten sehr deutlich erkannt, sich nicht nur mit dem Vertrieb von Gas beschäftigt, sondern auch mit anderen Geschäftszweigen, so dem Unterhalten von Bädern. |
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| In diesem Fall maßt sich das Gericht nicht an, Querfinanzierungen (Niedrighalten des Bäderpreises zu Lasten einer nicht vorgenommenen Verringerung des Gaspreises) oder eine Steigerung des Gewinnes zu beanstanden, so wenn die Klägerin beim Materialeinsatz oder Personaleinsatz besonders sparsam ist und so glückhafterweise der Gewinn steigt. Das Gericht maßt sich also nicht an, diesbezügliche Gewinne und Querfinanzierungen, die hier nicht offen gelegt wurden, dem Grundsatze nach zu beanstanden und von der Beklagten eine Kalkulation zu verlangen, die die Beklagte möglicherweise noch nie unternommen hat. |
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| Nach der Auffassung des Gerichts kann § 315 BGB immer nur eklatante Missgriffe bei der Preisbildung korrigieren, nicht jedoch ist § 315 Abs. III BGB geeignet, nur einen ganz bestimmten Preis für den richtigen zu halten. Demjenigen, dem das Preisbestimmungsrecht zugewiesen ist, hier durch Verordnungsvorschrift, muss ein großer Toleranzspielraum verbleiben. |
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| In der Entscheidung des BGH vom 13.06.2007 hat dieser unter der Randnummer 21 ausgeführt, dass das Berufungsgericht zu Recht angenommen haben, dass jedenfalls die Weitergabe von gestiegenen Bezugskosten an die Tarifkunden im Grundsatz der Billigkeit entspricht. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob eine Billigkeitskontrolle auch auf der Basis eines Vergleiches mit den Gaspreisen anderer Gasversorgungsunternehmen vorgenommen werden kann. |
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| Damit hat der Bundesgerichtshof die Prüfung, ob bereits auf der Lieferantenebene in Bezug auf die Klägerin, ein unbilliger Gaspreis vorliegt, verschlossen. |
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| Wie bereits in der mündlichen Verhandlung vom 22.09.2008 ausgeführt, stellt sich die Grundfrage, ob angesichts der Zerschlagung der öffentlich-rechtlichen Energieversorgung Ende des letzten Jahrhunderts und dem Einschalten von vielerlei Gaslieferanten, die allerdings den vier großen Gasverteilern gegenüberstehen, auf privatwirtschaftlicher Ebene § 315 Abs. III BGB irgendwie helfen kann, zumal der allgemein bestehende und wohl durchaus auch begründete Verdacht besteht, dass bei den Gaslieferanten (gemeint sind in erster Linie die Großverteiler) Absprachen existieren (etwa die ominöse Anbindung an den Ölpreis), um die Preisgestaltung insoweit zu rechtfertigen. Gerichtsverwertbare Beweisantritte hierfür haben die Beklagten jedoch nicht gegeben. |
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| Somit kann auch nicht davon ausgegangen werden, wenn sich auch der Verdacht aufdrängt, dass die Vertragsbeziehung zwischen der Klägerin und ihrem Vorlieferanten sittenwidrig ist. |
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| Aus der Sicht des Gerichts ist § 315 Abs. III BGB ein untaugliches Mittel, um die fortschreitende Energiepreiserhöhung zu dämpfen, zumal wie die jüngste Entwicklung zeigt, allein durch Finanzkrisen und rückläufige Konjunktur der Preis für dasselbe Gut fällt. Hier einen „billigen“ Preis im Sinne von § 315 Abs. III BGB zu finden, ist nahezu unmöglich. |
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| Am ehesten geeignet scheint dem Gericht die Orientierung an den von, wenn auch in anderen Regionen tätigen, Anbietern von Gas verlangten Preisen. |
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| Hier hat die Klägerseite, vgl. Schriftsatz des Klägervertreters vom 28.08.2008, Seite 10, Bl. 386 d. Gerichtsakten, unstreitig vorgetragen, dass die Preisunterschiede zwischen der Klägerin und sonstigen baden-württembergischen Energieversorgern keine nennenswerte Diskrepanz zeigen. Die Preise der Klägerin bewegten sich im Mittelfeld, schwanken in Abweichung bei ca. 3,35 %. |
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| Diese Abweichung kann kein Grund sein, der Preisgestaltung der Klägerin das Verdikt der Unbilligkeit aufzudrücken, angesichts des im Rahmen von § 315 Abs. III BGB zu fordernden Ermessensspielraumes. |
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| Die Konstruktion des Bundesgerichtshofes in seiner Entscheidung vom 13.06.2007, wonach eine auf eine Bezugskostenerhöhung gestützte Preiserhöhung unbillig sein könne, wenn der Anstieg durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen werde, ist unter der Konstruktion des ursprünglich vereinbarten Preises bedenklich, da eben wegen des vereinbarten Preises Preisänderungen nach unten weder bei Reduzierung der Bezugskosten noch bei Reduzierung der übrigen Kosten, im Rahmen von § 315 Abs. III BGB erzwungen werden können. Bei der Zugrundelegung von zu einem bestimmten Zeitpunkt vereinbarten Preisen ist nie die Weitergabe allgemeiner Preissenkungen erzwingbar, vielmehr bleibt dies dem „Markt “ überlassen. |
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| Nur am Rande sei erwähnt, dass nach der geltenden Gesetzlage und der Rechtsprechung des BGH ein gespaltener Kundenmarkt eines Gaslieferanten hergestellt wird, der § 36 Abs. I des Energiewirtschaftsgesetzes widerspricht. Dort heißt es: |
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| „Energieversorgungsunternehmen haben für Netzgebiete, in denen sie die Grundversorgung von Haushaltskunden durchführen, allgemeine Bedingungen und allgemeine Preise für die Versorgung in Niederspannung oder Niederdruck öffentlich bekannt zu geben und im Internet zu veröffentlichen und zu diesen Bedingungen und Preisen jeden Haushaltskunden zu versorgen.“ |
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| Damit ist klar, dass der Gesetzgeber allgemeine Preise für die Haushaltskunden haben wollte und die Konsequenz der Rechtsprechung des BGH die ist, dass zumindest theoretisch die Verpflichtung zu eben diesem Preis jeden Haushaltskunden zu versorgen, aufgehoben ist, da die Einzelfallentscheidung den allgemeinen Preis aufhebt. |
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| Nach Auffassung des Amtsgerichts Nürtingen zeigt sich an dieser Vorschrift, dass das geltende Recht, was Energielieferung angeht, nicht kohärent ist. |
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| Die zugesprochenen Zinsen rechtfertigen sich unter dem Gesichtspunkt des Verzuges, wobei für den Verzugsbeginn aufgespalten werden musste, da die Mahnung der Klägerin vom 17.03.2008 mit Fristsetzung zum 31.03.2008, vgl. Anlage K 6, Bl. 244 d. Gerichtsakten, nur einen Betrag von 606,13 EUR betraf und somit nur aus dieser Hauptsumme der Zins ab dem 01.04.2008 gerechtfertigt war. Bezüglich des Restbetrages zur geltend gemachten Hauptsumme wurde der Folgetag der Zustellung des Mahnbescheides als Verzugsbeginn gewählt. |
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| Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. II Nr. 1, 100 Abs. IV ZPO. |
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