Amtsgericht Münster Beschluss, 18. Dez. 2015 - 77 IN 53/13
Tenor
Der sofortigen Beschwerde des Gläubigers T vom 17.12.2015 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Münster vom 03.12.2015 wird nicht abgeholfen.
Das Verfahren wird dem Landgericht Münster – Beschwerdekammer – zur abschließenden Entscheidung vorgelegt.
1
Gründe:
2Die Ausführungen des Beschwerdeführers sind nicht geeignet, eine von der angefochtenen Entscheidung abweichende Entscheidung zu begründen.
3Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Annahme des Amtsgericht, die Ablehnung des Rechtspflegers T1 wegen der Besorgnis der Befangenheit sei unzulässig, wendet, überzeugt dies nicht. Dem Beschwerdeführer ist zunächst zuzustimmen, dass in der Literatur (insbesondere von Ganter/Lohmann in: Münchner Kommentar zur Insolvenzordnung, 3. Auflage 2013, § 4 Rn. 43 m.w.N.) – anders, als in der angefochtenen Entscheidung vom Amtsgericht vertreten – teilweise vertreten wird, dass auch ein einzelner Gläubiger zur Ablehnung berechtigt sei. Zunächst kommt es darauf im Ergebnis allerdings schon nicht an, da die Ablehnung – deren Zulässigkeit unterstellt – zumindest unbegründet ist (dazu sogleich).
4Darüber hinaus geht die Auffassung des Beschwerdeführers vorliegend insbesondere auch daher fehl, da der Beschwerdeführer vorliegend nicht glaubhaft gemacht hat, dass er durch die Maßnahme des Rechtspflegers unmittelbar betroffen ist, was aber nach der Auffassung, die dem einzelnen Gläubiger das Ablehnungsrecht zubilligt, erforderlich wäre (Ganter/Lohmann, a.a.O.). Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer – nach seiner Behauptung – vorliegend zwar Gläubiger ist, er offensichtlich aber nicht Partei des Verfahrens, sondern „nur“ Dritter ist. Gläubiger ist im eröffneten Verfahren nur, wer seine Forderung angemeldet hat, und dessen Forderung entweder tituliert oder festgestellt bzw. nicht bestritten ist (Ganter/Lohmann, a.a.O., Rn. 61). Insoweit ist der Beschwerdeführer wohl auch nach der Auffassung, die dem einzelnen Gläubiger grundsätzlich ein Ablehnungsrecht zubilligt, als nicht ablehnungsberechtigt anzusehen.
5Die Ablehnung ist darüber hinaus unbegründet.
6Soweit der Beschwerdeführer auf die Regelung des § 47 ZPO – wohl in Verbindung mit §§ 4 InsO, 10 Satz 1 RpflG – abstellt, vermag dies nicht zu überzeugen. In der angefochtenen Entscheidung des Amtsgerichts wurde ausschließlich über die Zulässigkeit und Begründetheit der Ablehnung des Rechtspflegers T1 entschieden; zur Frage, ob die vom Rechtspfleger nach erfolgter Ablehnung vorgenommenen Handlungen als im Rahmen von § 47 ZPO erfolgt anzusehen sind, verhält sich die Entscheidung nicht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese Frage für die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch unerheblich ist; soweit der Beschwerdeführer die Auffassung vertritt, dass die Tätigkeiten des Rechtspflegers in der Gläubigerversammlung gemäß §§ 10 Satz 1 RpflG, 4 InsO, 47 ZPO hätten unterbleiben müssen und die von der Gläubigerversammlung gefassten Beschlüsse unwirksam seien, ist dies nicht im Rahmen des Ablehnungsverfahrens zu klären.
7Soweit der Beschwerdeführer unter Verweis auf § 5 Abs. 1 InsO rügt, dass der Rechtspfleger befangen sei, da er das Verfahren ohne sofortige bzw. vorherige Entscheidung über eine Entlassung des Herrn Dr. L aus dem Gläubigerausschuss fortgeführt hat, geht dies ebenfalls fehl. Zunächst verkennt der Beschwerdeführer, dass Herr Dr. L nicht Mitglied des Gläubigerausschusses ist, sondern „nur“ Vertreter eines Mitgliedes des Gläubigerausschusses, namentlich der Sparkasse X. Ein Ausschluss des Herrn Dr. L vom Gläubigerausschuss ist daher ohnehin nicht möglich. Der Beschwerdeführer verkennt darüber hinaus auch, dass es gerade ein besonders gewissenhaftes Vorgehen des Rechtspflegers darstellt, dass dieser vor einer Entscheidung über eine Entlassung eines Mitgliedes des Gläubigerausschusses zunächst die erforderlichen Ermittlungen anstellt, um auf der Grundlage der dann – möglichst vollständig – ermittelten Tatsachen eine fundierte Entscheidung treffen zu können.
8Soweit der Beschwerdeführer anführt, dass der Rechtspfleger der Gläubigerin Sparkasse X das Stimmrecht hätte entziehen bzw. dies zumindest in Betracht hätte ziehen müssen, geht diese Rüge ebenfalls fehl. Der Rechtspfleger hat, wie von § 77 InsO vorgesehen, die Stimmrechte in der Gläubigerversammlung erörtert und auf eine Einigung der Erschienenen hingewirkt. Die Einigung kam ausweislich des Protokolls der Gläubigerversammlung ohne Widerspruch eines Beteiligten zustande. Wenn es aber schon der Beschwerdeführer im Rahmen der Erörterung des Stimmrechts nicht für erforderlich hält, seine Bedenken darzulegen, sondern vielmehr einer Einigung zustimmt, die der Sparkasse X das volle Stimmrecht gewährt, ist offensichtlich fernliegend, in der – vermeintlichen – Verkennung des Erfordernisses des Entzuges des Stimmrechts betreffend die Sparkasse X durch den Rechtspfleger – ungeachtet des tatsächlichen Bestehens dieses Erfordernisses – eine Handlung zu sehen, die geeignet sein soll, Zweifel an der Unparteilichkeit des Rechtspflegers zu begründen.
9Das Verfahren war nach alledem dem Landgericht Münster – Beschwerdekammer – zur abschließenden Entscheidung vorzulegen.
10Münster, 18.12.2015
11Amtsgericht
12Unterschrift
13Richter am Amtsgericht
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Referenzen - Gesetze
(1) Ein abgelehnter Richter hat vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs nur solche Handlungen vorzunehmen, die keinen Aufschub gestatten.
(2) Wird ein Richter während der Verhandlung abgelehnt und würde die Entscheidung über die Ablehnung eine Vertagung der Verhandlung erfordern, so kann der Termin unter Mitwirkung des abgelehnten Richters fortgesetzt werden. Wird die Ablehnung für begründet erklärt, so ist der nach Anbringung des Ablehnungsgesuchs liegende Teil der Verhandlung zu wiederholen.
Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen und Terminen die Beteiligten in der Ladung auf die Verpflichtung hinzuweisen sind, wissentliche Ton- und Bildaufzeichnungen zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Dritte die Ton- und Bildübertragung nicht wahrnehmen können.
(1) Ein abgelehnter Richter hat vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs nur solche Handlungen vorzunehmen, die keinen Aufschub gestatten.
(2) Wird ein Richter während der Verhandlung abgelehnt und würde die Entscheidung über die Ablehnung eine Vertagung der Verhandlung erfordern, so kann der Termin unter Mitwirkung des abgelehnten Richters fortgesetzt werden. Wird die Ablehnung für begründet erklärt, so ist der nach Anbringung des Ablehnungsgesuchs liegende Teil der Verhandlung zu wiederholen.
Für die Ausschließung und Ablehnung des Rechtspflegers sind die für den Richter geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden. Über die Ablehnung des Rechtspflegers entscheidet der Richter.
(1) Das Insolvenzgericht hat von Amts wegen alle Umstände zu ermitteln, die für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sind. Es kann zu diesem Zweck insbesondere Zeugen und Sachverständige vernehmen.
(2) Sind die Vermögensverhältnisse des Schuldners überschaubar und ist die Zahl der Gläubiger oder die Höhe der Verbindlichkeiten gering, wird das Verfahren schriftlich durchgeführt. Das Insolvenzgericht kann anordnen, dass das Verfahren oder einzelne seiner Teile mündlich durchgeführt werden, wenn dies zur Förderung des Verfahrensablaufs angezeigt ist. Es kann diese Anordnung jederzeit aufheben oder ändern. Die Anordnung, ihre Aufhebung oder Abänderung sind öffentlich bekannt zu machen.
(3) Die Entscheidungen des Gerichts können ohne mündliche Verhandlung ergehen. Findet eine mündliche Verhandlung statt, so ist § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung nicht anzuwenden.
(4) Tabellen und Verzeichnisse können maschinell hergestellt und bearbeitet werden. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen über die Führung der Tabellen und Verzeichnisse, ihre elektronische Einreichung sowie die elektronische Einreichung der dazugehörigen Dokumente und deren Aufbewahrung zu treffen. Dabei können sie auch Vorgaben für die Datenformate der elektronischen Einreichung machen. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.
(5) Insolvenzverwalter sollen ein elektronisches Gläubigerinformationssystem vorhalten, mit dem jedem Insolvenzgläubiger, der eine Forderung angemeldet hat, alle Entscheidungen des Insolvenzgerichts, alle an das Insolvenzgericht übersandten Berichte, welche nicht ausschließlich die Forderungen anderer Gläubiger betreffen, und alle die eigenen Forderungen betreffenden Unterlagen in einem gängigen Dateiformat zur Verfügung gestellt werden können. Hat der Schuldner im vorangegangenen Geschäftsjahr mindestens zwei der drei in § 22a Absatz 1 genannten Merkmale erfüllt, muss der Insolvenzverwalter ein elektronisches Gläubigerinformationssystem vorhalten und die in Satz 1 genannten Dokumente unverzüglich zum elektronischen Abruf zur Verfügung stellen. Den Einsichtsberechtigten stellt der Verwalter die für den Zugang erforderlichen Daten unverzüglich zur Verfügung.
(1) Ein Stimmrecht gewähren die Forderungen, die angemeldet und weder vom Insolvenzverwalter noch von einem stimmberechtigten Gläubiger bestritten worden sind. Nachrangige Gläubiger sind nicht stimmberechtigt.
(2) Die Gläubiger, deren Forderungen bestritten werden, sind stimmberechtigt, soweit sich in der Gläubigerversammlung der Verwalter und die erschienenen stimmberechtigten Gläubiger über das Stimmrecht geeinigt haben. Kommt es nicht zu einer Einigung, so entscheidet das Insolvenzgericht. Es kann seine Entscheidung auf den Antrag des Verwalters oder eines in der Gläubigerversammlung erschienenen Gläubigers ändern.
(3) Absatz 2 gilt entsprechend