Amtsgericht Montabaur Beschluss, 05. Sept. 2012 - 5 C 102/12

ECLI:ECLI:DE:AGMONTA:2012:0905.5C102.12.0A
bei uns veröffentlicht am05.09.2012

Gericht

Amtsgericht Montabaur


Tenor

Der Beschwerde der Beklagten vom 04.09.2012 gegen den am 21.08.2012 zugestellten Beschluss vom 13.08.2012 wird nicht abgeholfen.

Die Sache wird dem Landgericht Koblenz zur Entscheidung über die Beschwerde vorgelegt.

Gründe

1

Die zugelassene Beschwerde ist gemäß § 66 Abs. 2 GKG zulässig. In der Sache vermag das erkennende Gericht ihr auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nicht abzuhelfen.

2

Die hier zu entscheidende Rechtsfrage ist in der Rspr. umstritten. Soweit die Beschwerde die Entscheidung des OLG Naumburg vom 26.01.2012 (Az. 1 Ws 568/11) anführt, vermag dieses das erkennende Gericht nicht zu überzeugen.

3

Dieser Entscheidung liegt im Wesentlichen die Argumentation zugrunde, dass durch die Kostenrechtsnovellierung vom 01. Juli 1994 zwar die in § 5 Abs. 3 JVKostO a.F. enthaltene Formulierung zur Versendung von Akten "durch die Post" in der seinerzeit neu eingeführten Nummer 9003 des Kostenverzeichnisses zum GKG gestrichen wurde. Dies lasse jedoch nicht den Schluss zu, dass jetzt nicht mehr die Auslagen der Justiz pauschal abgegolten werden sollten, sondern allgemein die Serviceleistungen des Gerichts. Vielmehr habe seinerzeit allein dem Umstand Rechnung getragen werden sollen, dass mittlerweile zahlreiche andere Transportmöglichkeiten für Akten zur Verfügung stehen als die durch die Deutsche Post AG. Dies folge auch aus der Gesetzesbegründung, BT-Drucksache Nr. 12/6962, S. 87.

4

Hierzu ist festzustellen, dass die Gesetzesbegründung einen solchen Schluss nicht zulässt. Denn in BT-Drucksache Nr. 12/6962, S. 87 heißt es:

5

"Der neu eingeführte Auslagentatbestand ... ermöglicht pauschal die Abgeltung von Aufwendungen, die dadurch entstehen, das Akteneinsichten an einem anderen Ort als dem der aktenführenden Stelle gewünscht und dadurch Versendungen notwendig werden. Es besteht kein Anlass, die durch solche besonderen Serviceleistungen der Justiz entstehenden Aufwendungen unberücksichtigt zu lassen. ..."

6

Somit ergibt sich aus der Gesetzesbegründung weder, was unter "Versendung" zu verstehen ist (dazu näher die Auslegung im angefochtenen Beschluss) noch, dass mit der Akteneinsicht außerhalb des Gerichts verbundene Serviceleistungen des Gerichts nicht mit dem Auslagentatbestand der Nr. 9003 KV GKG abgegolten werden sollen.

7

Die in der Beschwerde zitierte Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 04.11.2009 (Az. II - 1 Ws 44709) hingegen befasst sich nicht mit dem hier vorliegenden Fall, dass die Akte in das beim versendenden Gericht befindliche Anwaltsfach eingelegt wird. Das OLG Düsseldorf führt in seiner Entscheidung allerdings in Übereinstimmung mit der hier angefochtenen Entscheidung des erkennenden Gerichts ebenfalls aus, dass zu den mit der Pauschale nach Nr. 9003 KV GKG abgegoltenen Aufwendungen neben den reinen Porto- oder Transportkosten auch der Verwaltungsaufwand der Geschäftsstelle für Begleitschreiben, Anlage eines Retents, Fristenkontrolle und Mahnung bei Fristüberschreitung zählen. Diese fallen aber auch an, wenn die Akte zwecks Akteneinsicht außerhalb des Gerichts in das Anwaltsfach eingelegt wird.

8

Dem von der Beschwerde angeführten Beschluss des LG Münster vom 29.03.1995 (7 Qs 48/95) ist schon deshalb nicht zu folgen, weil dieser davon ausgeht, dass durch den Auslagentatbestand der Nr. 9003 KV GKG lediglich die Portokosten oder ggf. Verpackungskosten abgegolten werden sollen. Das dem nicht so ist, wurde bereits in dem angefochtenen Beschluss vom 13.08.2012 unter Hinweis auf obergerichtliche Rechtsprechung ausgeführt (vgl. dort Ziff. 2.c)).

9

Somit ist der in dem hier angefochtenen Beschluss dargestellten und näher begründeten Interpretation des Auslagentatbestands der Nr. 9003 KV GKG der Vorzug zu geben.

10

Ein anderes Verständnis würde auch zu willkürlichen Ergebnissen führen. Denn es wäre schlechthin mit dem Sinn und Zweck des Auslagentatbestands der Nr. 9003 KV GKG nicht nachvollziehbar zu erklären, warum das zwecks Akteneinsicht außerhalb des Gerichtsgebäudes erforderliche Einlegen der Akte in das in einem großen Gerichtsgebäude befindliche Fach eines Anwalts, zu welchem die Akte innerhalb des Gerichts durch den Gerichtswachtmeister über mehrere Etagen und Flure transportiert werden muss, nicht den Auslagentatbestand der Nr. 9003 KV GKG auslösen soll, während dieser erfüllt ist, wenn die Akte durch den Gerichtswachtmeister von einem kleinen Amtsgericht über die Straße in der Landgericht, bei dem sich das Anwaltsfach befindet, getragen wird (vgl. so die ähnlichen Fälle OLG Düsseldorf Beschluss vom 04.11.2009 (Az. II - 1 Ws 447/09) und OLG Köln Beschluss vom 02. März 2009 (17 Ws 2/09)). Dieses Beispiel belegt plastisch, dass man den Anwendungsbereichs der Nr. 9003 KV GKG nicht formaljuristisch über eine enge Wortlautauslegung des Begriffs "Versendung" definieren darf, sondern wie im angefochtenen Beschluss des erkennenden Gerichts erfolgt nach dem Sinn und Zweck dieses Auslagentatbestands.

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Referenzen - Gesetze

Amtsgericht Montabaur Beschluss, 05. Sept. 2012 - 5 C 102/12 zitiert 2 §§.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 66 Erinnerung gegen den Kostenansatz, Beschwerde


(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. W

Referenzen

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.