Amtsgericht Mannheim Beschluss, 21. Mai 2008 - 9 C 142/08

bei uns veröffentlicht am21.05.2008

Tenor

Das Amtsgericht Mannheim erklärt sich für örtlich unzuständig und verweist den Rechtsstreit auf Antrag des Klägervertreters ohne vorherige mündliche Verhandlung gem. § 281 ZPO an das örtlich zuständige Amtsgericht Hannover.

Der Termin vom 9.06.2008 wird aufgehoben.

Gründe

 
1. örtliche Unzuständigkeit des Amtsgerichts Mannheim
Für eine Zuständigkeit des Amtsgerichts Mannheim gibt es keinen Anknüpfungspunkt.
Allgemeiner Gerichtsstand der Beklagten ist nach §§ 12, 17 ZPO deren Sitz und damit München. Zwar ist anerkannt, dass die negative Feststellungsklage auch überall dort zulässig ist, wo die Leistungsklage mit umgekehrtem Rubrum möglich wäre (so z.B. OLG Köln, Urteil vom 7.04.1978 - 6 U 179/77 - GRUR 1978, 658 m.w.N.; Musielak/ Foerste , ZPO, 5.Aufl. 2007, § 256 Rn. 36 m.w.N.), allerdings führt dies lediglich zur Zuständigkeit des Amtsgerichts Hannover als dem Gericht, dem nach der niedersächsischen Zuständigkeitsverteilung in Urheberrechtssachen betreffend die Amtsgerichte im Oberlandesgerichtsbezirk Celle, in welchem die Klägerin (und Beklagte einer gedachten Leistungsklage) nach §§ 12, 13 ZPO ihren Wohnsitz hat, Rechtsstreitigkeiten, die ihren Grund (auch) im Urheberrecht haben, zugewiesen sind.
Auf die der hiesigen Beklagten im Rahmen einer von ihr angestrengten Leistungsklage zustehende Wahlmöglichkeit, den jetzigen Kläger am Ort der unerlaubten Handlung (§ 32 ZPO) - und damit auch vor dem Amtsgericht Mannheim als dem Gericht, in dessen Bezirk die streitgegenständlichen Musikstücke (auch) abrufbar waren (vgl. hierzu zuletzt z.B. LG Düsseldorf, Urteil vom 23.01.2008 - 12 O 246/07) - zu verklagen, kann sich der Kläger einer negativen Feststellungsklage dagegen nicht berufen. Denn § 32 ZPO hat neben der Sachnähe - die im vorliegenden Fall wegen der am Wohnort des Klägers ansässigen Zeugen bzw. dem dortigen Standort des Rechners ebenfalls beim Amtsgericht Hannover größer ist - auch die Privilegierung des Geschädigten im Sinn, der neben §§ 12, 13 ZPO auch auf (den meist näheren Gerichtsstand des Ortes der Begehung der unerlaubten Handlung und damit) § 32 ZPO rekurrieren können soll (Musielak/Heinrich , § 32 Rn. 1; Zöller/ Vollkommer , ZPO, 26.Aufl. 2007, § 32 Rn. 1). Dass nunmehr der Schädiger selbst diese Wahlmöglichkeit im Rahmen der negativen Feststellungsklage in Anspruch nehmen können soll, widerspricht dem Sinn und Zweck des § 32 ZPO (vgl. Musielak/ Foerste , a.a.O. m.w.N.), weshalb die Vorschrift insoweit teleologisch zu reduzieren ist, sodass es keinen validen Anknüpfungspunkt für eine hiesige Zuständigkeit gibt. Das von der Klägerin zitierte und in ihrem Sinne entschiedene, aber eine gänzlich anders gelagerte Fallkonstellation betreffende Verfahren 1 C 463/06 des Amtsgerichts Mannheim, das wohl ausschlaggebend für die Wahl des Klageortes gewesen sein dürfte, genügt dafür jedenfalls nicht.
Diese Ansicht wird gestützt von der zu § 17 WahrnG (UrhWG) ergangenen Literatur und Rechtsprechung. Die als ausschließlicher Gerichtsstand für Klagen von Verwertungsgesellschaften ausgestaltete Norm, die entweder das Gericht am Wohnsitz/Sitz des Verletzers oder dasjenige, in dessen Bezirk die Verletzungshandlung [= § 32 ZPO] vorgenommen wurde, für zuständig erklärt, ist im umgekehrten Fall, d.h. bei Klagen des Verletzers gegen die Verwertungsgesellschaft gerade nicht anwendbar (vgl. hierzu Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 2.Aufl.2006, § 17 WahrnG Rn. 2; Schricker/ Reinbothe , Urheberrecht, 2.Aufl. 1999, § 17 WahrnG Rn. 3). Auch wenn § 17 WahrnG in der hiesigen Konstellation nicht einschlägig ist, zeigt sich dadurch jedenfalls, dass (zumindest auch) zugunsten des Geschädigten geschaffene Normen dem Schädiger nicht zum Vorteil gereichen dürfen.
2. örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Hannover
Die Klägerin hat hilfsweise für den Fall, dass das Amtsgericht Mannheim ihre Auffassung zur örtlichen Zuständigkeit nicht teilt, Verweisung an das nach Ansicht des Gerichts zuständige Amtsgericht beantragt.
Diese Vorgehensweise ist zulässig, insbesondere bedarf es keiner ausdrücklichen Benennung des zuständigen Gerichts (Musielak/ Foerste , § 281 Rn. 8), da sich aus dem bisherigen Vortrag der Klägerin klar ergibt, dass ihre Wahl nach § 35 ZPO dann, wenn der Gerichtsstand Mannheim (oder jeder andere Tatortgerichtsstand) wegen der oben unter 1. geschilderten Reduktion ausscheidet, auch nicht auf den ihr weiter zur Verfügung stehenden Gerichtsstand München fällt. Eine solche Verweisung an das Amtsgericht München kam darüber hinaus auch deshalb nicht in Betracht, weil es die hiesige Beklagte durch Erhebung einer Leistungsklage und der damit verbundenen Sperrwirkung für eine negative Feststellungsklage (Zöller/ Vollkommer/Greger , Einl. Rn. 78; § 256 Rn. 16 m.w.N.) selbst in der Hand hatte, die Sache in München verhandeln zu lassen, da es ihr im Rahmen der Leistungsklage nicht verwehrt war, sich auf § 32 ZPO und damit den (auch) in München liegenden Tatort zu berufen.
Nach der obigen Prämisse, dass die negative Feststellungsklage (auch) überall dort zulässig ist, wo die Leistungsklage mit umgekehrtem Rubrum erhoben werden könnte, bleibt damit als letzter (allgemeiner) Gerichtsstand (§§ 12, 13 ZPO) der des Wohnorts der Klägerin übrig. Anders als § 32 ZPO dienen §§ 12, 13 ZPO gerade nicht dem Schutz vorwiegend einer Partei, sodass eine teleologische Reduktion - unabhängig von der sonst eintretenden Folge des Leerlaufs obiger Prämisse - auch des allgemeinen Gerichtsstands nicht angezeigt ist. Damit wäre an sich das Amtsgericht Hildesheim örtlich zuständig, was auch wegen der schon beschriebenen Sachnähe im Hinblick auf eine etwaig durchzuführende Beweisaufnahme stimmig ist.
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Da die Ansprüche der Beklagten, deren Nichtbestehen die Klägerin festgestellt haben möchte, (zumindest auch) solche aus dem Urheberrechtsgesetz (§ 97 UrhG) sind, greift jedoch die in Niedersachsen geregelte besondere funktionale Zuständigkeit des Amtsgerichts Hannover ein (§ 105 Abs. 2 UrhG i.V.m. Verordnung vom 26.07.1966, GVBl. S. 178 aufgrund Ermächtigung in Verordnung vom 23.06.1966, GVBl. S. 118; Schricker/ Wild , § 105 Rn. 1, 3 m.w.N.), weshalb dorthin zu verweisen war.

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Referenzen - Gesetze

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Urheberrechtsgesetz - UrhG | § 97 Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz


(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch a

Zivilprozessordnung - ZPO | § 281 Verweisung bei Unzuständigkeit


(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers

Zivilprozessordnung - ZPO | § 32 Besonderer Gerichtsstand der unerlaubten Handlung


Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 17 Allgemeiner Gerichtsstand juristischer Personen


(1) Der allgemeine Gerichtsstand der Gemeinden, der Korporationen sowie derjenigen Gesellschaften, Genossenschaften oder anderen Vereine und derjenigen Stiftungen, Anstalten und Vermögensmassen, die als solche verklagt werden können, wird durch ihren

Zivilprozessordnung - ZPO | § 12 Allgemeiner Gerichtsstand; Begriff


Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 13 Allgemeiner Gerichtsstand des Wohnsitzes


Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 35 Wahl unter mehreren Gerichtsständen


Unter mehreren zuständigen Gerichten hat der Kläger die Wahl.

Urheberrechtsgesetz - UrhG | § 105 Gerichte für Urheberrechtsstreitsachen


(1) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung Urheberrechtsstreitsachen, für die das Landgericht in erster Instanz oder in der Berufungsinstanz zuständig ist, für die Bezirke mehrerer Landgerichte einem von ihnen zuzuweisen, wen

Referenzen

(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.

(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.

(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.

Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

(1) Der allgemeine Gerichtsstand der Gemeinden, der Korporationen sowie derjenigen Gesellschaften, Genossenschaften oder anderen Vereine und derjenigen Stiftungen, Anstalten und Vermögensmassen, die als solche verklagt werden können, wird durch ihren Sitz bestimmt. Als Sitz gilt, wenn sich nichts anderes ergibt, der Ort, wo die Verwaltung geführt wird.

(2) Gewerkschaften haben den allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Bergwerk liegt, Behörden, wenn sie als solche verklagt werden können, bei dem Gericht ihres Amtssitzes.

(3) Neben dem durch die Vorschriften dieses Paragraphen bestimmten Gerichtsstand ist ein durch Statut oder in anderer Weise besonders geregelter Gerichtsstand zulässig.

Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.

Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.

Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.

Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.

Unter mehreren zuständigen Gerichten hat der Kläger die Wahl.

Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.

Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.

Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.

Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.

(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Urheber, Verfasser wissenschaftlicher Ausgaben (§ 70), Lichtbildner (§ 72) und ausübende Künstler (§ 73) können auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht.

(1) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung Urheberrechtsstreitsachen, für die das Landgericht in erster Instanz oder in der Berufungsinstanz zuständig ist, für die Bezirke mehrerer Landgerichte einem von ihnen zuzuweisen, wenn dies der Rechtspflege dienlich ist.

(2) Die Landesregierungen werden ferner ermächtigt, durch Rechtsverordnung die zur Zuständigkeit der Amtsgerichte gehörenden Urheberrechtsstreitsachen für die Bezirke mehrerer Amtsgerichte einem von ihnen zuzuweisen, wenn dies der Rechtspflege dienlich ist.

(3) Die Landesregierungen können die Ermächtigungen nach den Absätzen 1 und 2 auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(4) u. (5) (weggefallen)