Amtsgericht Lemgo Urteil, 24. Feb. 2015 - 19 C 302/14
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, die auf seinem Grundstück W 3a in B an der Südwestseite unter dem Dach des Firmengebäudes liegende installierte Video-Überwachungsanlage sowie die weitere Video-Überwachungsanlage an der Südostseite des Wohngebäudes oberhalb der Fenster des ersten Obergeschosses zu entfernen und einen Betrag i.H.v. 334,75 EUR an die Klägerin zu zahlen.
Der Beklagten wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten es zu unterlassen, an dem Gebäude seines Hauses Kameras aufzustellen, die auf das Grundstück der Klägerin gerichtet sind.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 30 % und der Beklagte zu 70 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.500,00 €. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Die Parteien streiten über die Beseitigung von zwei Videokameras auf dem Grundstück des Beklagten sowie einen Schmerzensgeldanspruch der Klägerin.
3Die Klägerin bewohnt eine Wohnung im Haus W 3 in B. Eigentümer des Grundstücks ist Herr X. Der Beklagte ist Eigentümer des Grundstücks W 3a in B. Auf diesem befindet sich im vorderen Bereich zur Straße ein Büro-Wohngebäude, an welches sich ein Hallengebäude anschließt. Das Hallengebäude und die Büroräume nutzt der Beklagte für seinen Gewerbebetrieb, weshalb regelmäßig Betriebsfahrzeuge auf dem Grundstück stehen und Materialien dort gelagert werden. Von der Straße aus gesehen liegt das von der Klägerin bewohnte Haus hinter dem Gebäude des Beklagten. Die Anbindung erfolgt über das Grundstück des Beklagten über eine 3 m breite Zufahrt, da es keinen eigenen Zugang zur öffentlichen Straße gibt. Zulasten des Grundstücks des Beklagten ist im Baulastenverzeichnis der Stadt B für diese Zuwegung eine Baulast eingetragen. Ein Wegerecht zu Gunsten des Herrn X nach Maßgabe dieser Baulast ist bislang noch nicht als Grunddienstbarkeit ins Grundbuch eingetragen worden. Wegen der räumlichen Verhältnisse wird auf den Lageplan (Bl. 26 d. A.) Bezug genommen.
4Auf dem Grundstück des Beklagten ist seit Ende 2012 an jeder Grundstücksseite eine fest installierte und von außen wahrnehmbare Kamera des Typs G angebracht. Von den insgesamt vier Videokamera befindet sich ein an der Südwestseite unter dem Dach des Firmengebäudes (im Folgenden: Kamera 1), eine weitere befindet sich an der Südostseite des Wohngebäudes oberhalb der Fenster des ersten Obergeschosses (im Folgenden: Kamera 2). Wegen der Lage der streitgegenständlichen Kameras an dem Gebäudekomplex des Beklagten wird auf die eingereichten Lichtbilder (Anl. K1-K8, Bl. 10-17) Bezug genommen. Die Kameras reagieren bei Bewegungen und nehmen dann Bilder in kurzen zeitlichen Abständen auf. Der Einstellungs– und Erfassungsbereich richtet sich nach der entsprechenden Ausrichtung der Kamera und ist nur manuell zu verändern.
5Die Klägerin forderte den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 7.1.2014 dazu auf, die Kameras 1 und 2 spätestens bis zum 22.1.2014 zu entfernen bzw. deren Aufnahmewinkel zu verändern. Beides erfolgte nicht, vielmehr forderte der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 20.1.2014 auf, die rechtswidrige Nutzung des Beklagtengrundstückes zu unterlassen. Auf die Schreiben vom 7.1.2014 (Anl. K10, Bl.10 d.A.) und 20.1.2014 (Anl. K11, Bl. 22 d.A.) wird Bezug genommen.
6Die Einstellung der Kameras wurde durch den Beklagten nachträglich, jedenfalls bis zu dem gemeinsamen Besichtigungstermin am 13.10.2012014, verändert, um die Aufnahme des von der Klägerin bewohnten Grundstückes zu verringern. Bezüglich des dadurch eingestellten Aufnahmebereichs wird auf die Aufnahmen als Anlagen K 46, K 47 (Bl. 138 f. d.A.) Bezug genommen.
7Die Klägerin behauptet, es habe keine Veranlassung des Beklagten für die Installation der Kameras gegeben, vielmehr handele es sich um reine Schikane. Das Grundstück des Beklagten würde sie mit ihrem Pkw lediglich dann nutzen, wenn die Zuwegung mit Fahrzeugen des Beklagten blockiert sei bzw. ausnahmsweise kurzweilig und dann ohne den Beklagten zu beeinträchtigen.
8Sie behauptet weiter, die streitgegenständlichen Kameras seien – vor der Änderung im Oktober 2014- so installiert worden, dass diese auf das von ihr bewohnte Wohnhaus, die Hofeinfahrt, den Eingangsbereich des Wohnhauses und die Zuwegung gerichtet waren. Die Kamera 1 habe genau den Eingangsbereich und den Vorgarten des von ihr bewohnten Gebäudes erfasst, so dass der Beklagte sehen und filmen konnte, wer kommt und wer geht. Durch einen Weitwinkel der Kamera seien auch die Schlafzimmerfenster erfasst worden. Die Kamera 2 habe die Zuwegung, die Einfahrt, die Garage, den Eingangsbereich des von der Klägerin bewohnten Komplexes sowie die Schlafzimmerfenster der unteren und oberen Wohnung erfasst. Hierdurch habe sie sich schon immer beobachtet gefühlt. Ende des Sommers 2013 habe sich der Beklagte gegenüber dem Ehepaar S damit gebrüstet, dass er mit den Kameras 1 und 2 alles sehen könne, was die Klägerin im Eingangsbereich täte bzw. welchen Besuch sie habe und er bis in ihr Schlafzimmer gucken könne, wovon er auch Filmaufnahmen getätigt habe, was aufgrund der extremen Weitwinkeloption und einem sehr starken Zoom möglich sei. Aber auch durch die neue Einstellung des Beklagten würden komplett die Garage und die Mülltonnen gefilmt werden.
9Die Klägerin trägt vor, sie könne den Gedanken Tag und Nacht überwacht zu werden nicht mehr ertragen. Die Jalousien würden sie und ihre Tochter im Schlafzimmer daher meistens unten haben. Sie behauptet, die Gesamtsituation habe sich auf ihre Psyche derart ausgewirkt, dass sie unter ständiger Unruhe leide und kaum noch schlafen würde. Aufgrund der Situation sei sie vom 30.1.2014 bis einschließlich 8.2.2014 arbeitsunfähig gewesen und habe Psychopharmaka zur Beruhigung erhalten. Bis heute würde sie noch Psychopharmaka einnehmen.
10Sie ist der Ansicht, sie sei in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht in nicht unerheblichem Maße verletzt. Ein Schmerzensgeldbetrag sei jedenfalls in Höhe von 500,00 EUR angemessen.
11Die Klägerin beantragt,
121. den Beklagten zu verurteilen, die auf seinem Grundstück „W 3a in B“ an der Südwestseite unter dem Dach des Firmengebäudes liegende installierte Video-Überwachungsanlage sowie eine weitere Video-Überwachungsanlage an der Südostseite des Wohngebäudes oberhalb der Fenster des 1. Obergeschosses zu entfernen sowie außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 334,75 EUR an sie zu zahlen,
13hilfsweise, den Beklagten zu verurteilen, die auf seinem Grundstück „Im Wellenbügel 3a in 32108 Bad Salzuflen“ an der Südwestseite unter dem Dach des Firmengebäudes liegende installierte Video-Überwachungsanlage sowie eine weitere Video-Überwachungsanlage an der Südostseite des Wohngebäudes oberhalb der Fenster des 1. Obergeschosses so einzustellen, dass nur noch eigene Grundstücksbereiche des Beklagten erfasst werden und weitere Überwachung auf das von ihr bewohnte Grundstück sowie auf den Zugangswegen zu diesem Grundstück ausgeschlossen sind sowie außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 334,75 EUR an sie zu zahlen;
142. den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, an dem Gebäude seines Hauses Kameras, oder auch Kameraattrappen aufzustellen, die auf das Grundstück der Klägerin gerichtet sind;
153. den Beklagten zu verurteilen, an sie ein Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch nicht unter 500,00 EUR.
16Der Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Er behauptet, die Kameras seien installiert worden um sein Eigentum vor Diebstahl, Einbrüchen und Vandalismus zu schützen und hätten einen Abschreckungseffekt. Zudem würden die Klägerin und Besucher des hinteren Grundstücks immer wieder ihren Pkw außerhalb des Wegerechtsbereiches bewegen bzw. dort abstellen, wodurch er in der Ausübung seines Gewerbebetriebs beeinträchtigt würde.
19Ein zoomen sei mit den Kameras nicht möglich und die Aufnahmen würden automatisch nach drei bis vier Wochen gelöscht werden und nur bei Bedarf angeschaut.
20Der Beklagte behauptet weiter, die Kamera 1 habe vor der Neueinstellung jenseits der Grundstücksgrenze einen Teil eines Abstellbereichs, die Garage mit Einfahrt und den kleinen vorderen Bereich der Zuwegung zur Haustür erfasst. Die Kamera 2 habe fast ausschließlich sein Grundstück einschließlich des Grundstücksbereiches erfasst, über das an der Südostseite die durch die Baulast gesicherte Zuwegung verläuft. Allein im Hintergrund seien klein die Garage nebst Einfahrt des dahinter liegenden Grundstücks und Teile der Hauswand zu sehen gewesen. Nunmehr erfasse die Kamera 1 nur noch einen Teil der Zufahrt zur Garage, etwa die Hälfte des Garageneingangs und im Hintergrund einen Grundstücksbereich, welcher zum Abstellen der Mülltonnen und als Ablagerungsplatz diene. Die Kamera 2 erfasse ausschließlich sein eigenes Grundstück. Er behauptet ferner, die Klägerin begehre mit der Klage sein Grundstück in Zukunft ungestört und ohne Nachweismöglichkeiten zum Rangieren und Abstellen ihres Pkws nutzen zu können.
21Der Beklagte ist der Ansicht, ein weiteres Verstellen der Kamera, um ausschließlich den Bereich seines Grundstücks zu erfassen, sei ihm nicht zumutbar, da dann nur noch der Wandbereich der Halle erfasst würde und der hintere Bereich des Grundstücks nicht mehr abgedeckt sei.
22Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst dazu überreichten Anlagen, sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 4.9.2014 (Bl. 134 f. d.A.) Bezug genommen.
23Mit Beschluss vom 28.1.2015 hat das Gericht nach Zustimmung beider Parteien das schriftliche Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO angeordnet und eine Schriftsatzfrist bis zum 11.2.2015 angeordnet. Auf den Beschluss vom 28.1.2014 (Bl. 148 d.A.) wird verwiesen.
24Entscheidungsgründe:
25I.
26Die zulässige Klage ist in Höhe des aus dem Tenor ersichtlichen Teils begründet. Im Übrigen ist die unbegründet.
27Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Beseitigung von zwei Kameras sowie auf Unterlassung der Anbringung von Kameras, welche auf das von ihr bewohnte Grundstück gerichtet sind nach §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB.
281.
29Die Klägerin ist durch die Anbringung der Videokameras in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt.
30Eine Videoüberwachung greift in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen in seiner Ausprägung als Recht der informationellen Selbstbestimmung ein; dieses Recht umfasst die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden, und daher grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu bestimmen (BGH, Urteil vom 16. März 2010 – VI ZR 176/09). Einem Grundstückseigentümer ist es zwar grundsätzlich gestattet, zum Schutz vor ungerechtfertigten Übergriffen auf sein Eigentum seinen Grundbesitz mit Videokameras zu überwachen. Bei der Installation von Anlagen der Videoüberwachung auf einem Privatgrundstück muss aber sichergestellt sein, dass weder der angrenzende öffentliche Bereich noch benachbarte Privatgrundstücke oder der gemeinsame Zugang zu diesen von den Kameras erfasst werden, sofern nicht ein das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen überwiegendes Interesse des Betreibers der Anlage im Rahmen der Abwägung bejaht werden kann (BGH, a.a.O.).
311.1.
32Auch nach der Veränderung des Einstellungswinkels der Kamera 1 erfasst diese unstreitig einen Teil des von der Klägerin bewohnten Grundstücks. Dies ergibt sich auch eindeutig aus der als Anlage K 46 (Bl. 138 d.A.) vorgelegten Aufnahme dieser Kamera. Dass es sich dabei nicht um das Wohnhaus selbst handelt, sondern um eine davor befindliche Abstellfläche sowie die Garage, ändert nichts daran, dass durch die Aufnahme eines Teils des von der Klägerin bewohnten Grundstücks, diese in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt wird.
331.2.
34Die Kamera 2 erfasst nach der Aufnahme in Anlage K 47 (Bl. 139 d.A.) wohl ebenfalls einen sehr geringen Teil der Garage der Klägerin, wobei die genaue Grundstücksgrenze auf dem Lichtbild nicht zweifelsfrei auszumachen ist.
35Ob durch die Kamera das benachbarte Grundstück erfasst wird kann jedoch dahinstehen und musste vorliegend nicht weiter aufgeklärt werden, da auch bei der Ausrichtung dieser Videokamera allein auf das eigene Grundstück des Beklagten das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin vorliegend verletzt wird.
36Denn auch wenn nur das eigene Grundstück aufgenommen wird kann das Persönlichkeitsrecht Dritter beeinträchtigt sein und zwar dann, wenn Dritte eine Überwachung durch die Kameras objektiv ernsthaft befürchten müssen. Eine solche Befürchtung ist dann gerechtfertigt, wenn sie aufgrund konkreter Umstände als nachvollziehbar und verständlich erscheint, etwa im Hinblick auf einen eskalierten Nachbarschaftsstreit oder aufgrund objektiv Verdacht erregender Umstände (BGH, Urteil vom 16. März 2010 – VI ZR 176/09).
37Eine Überwachung durch die Kameras muss die Klägerin aus objektiver Sicht ernsthaft befürchten.
38Dabei kann vorliegend wiederum dahinstehen, ob die auf das Nachbargrundstück ausrichtbare Kamera nur mit erheblichem und äußerlich wahrnehmbarem Aufwand, also nicht etwa nur durch das Betätigen einer Steuerungsanlage, auf das Nachbargrundstück gerichtet werden kann. Denn eine objektive Verdachtslage ergibt sich bereits aus dem Vortrag des Beklagten. Dieser behauptet, die Klägerin und ihr Besuch würden die Zuwegung außerhalb des Wegerechtsbereiches zum Rangieren und Abstellen ihres Fahrzeuges benutzen. Dass diesbezüglich eine Überwachung stattfindet ergibt sich schon aus der Dokumentation solcher Verstöße nach Datum und Uhrzeit im anwaltlichen Schriftsatz vom 20.6.2014. Auch eine Dokumentation mit Aufzeichnungen der Kamera fand statt, was sich aus den beigefügten Aufnahmen zum Schriftsatz ergibt. Der Beklagte betreibt daher eine gezielte Überwachung der Zuwegung. Diese Überwachung ist darauf angelegt, Benutzer des Weges in einer Vielzahl von Fällen abzubilden und aufzuzeichnen. Da es sich um den Zugangsweg zu dem Wohngrundstücken der Klägerin handelt, kann diese der Videoaufnahme nicht ausweichen. Sie muss daher, wenn sie den Weg benutzen, ständig mit der Aufzeichnungen ihres Bildes rechnen.
39Derartige Maßnahmen der Beklagten bewirken eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin. Sie muss sich praktisch stets, wenn sie, von ihrem Haus kommend oder zu ihrem Haus gehend, den Zugangsweg benutzt, in einer jede ihrer Bewegungen geradezu dokumentierenden Weise kontrolliert fühlen. Die hierin liegende Beeinträchtigung wird auch nicht dann gemindert, wenn eine automatische Löschung stattfindet.
40Das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin ist daher jedenfalls schon aufgrund einer Verdachtssituation verletzt.
412.
42Die Installation der beiden Kameras ist auch nicht durch überwiegende Interessen des Beklagten gerechtfertigt.
43Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist nicht absolut geschützt. Einschränkungen sind im überwiegenden Interesse Dritter oder der Allgemeinheit gerechtfertigt, wenn die Einschränkung zur Erreichung ihres Ziels geeignet, erforderlich und verhältnismäßig ist.
44Die Klägerin muss die Beeinträchtigung ihres Persönlichkeitsrechts auch im Hinblick auf das Interesse des Beklagten am Schutz seines Eigentums nicht hinnehmen (vgl. BGH, Urteil vom 21.10.2011- V ZR 265/10). Bei einer Abwägung überwiegt das Interesse des Beklagten an der Installation der Kameras nicht gegenüber dem Persönlichkeitsrecht der Klägerin. Diesem wäre es nämlich zumutbar, andere Maßnahmen als eine Videoüberwachung zum präventiven Eigentumsschutz zu ergreifen, wie etwa Bewegungsmelder oder Kameraattrappen. Bei diesen Maßnahmen handelt es sich auch um gleich geeignete Maßnahmen Eingriffe Dritter gegen das eigene Eigentum abzuwehren. Auch ein Interesse einer möglichen Beweissicherung im Hinblick auf eine Nutzung der Zuwegung über ein Wegerecht hinaus, vermag einen derartigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin nicht zu rechtfertigen (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 02. April 1987 – 4 U 296/86). Dass sich eine Nutzung der Zuwegung durch die Klägerin gerade auch gegen seinen Gewerbetrieb richtet, trägt auch der Beklagte nicht vor. Selbst bei einer Behinderung des Betriebs ist ein zielgerichteter Eingriff in den Betrieb des Beklagten nicht dargetan oder ersichtlich.
453.
46Eine Wiederholungsgefahr im Sinne von § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB besteht, da diese durch die Verletzungshandlung sowie den Umstand, dass der Beklagte auch weitere Kameras an dem Haus angebracht hat, indiziert ist. Diese Vermutung wurde vom Beklagten auch nicht widerlegt.
47Ein Unterlassen der Anbringung einer Kameraattrappe war hingegen nicht auszusprechen, da eine Beeinträchtigung der Klägerin, bei Kenntnis um eine nicht funktionierende Kamera, schon nicht vorgetragen wurde.
484.
49Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes gegen den Beklagten.
50Ein solcher ergibt sich insbesondere nicht aus § 823 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 1, 2 Abs. 1 GG.
51In der Rechtsprechung ist zwar allgemein anerkannt, dass die Verletzung des Persönlichkeitsrechts zu einem Entschädigungsanspruch führen kann. Nicht jede Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts löst jedoch einen Anspruch des Betroffenen auf eine Geldentschädigung gegen den Verletzer aus. Ein solcher Anspruch kommt vielmehr nur dann in Betracht, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Dabei kommt es insbesondere auf die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, den Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie den Grad des Verschuldens an (BGH, Urteil vom 05. Oktober 2004 – VI ZR 255/03 –, BGHZ 160, 298-308). Für das Vorliegen eines schwerwiegenden Persönlichkeitseingriffs kommt es in erster Linie auf die Verkürzung der Persönlichkeitssphäre und damit auf die objektive Seite der Verletzung und weniger darauf an, wie sehr der Verletzte sich in subjektiver Hinsicht verletzt fühlt (OLG Karlsruhe, Urteil vom 12. August 1998 – 6 U 64/97).
52Eine wertende Beurteilung der Gesamtumstände ergibt im vorliegenden Fall, dass die Rechtsverletzung, die der Beklagte der Klägerin zugefügt hat, nach ihrer Intensität, dem Beweggrund des Beklagten und dem Grad seines Verschuldens als nicht so gewichtig zu werten ist, dass sie die Zubilligung eines Anspruchs auf eine Geldentschädigung gebietet.
53Der Beklagte hat die Aufnahmen privat gefertigt, ohne eine Absicht diese zu veröffentlichen. Er hat sich zwar gegen den erklärten Willen der Klägerin hinweggesetzt, dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die streitgegenständlichen Kameras nur noch einen geringen Teil des Nachbargrundstücks aufnehmen und gerade nicht etwa die Schlafzimmerfenster des Wohngebäudes. Dass sich die Überwachungsmaßnahme gezielt gegen das Persönlichkeitsrecht der Klägerin richtet, kann ebenfalls nicht festgestellt werden. Der Beklagte kann zumindest auch ein Interesse an der Überwachung seines Grundstücks geltend machen und eine Überwachung erfolgte rund um das Haus und nicht speziell nur in die Richtung des von der Klägerin bewohnten Grundstücks. Damit fehlt es nach Ansicht des Gerichts an einer groben Missachtung der Persönlichkeitsrechte der Klägerin.
54Insbesondere kann auch die Entfernung der Kameras die Nachteile für die Klägerin vollumfänglich abwenden.
555.
56Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren sind als Schaden nach §§ 823 Abs. 1 i. V. m. Art. 1, 2 Abs. 1 GG, 249 Abs. 2 BGB zu erstatten.
57II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
58III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich für die Klägerin aus § 709 Satz 1 ZPO und für den Beklagten aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
59IV. Der Streitwert wird auf 3.500,00 EUR festgesetzt, wobei auf den Klageantrag zu 1) 2.000,00 EUR, auf den Klageantrag zu 2) 1.000,00 EUR und den Klageantrag zu 3) 500,00 EUR entfallen.
60Rechtsbehelfsbelehrung:
61A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
62a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
63b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
64Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Detmold, Q-Straße, 32756 Detmold, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
65Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Detmold zu begründen.
66Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Detmold durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
67Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
68B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Lemgo statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Lemgo, Am Lindenhaus 2, 32657 Lemgo, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
69Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
70ra.de-Urteilsbesprechung zu Amtsgericht Lemgo Urteil, 24. Feb. 2015 - 19 C 302/14
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(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.
(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.
(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.
(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Beklagte, eine Firma für Sicherheits- und Kommunikationstechnik, installierte im Auftrag des Klägers zu 1 (nach Vortrag der Kläger auch der Klägerin zu 2) an der von den Klägern gemieteten Doppelhaushälfte sieben Videokameras zur videotechnischen Überwachung des von ihnen bewohnten Grundstücks. Die Kameras waren unstreitig so installiert und eingestellt, dass eine Überwachung ausschließlich des Grundstücks der Kläger erfolgte. Durch (manuelle ) Veränderungen der Kameraeinstellungen hätten allerdings auch Vorgänge auf dem Nachbargrundstück erfasst werden können. Nach Inbetriebnahme der Anlage wurden die Kläger von Grundstücksnachbarn in einem Rechtsstreit auf Entfernung der Kameras, hilfsweise auf Unterlassung der Videoüberwachung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts in Anspruch ge- nommen. Das angerufene Amtsgericht gab nur dem Hilfsantrag statt, das Landgericht verurteilte die Kläger auf die Berufung der Grundstücksnachbarn, die Kameras zu beseitigen. Mit der vorliegenden Klage verlangen die Kläger von der Beklagten Ersatz der ihnen durch den Rechtsstreit mit den Grundstücksnachbarn entstandenen Kosten. Sie sind der Ansicht, die Beklagte hätte sie auf die Möglichkeit einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Nachbarn hinweisen müssen. Die Beklagte hält ihre Leistung für mangelfrei, da die Kame- ras nur das Grundstück der Kläger erfasst hätten; nur dies habe sie den Klägern bestätigt.
- 2
- Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klageziel weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 3
- Das Berufungsgericht führt aus:
- 4
- Die Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht durch eine fehlerhafte Aufklärung liege nicht vor. Eine Zusicherung, dass Persönlichkeitsrechte Dritter durch die Installation nicht verletzt würden, habe die Beklagte nicht gegeben. Was sie in ihren Schreiben bestätigt habe, entspreche den Tatsachen. Die Anlage sei so installiert gewesen, dass zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme eine Überwachung des Nachbargrundstücks nicht erfolgte. Mehr habe die Beklagte nicht zugesichert.
- 5
- Die Anlage sei auch nicht mangelhaft gewesen. Zwar könne ein Rechts- mangel im Sinne des § 633 Abs. 3 BGB vorliegen, wenn das Werk, das der Unternehmer errichtet habe, Unterlassungsansprüchen Dritter ausgesetzt sei, wozu auch ein Unterlassungsanspruch Dritter aus dem Persönlichkeitsrecht gehören könne, sofern dieser der Benutzung der Sache entgegenstehe. Im vorliegenden Fall liege aber in der Installation der Videokameras, so wie sie von der Beklagten vorgenommen worden sei, kein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Nachbarn, so dass diesen kein Unterlassungsanspruch gegen die Kläger zugestanden habe. Die theoretische Möglichkeit, die Kameras zu verändern, beinhalte - jedenfalls in Fällen, in denen ein berechtigtes Interesse des Grundstückseigentümers oder Mieters an der Überwachung bestehe - noch keine widerrechtliche Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Das Recht am eigenen Bild schütze als allgemeines Persönlichkeitsrecht nur vor tatsächlich erfolgten missbräuchlichen Bildaufzeichnungen, nicht aber vor der bloßen Mög- lichkeit, unzulässige Abbildungen anzufertigen. Hier habe auf Seiten der Nachbarn lediglich ein subjektives Befürchten vorgelegen, während ihr Grundstück objektiv nicht gefilmt worden sei und die Kameras auch nicht ohne äußerlich wahrnehmbaren Aufwand hätten verändert werden können. Eine abweichende Ausrichtung, etwa durch Fernsteuerung, sei nicht möglich gewesen. Die Kläger hätten hingegen ein berechtigtes Interesse an der Überwachung ihres Grundstücks gehabt, da es unstreitig bereits Übergriffe auf ihr Grundstück gegeben habe.
- 6
- Das Urteil im Rechtsstreit zwischen den Klägern und ihren Nachbarn stehe dieser Wertung nicht entgegen, da die Beklagte an jenem Prozess nicht beteiligt gewesen und ihr auch nicht der Streit verkündet worden sei.
II.
- 7
- Die dagegen gerichtete Revision hat keinen Erfolg. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, den Klägern stehe gegen die Beklagte kein Anspruch auf Ersatz der Prozesskosten aus den §§ 634 Nr. 4, 280 BGB zu.
- 8
- 1. Gegen die Ausführungen des Berufungsgerichts zur fehlenden Rechtskraftwirkung des Urteils, das im Rechtsstreit mit den Nachbarn ergangen ist, wendet sich die Revision nicht. Insoweit sind auch Rechtsfehler nicht ersichtlich.
- 9
- 2. Ob, wie die Kläger in der Revisionsverhandlung geltend gemacht haben , die Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht durch die Beklagte in Betracht kommt, kann im Hinblick auf die nachfolgenden Ausführungen (unten zu
3) dahinstehen. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass in Anbetracht der Umstände des Falles sowohl die Verletzung einer solchen Pflicht als auch das Vorliegen eines Mangels der gelieferten Überwachungsgeräte bereits im Ansatz als zweifelhaft erscheinen. Der Lieferant einer Überwachungsanlage hat dem Erwerber vollständige Auskunft über Zustand und Eigenschaften der Anlage zu geben. Das hat die Beklagte hier getan. Hingegen dürfte der Lieferant im Regelfall nicht verpflichtet sein, auf die selbstverständliche Tatsache hinzuweisen, dass die Anlage nicht derart umgestaltet werden darf, dass dadurch die Rechte Dritter verletzt werden. Auch hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung der Umstände , unter denen die Anlage ohne Verletzung der Rechte Dritter benutzt werden darf, ist in der Regel keine Belehrung durch den Lieferanten zu erwarten ; insoweit muss der Erwerber in Zweifelsfällen kompetenten Rechtsrat einholen.
- 10
- 3. Die Revision bekämpft die Annahme des Berufungsgerichts, die Installation der Kameras auf dem Grundstück der Kläger habe das Persönlichkeitsrecht der Nachbarn nicht beeinträchtigt; der Unterlassungsanspruch der Nach- barn sei begründet gewesen, so dass das Werk der Beklagten mangelhaft gewesen sei. Das ist indes unrichtig.
- 11
- a) Der erkennende Senat hat bereits entschieden, dass die Herstellung von Bildnissen einer Person, insbesondere die Filmaufzeichnung mittels einer Videokamera, auch in der Öffentlichkeit zugänglichen Bereichen, etwa auf einem öffentlichen Weg, einen unzulässigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen darstellen kann, selbst wenn keine Verbreitungsabsicht besteht, wobei die Frage, ob ein derartiger rechtswidriger Eingriff anzunehmen ist, nur unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und durch Vornahme einer die (verfassungs-) rechtlich geschützten Positionen der Beteiligten berücksichtigenden Güter- und Interessenabwägung beantwortet werden kann (Senatsurteil vom 25. April 1995 - VI ZR 272/94 - VersR 1995, 841 ff.). Eine Videoüberwachung greift in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen in seiner Ausprägung als Recht der informationellen Selbstbestimmung ein; dieses Recht umfasst die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden , wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden, und daher grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu bestimmen (vgl. BVerfGE 65, 1, 42 f.; 67, 100, 143; BVerfG, NVwZ 2007, 688 ff.; NJW 2009, 3293 f.). Bei der Installation von Anlagen der Videoüberwachung auf einem Privatgrundstück muss deshalb sichergestellt sein, dass weder der angrenzende öffentliche Bereich noch benachbarte Privatgrundstücke oder der gemeinsame Zugang zu diesen (vgl. dazu Senatsurteil vom 25. April 1995 - VI ZR 272/94 - aaO; OLG Karlsruhe, OLGR 1999, 83 f.; AG Nürtingen, NJW-RR 2009, 377 f.) von den Kameras erfasst werden, sofern nicht ein das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen überwiegendes Interesse des Betreibers der Anlage im Rahmen der Abwägung bejaht werden kann.
- 12
- b) Ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht Dritter liegt vor, wenn diese durch die Überwachung tatsächlich betroffen sind. Kann dies festgestellt werden und ergibt die erforderliche Abwägung, dass das Interesse des Betreibers der Anlage das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen nicht überwiegt, ist der Unterlassungsanspruch begründet.
- 13
- Ein Unterlassungsanspruch kann auch bestehen, wenn Dritte eine Überwachung durch Überwachungskameras objektiv ernsthaft befürchten müssen ("Überwachungsdruck", vgl. dazu etwa LG Bonn, NJW-RR 2005, 1067 ff.; LG Darmstadt, NZM 2000, 360; AG Winsen, Urteil vom 30. Dezember 2005 - 16 C 1642/05 - Juris). In der Rechtsprechung wird allerdings ein Anspruch auf Unterlassung des Betriebs solcher Videokameras, die auf das Nachbargrundstück lediglich ausrichtbar sind, verneint, wenn der Nachbar die Anfertigung von Aufnahmen lediglich befürchtet und die Kameras nur mit erheblichem und äußerlich wahrnehmbarem Aufwand, also nicht etwa nur durch das Betätigen einer Steuerungsanlage, auf sein Grundstück gerichtet werden können (vgl. LG Bielefeld , NJW-RR 2008, 327 f.; LG Itzehoe, NJW-RR 1999, 1394 f.).
- 14
- Nach Ansicht des erkennenden Senats kommt es insoweit auf die Umstände des Einzelfalls an. Die Befürchtung, durch vorhandene Überwachungsgeräte überwacht zu werden, ist dann gerechtfertigt, wenn sie aufgrund konkreter Umstände als nachvollziehbar und verständlich erscheint, etwa im Hinblick auf einen eskalierenden Nachbarstreit (vgl. OLG Köln, NJW 2009, 1827) oder aufgrund objektiv Verdacht erregender Umstände. Liegen solche Umstände vor, kann das Persönlichkeitsrecht des (vermeintlich) Überwachten schon aufgrund der Verdachtssituation beeinträchtigt sein. Allein die hypothetische Möglichkeit einer Überwachung durch Videokameras und ähnliche Überwachungsgeräte beeinträchtigt hingegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht derjenigen, die dadurch betroffen sein könnten, nicht. Deshalb ist die Installation einer Überwachungsanlage auf einem privaten Grundstück nicht rechtswidrig, wenn objektiv feststeht, dass dadurch öffentliche und fremde private Flächen nicht erfasst werden, wenn eine solche Erfassung nur durch eine äußerlich wahrnehmbare technische Veränderung der Anlage möglich ist und wenn auch sonst Rechte Dritter nicht beeinträchtigt werden. Insoweit kommt etwa die Beeinträchtigung der Rechte von Mietern in einem privaten Miethaus (vgl. dazu etwa KG, WuM 2008, 663; LG Darmstadt, aaO; Horst, NZM 2000, 937, 940), von Betroffenen in einer Wohnungseigentumsanlage (vgl. KG, NZM 2002, 702 f.; OLG Karlsruhe, NZM 2002, 703 f.; Huff, NZM 2002, 89 ff., 688 f.), aber auch von Grundstücksnachbarn in Betracht.
- 15
- c) Nach diesem Maßstab hat das Berufungsgericht im vorliegenden Fall zu Recht angenommen, dass den Nachbarn der Kläger kein Unterlassungsanspruch zustand. Ihr Persönlichkeitsrecht war nicht verletzt. Denn nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts erfassten die von den Klägern installierten Kameras ausschließlich deren eigenes Grundstück, wobei diese Ausrichtung nur durch äußerlich wahrnehmbare Arbeiten hätte geändert werden können. Konkrete Gründe für den Verdacht der Nachbarn, die Überwachung könne sich auch auf ihr Grundstück erstrecken, sind nicht festgestellt.
- 16
- Die Leistung der Beklagten war demnach nicht mangelhaft, so dass ein Anspruch der Kläger auf Erstattung der ihnen durch den Rechtsstreit mit den Nachbarn entstandenen Kosten zu verneinen ist. Galke Zoll Wellner Diederichsen Pauge
AG Königs Wusterhausen, Entscheidung vom 15.12.2008 - 4 C 322/08 -
LG Potsdam, Entscheidung vom 22.04.2009 - 13 S 9/09 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien sind die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Anlage besteht aus drei Reihenhäusern. Die Kläger haben an der Gartenseite ihres Reihenhauses in sieben und neun Metern Höhe zwei Überwachungskameras angebracht. Nachdem die Kläger wegen Meinungsverschiedenheiten über die Nutzung und Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums Klage erhoben hatten, haben die Beklagten im Wege der Widerklage die Beseitigung der Überwachungskameras verlangt. Das Amtsgericht hat der Widerklage stattgegeben, während sich die Klageforderung im Wege eines Vergleiches erledigt hat. Die Berufung der Kläger ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision erstreben die Kläger die Abweisung der Widerklage. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe:
I.
- 2
- Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch der Beklagten auf Beseitigung der Videokameras. Selbst wenn man als wahr unterstelle, dass die Kameras derzeit nur auf das Grundstück der Kläger ausgerichtet seien, liege ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Beklagten vor. Denn diese müssten objektiv ernsthaft eine Überwachung befürchten, da das persönliche Verhältnis zwischen den Parteien durch mehrere Rechtsstreitigkeiten schwer belastet sei. Der Überwachungsdruck werde auch nicht dadurch beseitigt, dass die Kameras nur unter Einsatz einer Leiter verstellt werden könnten. Im Falle einer nur kurzfristigen Abwesenheit würden die Beklagten dies nicht bemerken. Das Interesse der Kläger am Schutz ihres Eigentums durch Einsatz einer Überwachungskamera müsse zurücktreten, da sie sich durch andere Maßnahmen, etwa Bewegungsmelder oder Kameraattrappen, vor einem Einbruch schützen könnten.
II.
- 3
- Die Revision ist zulässig und begründet.
- 4
- 1. Sie ist insbesondere statthaft, weil der Senat an die Revisionszulassung durch das Berufungsgericht gebunden ist, § 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Es besteht allerdings Veranlassung zu dem Hinweis, dass es für die Revisionszulassung auf das Vorliegen von Zulassungsgründen nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO ankommt und deren Voraussetzungen vom Berufungsgericht sorgfältig zu prüfen sind. Ein Zulassungsgrund liegt hier nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 27. März 2003 – V ZR 291/02, BGHZ 154, 288 ff.). Die maßgebliche Rechtsfrage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Installation von Überwachungskameras auf einem privaten Grundstück das Persönlichkeitsrecht des Grundstücksnachbarn beeinträchtigt , ist bereits höchstrichterlich geklärt (BGH, Urteil vom 16. März 2010 - VI ZR 176/09, NJW 2010, 1533). Hier geht es allein - wie das Berufungsgericht auch erkennt - um die Anwendung dieser Leitlinien auf den Einzelfall.
- 5
- 2. Die Revision ist begründet. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht einen Anspruch der Beklagten auf Beseitigung der Kameras gem. § 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. § 14 Nr. 1, § 15 Abs. 3 WEG bejaht.
- 6
- a) Entgegen der Auffassung der Beklagten können sie nicht schon deswegen die Beseitigung der Kameras verlangen, weil diese ohne vorhergehende Beschlussfassung der Wohnungseigentümergemeinschaft angebracht wurden. Auf die Frage, ob formelle Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Maßnahme nach § 22 Abs. 1 WEG ein entsprechender Wohnungseigentümerbeschluss ist, kommt es hier nicht an. Denn ein Beseitigungsverlangen wäre rechtsmissbräuchlich , wenn es auf eine Leistung zielt, die alsbald zurückzugewähren wäre , weil der Wohnungseigentümer Anspruch auf einen Gestattungsbeschluss nach § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG zur Vornahme der Maßnahme hat (Merle in Bärmann , WEG, 11. Aufl., § 22 Rn. 314). Ein solcher Anspruch besteht, wenn die von der Maßnahme nachteilig betroffenen Eigentümer zugestimmt haben oder es an einer Beeinträchtigung, die über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinausgeht, fehlt (Riecke/Schmidt/Drabek, WEG, 3. Aufl., § 22 Rn. 90). Entscheidend ist hier daher, ob den Beklagten durch die Überwachungskameras ein Nachteil im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG entsteht.
- 7
- b) Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen die Annahme einer über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinausgehenden Beeinträchtigung der Beklagten nicht.
- 8
- aa) Nach § 14 Nr. 1 WEG ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, von dem Sondereigentum und dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Unter einem Nachteil in diesem Sinne ist jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung zu verstehen. Nur konkrete und objektive Beeinträchtigungen gelten als ein solcher Nachteil; entscheidend ist, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann (Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1991 - V ZB 27/90, BGHZ 116, 392, 396; Urteil vom 8. April 2011 - V ZR 210/10, NJW-RR 2011, 949). Für die Frage des Vorliegens eines nicht hinzunehmenden Nachteils ist hier auch die Regelung in der Teilungserklärung in den Blick zu nehmen, wonach der Wohnungseigentümer in allen Zweifelsfragen bei der Anwendung des Wohnungseigentumsgesetzes so zu behandeln ist, als sei er unbeschränkter Alleineigentümer eines selbständigen parzellierten Grundstücks mit den darauf errichteten Gebäuden. Aus dieser Regelung folgt, dass ein Nachteil im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG dann zu verneinen ist, wenn ein Alleineigentümer in der konkreten Situation berechtigt wäre, die beanstandeten Videokameras zu betreiben.
- 9
- bb) Einem Grundstückseigentümer ist es grundsätzlich gestattet, zum Schutz vor unberechtigten Übergriffen auf sein Eigentum seinen Grundbesitz mit Videokameras zu überwachen, sofern diese nicht den angrenzenden öffentlichen Bereich oder benachbarte Privatgrundstücke, sondern allein das Grundstück des Eigentümers erfassen (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 1995 - VI ZR 272/94, NJW 1995, 1955, 1956; Urteil vom 16. März 2010 - VI ZR 176/09, NJW 2010, 1533, 1534). Für das Revisionsverfahren ist zu unterstellen, dass sich der Erfassungswinkel der Kameras allein auf das Grundstück der Kläger erstreckt. Allerdings kann auch bei der Ausrichtung von Überwachungskameras allein auf das eigene Grundstück des Grundstückseigentümers das Persönlichkeitsrecht Dritter beeinträchtigt sein. Dies ist dann der Fall, wenn Dritte eine Überwachung durch die Kameras objektiv ernsthaft befürchten müssen. Eine solche Befürchtung ist dann gerechtfertigt, wenn sie aufgrund konkreter Umstände als nachvollziehbar und verständlich erscheint, etwa im Hinblick auf einen eskalierenden Nachbarstreit oder aufgrund objektiv Verdacht erregender Umstände. Allein die hypothetische Möglichkeit einer Überwachung durch eine Videokamera beeinträchtigt das allgemeine Persönlichkeitsrecht derjenigen, die dadurch betroffen sein könnten, hingegen nicht. Maßgeblich sind jeweils die Umstände des Einzelfalls (BGH, Urteil vom 16. März 2010 - VI ZR 176/09, NJW 2010, 1533, 1543 f.).
- 10
- cc) Gemessen daran ist die Auffassung des Berufungsgerichts, es liege eine unzulässige Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Beklagten vor, nicht frei von Rechtsfehlern.
- 11
- (1) Zwar hat das Berufungsgericht zutreffend nicht deshalb einen objektiv ernsthaften Überwachungsverdacht verneint, weil die Kameras in einer Höhe von sieben und neun Metern an dem Haus angebracht sind und ihr Aufnahme- winkel daher nur unter Zuhilfenahme einer langen Leiter verändert werden kann. Das Anstellen einer Leiter in der hier erforderlichen Länge mag zwar ein äußerlich wahrnehmbarer Vorgang sein. Dies allein rechtfertigt jedoch nicht die Annahme einer lediglich theoretischen Möglichkeit der Veränderung des Kamerawinkels. Es ist ohne Weiteres möglich, die Leiter zu einem Zeitpunkt an das Haus anzustellen, zu dem die beiden Nachbarn gerade nicht zu Hause sind, zumal ein solcher Vorgang nicht sehr zeitaufwendig ist.
- 12
- (2) Rechtsfehlerhaft sieht das Berufungsgericht jedoch eine objektiv ernsthafte Verdachtslage darin, dass die Parteien mehrere Rechtsstreitigkeiten führten und hierdurch ihr persönliches Verhältnis schwer belastet werde. Die Tatsache, dass benachbarte Parteien vor Gericht Rechtsstreitigkeiten austragen , rechtfertigt für sich genommen nicht die Befürchtung einer Partei, künftig in den Überwachungsbereich einer als Einbruchsschutz dienenden Videoanlage des Nachbarn einbezogen zu werden. Die Revision weist zutreffend darauf hin, dass allein aus dem Beschreiten des Rechtswegs durch die Parteien und der hiermit verbundenen Belastung des nachbarschaftlichen Verhältnisses nicht ohne Weiteres der Schluss gezogen werden kann, die Kläger würden sich künftig rechtswidrig verhalten und die Kameras zu einer Überwachung der Beklag- ten einsetzen. Dass es sich hier um einen „eskalierenden Nachbarstreit“ han- delt, der einen Überwachungsverdacht rechtfertigen könnte (BGH, aaO, Rn. 14), lässt sich den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entnehmen. Dieses spricht zwar von einer „Eskalation des Streits“, führt aber nicht aus, wo- rin diese besteht. Damit fehlt es an der Feststellung konkreter objektiver Umstände , die einen Überwachungsverdacht rechtfertigen könnten.
III.
- 13
- Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen, damit die für eine Endentscheidung erforderlichen Feststellungen zur Frage, ob ein objektiv ernsthafter Überwachungsverdacht besteht, getroffen werden können (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Falls das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommen sollte, dass ein solcher Verdacht zu bejahen ist, müssten die Beklagten die Beeinträchtigung ihres Persönlichkeitsrechts nicht im Hinblick auf das Interesse der Kläger am Schutz ihres Eigentums hinnehmen. Das Berufungsgericht weist zutreffend darauf hin, dass es den Klägern zumutbar wäre, andere Maßnahmen als eine Videoüberwachung zum vorbeugenden Schutz ihres Eigentums zu ergreifen, zumal es hierfür hinreichend andere gleich geeignete Möglichkeiten gibt. Der Hinweis der Revision, der Einsatz gerade einer Videoanlage sei zu Nachweiszwecken unerlässlich, führt zu keiner anderen Beurteilung. Gegenüber dem Interesse der Kläger an einer eventuellen Identifizie- rung und Überführung eines Täters hat das Persönlichkeitsrecht der Beklagten nicht zurückzutreten.
Brückner Weinland
Vorinstanzen:
AG Königswinter, Entscheidung vom 14.04.2010 - 31 C 21/09 -
LG Köln, Entscheidung vom 25.11.2010 - 29 S 88/10 -
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung einer Geldentschädigung für Bildveröffentlichungen in Anspruch. Die Beklagte ist Verlegerin der Zeitschriften "die aktuelle" und "die zwei". In der Zeit vom 28. Juli 1999 bis zum 10. Juli 2000 veröffentlichte sie in diesen Zeitschriften neun Artikel, die jeweils ohne Zustimmung der Eltern, Prinzessin Caroline von Hannover und Prinz Ernst August von Hannover, mit Bildern der im Sommer 1999 geborenen Klägerin illustriert wurden. Unter anderem handelte es sich dabei um einen im August 1999 veröffentlichten Artikel, der unter der Schlagzeile "Caroline. Die ersten Fotos. Das heimliche Babyglück" auf der Titelseite und im Innenteil des Heftes Fotos enthielt, die heimlich aus großer Ent-fernung auf einem Anwesen der Eltern der Klägerin aufgenommen worden waren. Im Juli 2000 veröffentlichte die Beklagte auf der gesamten Titelseite unter der Schlagzeile "Caroline & Ernst August Scheidung?" ein Foto, welches die Klägerin nach dem Schwimmen mit Schwimmflügeln in ein Handtuch gewickelt auf dem Arm ihrer Mutter zeigte. Auf den Innenseiten folgten sechs weitere Fotos der Klägerin, die sie gleichfalls beim Baden mit ihren Eltern zeigten. Die Beklagte gab nach jeweils zeitnaher Abmahnung - teilweise unter dem Druck entsprechender einstweiliger Verfügungen - jeweils Unterlassungsverpflichtungserklärungen ab. Unter anderem wegen zwei der hier streitgegenständlichen Veröffentlichungen, darunter den im August 1999 veröffentlichten Fotos, wurde sie zur Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 125.000 DM an die Mutter der Klägerin verurteilt. Die Klägerin selbst hat u.a. wegen der Veröffentlichung dieser Fotos gegenüber zwei anderen Verlagen Geldentschädigungen erstritten. Das Landgericht hat der auf Zahlung einer Geldentschädigung von mindestens 300.000 DM gerichteten Klage in Höhe von 150.000 DM stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der vom Kammergericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht führt aus, der Klägerin stehe gegen die Beklagte wegen der durch die Veröffentlichungen erfolgten wiederholten Eingriffe in deren allgemeines Persönlichkeitsrecht eine Geldentschädigung aus § 823 Abs. 1BGB, Art. 1 und Art. 2 GG zu. In Bezug auf sämtliche beanstandeten Fotos könne sich die Beklagte nicht auf die Abbildungsfreiheit gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG berufen, wobei im Ergebnis dahinstehen könne, ob die Klägerin als relative Person der Zeitgeschichte im Sinne der Vorschrift zu behandeln sei, nur weil ihre Mutter eine absolute Person der Zeitgeschichte sei. Selbst dann wäre im Rahmen der nach § 23 Abs. 2 KUG vorzunehmenden Abwägung zu beachten , daß das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin Vorrang genieße, zumal bei Minderjährigen wegen der sich erst entfaltenden Persönlichkeit und der Schutzbedürftigkeit ihres Entwicklungsprozesses regelmäßig ein strengerer Maßstab an die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen anzulegen sei. Sowohl die Veröffentlichung der heimlich aufgenommenen Fotos im August 1999 als auch die im Juli 2000 beeinträchtige das Persönlichkeitsrecht der Klägerin so schwerwiegend, daß eine Geldentschädigung erforderlich sei. Die weiteren Veröffentlichungen zeigten zwar heimlich, jedoch an öffentlich zugänglichen Orten entstandene Fotos, die für sich genommen keine Zuerkennung einer Geldentschädigung rechtfertigten, aber doch zeigten, mit welcher Hartnäckigkeit die Beklagte unerlaubt Fotos der Klägerin veröffentliche. Bei der Höhe der Geldentschädigung könne deren Genugtuungsfunktion auch bei einem Kleinkind nicht völlig außer Acht bleiben, weil die Veröffentlichungen geeignet gewesen seien, die Eltern-Kind-Beziehung zu stören und dabei unmittelbar auf die Lebensbedingungen der Klägerin negativen Einfluß zu nehmen. In erster Linie aber rechtfertige sich die Höhe der Entschädigung aufgrund ihrer spezialpräventiven Wirkung. Wegen der gesteigerten Bedeutung des Persönlichkeitsschutzes bei einem Minderjährigen müsse in derartigen Fällen eine Geldentschädigung für den Schädiger fühlbar sein und der Berichter-
stattung den wirtschaftlichen Vorteil nehmen. Dem stehe nicht entgegen, daß die Mutter der Klägerin ihrerseits bereits eine Geldentschädigung erstritten habe. In jenem Verfahren sei es um das Persönlichkeitsrecht der Mutter gegangen , vorliegend gehe es aber um das Persönlichkeitsrecht der Klägerin selbst. Daß die Beklagte nunmehr nur noch solche Fotos veröffentlichen wolle, die die Klägerin in Begleitung ihrer Eltern bei offiziellen Anlässen zeigten, stehe angesichts ihrer bisherigen Hartnäckigkeit der zugesprochenen Geldentschädigung nicht entgegen. Deren Herabsetzung sei auch nicht wegen der von der Klägerin bereits gegen andere Verlage erstrittenen Entschädigungen geboten, weil diese Veröffentlichungen eigenständige Persönlichkeitsrechtsverletzungen darstellten. Für die Höhe der Geldentschädigung sei auch die Wirtschaftsmacht der hinter der Beklagten stehenden Gruppe von Bedeutung. Diese gebe 500 Printmedien in verschiedenen europäischen Ländern heraus, darunter über 4 Millionen Exemplare einer Tageszeitung und verfüge über Umsatzrenditen in zweistelliger Prozenthöhe.
II.
Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. 1. Die Revision macht geltend, der Zubilligung einer Geldentschädigung an die Klägerin stehe das Grundrecht der Beklagten aus Art. 103 Abs. 3 GG entgegen, nicht wegen derselben Tat aufgrund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft zu werden. Es sei ein Strafklageverbrauch eingetreten, weil sechs der neun Bildveröffentlichungen bereits in anderen Verfahren mit einer Geldentschädigung geahndet worden seien.Entgegen dem Ansatz der Revision handelt es sich bei der Zubilligung einer Geldentschädigung jedoch nicht um eine Strafe im Sinne des Art. 103 GG. Das Bundesverfassungsgericht und der Bundesgerichtshof sehen den Anspruch auf eine Geldentschädigung wegen einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts vielmehr als ein Recht an, das auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zurückgeht. Demgemäß wird der Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 und Art. 2 GG hergeleitet (vgl. BVerfGE 34, 269, 292 – Soraya = NJW 1973, 1221, 1226; Senatsurteile BGHZ 128, 1, 15; vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94 - VersR 1996, 339, 340 und vom 12. Dezember 1995 – VI ZR 223/94 – VersR 1996, 341, 342; so auch BGHZ 143, 214, 218 f.). Die Zubilligung einer Geldentschädigung im Fall einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung beruht auf dem Gedanken, daß ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, daß der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Bei dieser Entschädigung steht - anders als beim Schmerzensgeld - regelmäßig der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Außerdem soll sie der Prävention dienen (vgl. Senatsurteile, BGHZ 128, 1, 15; vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94 – aaO und vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - aaO). Auch unter Berücksichtigung kritischer Stimmen in der Literatur, die teilweise geltend machen, daß der Präventionszweck als Mittel der Verhaltenssteuerung ein pönales Element darstelle, und die deshalb die Frage aufwerfen, ob es sich nicht um eine Norm mit Strafcharakter handele (vgl. Deutsch, Anm. zum Urteil des Senats vom 5. Dezember 1995, LM § 823 (Ah) Nr. 122; Gounalakis, AfP 1998, 10, 14 ff.; Funkel, Schutz der Persönlichkeit durch Ersatz immaterieller Schäden in Geld, 2001, S. 164 ff.; Hoppe, Persönlichkeitsschutz durch Haftungsrecht, 2001, S. 123 ff., 133 ff.; Seitz, NJW 1996, 2848), hält der erkennende Senat an dem grundlegenden Ansatz fest, daß die Zubilligung einer Geldentschädigung ihre Wurzel im Verfassungsrecht
und Zivilrecht findet und keine strafrechtliche Sanktion darstellt (vgl. dazu auch Steffen, NJW 1997, 10; Körner, NJW 2000, 241 ff.). Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, daß die zivilgerichtliche Verurteilung zu einem immateriellen Schadensersatz bei einer Persönlichkeitsverletzung - mögen ihr auch "pönale Elemente" nicht ganz fremd sein - keine Strafe im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG ist (vgl. BVerfGE 34, 269, 293 – Soraya = NJW 1973, 1221, 1226). Im Gegensatz zum staatlichen Strafanspruch soll die Zubilligung einer Geldentschädigung im Zivilrecht in Fällen der vorliegenden Art den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG im Interesse des konkret Betroffenen gewährleisten. Dies wird bei der hier vorliegenden Verletzung des Rechts am eigenen Bild besonders deutlich, weil dem Verletzten - anders als in anderen Fällen , in denen er etwa den Widerruf oder die Richtigstellung einer sein Persönlichkeitsrecht beeinträchtigenden Äußerung verlangen kan n - gegen eine solche Rechtsverletzung keine anderen Abwehrmöglichkeiten als ein Anspruch auf eine Geldentschädigung zur Verfügung stehen (vgl. Senatsurteil vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - aaO). Deshalb unterliegt es keinem Zweifel , daß die Zivilgerichte zur Gewährleistung dieses Interesses des Betroffenen berufen sind. Der Präventionsgedanke stellt lediglich einen Bemessungsfaktor für die Entschädigung dar, der sich je nach Lage des Falles unterschiedlich auswirken kann. Soweit im Schrifttum für den "Strafcharakter" einer solchen Entschädigung auf eine Entscheidung zur Vollstreckbarerklärung eines USSchadensersatzurteils (BGHZ 118, 312, 344 ff.) verwiesen wird, betraf jenes Urteil einen ganz anders gelagerten Sachverhalt, der keine Parallele zum Streitfall aufweist.
2. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin sei nicht, jedenfalls nicht so schwerwiegend beeinträchtigt , daß dies eine Geldentschädigung rechtfertige.
a) Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß die Beklagte durch die Veröffentlichung der Fotos der Klägerin deren Recht am eigenen Bild und damit ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt hat. Bildnisse einer Person dürfen grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Ist der Abgebildete minderjährig, bedarf es der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters (vgl. Löffler/Steffen, Presserecht , Bd. I, 4. Aufl., Rdn. 125 zu § 6 LPG; Wenzel/von Strobl-Albeg, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 7, Rdn. 69 m.w.N.). Eine solche Einwilligung liegt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die die Revision nicht angreift, nicht vor.
b) In rechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das Berufungsgericht den Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG verneint, wonach Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte ohne Einwilligung des Abgebildeten veröffentlicht werden dürfen. Daß die Klägerin selbst nicht zu einem Kreis von Personen gehört, deren Bildnisse allein schon der Person wegen grundsätzlich einwilligungsfrei verbreitet werden dürfen, zieht auch die Revision nicht in Zweifel. Unter den Umständen des vorliegenden Falles kann es auch auf sich beruhen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Klägerin dadurch zu einer Person der Zeitgeschichte werden könnte, daß sie auf Fotos zusammen mit ihrer Mutter abgebildet wird. Weil mit der Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG ein Rechtsverlust verbunden ist, ist es erforderlich, Kinder von Personen der Zeitgeschichte allenfalls dann in diesen Personenkreis einzubeziehen, wenn sie als deren Angehörige in
der Öffentlichkeit auftreten oder im Pflichtenkreis ihrer Eltern öffentliche Funktionen wahrnehmen (vgl. Senatsurteile vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - VersR 1996, 341 und vom 9. März 2004 - VI ZR 217/03 - VersR 2004, 863 - zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedürfen Kinder eines besonderen Schutzes vor den Gefahren, die von dem Interesse der Medien und ihrer Nutzer an einer Berichterstattung über sie oder an Abbildungen von ihnen ausgehen. Ihre Persönlichkeitsentfaltung kann durch die Berichterstattung in Medien empfindlicher gestört werden als diejenige von Erwachsenen , so daß der Bereich, in dem sie sich frei von öffentlicher Beobachtung fühlen und entfalten dürfen, umfassender geschützt sein muß. Dieser Schutz verwirklicht sich nicht nur über das elterliche Erziehungsrecht des Art. 6 Abs. 1 GG, sondern folgt auch aus dem eigenen Recht des Kindes auf ungehinderte Entfaltung seiner Persönlichkeit im Sinne von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 101, 361, 385 f. = NJW 2000, 1021, 1023; BVerfG, NJW 2000, 2191; NJW 2000, 2191 f. und NJW 2003, 3262 f.). Nach diesen Grundsätzen genießt im Streitfall das besondere Schutzbedürfnis der kindlichen Persönlichkeitsentwicklung der Klägerin grundsätzlich den Vorrang vor der Berichterstattung in den Medien. Die beanstandeten Fotos zeigen die Klägerin und deren Eltern im Alltagsleben, also bei rein privaten Tätigkeiten. Sie tragen in keiner Weise zu einer wichtigen öffentlichen Auseinandersetzung in einer demokratischen Gesellschaft bei, die den Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG in Anspruch nehmen könnte, sondern dienen nur dem Zweck, die Neugier eines bestimmten Publikums im Hinblick auf Einzelheiten aus dem Privatleben der Betroffenen zu befriedigen, wobei sich das Interesse an der Kläge-
rin ausschließlich aus der Einstufung ihrer Eltern als sogenannte Prominente ableitet. Auch wenn die Reichweite des Persönlichkeitsschutzes eines Kindes vom Schutzzweck her unter Berücksichtigung der Entwicklungsphasen des Kindes zu bestimmen ist, steht dem nicht entgegen, daß die Klägerin zum Zeitpunkt der Veröffentlichungen noch ein Kleinkind war. Eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts kann nämlich nicht nur dann vorliegen, wenn das Kind die persönlichkeitserheblichen Einwirkungen Dritter bemerkt, sondern auch dann, wenn andere Gründe den Schutz der Persönlichkeitsentwicklung erfordern (vgl. BVerfG, NJW 2003, 3262 f.). Hier kann die Persönlichkeitsentwicklung der Klägerin schon dadurch beeinträchtigt werden, daß wegen der ständigen Verfolgung durch die Presse eine natürliche Eltern-Kind-Beziehung gefährdet ist. Wenn sich die Eltern im Zusammenleben mit dem Kind nicht unbefangen verhalten können, weil sie befürchten müssen, daß auch gegen ihren Willen Fotos veröffentlicht werden, die den privaten Bereich betreffen, kann sich dies nachteilig auf die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes auswirken. Insoweit reicht bereits die Gefährdung aus, ohne daß es, wie die Revision meint, der Darlegung bedarf, daß tatsächlich bereits eine Störung des Eltern-KindVerhältnisses eingetreten sei.
c) Die Angriffe der Revision bleiben auch insoweit ohne Erfolg, als sie die Voraussetzungen für die Zubilligung einer Geldentschädigung in Zweifel zieht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats begründet eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf eine Geldentschädigung , wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Das hängt insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs,
ferner von Anlaß und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab (vgl. Senatsurteile BGHZ 128, 1, 12; 132, 13, 27 und vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - VersR 1996, 341; vgl. auch BVerfG, NJW 2004, 591). Eine wiederholte und hartnäckige Verletzung des Rechts am eigenen Bild, die um des wirtschaftlichen Vorteils willen erfolgt, kann sich als schwere , einen Anspruch auf Geldentschädigung rechtfertigende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Betroffenen darstellen, auch wenn die einzelne Bildveröffentlichung - jeweils für sich betrachtet - nicht als schwerwiegend einzustufen ist. Die Besonderheit einer Verletzung des Rechts am eigenen Bild besteht nämlich darin, daß dem Verletzten gegen eine solche Rechtsverletzung keine anderen Abwehrmöglichkeiten als ein Anspruch auf eine Geldentschädigung zur Verfügung stehen. Daraus folgt, daß in einem solchen Fall an die Zubilligung eines Entschädigungsanspruchs geringere Anforderungen als in anderen Fällen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung zu stellen sind (Senatsurteil vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - aaO, 342). Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht beachtet und unter den Umständen des vorliegenden Falles zu Recht die Voraussetzungen für die Zubilligung einer Geldentschädigung bejaht. Ebenso wie in dem dem vorstehend zitierten Senatsurteil zugrundeliegenden Fall läßt die Vorgehensweise der Beklagten eine besondere Hartnäckigkeit erkennen, indem sie die wiederholten Bildveröffentlichungen vorgenommen hat, obwohl sie nach dem Erscheinen der Fotos von den Eltern jeweils zeitnah abgemahnt worden ist, sie jeweils Unterlassungsverpflichtungserklärungen abgegeben hat und gegen sie mehrfach einstweilige Verfügungen erlassen worden sind.
d) Unter diesen Umständen ist auch die Höhe der zugebilligten Geldentschädigung , die in erster Linie Sache des Tatrichters ist, nicht unverhältnismäßig. In Fällen, in denen der Schädiger die Verletzung der Persönlichkeit seines
Opfers als Mittel zur Auflagensteigerung und damit zur Verfolgung eigener kommerzieller Interessen eingesetzt hat, ist die Erzielung von Gewinnen aus der Rechtsverletzung als Bemessungsfaktor in die Entscheidung über die Höhe der Geldentschädigung mit einzubeziehen. In solchen Fällen muß von der Höhe der Geldentschädigung ein echter Hemmungseffekt ausgehen; als weiterer Bemessungsfaktor kann die Intensität der Persönlichkeitsrechtsverletzung berücksichtigt werden, der hier angesichts der nachhaltigen Störung des Privatlebens ein hohes Gewicht zukommt. Zudem darf die Geldentschädigung nicht eine Höhe erreichen, die die Pressefreiheit unverhältnismäßig einschränkt (vgl. Senatsurteile BGHZ 128, 1, 16 und vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94 - VersR 1996, 339, 340). Im Hinblick darauf ist die Bemessung der Entschädigung durch das Berufungsgericht in Anbetracht der besonderen Hartnäckigkeit der Beklagten und der vom Berufungsgericht festgestellten Wirtschaftsmacht der hinter ihr stehenden Gruppe nicht zu beanstanden. Selbst wenn für diese keine rechtliche Verpflichtung besteht, etwaige Verluste wegen der Verurteilung zu einer Geldentschädigung zu ersetzen, dürfen die faktischen wirtschaftlichen Verhältnisse der Konzerngruppe hinter einem Presseorgan bei der Beurteilung, wie der Persönlichkeitsschutz gewährleistet werden kann, nicht außer Betracht bleiben. Im übrigen läßt der Beklagtenvortrag nicht erkennen, inwieweit die hier zuerkannte Geldentschädigung die Pressefreiheit gefährden könnte. Auch die weiteren Rügen der Revision stehen der zuerkan nten Entschädigung nicht entgegen. Wie vom Berufungsgericht zu Recht angenommen, stellen sowohl die Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht der Mutter der Klägerin als auch die Veröffentlichungen durch andere Verlage eigenständige Persönlichkeitsrechtsverletzungen dar. Die Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Mutter betrifft das Rechtsgut einer anderen Person, deren Persönlichkeitsschutz
ebenso wie der der Klägerin zu gewährleisten ist. Könnte sich ein später in Anspruch genommener Schädiger darauf berufen, daß bereits eine Entschädigung wegen einer Veröffentlichung durch einen anderen Verlag zuerkannt worden ist, bliebe eine eigenständige weitere Persönlichkeitsrechtsverletzung ohne ausreichenden Schutz des Betroffenen. Den Vortrag der Beklagten, sie wolle nunmehr nur noch solche Fotos der Klägerin veröffentlichen, die diese in Begleitung ihrer Eltern bei offiziellen Anlässen zeige, hat das Berufungsgericht berücksichtigt. Es hat jedoch gemeint, die Beklagte könne nur durch eine fühlbare Entschädigung in ihrem Verhalten beeinflußt werden. Diese tatrichterliche Wertung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.