Amtsgericht Köln Teilurteil, 29. Juli 2016 - 206 C 29/16

ECLI:ECLI:DE:AGK:2016:0729.206C29.16.00
29.07.2016

Tenor

Das Teil-Versäumnisurteil vom 13.05.2016 bleibt aufrechterhalten.

Der Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 30.11.2016 eingeräumt unter der Auflage, dass die monatliche Nutzungsentschädigung für diesen Zeitraum jeweils bis zum 3. Werktag des jeweiligen Monats gezahlt wird.

Auch die Entscheidung über die weiteren Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Räumungsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.460,00 € abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.


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Amtsgericht Köln Teilurteil, 29. Juli 2016 - 206 C 29/16 zitiert 9 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 543 Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund


(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vert

Insolvenzordnung - InsO | § 80 Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts


(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. (2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsve

Zivilprozessordnung - ZPO | § 240 Unterbrechung durch Insolvenzverfahren


Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfa

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 985 Herausgabeanspruch


Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 339 Einspruchsfrist


(1) Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteils. (2) Muss die Zustellung im Ausland erfolgen, so beträgt die Einspruchsfrist einen Monat. Das Gericht kann im Versäumnisurteil

Zivilprozessordnung - ZPO | § 340 Einspruchsschrift


(1) Der Einspruch wird durch Einreichung der Einspruchsschrift bei dem Prozessgericht eingelegt. (2) Die Einspruchsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urt

Zivilprozessordnung - ZPO | § 721 Räumungsfrist


(1) Wird auf Räumung von Wohnraum erkannt, so kann das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen dem Schuldner eine den Umständen nach angemessene Räumungsfrist gewähren. Der Antrag ist vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung zu stellen, auf die das

Insolvenzordnung - InsO | § 112 Kündigungssperre


Ein Miet- oder Pachtverhältnis, das der Schuldner als Mieter oder Pächter eingegangen war, kann der andere Teil nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht kündigen: 1. wegen eines Verzugs mit der Entrichtung der Miete oder Pacht, der

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Bundesgerichtshof Urteil, 19. Juni 2008 - IX ZR 84/07

bei uns veröffentlicht am 19.06.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 84/07 Verkündet am: 19. Juni 2008 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 47; BGB §§ 985,

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Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.

(1) Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteils.

(2) Muss die Zustellung im Ausland erfolgen, so beträgt die Einspruchsfrist einen Monat. Das Gericht kann im Versäumnisurteil auch eine längere Frist bestimmen.

(3) Muss die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, so hat das Gericht die Einspruchsfrist im Versäumnisurteil oder nachträglich durch besonderen Beschluss zu bestimmen.

(1) Der Einspruch wird durch Einreichung der Einspruchsschrift bei dem Prozessgericht eingelegt.

(2) Die Einspruchsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt werde.
Soll das Urteil nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.

(3) In der Einspruchsschrift hat die Partei ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, soweit es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht, sowie Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, vorzubringen. Auf Antrag kann der Vorsitzende für die Begründung die Frist verlängern, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt. § 296 Abs. 1, 3, 4 ist entsprechend anzuwenden. Auf die Folgen einer Fristversäumung ist bei der Zustellung des Versäumnisurteils hinzuweisen.

Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.

(2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt (§§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), hat im Verfahren keine Wirkung. Die Vorschriften über die Wirkungen einer Pfändung oder einer Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung bleiben unberührt.

Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 84/07
Verkündet am:
19. Juni 2008
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Vermieter kann, gleich ob ein mit dem Schuldner begründetes Wohnraummietverhältnis
vor oder nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens beendet wurde, den Insolvenzverwalter
nur auf Herausgabe der Wohnung in Anspruch nehmen, wenn dieser
sie in Besitz genommen hat oder daran für die Masse ein Recht beansprucht.
BGH, Urteil vom 19. Juni 2008 - IX ZR 84/07 - LG Augsburg
AG Augsburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Juni 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, die Richter Prof.
Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein, Vill und Dr. Fischer

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten werden das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Augsburg vom 4. April 2007 und das Urteil des Amtsgerichts Augsburg vom 23. Oktober 2006 insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten entschieden wurde.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittelzüge, von den erstinstanzlichen Gerichtskosten und seinen erstinstanzlichen außergerichtlichen Kosten jeweils auch den Teil, der dem Beklagten auferlegt worden ist, sowie die erstinstanzlichen außergerichtlichen Kosten des Beklagten insgesamt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger hatte an die früheren Beklagten zu 1 und 2 eine Wohnung vermietet. Am 17. März 2006 erklärte er wegen Zahlungsrückständen die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses. Mit der am 19. Mai 2006 zugestellten Klage hat er die früheren Beklagten zu 1 und 2 auf Räumung und Herausgabe der Wohnung in Anspruch genommen. Über das Vermögen beider früherer Beklagter ist - gegenüber der früheren Beklagten zu 1 am 22. Juni 2006 und gegenüber dem früheren Beklagten zu 2 am 20. Juli 2005 - das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte (früherer Beklagter zu 3) jeweils zum Treuhänder bestellt worden.
2
Der Kläger hat die Klage am 17. August 2006 auf den Beklagten erstreckt. Dieser hat dem Kläger mitgeteilt, dass die nach dem 30. November 2006 fällig werdenden Ansprüche aus dem Mietverhältnis nicht im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden könnten.
3
Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Herausgabe sowie die früheren Beklagten zu 1 und 2 zur Räumung der Wohnung verurteilt. Gegen dieses Urteil hat lediglich der Beklagte Berufung eingelegt. Dem von dem Kläger nach Räumung der Wohnung durch die früheren Beklagten zu 1 und 2 gestellten Erledigungsantrag hat der Beklagte widersprochen. Das Landgericht hat die Berufung des Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Hauptsache erledigt sei, und die Revision zugelassen. Mit seinem Rechtsmittel verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision des Beklagten hat Erfolg und führt zur Abweisung des gegen ihn gerichteten Feststellungsantrags.

I.


5
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, vorliegend sei gemäß § 91a ZPO nach billigem Ermessen über die Kosten zu entscheiden. Durch die Räumung und Herausgabe der Wohnung sei der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. Die Erklärung des Beklagten, wonach Mietforderungen nicht im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden könnten, habe nicht die Freigabe der Wohnung bewirkt. Deshalb sei der Mietvertrag nicht beendet worden und die Verfügungsbefugnis nicht an die früheren Mieter zurückgefallen. Da der Beklagte die Erklärung außerdem nach Klagezustellung abgegeben habe, sei die gegen ihn gerichtete Klage zunächst begründet gewesen. Seine Berufung hätte folglich ohne das erledigende Ereignis zurückgewiesen werden müssen.

II.


6
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.
7
Das 1. Berufungsurteil unterliegt in vollem Umfang der Nachprüfung durch das Revisionsgericht (vgl. BGH, Urt. v. 20. April 2004 - XI ZR 164/03, NJW 2004, 2745, 2746; Urt. v. 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03, NJW 2005, 594, 596).
8
2. Der Kläger konnte den Rechtsstreit ohne Einlegung einer Anschlussberufung (§ 524 ZPO) einseitig für erledigt erklären. Die einseitige Erledigungserklärung bildet eine gemäß § 264 Nr. 2 ZPO privilegierte Klageänderung (BGH, Urt. v. 7. Juni 2001 - I ZR 157/98, NJW 2002, 442). Da mit der Erledi- gung von einem Leistungsantrag auf einen Feststellungsantrag übergegangen wird, handelt es sich um eine Antragsbeschränkung. Bei dieser Sachlage soll durch den Erledigungsantrag nicht mehr als die Zurückweisung der Berufung erreicht werden (vgl. BGH, Urt. v. 2. Oktober 1987 - V ZR 42/86, NJW-RR 1988, 185; Urt. v. 12. Januar 2006 - VII ZR 73/04, NJW-RR 2006, 669 f Rn. 9 f).
9
3. Zu Unrecht hat das Landgericht dem geänderten Klageantrag auf der Grundlage des § 91a ZPO stattgegeben.
10
a) Da der Beklagte dem Erledigungsantrag des Klägers widersprochen hat, fehlt es an übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien als Voraussetzung für die Anwendung des § 91a ZPO. Im Falle der einseitigen Erledigungserklärung muss das Gericht vielmehr im ordentlichen Streitverfahren prüfen, ob die Hauptsache erledigt ist, ob also die eingereichte Klage zulässig und begründet war, aber durch ein nach Rechtshängigkeit eingetretenes Ereignis gegenstandslos geworden ist. Liegen diese Voraussetzungen vor, spricht das Gericht die Erledigung durch Urteil aus (BGHZ 91, 126, 127; 106, 359, 366 f; BGH, Versäumnisurteil vom 13. September 2005 - X ZR 62/03, BGHReport 2006, 199).
11
b) Im Streitfall bestehen bereits Bedenken, ob sich der Rechtsstreit auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts durch den Auszug der früheren Beklagten tatsächlich erledigt hat. Das Landgericht geht in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht davon aus, dass der Beklagte in seinem Amt als Treuhänder die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis über die Wohnung erlangt hat. Dieser Verwaltungsbesitz des Beklagten ging infolge seines notwendig eigenständigen Charakters mit der Räumung der Wohnung durch die früheren Beklagten nicht ohne weiteres unter.

12
4. Letztlich kann die Frage einer Erledigung aber auf sich beruhen, weil das gegen den Beklagten gerichtete Herausgabeverlagen (§§ 985, 546 BGB) von Anfang an unbegründet war (BGHZ 106, 359, 367).
13
a) Das Amtsgericht hat angenommen, dass das Mietverhältnis gegenüber der früheren Beklagten zu 1 durch die Kündigung vom 17. März 2006 vor der am 22. Juni 2006 angeordneten Eröffnung des Insolvenzverfahrens beendet worden war, während die Beendigung im Verhältnis zum Beklagten zu 2 durch eine gegenüber dem Beklagten als Treuhänder (konkludent) erklärte Kündigung nach der am 20. Juli 2005 erfolgten Eröffnung des Insolvenzverfahrens eintrat. Auf der Grundlage dieser rechtlichen Würdigung, die auch im Rahmen des vorliegenden Prozessrechtsverhältnisses nicht in Frage gestellt wurde, ist der Beklagte gemäß § 108 Abs. 1 InsO nur hinsichtlich des früheren Beklagten zu 2 in das Mietverhältnis mit dem Kläger eingerückt. Die von dem Beklagten gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO abgegebene Erklärung, deren Reichweite vorliegend dahingestellt bleiben kann (vgl. hierzu Mohrbutter/ Ringstmeier/Homann, Handbuch der Insolvenzverwaltung 8. Aufl. § 7 Rn. 86: Freigabe des Vertragsverhältnisses zugunsten des Schuldners; MünchKommInsO /Eckert, 2. Aufl. § 109 Rn. 53 f: Lediglich Wegfall des Sonderkündigungsrechts aus § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO), bezog sich folglich ausschließlich auf die Insolvenz über das Vermögen des Beklagten zu 2.
14
b) Nach Beendigung des zwischen dem Vermieter und dem Schuldner begründeten Mietverhältnisses ist zwischen dem Anspruch auf Herausgabe der Mietsache und etwaigen die Masse treffenden Abwicklungsansprüchen (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO) zu unterscheiden. Der aus § 985 BGB sowie § 546 BGB folgende , durch die Insolvenzeröffnung inhaltlich unbeeinflusste (BGHZ 86, 204, 211) Herausgabeanspruch begründet ohne Rücksicht darauf, ob das Mietverhältnis vor oder nach Insolvenzeröffnung beendet wurde (MünchKommInsO /Ganter, aaO § 47 Rn. 341), ein Aussonderungsrecht (BGHZ 127, 156, 160). Dieses besteht allerdings nur, wenn der auszusondernde Gegenstand infolge der Wahrnehmung des Verwaltungsbesitzes durch den Insolvenzverwalter massebefangen ist (vgl. MünchKomm-InsO/Ganter, aaO § 47 Rn. 35a). Andernfalls kann der Berechtigte allein den Schuldner persönlich in Anspruch nehmen (BGHZ aaO S. 161).
15
aa) Demgemäß ist der Verwalter dem Vermieter nur zur Herausgabe einer Mietwohnung verpflichtet, wenn er den Besitz daran ausübt (BGHZ 148, 252, 260 f; BGH, Urt. v. 21. Dezember 2006 - IX ZR 66/05, ZIP 2007, 340, 341 Rn. 12) oder unter Anerkennung des fremden Eigentums das Recht beansprucht , die Mietwohnung für die Masse zu nutzen und darüber zu entscheiden, ob, wann und in welcher Weise er sie an den Vermieter zurückgibt (BGHZ 127, 156, 161). Greifen diese Ausnahmetatbestände nicht ein, weil der Verwalter im Blick auf die von dem Schuldner genutzte Wohnung keine eigenen Rechte behauptet , scheidet ein Herausgabeanspruch gegen ihn aus (LG Mannheim WuM 2006, 694 f; MünchKomm-InsO/Eckert, aaO § 108 Rn. 116; HK-InsO/ Marotzke, 4. Aufl. § 109 Rn. 16; Hain ZInsO 2007, 192, 195).
16
bb) Unstreitig hat der Beklagte an der Mietwohnung zu keinem Zeitpunkt Besitz begründet. Er hat auch - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - keine Entscheidung darüber in Anspruch genommen, unter welchen Voraussetzungen die Wohnung an den Kläger zurückgegeben wird. Der Beklagte hat es gerade abgelehnt, mit dem Kläger einen Räumungsvergleich zu schließen. In der Weigerung, auch nur vergleichsweise über die weitere Nutzungsdauer durch die früheren Beklagten zu 1 und 2 zu disponieren, kommt der Wille zum Ausdruck, keine Nutzungsrechte über die Wohnung auszuüben. In Einklang hiermit hat der Beklagte weiter im einzelnen vorgetragen, die Mietwohnung nicht zu nutzen und sie auch nicht für die Insolvenzmasse in Anspruch zu nehmen. Bei dieser Sachlage war ein Herausgabeanspruch gegen den Beklagten von Anfang an unbegründet.
17
cc) Zu Unrecht meint die Revisionserwiderung, der Beklagte sei aus normativen Erwägungen als Besitzer der Wohnung anzusehen.
18
(1) Ein Besitz des Beklagten kann nicht aus § 148 Abs. 1 InsO hergeleitet werden.
19
Der Insolvenzverwalter hat nach dieser Vorschrift das gesamte zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen in Besitz und Verwaltung zu nehmen. Die Besitzergreifung vollzieht sich jedoch entgegen der von dem Kläger in der mündlichen Revisionsverhandlung vertretenen Auffassung nicht kraft Gesetzes (wie etwa im Rahmen des § 857 BGB), sondern setzt - wie dem von § 80 Abs. 1 abweichenden Wortlaut des § 148 Abs. 1 InsO und der Vollstreckungsmöglichkeit durch § 148 Abs. 2 InsO zu entnehmen ist - die Erlangung der tatsächlichen Gewalt (§ 854 BGB) durch den Insolvenzverwalter voraus (MünchKommInsO /Füchsl/Weishäupl, aaO § 148 Rn. 24; Nerlich/Römermann/Andres, InsO § 148 Rn. 29; FK-InsO/Wegener, 4. Aufl. § 148 Rn. 3; HmbKomm-InsO/Jarchow, 2. Aufl. § 148 Rn. 13). Für diese rechtliche Würdigung spricht ferner die dem Insolvenzverwalter bei einer schuldhaften Verzögerung der Inbesitznahme drohende Schadensersatzpflicht (vgl. FK-InsO/Wegener, aaO § 148 Rn. 5; Braun/Dithmar, InsO 3. Aufl. § 148 Rn. 6), die bei Annahme eines ohnehin bestehenden gesetzlichen Besitzerwerbs nie zum Tragen käme.
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Davon abgesehen war der Beklagte nicht einmal gehalten, die Mietwohnung der Schuldner in Besitz zu nehmen. Eine Verpflichtung des Insolvenzverwalters zur Besitzergreifung scheidet aus, wenn die Belassung der Sache bei dem Schuldner die Befriedigung der Gläubiger nicht gefährdet (MünchKommInsO /Füchsl/Weishäupl, aaO § 148 Rn. 26). Der Insolvenzverwalter darf insbesondere davon absehen, an massefremden Gegenständen Besitz zu begründen , die er - wie etwa eine von dem Schuldner bewohnte Mietwohnung (MünchKomm -InsO/Füchsl/Weishäupl, aaO § 148 Rn. 26) - nicht für die Masse zu nutzen beabsichtigt (MünchKomm-InsO/Füchsl/Weishäupl, aaO § 148 Rn. 12).
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(2) Auch durch die Abgabe der auf § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO beruhenden Erklärung hat der Beklagte keinen Besitz an der Mietwohnung begründet.
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Bestimmung Die dient dem Schutz der persönlichen Wohnung des Schuldners. Um dem Schuldner seine Mietwohnung möglichst zu belassen, ist dem Insolvenzverwalter die Befugnis, den Mietvertrag zu kündigen, entzogen. Durch die Erklärung nach § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO kann der Insolvenzverwalter statt dessen eine Enthaftung der Masse von sämtlichen Ansprüchen aus dem Mietverhältnis bewirken (FK-InsO/Wegener, aaO § 109 Rn. 10c). Im Gegenzug erhält der Mieter die Chance, durch die Übernahme der Mietzahlung aus seinem freien Vermögen die Wohnung zu behalten (MünchKomm-InsO/Eckert, aaO § 109 Rn. 49). Die als Ersatz für eine Kündigung auf eine Pflichtenlösung gerichtete Verlautbarung des Verwalters bringt den eindeutigen Willen zum Ausdruck, sowohl von einem Besitz als auch einer Nutzung der Wohnung Abstand zu nehmen.
Ganter Kayser Gehrlein
Fischer Vill
Vorinstanzen:
AG Augsburg, Entscheidung vom 23.10.2006 - 20 C 2451/06 -
LG Augsburg, Entscheidung vom 04.04.2007 - 7 S 4508/06 -

Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.

Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird,
2.
der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet oder sie unbefugt einem Dritten überlässt oder
3.
der Mieter
a)
für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder
b)
in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
Im Falle des Satzes 1 Nr. 3 ist die Kündigung ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher befriedigt wird. Sie wird unwirksam, wenn sich der Mieter von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt.

(3) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Dies gilt nicht, wenn

1.
eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht,
2.
die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist oder
3.
der Mieter mit der Entrichtung der Miete im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 in Verzug ist.

(4) Auf das dem Mieter nach Absatz 2 Nr. 1 zustehende Kündigungsrecht sind die §§ 536b und 536d entsprechend anzuwenden. Ist streitig, ob der Vermieter den Gebrauch der Mietsache rechtzeitig gewährt oder die Abhilfe vor Ablauf der hierzu bestimmten Frist bewirkt hat, so trifft ihn die Beweislast.

Ein Miet- oder Pachtverhältnis, das der Schuldner als Mieter oder Pächter eingegangen war, kann der andere Teil nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht kündigen:

1.
wegen eines Verzugs mit der Entrichtung der Miete oder Pacht, der in der Zeit vor dem Eröffnungsantrag eingetreten ist;
2.
wegen einer Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Schuldners.

Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Wird auf Räumung von Wohnraum erkannt, so kann das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen dem Schuldner eine den Umständen nach angemessene Räumungsfrist gewähren. Der Antrag ist vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung zu stellen, auf die das Urteil ergeht. Ist der Antrag bei der Entscheidung übergangen, so gilt § 321; bis zur Entscheidung kann das Gericht auf Antrag die Zwangsvollstreckung wegen des Räumungsanspruchs einstweilen einstellen.

(2) Ist auf künftige Räumung erkannt und über eine Räumungsfrist noch nicht entschieden, so kann dem Schuldner eine den Umständen nach angemessene Räumungsfrist gewährt werden, wenn er spätestens zwei Wochen vor dem Tag, an dem nach dem Urteil zu räumen ist, einen Antrag stellt. §§ 233 bis 238 gelten sinngemäß.

(3) Die Räumungsfrist kann auf Antrag verlängert oder verkürzt werden. Der Antrag auf Verlängerung ist spätestens zwei Wochen vor Ablauf der Räumungsfrist zu stellen. §§ 233 bis 238 gelten sinngemäß.

(4) Über Anträge nach den Absätzen 2 oder 3 entscheidet das Gericht erster Instanz, solange die Sache in der Berufungsinstanz anhängig ist, das Berufungsgericht. Die Entscheidung ergeht durch Beschluss. Vor der Entscheidung ist der Gegner zu hören. Das Gericht ist befugt, die im § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen.

(5) Die Räumungsfrist darf insgesamt nicht mehr als ein Jahr betragen. Die Jahresfrist rechnet vom Tage der Rechtskraft des Urteils oder, wenn nach einem Urteil auf künftige Räumung an einem späteren Tage zu räumen ist, von diesem Tage an.

(6) Die sofortige Beschwerde findet statt

1.
gegen Urteile, durch die auf Räumung von Wohnraum erkannt ist, wenn sich das Rechtsmittel lediglich gegen die Versagung, Gewährung oder Bemessung einer Räumungsfrist richtet;
2.
gegen Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 2 oder 3.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten nicht für Mietverhältnisse über Wohnraum im Sinne des § 549 Abs. 2 Nr. 3 sowie in den Fällen des § 575 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Endet ein Mietverhältnis im Sinne des § 575 des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch außerordentliche Kündigung, kann eine Räumungsfrist höchstens bis zum vertraglich bestimmten Zeitpunkt der Beendigung gewährt werden.