Amtsgericht Köln Urteil, 03. Nov. 2016 - 148 C 244/16
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt an die Klägerin 500,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.05.2016 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin ist ein Unternehmen, welches Flugreisenden, die aufgrund einer Verspätung Ansprüche gegen Fluggesellschaften haben, anbietet, diese Ansprüche abzukaufen. Dabei ist die Klägerin nicht selber am Markt tätig, sondern bedient sich der Leistung eines Vermittlers, vorliegend der F. GmbH. Die Beklagte ist ein Luftfahrtunternehmen mit Sitz in Köln.
3Mit der an das Amtsgericht Köln gerichteten Klage vom 07.06.2016, verlangt die Klägerin von der Beklagten, jeweils Zahlung von 250,00 EUR nebst Zinsen in Hinblick auf einen, durch die Fluggäste F.G. und K.G., beide wohnhaft im L.-weg X , XXXXX B., bei der Beklagten gebuchten Fluges mit der Flugnummer XUXXXX, von Palma des Mallorca (PMI) nach Stuttgart (STR). Die Planmäßige Ankunftszeit am Flughaften STR war für 14:55 Uhr am XX.XX.2016 vorgesehen. Die tatsächliche Abflugzeit betrug 20:23 Uhr und die Landung erfolgte am Flughafen STR um 22:03 Uhr.
4Mit Schreiben vom 18.05.2016 verweigerte die Beklagte die Ausgleichzahlung und führte u.a. folgendes aus:
5„Aufgrund von unten genannten Gründen, weisen wir die Forderung nunmehr alle endgültig zurück, so dass Klage erhoben werden mag.“
6und weiter
7„Da unsererseits in dieser Angelegenheit außergerichtlich keine weitere Korrespondenz mehr erfolgt, ...“
8Die Großkreisentfernung von PMI nach STR beträgt etwa 1139 km.
9Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie, aufgrund der Abtretungsvereinbarung, einen Anspruch auf die Ausgleichszahlungen nach der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 aus abgetretenem Recht hätte und daher aktivlegitimiert sei. Sie behauptet dazu, dass die Klägerin die Forderungen auf eigene Rechnung und in eigenem Namen geltend mache und die Risiken des Forderungsausfalles alleine tragen würde. Die Klägerin ist weiterhin der Ansicht, dass die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof (19. November 2019 - C-402/07 u. C-432/07; 23. Oktober 2012 – C-581/10 u. C-629/10) bezüglich der Gleichstellung von großer Verspätung und Flugannullierung nach rechtsstaatlichen Prinzipien nicht zu beanstanden sei.
10Die Klägerin ist der Ansicht, dass kein außergewöhnlicher Umstand i.S.d. Art. 5 Abs. 3 EG Nr. 261/2004 vorgelegen habe.
11Weiterhin bestreitet die Klägerin mit Nichtwissen, dass der Flug mit dem Flugzeug E-AAAA habe durchgeführt werden sollen, außerdem bestreitet sie mit Nichtwissen, dass er aufgrund eines Reifendefekts nicht planmäßig stattgefunden hätte.
12Die Klägerin beantragt,
13die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 500,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.05.2016 zu zahlen.
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin. Sie ist der Ansicht, dass diese nicht nachgewiesen sei, da der geschlossene Abtretungsvertrag nicht im Original vorliegt. Sie behauptet die Unterschriften würden nicht von den Personen F.G. und K.G. stammen. Weiterhin behauptet die Beklagte, dass hinsichtlich der Forderungsabtretung eine Belehrung über das Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen nicht ordnungsgemäß erfolgt sei.
17Die Beklagte ist der Ansicht, dass die weiter oben zitierte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes bezüglich der Gleichstellung von großer Verspätung und Flugannullierung elementare rechtsstaatliche Prinzipien der Gewaltenteilung verletze und somit rechtswidrig sei.
18Weiterhin ist die Beklagte der Ansicht, dass sie eine Ausgleichszahlung, aufgrund eines außergewöhnlichen Umstandes, nicht leisten müsse. Dazu behauptet sie, dass die Verspätung des Fluges aufgrund eines defekten Reifens eingetreten sei. Der Reifen #2 des Hauptfahrwerks sei beim Start oder bei der Landung des Zubringerfluges XUXXXX durch einen Fremdkörper (sog. Foreign Object Damage, kurz: FOD) auf der Start- oder Landebahn beschädigt worden. Weiterhin behauptet die Beklagte, dass während der Vorflugkontrolle (sog. pre-flight check) ein tiefer Schnitt im vorbenannten Reifen entdeckt worden sei. Dazu ergänzend behauptet sie, dass die Vorflugkontrolle des Zubringerfluges ergebnislos verlaufen sei.
19Entscheidungsgründe:
20Die Klage ist zulässig und begründet.
21Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten aus abgetretenem Recht eine Ausgleichszahlung aus Artikel 7 Abs. 1 Ziff. a) der Verordnung (EG) 261/2004 zu.
22Die Abtretung der Zahlungsansprüche, welche die Eheleute G. aufgrund des Artikel 7 Abs. 1 Ziff. a) der Verordnung (EG) 261/2004 gegenüber der Beklagten haben, ist wirksam.
23Es ist auch unschädlich, dass nur eine Kopie der Abtretungsurkunde vorgelegt wurde, da keine Anhaltspunkte dazu vorgetragen wurden, dass verständliche Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der Klägerin sprechen (Vgl. MüKo BGB/ Roth /Kieninger BGB § 410 Rn. 5).
24Vorliegend handelt es sich zwar um eine Flugverspätung und nicht um eine Annullierung, aber aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom 19. November 2009 (Az.: C-402/07; C-432/07), sind Fluggäste verspäteter Flüge dann Fluggästen annullierter Flüge gleichzustellen, wenn sie wegen eines verspäteten Fluges ein Zeitverlust von drei Stunden oder mehr erleiden, das heißt, wenn sie ihr Endziel nicht früher als 3 Stunden nach der ursprünglich geplanten Ankunft, erreichen. Im streitgegenständlichen Fall sollte der Flug von PMI nach STR um 14:55 Uhr in Stuttgart landen. Tatsächlich landete er jedoch erst nach 22 Uhr in Stuttgart. Daraus folgt, dass der Flug über 7 Stunden später als ursprünglich vorgesehen, am Endziel eintraf.
25Die vom Beklagten vorgebrachten Bedenken gegen diese Rechtsprechung teilt das angerufene Gericht nicht. Vor allem sind keine elementaren rechtsstaatlichen Prinzipien der Gewaltenteilung verletzt.
26So auch der Bundesgerichtshof, der dazu ausführt: „Vielmehr hat sich der EuGH der richterlichen Aufgabe gestellt, diejenige Lücke zu füllen, die der Verordnungstext dadurch gelassen hat, dass er einerseits auch für erheblich verspätete Flüge keinen Ausgleichsanspruch vorsieht und andererseits kein objektives, dem Einfluss des betroffenen Luftverkehrsunternehmens entzogenes Kriterium dafür formuliert, wann eine Verspätung unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Verordnung wie oder als eine Annullierung angesehen werden muss.“ (BGH, Urt. v. 07.05.2013, Az. X ZR 127/11, NJW-RR 2013, 1065, 1066).
27Zusätzlich dazu sieht der Vorschlag zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 in Artikel 6 Abs. 2 vor, dass die Verordnung diesbezüglich angepasst wird (COM (2013) 130 final, Seite 21).
28Daher hat auch der Verordnungsgeber selbst die Regelungslücke erkannt und will die Rechte von Fluggästen mit Flügen, die eine große Verspätung aufweisen, an die Rechte von Fluggästen mit annullierten Flügen angleichen. Dies ist auch, besonders im Hinblick auf die gleichgelagerten Interessenlagen, der jeweils betroffenen Fluggäste, als sachdienlich anzusehen. Denn sowohl eine Annullierung, als auch eine große Verspätung sind für Fluggäste ein großes Ärgernis und zum Teil mit großen Unannehmlichkeiten verbunden (so auch der 2. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) 261/2004).
29Die Beklagte ist auch nicht gemäß Artikel 5 Abs. 3 Verordnung (EG) 261/2004 von der Ausgleichzahlung befreit worden. Gemäß Artikel 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) 261/2004 ist das ausführende Luftfahrtunternehmen nicht verpflichtet Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung bzw. die große Verspätung, auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.
30Die Klägerin trägt zwar vor, dass ein metallener Gegenstand auf der Rollbahn (sog. foreign object damage) beim Start oder bei der Landung des Zubringerfluges den Reifen #2 des Haupttriebwerkes beschädigt habe. Ob dies tatsächlich der Fall war, ist aber im streitgegenständlichen Fall unerheblich, denn diese Beschädigung ist nicht dazu geeignet, als außergewöhnlicher Umstand i.S.d. Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) 261/2004 qualifiziert zu werden
31Zwar können nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof technische Mängel als „unerwartete Flugsicherheitsmängel“, wie sie der 14. Erwägungsgrund Verordnung (EG) 261/2004 vorsieht, qualifiziert werden. Diese sind aber nur dann als „außergewöhnlich“ im Sinne von Artikel 5 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 261/2004 zu werten, wenn sie ein Vorkommnis betreffen, das wie die im 14. Erwägungsgrund dieser Verordnung Aufgezählten, nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens ist und aufgrund die aufgrund ihrer Natur oder Ursache von dem Luftfahrtunternehmen tatsächlich nicht zu beherrschen sind (EUGH, Urteil vom 17. September 2015 C-257/14 Rn. 36).
32Dies konkretisierte Europäische Gerichtshof sodann, in dem er feststellte, dass technische Ausfälle ein unerwartetes Vorkommnis darstellen können, jedoch sei diesbezüglich auch zu berücksichtigen, dass der Betrieb eines Flugzeuges unter extremen Bedingungen stattfindet, daher ist die Lebensdauer mancher Flugzeugteile nicht unbegrenzt. Sodass ein unerwartetes Vorkommnis im Rahmen der Tätigkeit eines Luftfahrtunternehmens Teil der normalen Ausübung seiner Tätigkeit ist und sich das Luftfahrtunternehmen dieser Art von unvorhergesehen technischen Problemen gegenübersieht (EUGH, Urteil vom 17. September 2015, C-257/14 Rn. 41-42).
33Nicht anders ist es im vorliegenden Fall. Ein (metallischer) Gegenstand auf der Rollbahn, der im Zuge des Starts oder der Landung eines Flugzeugs, einen Flugzeugreifen beschädigt, stellt zwar ein von außen wirkendes Ereignis da, jedoch hat ein Flugzeugunternehmen mit solchen Ereignissen zu rechnen und es handelt sich um ein Ereignis im Rahmen der Ausübung der normalen Tätigkeit des Luftfahrtunternehmens (starten bzw. landen auf einer hierfür vorgesehenen Landebahn). Flugzeugreifen werden bei jedem Start und Landevorgang extremen Belastungen ausgesetzt, aus diesem Grund verschleißen sie recht schnell und müssen häufig gewechselt werden. Daher werden sie auch vor jedem Flug, im Rahmen des sogenannten pre-flight check untersucht. Zusätzlich dazu, reagieren Flughafenbetreiber auf dieses Problem, im dem sie Vorkehrungen zur Sicherung des Rollfeldes treffen. Dass diese bis jetzt noch nicht ausgereift sind, ist für die Sicherung der Verbraucherschutzrechte, die die Verordnung (EG) 261/2004 vorsieht, unerheblich, denn zum einen liegt der Defekt eines Reifens in der Risikosphäre eines Flugzeugunternehmens und zum anderen kann die Beschädigung, die im Rahmen eines technischen Defekts an einem Reifen auftritt, eindeutig als Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit eines Luftfahrtunternehmens qualifiziert werden.
34Eine andere Sichtweise würde weiterhin dazu führen, dass der Begriff des außergewöhnlichen Umstandes, zu extensiv ausgelegt wird. Dies deckt sich aber nicht mit der Prämisse, die Exkulpationsmöglichkeit des Artikel 5 Abs. 3 Verordnung (EG) 261/2004 eng auszulegen. So hat der Europäische Gerichtshof dazu ausgeführt, dass Art. 5 Abs. 3, da er eine Ausnahme dazu darstellt, dass Fluggäste grundsätzlich Anspruch auf Ausgleichsleistungen haben, eng auszulegen ist (EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2008, C-549/07, Rn. 20). Bei der Auslegung sind insbesondere die Ziele der Verordnung zu berücksichtigen. Diese ergeben sich aus dem ersten und zweiten Erwägungsgrund, wonach die Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich des Luftverkehrs u.a. darauf abzielen sollten, ein hohes Schutzniveau für Fluggäste sicherzustellen und den Erfordernissen des Verbraucherschutzes im Allgemeinen Rechnung zu tragen (EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2008, C-549/07 Rn. 18).
35Diese Auffassung ist deshalb interessengerecht, als dass es für den Fluggast nicht darauf ankommt, aus welchem Grund der Flug nicht wie geplant stattfindet. Wenn man immer darauf abstellen würde, dass der technische Defekt für ein Flugzeugunternehmen auszuschließen ist und dieser ansonsten nicht zur normalen Tätigkeit eines Flugunternehmens gehöre, dann wäre der Anwendungsbereich des Artikel 7 Verordnung (EG) 261/2004 sehr begrenzt und Artikel 5 Abs. 3 Verordnung (EG) 261/2004 wäre nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel, denn die Beherrschbarkeit wäre in diesen Fällen dann meist auch auszuschließen.
36Dies wird auch durch den Vorschlag zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 unterstützt. So lautet Anhang 1 Nr.2 i. etwa wie folgt: technische Probleme, die Teil des normalen Luftfahrzeugbetriebs sind, beispielsweise ein Problem, das bei der routinemäßigen Wartung oder der Vorflugkontrolle des Luftfahrtzeugs festgestellt wird oder auf die unsachgemäße Durchführung dieser Wartung oder Vorflugkontrolle zurückzuführen ist, sind nicht als „außergewöhnlich“ anzusehen (COM [2013] 130 final Seite 32). Dieser Betrachtungsweise folgt auch das erkennende Gericht.
37Auch die vom anderen Gerichten, wie zum Beispiel des Landgerichts Köln, mit Urteil vom 29. Juli 2014 – 11 S 272/13, vorgenommene Einordnung eines „foreign object damage“ als außergewöhnlichen Umstand, überzeugen das Gericht, aus den oben aufgeführten Gründen nicht.
38Ergänzend dazu folgt das Gericht auch nicht der Argumentation des Landgerichts Köln (11 S 272/13), dass sich die Fluggesellschaften dadurch exkulpieren können, dass die Überwachung der Rollbahnen grundsätzlich in den Verantwortungsbereich des Flughafenbetreibers fällt. Vor allem deshalb, weil Artikel 13 Verordnung (EG) 261/2004 folgendes vorsieht:
39„In Fällen, in denen ein ausführendes Luftfahrtunternehmen eine Ausgleichszahlung leistet oder die sonstigen sich aus dieser Verordnung ergebenden Verpflichtungen erfüllt, kann keine Bestimmung dieser Verordnung in dem Sinne ausgelegt werden, dass sie das Recht des Luftfahrtunternehmens beschränkt, nach geltendem Recht bei anderen Personen, auch Dritten, Regress zu nehmen. Insbesondere beschränkt diese Verordnung in keiner Weise das Recht des ausführenden Luftfahrtunternehmens, Erstattung von einem Reiseunternehmen oder einer anderen Person zu verlangen, mit der es in einer Vertragsbeziehung steht. Gleichfalls kann keine Bestimmung dieser Verordnung in dem Sinne ausgelegt werden, dass sie das Recht eines Reiseunternehmens oder eines nicht zu den Fluggästen zahlenden Dritten, mit dem das ausführende Luftfahrtunternehmen in einer Vertragsbeziehung steht, beschränkt, vom ausführenden Luftfahrtunternehmen gemäß den anwendbaren einschlägigen Rechtsvorschriften eine Erstattung oder Entschädigung zu verlangen.“
40Daher könnte eine Fluggesellschaft, die davon überzeugt ist, dass die Rollbahnen nicht ausreichend kontrolliert werden, beziehungsweise dass die Maßnahmen zur Überwachung nicht ausreichend seien, versuchen bei dem Flughafenbetreiber Regress zu nehmen. Zumindest ist es unbillig, dass allgemeine Betriebsrisiko in Gänze auf den Fluggast (Verbraucher) zu übertragen.
41Auch, die vom Beklagten vorgetragene, vergleichende Darstellung eines Vogelschlags mit dem eines „foreign object damage“, hat das Gericht nicht überzeugt. Zum einen deshalb nicht, weil in der Gesamtbetrachtung beide Ereignisse aus der Natur der Sache heraus bereits nicht vergleichbar sind. Vogelschlag ist noch mehr, als ein „FOD“, ein von natürlichen Begebenheiten abhängendes Ereignis. Allein die Tatsache, dass Vögel sich aktiv fortbewegen können und dies gerade für Gegenstände, die auf äußere Einflüsse zur Fortbewegung angewiesen sind, anders ist, lässt eine Gleichstellung schon denknotwendigerweise ausscheiden. Zum anderen aber, da darüber hinaus die vom Bundesgerichtshof, im Urteil vom 24. September 2013, X ZR 160/12, angestellten Erwägung nicht überzeugen können. Dieser sieht in einem Vogelschlag einen außergewöhnlichen Umstand i.S.d. Artikel 5 Abs. 3 Verordnung (EG) 261/2004. Dazu führt er in dem vorgenannten Urteil aus, dass ein Vogelschlag, ein Ereignis sei, das von außen auf den Flugverkehr einwirkt und dessen Ablauf beeinflusst, nicht vom Luftfahrtunternehmen vorhersehbar und auch nicht beherrschbar sei, weil das Unternehmen weder den Vogelflug beeinflussen noch verhindern kann (Vgl. X ZR 160/12 Rn. 13). Hierzu ist aber zu erwähnen, dass die beiden Voraussetzungen, die der EuGH aufgestellt hat, kumulativ vorliegen müssen. Zum einen darf ein Vorkommnis nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens sein und zum anderen darf dies aufgrund seiner Natur oder Ursache vom Luftfahrtunternehmen tatsächlich nicht zu beherrschen sein. Wenn eine der beiden Voraussetzungen nicht vorliegt, kann es sich folglich nicht mehr um einen außergewöhnlichen Umstand handeln (so auch YVES BOT in seinem Schlussantrag, vom 28. Juli 2016, in der Rechtssache C-315/15 Rn.).
42Für die erste Teilfrage ist dies bereits zu verneinen, zwar kann man die Ansicht vertreten, dass es nicht zur üblichen Tätigkeit eines Luftfahrtunternehmens gehöre ihre Flugzeuge willentlich mit Vögeln in Kontakt zu bringen (so zum Beispiel das LG Hannover, Urteil vom 13 Januar, 2012 – 318 S 98/11) und das es ausreichend ist, dass der Vogelschlag ein von außen einwirkendes Ereignis ist (so BGH X ZR 160/12). Überzeugender ist hingegen die Ansicht, dass ein Vogelschlag, als Umwelteinfluss, zwar ein unerwartetes Vorkommnis darstellt, aber mit diesem beim Betrieb eines Flugzeuges zu rechnen ist und die Fluggesellschaften dieses daher bei Ausübung ihrer normalen Tätigkeit zu berücksichtigen haben. Dies zeigt sich insbesondere auch daran, dass Flugzeughersteller bei der Planung eines Flugzeuges die Gefahren des Vogelschlags berücksichtigen und auch die Flughafenbetreiber durch eine Vielzahl von Maßnahmen die Gefahr eines Vogelschlags auszuschließen verringern oder gar verhindern wollen (so auch YVES BOT in seinem Schlussantrag, vom 28. Juli 2016, in der Rechtssache C-315/15 Rn. 27; 28).
43Zusätzlich zu den oben genannten Gründen, ist jedoch erneut an den restriktiven Anwendungsbereich des Artikel 5 Abs. 3 Verordnung (EG) 261/2004 zu erinnern. Dies vor allem in Hinblick darauf, dass die Verordnung die Verbraucher schützen soll. Daher kann es nicht darauf ankommen, ob eine Ursache von außen oder von innen auf das Flugzeug einwirkt. Diese Unterscheidung würde allein zu Lasten des Verbraucherschutzes vollzogen werden (so auch YVES BOT in seinem Schlussantrag, vom 28. Juli 2016, in der Rechtssache C-315/15 Rn. 38). Aus den vorgenannten Gründe ergibt sich, anders, als der Bundesgerichtshof es festgestellt hat, dass es nicht mehr darauf ankommt, ob der Vogelschlag von den Flugzeugunternehmen zu beherrschen ist.
44Da ein sog. „foreign object damage“ nach Überzeugung des Gerichts, nicht unter den Begriff „außergewöhnliche Umstände“ fällt, ist nicht gemäß Artikel 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 zu prüfen, ob das Luftfahrtunternehmen alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat.
45Zur Berechnung der Entfernung zwischen PMI und STR wird gemäß Artikel 7 Abs. 4 Verordnung (EG) 261/2004, die Methode der Großkreisentfernung angewendet. Im vorliegenden Fall beträgt die Entfernung weniger als 1500 km, daher liegt der Betrag der Ausgleichzahlung bei 250,00 EUR pro Person. Der Vortrag der Klägerin zur Entfernung wurde auch nicht von der Beklagten bestritten.
46Der Zinsanspruch ist gemäß §§ 280, 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 BGB begründet.
47Das Schreiben der Beklagten vom 18.05.2016 ist als ernsthafte und endgültige Zahlungsverweigerung zu sehen.
48Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
49Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt §§ 708 Abs. 11, 711 S.1 ZPO.
50Die Berufung wurde aufgrund der abweichenden Rechtsprechung des LG Köln nach § 511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen.
51Der Streitwert wird auf 500,00 EUR festgesetzt.
52Rechtsbehelfsbelehrung:
53Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
541. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
552. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
56Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
57Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.
58Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
59Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Amtsgericht Köln Urteil, 03. Nov. 2016 - 148 C 244/16
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Urteil einreichenAmtsgericht Köln Urteil, 03. Nov. 2016 - 148 C 244/16 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Der Schuldner ist dem neuen Gläubiger gegenüber zur Leistung nur gegen Aushändigung einer von dem bisherigen Gläubiger über die Abtretung ausgestellten Urkunde verpflichtet. Eine Kündigung oder eine Mahnung des neuen Gläubigers ist unwirksam, wenn sie ohne Vorlegung einer solchen Urkunde erfolgt und der Schuldner sie aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist.
(2) Diese Vorschriften finden keine Anwendung, wenn der bisherige Gläubiger dem Schuldner die Abtretung schriftlich angezeigt hat.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin nimmt die Beklagte aus eigenem und abgetretenem Recht eines Mitreisenden auf eine Ausgleichszahlung in Höhe von jeweils 600 € nach der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 (im Folgenden: Fluggastrechteverordnung) in Anspruch.
- 2
- Die Reisenden buchten bei der Beklagten für den 20. Januar 2010 eine Flugreise von Berlin-Tegel über Madrid nach San José (Costa Rica). Der Start des von der Beklagten durchgeführten Fluges von Berlin nach Madrid erfolgte mit einer Verspätung von eineinhalb Stunden, was dazu führte, dass die Reisenden den Anschlussflug nach San José nicht mehr erreichten, weil der Einsteigevorgang bereits beendet war, als sie an dem betreffenden Ausgang ankamen. Sie wurden erst am folgenden Tag nach San José befördert.
- 3
- Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin das Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die zulässige Revision hat Erfolg und führt zur antragsgemäßen Verurteilung der Beklagten.
- 5
- I. Das Berufungsgericht hat den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Ausgleichszahlungen nach Art. 4 Abs. 3, Art. 7 FluggastrechteVO wegen der Verspätung des Zubringerflugs und des dadurch bedingten Nichterreichens des Anschlussflugs verneint. Einem Fluggast, der einen Flug wegen eines verspäteten Zubringerflugs nicht erreiche, stehe kein Anspruch auf eine Ausgleichsleistung wegen Nichtbeförderung zu; Zubringerflug und Anschlussflug seien nach gefestigter Rechtsprechung grundsätzlich isoliert zu betrachten. Ein Anspruch wegen einer Beförderungsverweigerung komme auch nicht deshalb in Betracht, weil die Beklagte die Reisenden in Madrid trotz der verspäteten Ankunft noch hätte an Bord nehmen müssen. Selbst wenn sich das Flugzeug nach San José, wie die Klägerin behaupte, noch in der Parkposition am Flugsteig befunden habe, als die Reisenden den Ausgang erreichten, habe eine Beförderungsverweigerung nicht vorgelegen, da sich die Reisenden erst nach Abschluss des Einsteigevorgangs am Ausgang eingefunden hätten. Dies sei nicht mehr rechtzeitig gewesen.
- 6
- II. Diese Beurteilung hält zwar für sich genommen der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand, der Klägerin stehen jedoch die geltend gemachten Ansprüche wegen der durch die Verspätung des Zubringerfluges verursachten erheblichen Verspätung bei der Ankunft am Endziel der Flugreise zu.
- 7
- 1. Die Fluggastrechteverordnung ist anwendbar, da die Reisenden auf einem Flughafen in Deutschland einen Flug, nämlich den ersten gebuchten Flug von Berlin nach Madrid, angetreten haben (Art. 3 Abs. 1 Buchst. a FluggastrechteVO ).
- 8
- 2. Der verspätete Abflug dieses Flugs hat dazu geführt, dass die Reisenden ihr Endziel San José erst einen Tag nach der geplanten Ankunft erreicht haben. Dies begründet auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen den mit der Klage geltend gemachten Ausgleichsanspruch nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c Satz 2 FluggastrechteVO; die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 2 Buchst. c FluggastrechteVO für eine Kürzung des Ausgleichsanspruchs liegen nicht vor.
- 9
- a) Wie der Unionsgerichtshof in der Rechtssache C-402/07 (Urteil vom 19. November 2009, NJW 2010, 43 = RRa 2009, 282 - Sturgeon/Condor) auf die Vorlage des Bundesgerichtshofs entschieden und die Große Kammer mit Urteil vom 23. Oktober 2012 (C-581/10 - Nelson/Lufthansa) bestätigt hat, können nicht nur die Fluggäste annullierter Flüge, sondern auch die Fluggäste verspäteter Flüge den in Art. 7 der Verordnung vorgesehenen Anspruch auf Ausgleich geltend machen, wenn sie infolge der Verspätung einen Zeitverlust von drei Stunden oder mehr erleiden, weil sie ihr Endziel nicht früher als drei Stunden nach der von dem Luftverkehrsunternehmen ursprünglich geplanten Ankunftszeit erreichen. Auf eine weitere Vorlage des Senats hat der Unionsgerichtshof mit Urteil vom 26. Februar 2013 (C-11/11 - Air France/Folkerts) ferner entschieden, dass dieser Anspruch nicht voraussetzt, dass die verspätete Erreichung des Endziels darauf beruht, dass sich der Abflug des verspäteten Flugs um die in Art. 6 Abs. 1 Buchst. a bis c FluggastrechteVO genannten Zeiten verzögert hat. Es genügt daher, dass der verspätete Abflug in Berlin dafür ursächlich war, dass die Reisenden den Anschlussflug von Madrid nach San José nicht mehr erreichen konnten und infolgedessen ihr Endziel erst mit eintägiger Verspätung erreicht haben.
- 10
- b) Entgegen der Auffassung der Revision beruht dieses Ergebnis nicht darauf, dass die Flugreise von Berlin nach San José als ein einziger Flug anzusehen wäre. Flug im Sinne der Verordnung ist vielmehr, wie der Bundesgerichtshof im Einzelnen begründet hat, der Luftbeförderungsvorgang, mit dem ein Luftverkehrsunternehmen die Gesamtheit der Fluggäste dieses Luftbeförderungsvorgangs auf einer von ihm angebotenen und zur Buchung zur Verfügung gestellten Flugroute von dem Startflughafen zum Landeflughafen befördert (BGH, Urteil vom 13. November 2012 - X ZR 12/12, NJW 2013, 682 = RRa 2013, 19; Urteil vom 28. Mai 2009 - Xa ZR 113/08, NJW 2009, 2743). Der Flug von Berlin nach Madrid ist mithin im Ausgangspunkt von dem (Anschluss-)Flug von Madrid nach San José zu unterscheiden. Hiervon geht auch das Urteil des Unionsgerichtshofs vom 26. Februar 2013 aus (s. nur Rn. 16, 18).
- 11
- Die Selbständigkeit der Flüge ändert indessen nichts daran, dass nach Art. 7 Abs. 1 Satz 2 FluggastrechteVO für die Beurteilung der Frage, ob die Verspätung den für eine Ausgleichszahlung vorausgesetzten Umfang erreicht hat und in welcher Höhe hierfür ein Ausgleich zu erbringen ist, nicht das Ziel des einzelnen Flugs, sondern der letzte Zielort oder (gleichbedeutend) das Endziel (Art. 2 Buchst. h FluggastrechteVO) maßgeblich ist, an dem der Fluggast infolge der Verspätung später als zur planmäßigen Ankunftszeit ankommt. Hiermit trägt die Verordnung dem Umstand Rechnung, dass die Annullierung oder Verspätung eines Flugs die einzelnen Fluggäste unterschiedlich stark beeinträchtigen kann, je nachdem, wie sie sich auf die Erreichung des individuel- len Endziels ihrer Flugreise auswirkt (BGH, Urteil vom 13. November 2012, aaO Rn. 15)
- 12
- c) Den von der Klägerin geltend gemachten Ausgleichsansprüchen steht es auch nicht entgegen, dass der Anschlussflug von Madrid nach San José, dem Endziel der Flugreise, selbst nicht verspätet war.
- 13
- Zwar hat der Unionsgerichtshof in seinem Urteil vom 26. Februar 2013 gemeint, dass die Fluggastrechteverordnung "zwei unterschiedliche Fälle der Verspätung eines Flugs" betreffe (aaO Rn. 28) und aus der Definition des Endziels gefolgert, dass es im Fall eines Fluges mit Anschlussflügen für die Zwecke der in Art. 7 FluggastrechteVO vorgesehenen Ausgleichszahlung allein auf die Verspätung ankomme, die gegenüber der planmäßigen Ankunftszeit am Endziel , d. h. dem Zielort des letzten Fluges des betreffenden Fluggasts, festgestellt werde (aaO Rn. 35). Er hat demgemäß in seiner Antwort auf die Vorlagefrage ausgeführt, dass die Zahlung nicht vom Vorliegen einer Verspätung beim Abflug und somit nicht von der Einhaltung der in Art. 6 FluggastrechteVO aufgeführten Voraussetzungen abhänge. Dies bedeutet jedoch nur, dass eine Abflugverspätung und insbesondere eine Abflugverspätung, die das in Art. 6 bezeichnete Ausmaß überschreitet, nicht notwendige Voraussetzung des Ausgleichsanspruchs ist, und darf nicht dahin missverstanden werden, dass die Abflugverspätung den Ausgleichsanspruch nicht begründen könnte, wenn der Anschlussflug zum Endziel für sich genommen nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung fällt oder selbst nicht mit Verspätung ausgeführt worden ist. Vielmehr hat der Gerichtshof seine Rechtsprechung zum Ausgleichsanspruch bei Verspätung gerade für den Fall des infolge einer solchen Verspätung verpassten Anschlussflugs weiterentwickelt. Das Urteil vom 26. Februar 2013 ändert mithin nichts daran, dass Fluggäste, die auf einem Flughafen auf dem Gebiet eines Mitgliedstaats der Union einen Flug antreten, eine Ausgleichszahlung beanspruchen können, wenn der verspätete Abflug dieses Flugs zur Folge hat, dass das Endziel mit einer Verspätung von mindestens drei Stunden erreicht wird.
- 14
- 3. Der Einwand der Revisionsbeklagten, die Auslegung der Fluggastrechteverordnung durch die Rechtsprechung des Unionsgerichtshofs sei von den der Europäischen Union zugewiesenen Kompetenzen nicht mehr gedeckt und deshalb von Verfassungs wegen nicht zu befolgen, führt zu keiner anderen Beurteilung.
- 15
- a) Zunächst stellt sich im Streitfall nicht die Frage nach den Grenzen der Zuständigkeit der Europäischen Union, die hinsichtlich der Fluggastrechteverordnung und der in ihr geregelten Rechte und Pflichten der Luftverkehrsunternehmen und der Fluggäste außer Zweifel steht. Es ist auch nicht zweifelhaft, dass das Unionsrecht einen Ausgleichsanspruch für den Fall einer großen Verspätung vorsehen kann, so dass nicht in Betracht kommt, dass der Unionsgerichtshof durch die entsprechende Auslegung der Fluggastrechteverordnung in der Union nicht übertragene Kompetenzen der Mitgliedstaaten eingegriffen haben könnte.
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- b) Der Senat könnte daher die Fluggastrechteverordnung nicht anders auslegen, ohne dem Unionsgerichtshof die Frage der Vereinbarkeit seiner Rechtsprechung mit dem Primärrecht der Europäischen Union vorzulegen. Hierzu besteht jedoch keine Veranlassung.
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- In ihrem Urteil vom 23. Oktober 2012 (C-581/10 - Nelson/Lufthansa) hat die Große Kammer des Gerichtshofs die Gleichstellung der durch große Verspätungen betroffenen Passagiere mit den Passagieren annullierter Flüge nochmals ausführlich begründet. Sie hat insbesondere darauf hingewiesen, dass Art. 5 Abs. 1 Buchst. c Nr. iii der Verordnung dem Luftverkehrsunternehmen einen gewissen Spielraum einräume, dem Fluggast eines spät annullierten Fluges eine anderweitige Beförderung anbieten zu können, ohne ihm einen Ausgleich zahlen zu müssen. Auch wenn das Luftverkehrsunternehmen die ihm eingeräumten Möglichkeiten in vollem Umfang nutze, dürfe jedoch die Gesamtdauer der angebotenen anderweitigen Beförderung die planmäßige Dauer des annullierten Fluges nicht um drei Stunden oder mehr übersteigen; bei Überschreitung dieser Grenze seien dem Fluggast zwingend Ausgleichszahlungen zu leisten. Dagegen räume keine Bestimmung der Fluggastrechteverordnung ausdrücklich den Fluggästen verspäteter Flüge einen solchen Anspruch auf eine Ausgleichsleistung ein, auch wenn sie ihr Endziel erst drei Stunden nach der geplanten Ankunftszeit und noch später erreichten. Der (primärrechtliche) Grundsatz der Gleichbehandlung verlange indessen, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleichbehandelt werden, sofern eine solche Behandlung nicht - wie hier nicht - objektiv gerechtfertigt sei (aaO Rn. 31-33).
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- Aus der - allerdings nicht maßgeblichen - Sicht des deutschen Rechts handelt es sich hierbei um eine durch das Primärrecht zusätzlich gestützte Analogie. Der Bundesgerichtshof hat es in seinem Vorlagebeschluss im Fall "Sturgeon" für möglich gehalten, dass eine erhebliche Verzögerung des Abflugs als Annullierung des Flugs anzusehen sein könne und den Ausgleichsanspruch wegen Annullierung auslöse, da eine nicht erkennbar vom Verordnungsgeber gewollte Schutzlücke aufträte, wenn auch eine erhebliche, im Vorlagefall mehr als 24 Stunden betragende Verspätung keinen Ausgleichsanspruch auslöse und es die Luftverkehrsunternehmen jedenfalls in gewissem Umfang in der Hand hätten, die Rechtsfolgen einer Annullierung durch - in der Dauer nicht begrenzte - Verschiebungen der Abflugzeit zu umgehen (BGH, Beschluss vom 17. Juli 2007 - X ZR 95/06, NJW 2007, 3437 Rn. 18 ff.). Diesem Ansatz ist der Unionsgerichtshof nicht gefolgt, weil die Verordnung eine zeitliche Grenze für Verspätungen nicht bestimmt hat, hat aber gleichwohl die Rechtsfolgen einer Annullierung in angepasster Form für anwendbar erklärt. Diese methodische Differenz ist nicht geeignet, den Vorwurf einer Missachtung der Bindung des Richters an das Gesetz zu begründen. Vielmehr hat sich der Unionsgerichtshof der richterlichen Aufgabe gestellt, diejenige Lücke zu füllen, die der Verordnungstext dadurch gelassen hat, dass er einerseits auch für erheblich verspätete Flüge keinen Ausgleichsanspruch vorsieht und andererseits kein objektives, dem Einfluss des betroffenen Luftverkehrsunternehmens entzogenes Kriterium dafür formuliert, wann eine Verspätung unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Verordnung wie oder als eine Annullierung angesehen werden muss. Dementsprechend sieht nunmehr auch der Vorschlag der Kommission vom 13. März 2013 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rats zur Änderung der Fluggastrechteverordnung (COM (2013) 130 final) vor, für große Verspätungen in Art. 6 Abs. 2 und für verpasste Anschlussflüge in einem neuen Art. 6a zeitliche Grenzen für die verzögerte Ankunft am Endziel zu bestimmen, jenseits deren ein Ausgleichsanspruch nach Art. 7 FluggastrechteVO bestehen soll.
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- Vor diesem Hintergrund ist es nur folgerichtig, wenn der Unionsgerichtshof in seinem Urteil vom 26. Februar 2013 (C-11/11 - Air France/Folkerts) bei verspäteten Flügen für den Ausgleichsanspruch nur die verspätete Ankunft in den Blick nimmt. Mit der Schaffung eines von der Verordnung nicht vorgesehenen Tatbestands der Ankunftsverspätung hat dies nichts zu tun. Vielmehr entspricht es dem Regelungskonzept der Fluggastrechteverordnung, dass es bei einem erheblich verspäteten Flug für die am Abflugort zu erbringenden Unterstützungsleistungen nach den Art. 8 und 9 auf die Abflugzeit, beim Ausgleichs- anspruch aber - nicht anders als bei der Annullierung - auf die für das Maß der Beeinträchtigung maßgebliche Ankunftszeit ankommt.
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- III. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 286 Abs. 1, 288 BGB, § 91 Abs. 1 ZPO.
Hoffmann Deichfuß
Vorinstanzen:
AG Wedding, Entscheidung vom 31.03.2011 - 8a C 10/10 -
LG Berlin, Entscheidung vom 20.09.2011 - 85 S 113/11 -
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 27.05.2013 – 131 C 260/12 – abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
- Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß den §§ 313 a Abs. 1 Satz 1, 540 Abs. 2 ZPO abgesehen. –
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Entscheidungsgründe:
2Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten ist in der Sache begründet. Die Beklagte kann sich im vorliegenden Fall auf außergewöhnliche Umstände im Sinne des Artikels 5 Abs. 3 der Fluggastverordnung berufen, so dass den Klägern ein Ausgleichsanspruch nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c, Art. 5 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 261/2004 nicht zusteht. Nach dieser Vorschrift ist ein ausführendes Luftfahrtunternehmen nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen gemäß Art. 7 zu leisten, wenn die Annullierung oder erhebliche Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.
3Zu Unrecht hat das Amtsgericht angenommen, dass vorliegend außergewöhnliche Umstände nicht gegeben sein können. Denn die Beklagte hat bereits erstinstanzlich vorgetragen, dass es bei dem Vorflug des hier streitgegenständlichen Fluges zu einer Beschädigung am Rad des Hauptfahrwerks gekommen sei, weil sich entweder beim Start oder bei der Landung ein Fremdkörper auf der Start- oder Landebahn befunden habe. Aufgrund dieser Beschädigung habe ein Austausch des Reifens erfolgen müssen.
4Ein Fremdkörper auf der Start- oder Landebahn, welcher Beschädigungen am Flugzeug verursacht, stellt nach Auffassung der Kammer auch einen außergewöhnlichen Umstand dar. Der Verordnungsgeber hat in den Erwägungen Nr. 14 zu Art. 5 Abs. 3 nur eine beispielhafte Aufzählung der außergewöhnlichen Umstände vorgenommen. Die aufgeführten Beispiele zeigen aber, dass es sich hierbei grundsätzlich um Einflussfaktoren handelt, deren Entstehung außerhalb des organisatorischen und technischen Verantwortungsbereiches des Flugunternehmens liegt, die also von diesem nicht beeinflusst und demzufolge auch nicht abgewendet werden können und außerhalb der sogenannten Betriebsgefahr des Fluggerätes liegen (LG Darmstadt, Urteil vom 01.08.2007, Az. 21 S 263/06, zit. nach juris).
5Die Beklagte hat in sich schlüssig und nachvollziehbar vorgetragen, dass die Sicherheit und die Kontrolle der Rollbahnen dem jeweiligen Flughafenbetreiber obliege und von diesem regelmäßig auf Fremdkörper untersucht würden. Die Fluggesellschaften selbst hätten keinen Einfluss auf die Durchführung und die Anzahl der Kontrollen und dürften auch selbst solche nicht vornehmen. Fremdkörper auf den Rollbahnen seien somit eine von ihnen nicht beherrschbare Gefahr und stellten ein von außen wirkendes Ereignis dar.
6Auch die Kammer ist der Auffassung, dass Fremdkörper auf Rollbahnen, die Schäden am Flugzeug verursachen, als außergewöhnlicher Umstand i.S.d. Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung einzustufen sind. Denn die Beklagte oder auch andere Luftfahrtunternehmen haben keinen Einfluss darauf, wie oft die Rollbahnen von den Flughafenbetreibern kontrolliert werden. Daher ist eine Beherrschbarkeit für die Beklagte hinsichtlich solcher Gefahren nicht gegeben. Die Beschädigungen, die durch Fremdkörper auf dem Rollfeld verursacht werden, sind auch nicht mit technischen Defekten am Flugzeug vergleichbar, da diese der unmittelbaren Sphäre der Beklagten zuzuordnen sind, selbst wenn sie ggf. auch durch regelmäßige Kontrollen nicht immer vermeidbar sind. Ferner kommt es für die Bewertung, ob ein außergewöhnlicher Umstand gegeben ist, auch nicht, wie die Kläger vortragen, auf die Häufigkeit des Eintritts eines solchen Umstandes an (EuGH, Urteil vom 22.12.2008, Az. C-549/07). Auch häufiger eintretende Ereignisse können außergewöhnliche Umstände im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der Verordnung darstellen.
7Vorliegend hat die Beklagte auch alles Zumutbare unternommen, um eine große Flugverspätung abzuwenden. Denn das Luftfahrtunternehmen hat darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass sich die Annullierung oder erhebliche Verspätung jedenfalls nicht durch der Situation angepasste Maßnahmen hätte vermeiden lassen, d.h. solche, die zu dem Zeitpunkt, zu dem die außergewöhnlichen Umstände auftreten, für das betroffene Luftfahrtunternehmen insbesondere in persönlicher, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht tragbar sind (BGH, Urteil vom 24.9.2013, Aktenzeichen X ZR 160/12). Danach hat das Luftfahrtunternehmen darzutun, dass es auf Störungen seines Flugplans, die als Folge eines außergewöhnlichen Ereignisses oder aus anderen Gründen, insbesondere wegen auftretender technischer Defekte, eintreten können, angemessen vorbereitet ist und die im Personenluftverkehr üblichen Vorkehrungen getroffen hat, um auf solche Störungen reagieren und die Annullierung oder erhebliche Verspätung eines hiervon betroffenen Flugs wenn möglich vermeiden zu können (BGH, Urteil vom 24.9.2013, Aktenzeichen X ZR 160/12).
8Die Beklagte hat, als sich die Notwendigkeit einer Reparatur der Maschine abzeichnete, da sich der Defekt nicht ganz kurzfristig beseitigen ließ, ein Ersatzflugzeug herangeführt, mit dem der Flug dann 8 ½ Stunden später starten konnte. Dass eine frühere Instandsetzung des beschädigten Reifens nicht möglich war, hat die Beklagte auch nachvollziehbar dargelegt. Denn es ist nicht möglich, dass jede Fluggesellschaft an jedem Flughafen einen Reparaturbetrieb mit sämtlichen oder einer Auswahl von Ersatzteilen bereithält. Denn abgesehen davon, dass dies bereits aus Platzgründen nicht möglich sein dürfte, ist auch offenkundig, dass hierdurch solch immense Kosten entstehen würden, dass sich solche Reparaturbetriebe als höchst unwirtschaftlich darstellten. Überzogene Anforderungen, insbesondere auch solche, die wirtschaftlich den einzelnen Fluggesellschaften unzumutbar sind, können bei der Frage, ob eine Fluggesellschaft die üblichen Vorkehrungen getroffen hat, nicht gestellt werden.
9Die Beklagte kann sich somit wegen eines außergewöhnlichen Umstandes, einem Fremdkörper auf dem Rollfeld, welcher einen Reifenschaden am Flugzeug hervorrief, entlasten. Die Beklagte hat auch nach dem Eintreten des Flugzeugdefekts alles Zumutbare unternommen, um schnellstmöglich ein Ersatzflugzeug heranzuführen, mit dem der Flug sodann ausgeführt wurde. Nach alledem hatte die Klage damit der Abweisung zu unterliegen, so dass das amtsgerichtliche Urteil abzuändern war.
10Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
11Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Revisionsgerichts auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist, § 543 Abs. 2 ZPO.
12Berufungsstreitwert: 400,00 €.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.
(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.
(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder - 2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.
(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.