Amtsgericht Köln Urteil, 26. Juni 2014 - 120 C 76/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2entbehrlich gemäß §§ 313a, 495a ZPO
3Entscheidungsgründe
4Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg, denn der Kläger hat unter keinen rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung in Höhe von 250,00 EUR.
5Zwar treffen die Ausführungen des Klägers zu, dass gemäß Art. 4 Abs. 3 i.V.m. Art. 5 Abs. 1c) und Art. 7 Abs. 1a) der Fluggastverordnung Fluggästen im Falle der Annullierung eines Fluges eine Ausgleichszahlung von 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger zusteht. Dies gilt nach der eindeutigen Rechtsprechung des EuGH und des BGH nicht nur im Falle der Annullierung, sondern auch dann, wenn der Fluggast wegen des verspäteten Fluges sein Endziel nicht früher als 3 Stunden nach der ursprünglich geplanten Ankunftszeit erreicht (EuGH NJW 2010, 53 ff.; BGH NJW 2010, 2281), wobei diese Rechtsprechung des EuGH im Übrigen am 23.10.2012 in den verbundenen Rechtssachen C-581/10 und C-629/10 von diesem erneut bestätigt.
6Indes ist die Beklagte ungeachtet des Bestreitens der Aktivlegitimation des Klägers vorliegend nicht verpflichtet, eine Ausgleichszahlung an den Kläger zu leisten, da ihr die Regelung des Art. 5 Abs. 3 der Fluggastverordnung zugutekommt. Hiernach entfällt die Pflicht zur Leistung einer Ausgleichszahlung, wenn die Annullierung/Verspätung des streitgegenständlichen Fluges auf „außergewöhnliche Umstände“ zurückgeht.
7Die Beklagte hat hierzu dezidiert vorgetragen und dies auch durch Anlagen in hinreichender Weise belegt, dass die Annullierung des streitgegenständlichen Fluges daraus resultierte, dass das Flugzeug eine Beschädigung des Rades #2 des Hauptfahrwerks aufwies. Das Gericht verkennt hierbei nicht, dass die Behauptung der Beklagten, dieser Defekt sei durch einen metallischen Fremdkörper auf dem Runway hervorgerufen worden, nicht in unmittelbarer Weise belegt werden kann. Vergegenwärtigt man sich gleichwohl, dass die Crew vor jedem Flug Sichtkontrollen der Reifen durchführt und dass der Defekt in dem Event Printout als sichtbarer Schnitt („cut“, Bl. 86 d. A.) mit einer Tiefe von 10 mm beschrieben wird, scheiden bei verständiger Würdigung Verschleißerscheinungen oder Abnutzungserscheinungen an dem Reifen als Ursache für den „cut“ aus. Insoweit ist das Gericht vielmehr davon überzeugt, dass dies auf eine von außen aufgetretene Ursache – wie etwa einen metallischen Fremdkörper – zurückzuführen ist. Soweit der Kläger vorstehendes mit Nichtwissen bestreitet, sieht das Gericht dies indes angesichts des detaillierten Vortrages als bewiesen an, zumal auch klägerseits nicht vorgetragen wird, das das von der Beklagtenseite eingereichte „Event Printout“ manipuliert sei.
8Weiter schließt sich das Gericht den Erwägungen der vorstehend benannten Entscheidungen an, in einem solchen Fall von außergewöhnlichen Umständen auszugehen. Nach Maßgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung (siehe nur Urt. v. 24.09.2013, Az. X ZR 129/12) ist für die Annahme außergewöhnlicher Umstände Folgendes maßgeblich: „Es sollen Ereignisse erfasst werden, die nicht zum Luftverkehr gehören, sondern als jedenfalls in der Regel von außen kommende besondere Umstände seine ordnungs- und plangemäße Durchführung beeinträchtigen oder unmöglich machen können. Umstände, die im Zusammenhang mit einem den Luftverkehr störenden Vorfall wie einem technischen Defekt auftreten, können nur dann als außergewöhnlich im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der Verordnung qualifiziert werden, wenn sie auf ein Vorkommnis zurückgehen, das wie die in Erwägungsgrund 14 der Verordnung aufgezählten nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens und aufgrund seiner Natur oder Ursache von diesem tatsächlich nicht zu beherrschen ist (EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2008 C549/07, NJW 2009, 347 = RRa 2009, 35 Rn. 23 Wallentin-Hermann/; Urteil vom 19. November 2009 C-402/07, NJW 2010, 43 = RRa 2009, 282 Sturgeon u.a./Condor; Urteil vom 31. Januar 2013 C-12/11, NJW 2013, 921 = RRa 2013, 81 - McDonagh/Ryanair).“
9Jedenfalls stellt ein (metallischer) Gegenstand, der im Zuge des Startens oder Landes einen Flugzeugreifen beschädigt, ein von außen wirkendes Ereignis auf den Flugverkehr dar. In diesem Kontext vermag der Vortrag der Klägerseite, dass den Ausführungen der Beklagtenseite Vortrag zu der exakten Art des Fremdkörpers fehlen, nicht durchzugreifen. Denn es liegt in der Natur der Sache, dass das jeweilige Luftfahrtunternehmen keine exakten Kenntnisse darüber hat, an welcher genauen Stelle und durch welchen von außen wirkenden Gegenstand das Ereignis hervorgerufen wird. Hieraus ergibt sich spiegelbildlich die für Art. 5 Abs. 3 der Fluggastverordnung maßgebliche Unvorhersehbarkeit und fehlende Beherrschbarkeit durch das einzelne Luftfahrtunternehmen. Für letzteres ist hierbei weiter entscheidend, dass insoweit nach unbestrittenem Vortrag die Beklagte ausführt, es würden regelmäßige Kontrollen der Runways durchgeführt werden und zudem, dass die Freiheit von allen möglichen Gegenständen auf Start- und Landebahnen die Beklagte weder letztendlich beeinflussen und verhindern kann, insbesondere zumal die Beklagte weiter unbestritten ausgeführt hat, dass bis heute kein fertig entwickeltes System zur umfassenden Überprüfung der Runways auf Fremdkörper existiert. Dieses ist zwar in der Erprobungsphase, habe indes noch keine Serienreife erlangt. Im Ergebnis liegen damit Umstände vor, die entweder objektiv überhaupt nicht oder aber jedenfalls nicht durch das Luftfahrtunternehmen zu beherrschen sind.
10Im Übrigen hat die Beklagte auch alles Zumutbare unternommen, um – gemäß der höchstrichterlichen Rechtsprechung – die eingetretene Verspätung zu vermeiden. Hierzu genügt es jedenfalls, dass die Beklagten den Fluggästen eine Ersatzbeförderung per Zug von Friedrichshafen nach Frankfurt nebst Zuggutscheinen für die Fahrt von Frankfurt nach Köln anbot. Nicht zumutbar ist hingegen, an sämtlichen Flughäfen Ersatzmaschinen oder größere Ersatzteillager vorzuhalten.
11Die geltend gemachte Zinsforderung teilt insoweit das Schicksal der Hauptforderung.
12Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
13Streitwert: 250,00 EUR
14Rechtsbehelfsbelehrung:
15Statthaftigkeit der Berufung: Gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile findet die Berufung statt, § 511 Abs. 1 ZPO.
16Zulässigkeit der Berufung: Die Berufung ist indes nur unter den Voraussetzungen des § 511 Abs. 2 Nrn. 1 & 2 ZPO zulässig. Gegen ein Endurteil ist das Rechtsmittel der Berufung nur für diejenige Partei zulässig, die durch dieses Urteil in ihren Rechten benachteiligt ist,
171. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt, § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO
18oder
192. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist, § 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
20Vorliegend ist die Berufung daher nicht zulässig. Denn keine der Parteien ist durch dieses Urteils hinsichtlich eines Werts über 600,00 € beschwert. Denn der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt bereits nicht 600,00 EUR, § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
21Das Gericht hat die Berufung auch nicht zugelassen, § 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
22Form und Frist der Berufung: Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen. Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
23Entscheidung über die Zulassung der Berufung:
24Da mit dieser Entscheidung folglich für keine Partei die zur Eröffnung der Berufung führende Beschwer von über 600,00 € erreicht ist, hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen die Zulassung der Berufung zu prüfen, § 511 Abs. 4 ZPO. Die Berufung ist danach nicht zuzulassen gewesen, weil die Rechtssache ihre Entscheidung allein aus den Umständen des vorliegenden Falles gefunden hat und somit weder grundsätzliche Bedeutung besitzt oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert, § 511 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 ZPO.
25Köln, 18.06.2014AmtsgerichtRichter |
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(1) Des Tatbestandes bedarf es nicht, wenn ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist. In diesem Fall bedarf es auch keiner Entscheidungsgründe, wenn die Parteien auf sie verzichten oder wenn ihr wesentlicher Inhalt in das Protokoll aufgenommen worden ist.
(2) Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so bedarf es des Tatbestands und der Entscheidungsgründe nicht, wenn beide Parteien auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichten. Ist das Urteil nur für eine Partei anfechtbar, so genügt es, wenn diese verzichtet.
(3) Der Verzicht nach Absatz 1 oder 2 kann bereits vor der Verkündung des Urteils erfolgen; er muss spätestens binnen einer Woche nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht erklärt sein.
(4) Die Absätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden im Fall der Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen oder wenn zu erwarten ist, dass das Urteil im Ausland geltend gemacht werden wird.
(5) Soll ein ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe hergestelltes Urteil im Ausland geltend gemacht werden, so gelten die Vorschriften über die Vervollständigung von Versäumnis- und Anerkenntnisurteilen entsprechend.
Das Gericht kann sein Verfahren nach billigem Ermessen bestimmen, wenn der Streitwert 600 Euro nicht übersteigt. Auf Antrag muss mündlich verhandelt werden.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Kläger verlangen Ausgleichszahlungen nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b,
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- Art. 5 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 (ABl. EU L 46 vom 17. Februar 2004, S. 1 ff.; nachfolgend: Verordnung). Sie buchten bei der Beklagten eine Pauschalreise, die Flüge von
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- Hannover nach Fuerteventura und zurück umfasste. Der Rückflug sollte am 10. Mai 2011 um 19.05 Uhr stattfinden. Während des Startvorgangs gerieten Vögel ins Triebwerk, so dass der Start abgebrochen werden musste. Die Kläger wurden am Tag darauf von einer anderen Fluggesellschaft nach Gran Canaria geflogen, von dort aus nach Hamburg und schließlich mit dem Bus nach Hannover befördert, wo sie etwa 24 Stunden später als geplant ankamen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die
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- Berufung der Kläger zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision,
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- mit der die Kläger eine Entscheidung nach ihrem zweitinstanzlichen Antrag erstreben.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, den Klägern stehe kein
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- Anspruch auf Ausgleichszahlung zu. Zutreffend sei das Amtsgericht davon ausgegangen, dass es sich bei dem Vogelschlag um ein außergewöhnliches Naturereignis handle, auf das niemand Einfluss nehmen könne, so dass der Ausschlussgrund nach Art. 5 Abs. 3 der Verordnung vorliege. In einem solchen Fall müsse auch keine Ersatzvorsorge durch entsprechende Vorhaltung von Flugzeugen getroffen werden. Es sei den Flugunternehmen wirtschaftlich nicht zuzumuten, nahezu an jedem Standort eine entsprechende Anzahl von Flugzeugen als Ersatz vorzuhalten. II. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung
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- nicht in vollem Umfang stand. 1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen,
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- dass den Klägern nach Art. 5 Abs. 3 der Verordnung wegen Annullierung des von ihnen gebuchten Flugs von Fuerteventura nach Hannover ein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b, Art. 5 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung zusteht, wenn sich die Beklagte nicht auf außergewöhnliche Umstände im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der Verordnung berufen kann, die diesen Anspruch ausschließen. Der Flug der Kläger von Fuerteventura nach Hannover wurde annulliert.
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- Nach Art. 2 Buchst. l der Verordnung bezeichnet der Ausdruck "Annullierung" die Nichtdurchführung eines geplanten Flugs, für den zumindest ein Platz reserviert war. Eine Annullierung ist auch dann anzunehmen, wenn das Flugzeug zwar gestartet ist, aber anschließend, aus welchen Gründen auch immer, zum Ausgangsflughafen zurückkehren muss und die Fluggäste auf andere Flüge umgebucht werden (EuGH, Urteil vom 13. Oktober 2011 - C-83/10, NJW 2011, 3776 = RRa 2011, 282 - Rodríguez u.a./Air France Rn. 25 bis 35). Dies trifft hier zu. Der gestartete Rückflug von Fuerteventura nach Hannover musste abgebrochen werden und die Kläger wurden auf den Flug einer anderen Gesellschaft umgebucht.
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- 2. Das Berufungsgericht hat auch zutreffend angenommen, dass ein durch Vogelschlag verursachter Turbinenschaden, der den Abbruch eines Starts erzwingt oder den erneuten Einsatz des beim Landeanflug beschädigten Flugzeugs hindert, außergewöhnliche Umstände im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der Verordnung begründet.
a) Der Begriff der außergewöhnlichen Umstände, der weder in Art. 2
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- noch in sonstigen Vorschriften der Verordnung definiert ist, bedeutet nach seinem Wortlaut, dass die gegebenenfalls zu einem Wegfall der Ausgleichspflicht führenden Umstände außergewöhnlich sind, d.h. nicht dem gewöhnlichen Lauf der Dinge entsprechen, sondern außerhalb dessen liegen, was üblicherweise mit dem Ablauf der Personenbeförderung im Luftverkehr verbunden ist oder verbunden sein kann. Es sollen Ereignisse erfasst werden, die nicht zum Luftverkehr gehören, sondern als - jedenfalls in der Regel von außen kommende - besondere Umstände seine ordnungs- und plangemäße Durchführung beeinträchtigen oder unmöglich machen können. Umstände, die im Zusammenhang mit einem den Luftverkehr störenden Vorfall wie einem technischen Defekt auftreten, können nur dann als außergewöhnlich im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der Verordnung qualifiziert werden, wenn sie auf ein Vorkommnis zurückgehen, das wie die in Erwägungsgrund 14 der Verordnung aufgezählten nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens und aufgrund seiner Natur oder Ursache von diesem tatsächlich nicht zu beherrschen ist (EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2008 - C-549/07, NJW 2009, 347 = RRa 2009, 35 Rn. 23 - Wallentin-Hermann/ Alitalia; Urteil vom 19. November 2009 - C-402/07, NJW 2010, 43 = RRa 2009, 282 - Sturgeon u.a./Condor; Urteil vom 31. Januar 2013 - C-12/11, NJW 2013, 921 = RRa 2013, 81 - McDonagh/Ryanair). Der Bundesgerichtshof hat hieraus abgeleitet, dass technische Defekte, wie sie beim Betrieb eines Flugzeugs typischerweise auftreten, grundsätzlich keine außergewöhnlichen Umstände begründen, und zwar auch dann nicht, wenn das Luftverkehrsunternehmen alle vorgeschriebenen oder sonst gebotenen Wartungsarbeiten frist- und ordnungs- gemäß ausgeführt hat. Solche Defekte sind Teil der normalen Tätigkeit des betroffenen Luftverkehrsunternehmens (BGH, Urteil vom 12. November 2009 - X ZR 76/07, NJW 2010, 1070 = RRa 2010, 34 Rn. 23; Urteil vom 21. August 2012 - X ZR 138/11, BGHZ 194, 258 Rn. 16). Die Prüfung, ob ein technisches Problem auf ein Vorkommnis
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- zurückzuführen ist, das nicht Teil der normalen Ausführung der Tätigkeit des betroffenen Luftverkehrsunternehmens und von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen ist, obliegt dem nationalen Richter (EuGH - Wallentin-Hermann/ Alitalia Rn. 27); sie ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters (BGHZ 194, 258 Rn. 17).
b) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass ein
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- Vogelschlag, der wie im Streitfall zum Abbruch des Starts führt, in diesem Sinne außergewöhnliche Umstände begründet. aa) Vogelschlag ist ein Ereignis, das von außen auf den Flugverkehr
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- einwirkt und dessen Ablauf beeinflusst. Er tritt wie ein Naturereignis beliebig auf, wie z.B. die in Erwägungsgrund 14 der Verordnung angeführten, mit der Durchführung des betreffenden Flugs nicht zu vereinbarenden Wetterbedingungen , und ist von dem Luftfahrtunternehmen nicht vorhersehbar und innerhalb der betrieblichen Sphäre des Unternehmens von diesem auch nicht beherrschbar, weil das Luftfahrtunternehmen weder den Vogelflug beeinflussen noch verhindern kann, dass beim Start oder Landeanflug in die Nähe des Flugzeugs geratende Vögel durch den Turbinensog angesaugt werden und Schäden an der Turbine verursachen können. bb) Die Rüge der Revision, das Problem eines möglichen Vogelschlags
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- sei für das Luftfahrtunternehmen beherrschbar, weil Maßnahmen zur Verhinderung erhöhten Vogelaufkommens im Bereich des Flughafens und somit zur Vermeidung eines Vogelschlags getroffen werden könnten, greift nicht durch. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass Vogelvergrä- mungsmaßnahmen auf dem Flughafen und in seiner Umgebung nicht im Einfluss- und Verantwortungsbereich des Luftfahrtunternehmens liegen.
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- Zu der normalen Durchführung des Flugbetriebs, die von den außergewöhnliche Umstände begründenden Ereignissen abzugrenzen ist, die es kennzeichnet, dass sie entweder objektiv überhaupt nicht oder aber jedenfalls nicht durch das Luftfahrtunternehmen zu beherrschen sind, gehört nicht die Durchführung von Vogelvergrämungsmaßnahmen auf dem Gebiet eines jeden angeflogenen Flughafens. Solche Maßnahmen betreffen nicht den einzelnen Flug eines Luftfahrtunternehmens und auch nicht den sicheren Zuoder Abgang des Passagiers zum und von dem gebuchten Flug, sondern die Sicherheit der Flughäfen und Flugwege und damit die Sicherheit des allgemeinen Luftverkehrs. Sie fallen deshalb grundsätzlich nicht in den Verantwortungsbereich des einzelnen Luftfahrtunternehmens, sondern obliegen gegebenenfalls dem Flughafenbetreiber, der - nicht anders als bei anderen Einrichtungen des Flughafens - die Notwendigkeit entsprechender Maßnahmen zu beurteilen und gegebenenfalls die geeigneten und wirksamen Mittel auszuwählen hat. cc) Unerheblich ist auch, dass das Berufungsgericht zur Häufigkeit von
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- Triebwerksschäden durch Vogelschlag keine Feststellungen getroffen hat. Die Verordnung trifft weder in Art. 5 Abs. 3 noch in den korrespondierenden Erwägungsgründen 14 und 15 eine Aussage darüber, ob die Einordnung eines Ereignisses als außergewöhnlich von der Häufigkeit seines Auftretens in der täglichen Praxis des Flugverkehrs abhängt. Gegen die Annahme einer solchen Abhängigkeit spricht Erwägungsgrund 14, der widrige Witterungsbedingungen, die der Durchführung eines Flugs entgegenstehen, als außergewöhnliche Umstände qualifiziert. Solche Witterungsbedingungen können bei entsprechender Wetterlage auch öfter innerhalb kurzer Zeiträume auftreten; sie verlieren dadurch nicht ihren Charakter als außergewöhnliches Ereignis. Der Umstand, dass Beschädigungen an Flugzeugen durch Vogelschlag gelegentlich vorkom- men, ändert deshalb nichts an dessen Einordnung als außergewöhnliches Ereignis.
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- 3. Durch seine Feststellungen nicht in vollem Umfang getragen wird jedoch die Annahme des Berufungsgerichts, die Annullierung des von den Klägern gebuchten Flugs sei durch den Vogelschlag verursacht worden.
a) Im Streitfall hat der Vogelschlag während des Startvorgangs zu einer
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- Beschädigung des Triebwerks und folglich zu einem technischen Defekt geführt, der einen Abbruch des Starts und eine Reparatur des Schadens vor dem erneuten Start erforderlich machte. Die Annullierung oder Verspätung des Flugs ging mithin auf einen außergewöhnlichen Umstand zurück.
b) Das Berufungsgericht hat jedoch nicht geprüft, ob die Beklagte alle
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- zumutbaren Maßnahmen im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der Verordnungergriffen hat, um die Annullierung des von den Klägern gebuchten Flugs wenn möglich zu vermeiden. aa) Welche Maßnahmen einem ausführenden Luftfahrtunternehmen
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- zuzumuten sind, um zu vermeiden, dass außergewöhnliche Umstände zu einer erheblichen Verspätung eines Flugs führen oder Anlass zu seiner Annullierung geben, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Das Luftfahrtunternehmen hat darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass sich die Annullierung oder erhebliche Verspätung jedenfalls nicht durch der Situation angepasste Maßnahmen hätte vermeiden lassen, d.h. solche, die zu dem Zeitpunkt, zu dem die außergewöhnlichen Umstände auftreten, für das betroffene Luftfahrtunternehmen insbesondere in persönlicher, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht tragbar sind (EuGH - Wallentin-Hermann/Alitalia Rn. 40, 42; Urteil vom 12. Mai 2011 - C-294/10, NJW 2011, 2865 = RRa 2011, 125 - Eglītis und Ratnieks/Air Baltic Rn. 29). Der Gerichtshof der Europäischen Union geht dabei von einem flexiblen und vom Einzelfall abhängigen Begriff der zumutbaren Maßnahme aus. Es ist Sache des nationalen Gerichts zu beurteilen, ob im Einzelfall angenommen werden kann, dass das Luftfahrtunternehmen die der Situation angemessenen Maßnahmen getroffen hat (EuGH - Eglītis und Ratnieks/Air Baltic Rn. 30); auch hierzu ist in erster Linie der Tatrichter berufen. Danach hat das Luftfahrtunternehmen darzutun, dass es auf Störungen
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- seines Flugplans, die als Folge eines außergewöhnlichen Ereignisses oder aus anderen Gründen, insbesondere wegen auftretender technischer Defekte, eintreten können, angemessen vorbereitet ist und die im Personenluftverkehr üblichen Vorkehrungen getroffen hat, um auf solche Störungen reagieren und die Annullierung oder erhebliche Verspätung eines hiervon betroffenen Flugs wenn möglich vermeiden zu können. bb) Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die
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- Beklagte die Annullierung durch die Nutzung der von ihr getroffenen oder im Personenluftverkehr üblicher Vorkehrungen gegen die Folgen von Störungen des Flugbetriebs hätte vermeiden können. Seine allgemeine Bemerkung, das - von den Klägern für notwendig gehaltene - Vorhalten von Ersatzflugzeugen sei für ein Luftfahrtunternehmen aus wirtschaftlichen Gründen unzumutbar, reicht nicht aus.
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- III. Das Berufungsurteil kann demnach keinen Bestand haben und die Sache ist zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das die erforderlichen Feststellungen nachzuholen und der Beklagten Gelegenheit zu entsprechendem Vorbringen zu geben haben wird.
Vorinstanzen:
AG Hannover, Entscheidung vom 07.03.2012 - 436 C 11054/11 -
LG Hannover, Entscheidung vom 26.09.2012 - 12 S 28/12 -
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.
(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder - 2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.
(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.