Amtsgericht Hagen Urteil, 30. Juni 2014 - 10 C 172/14
Tenor
1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten wegen der Kosten
durch Sicherheitsleistung in Höhe von 130 % des beizutreibenden
Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
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10 C 172/14 |
Verkündet am 30.06.2014, Justizbeschäftigte (mD)als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle |
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Amtsgericht Hagen IM NAMEN DES VOLKES Urteil |
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In dem Rechtsstreit
3hat das Amtsgericht Hagenauf die mündliche Verhandlung vom 30.06.2014durch den Richter am Amtsgericht Dr. S erkannt:
41.
5Die Klage wird abgewiesen.
62.
7Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
83.
9Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
10Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten wegen der Kosten
11durch Sicherheitsleistung in Höhe von 130 % des beizutreibenden
12Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung
13Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
14Tatbestand:
15Die Klägerin verlangt Vergütung für nach ihrer Behauptung von dem Beklagten bestellten drei Lieferungen sogenannter Leads. Danach soll man in der Finanzbranche Datensätze und die Kontaktdaten eines potentiellen Neukunden erhalten, um so erfolgreich die Anbahnung eines Kontaktes von einem Dienstleister zu einem Interessenten zu ermöglichen.
16Die Klägerin geht aus der Rechnung vom 10.10.2013 27 Leads á 10,00 € in Höhe von 270,00 € vor, aus einer Rechnung vom 11.08.2013 von 26 Leads á 10,00 € in Höhe von nochmals 260,00 € und einer Rechnung vom 01.08.2013 über 34 Leads á 10,00 €.
17Die Klägerin bringt ferner vor, dass sie die besagten Leads zum größten Teil über google adwords generiere.
18Dort liege auch eine datenschutzrechtliche Erklärung vor. Ohne das könne nicht inseriert werden.
19Die datenschutzrechtliche Erklärung findet sich auf Seite 2 des Schriftsatzes der Klägervertreter vom 28. Mai 2014 (Bl. 34 d. A.).
20Dort ist über eine Speicherungs- und Verarbeitungsbefugnis für die Vermittlungsgesellschaft die Rede. Ferner wird eine Weiterleitung dahingehend genehmigt, dass die Weiterleitung an eine Bank nach Wahl der Vermittlungsgesellschaft erfolgt.
21Wegen der weiteren Einzelheiten wird den vorgenannten Schriftsatz (Bl. 34 d. A.) Bezug genommen.
22Die Klägerin beantragt,
23den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 870,00 € nebst Zinsen
24in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
2529. Oktober 2013 sowie 10,00 € Mahngebühren zu zahlen.
26Der Beklagte beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Der Beklagte verweist darauf, dass ihm Kunden mitgeteilt hätten, dass sie sich verbäten, überhaupt angerufen zu werden.
29Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Klageerwiderungsschrift vom 10.06.2014 Bezug genommen.
30Die Klägervertreter verweist mit Schriftsatz vom 20.06.2014 sowie mit Schriftsatz vom 24.06.2014 darauf, dass die Leads nicht mehrfach verkauft worden seien, sondern nach Eingang der verschiedenen Abnehmer per Email weitergeleitet worden seien.
31Die datenschutzrechtliche Erklärung sei auskömmlich und den gesetzlichen Vorgaben entsprechend.
32Insoweit ist Schriftsatzfrist beantragt worden.
33Entscheidungsgründe:
34Die Klage ist unbegründet.
35Die Klägerin, die als Limited auf A sitzt, verlangt hier Vergütung von einen offensichtlich gesetzwidrigen und sittenwidrigen Kaufvertrag/Lieferungsvertrag oder Dienstleistungsvertrag.
36Die Weitergabe der Kundendaten ist durch die vorgelegten Datenschutzerklärungen in keiner Weise gedeckt.
37Die Eigenspeicherung und Verarbeitung durch die Vermittlungsgesellschaft in darin in § 1 bestimmt. Die Weitergabe an andere Personen oder Stellen ist nur an eine Bank erlaubt.
38Es verstößt gegen fundamentale Grundsätze des Rechts auf die informationelle Selbstbestimmung (Artikel 1, 2 I GG), das auf diese Weise Daten über google adwords an außenstehende Personen wie eine Nicht-Bank auf A weitergeleitet und von dieser verkauft werden.
39Ein derartiges Einverständnis liegt offensichtlich bei der Vielzahl der Datengeber, d. h. der Personen, die an diesen Personendaten ihr eigenes Recht haben, nicht vor.
40Gerade die Einwilligungserklärung steht bereits dagegen, dass Weitergabe auch nur an eine Bank erlaubt ist und eine Weitergabe an eine ausländische Limited auf A keineswegs auch nur im Entferntesten in Erwägung gezogen wird von denjenigen, die eine solche Erklärung abgeben.
41Eine Schriftsatzfrist zu diesem bereits durch gerichtliche Verfügung vom 12.05.2014 angesprochenen Rechtsproblem bedurfte es nicht, da hierzu hinreichend rechtliches Gehör gewährt wurde.
42Dementsprechend kommt es nicht mehr darauf an, dass es befremdlich anmutet, dass nach der Kooperationsangabe in dem Briefbogen der klägerischen Bevollmächtigten auch ein öffentlich Bediensteter der Europäischen Union, nämlich Herr N, Professor für Europarecht und wissenschaftlicher Direktor des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaft in Luxemburg, mitwirkt.
43Der Briefbogen lässt sich nämlich dahingehend verstehen, dass ggf. auch dieser Herr bei der Erarbeitung dieser Klage mitgewirkt hat, indem er als Kooperationspartner aufgeführt wird.
44Angesichts des Abweisens der Klage aus anderen Gründen kann dahinstehen, ob hier überhaupt eine wirksame Bevollmächtigung der Klägervertreter vorliegt, weil die Kooperationsgemeinschaft mit dem wissenschaftlichen Direktor beim Europäischen Gerichtshof N offenbar unter die Bevollmächtigung fällt und dementsprechend sittenwidrig oder gesetzwidrig sein könnte.
45Selbst eine Nebentätigkeitsgenehmigung an diesen wissenschaftlichen Direktor des Europäischen Gerichtshofs dürfte mit den fundamentalen Grundsätzen der Europäischen Grundidee eines einheitlichen Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts nicht mehr zu vereinbaren sein, denn hier wird offensichtlich die zur Neutralität verpflichtete Stellung des wissenschaftlichen Direktors des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft in Luxemburg verletzt. Dabei ist noch nicht einmal besonders an die in jüngster Zeit ergangenen Entscheidungen des EuGH in Sachen „Datenschutz und Google“ zu erinnern.
46Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
47Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar nach §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
48Rechtsbehelfsbelehrung:
49Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
50a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
51b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
52Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Hagen, I-Straße, 58097 Hagen, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
53Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Hagen zu begründen.
54Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Hagen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
55Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
56Dr. C
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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.