Amtsgericht Freiburg im Breisgau Urteil, 02. März 2004 - 29 OWi 55 Js 35869/03 - AK 6/04

bei uns veröffentlicht am02.03.2004

Tenor

Der Betroffene wird freigesprochen.

Die Kosten des Verfahrens und notwendigen Auslagen des Betroffenen fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

 
I.
Der am ... in ... in der ... geborene Betroffene war am 01.10.2003 Führer des Fahrzeuges Sprinter der Firma Daimler Chrysler mit dem amtlichen Kennzeichen ...
II.
1. Konkreter Tatvorwurf
Die Staatsanwaltschaft Freiburg hat mit Verfügung vom 29.12.2003 die vorliegende Akte dem Amtsgericht Freiburg zu Entscheidung über den Bußgeldbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe-Bretten vom 27.10.2003 im Bußgeldverfahren vorgelegt.
Mit diesem Bußgeldbescheid wird dem Betroffenen zur Last gelegt, am 01.10.2003 um 11.05 Uhr auf der Bundesautobahn 5 von Karlsruhe Richtung Basel fahrend auf dem km 746.0 bis 783.0 als Führer des Lkw DB mit dem amtlichen Kennzeichen ... die dort für Lkws geltende zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 54 km/h überschritten zu haben. Dabei habe die zulässige Geschwindigkeit für Lkws 80 km/h betragen, die festgestellte Geschwindigkeit des vom Betroffenen geführten Fahrzeuges habe abzüglich der Toleranz 134 km/h betragen. Nach §§ 18 Abs. 5, 49 StVO, §§ 24, 25 StVG in Verbindung mit 11.1.9 BKat sowie § 4 Abs. 1 BKatV wurde im Bußgeldbescheid eine Geldbuße von 275,00 EUR nebst einem 2-monatigen Fahrverbot verhängt. Die vorgesehene Bewertung war nach dem Punktesystem mit 4 Punkten reglementiert.
Bei dem geführten Fahrzeug handelte es sich um einen Mercedes - Benz - Sprinter mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 4,6 to.
2. Einordnung des konkreten Tatvorwurfes in die allgemeine politische Diskussion um Tempolimits für Sprinter (Kombifahrzeuge)
Ohne den Hintergrund der Problematik um die rechtliche Einordnung dieser Fahrzeuge darzustellen, ist der konkret erhobene Tatvorwurf nicht verständlich.
Immer wieder ist ein Tempolimit für diese Kraftfahrzeuge Gegenstand politischer und verkehrsrechtlicher Diskussionen wie jüngst auf dem Verkehrstag in Goslar und wird insbesondere von Teilen der Verkehrspolizei immer wieder gefordert, die viele schwere Unfälle mit den Sprinterfahrzeugen vermelden. Demgegenüber wird von Statistikern vorgetragen, dass die Häufigkeit der Unfälle mit den Sprinterfahrzeugen proportional nicht häufiger sei als bei anderen Fahrzeugtypen, so dass die hohe Unfalldichte allein auf die Tatsache zurückzuführen sei, dass sich diese Fahrzeuge sehr gut verkauften. Ein politischer Wille, ein Tempolimit einzuführen, ist jedenfalls derzeit auf der höchsten Ebene der politischen Entscheidungsträger nicht erkennbar und zeichnet sich auch für die Zukunft nicht konkret ab, was insbesondere von Seiten der Verwaltung und Polizei vielfach als misslich empfunden wird.
Während diese Diskussion weiter im Fluss war (und ist), hat das Bayerische Oberste Landesgerichts am 23.07.2003 (Az: 1 ObOWi 219/03) entschieden, dass diese Kraftfahrzeuge Sprinter mit zulässigem Gesamtgewicht von 4,6 to grundsätzlich als Lastkraftwagen im Sinne von § 18 V S. 2 Nr. 1 StVO (i.V.m. § 49 I Nr. 18 StVO, § 24 StVG) einzuordnen seien, und hat diese Fahrzeuge damit faktisch dem umstrittenen Tempolimit unterworfen. Der Leitsatz lautet, dass die rechtliche Einordnung eines Kraftfahrzeuges als Lastkraftwagen sich dadurch nicht ändert, dass es in den Zulassungspapieren als „Kombilimousine“ bezeichnet wird, sofern sein zulässiges Gesamtgewicht (wie im dortigen sowie dem hier vorliegenden zu entscheidenden Fall) 3,5 to übersteigt. Allerdings hat das Bayerische Oberste Landesgericht immerhin zugunsten der Fahrers einen Verbotsirrtum angenommen, der die Anordnung eines Fahrverbotes als nicht angezeigt erscheinen lasse und darüber hinaus eine Reduktion der Regelgeldbuße vorgenommen.
10 
Das Regierungspräsidium Karlsruhe Bretten mit zentraler Autobahnzuständigkeit hat sich entschieden, sich der Auffassung des Bayerischen Obersten Landesgerichtes anzuschließen und ahndet Geschwindigkeitsüberschreitungen von den genannten Sprinterfahrzeugen wie Lkw - Geschwindigkeitsüberschreitungen. Der vorliegend zu entscheidende Fall ist der erste, der nach dem Kenntnisstand der Verwaltungsbehörde landesweit entschieden wird. Und beim Amtsgericht Freiburg häufen sich seit Anfang des Jahres die Einsprüche gegen vergleichbare Bußgeldbescheide.
11 
Dabei ist dezidiert darauf hinzuweisen, dass die baden-württembergische Verfolgungspraxis die Rechtsauffassung des Bayerischen Obersten Landesgericht noch dahingehend übertrumpft, dass es trotz Annahme eines Verbotsirrtums Fahrverbote sowie Regelgeldbußen (hier Nr. 11.1.9 BKat, § 4 I BKatV: 275 Euro, 2 Monate Fahrverbot) verhängt.
12 
Das Regierungspräsidium hat angekündigt, trotz der vorliegenden freisprechenden Entscheidung die Ahndung der Sprinter-Geschwindigkeitsüberschreitungen wie gehabt und bis zur Vorlage einer abweichenden obergerichtlichen Entscheidung fortzuführen.
13 
Von Seiten der Polizei wird berichtet, dass von manchen Dienstgruppen jeder Sprinter mit Zwillingsbereifung, der also über 3,5 t zulässiges Gesamtgewicht hat, und der mit erhöhter (Lkw-) Geschwindigkeit beobachtet wird, kontrolliert und zur Anzeige gebracht wird, währenddessen auch eingeräumt wird, dass dies unterschiedlich gehandhabt wird.
14 
Es gibt keinen verbindlichen Erlass in Baden-Württemberg, der die Verfolgung der Sprinterfahrzeuge verbindlich anordnet. Mit Erlass vom 23.12.2003 hat das Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg indes das Urteil des Bayerischen Obersten Landesgericht den nachgeordneten Behörden - kommentiert - zur Kenntnis gegeben. Das Kraftfahrt-Bundesamt hat mit Schreiben vom 22.01.2004 gegenüber dem Regierungspräsidium Karlsruhe seine Auffassung bekräftigt, dass nach der Richtlinie 70/156/EWG derzeit ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Fahrzeugtypgenehmigung als Personenkraftwagen der Sprinter besteht. Die nationalen Zulassungsstellen stellen sodann entsprechende Betriebserlaubnisse aus.
15 
Von Seiten der Polizei wird weiter berichtet, dass die Reaktion der betroffenen Kraftfahrzeugführer überwiegend dahin ginge, dass sie gänzlich überrascht seien. Sofern bei anderen eine - vage - Kenntnis der Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgericht vorliegt, werde jedenfalls die Auffassung vertreten, dass bayerische Entscheidungen erst einmal nicht ohne weiteres in Baden-Württemberg Geltung beanspruchen könnten („In Bayern ticken die Uhren anders“), so dass man die zweite Reaktionsvariante als „auf informierter Basis überrascht“ zusammenfassen könne.
...
III.
16 
Die Feststellungen zum Sachverhalt beruhen auf den Angaben des Zeugen P., den Erklärungen der Vertreters der Verwaltungsbehörde, Herrn H., dem von ihm übergebenen Schriftstücken (Anlagen zum Hauptverhandlungsprotokoll), sowie dem übrigen Inhalt der Akte, auf den im Rahmen der mündlichen Verhandlung verwiesen und der ausführlich besprochen wurde, sowie dem aktenkundlich in Augenschein genommenen Fahrzeug auf den Lichtbildern AS 13.
17 
Die Feststellungen zum Sachverhalt sind - anders als die rechtliche Bewertung und die Zulässigkeit der angeordneten Sanktionen - unstrittig.
IV.
18 
Der Tatbestand der dem Betroffenen vorgeworfenen Geschwindigkeitsüberschreitung hätte vorausgesetzt, dass der kontrollierte Sprinter ein Lastkraftwagen und kein Personenkraftwagen ist.
19 
Was ein Personenkraftwagen und demgegenüber ein Lastkraftwagen ist, wird in der StVO nicht bestimmt. Die Rechtsprechung (vgl. nur BayObLGSt 1997, 69 ff) greift auf § 4 IV Nr. 3 PBefG zurück, demzufolge Lastkraftwagen Kraftfahrzeuge sind, „die nach ihrer Bauart und Einrichtung zur Beförderung von Gütern bestimmt sind“. Demgegenüber werden nach § 4 IV Nr. 1 Personenkraftwagen definiert als „Kraftfahrzeuge, die nach ihrer Bauart und Ausstattung zur Beförderung von... Personen ... geeignet und bestimmt sind.“ Gem. § 23 VI a StVZO sind als Personenkraftwagen auch Kraftfahrzeuge „mit einem zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 2,8 to zu bezeichnen, die nach ihrer Bauart und Einrichtung geeignet und bestimmt sind, wahlweise vorwiegend der Beförderung von Personen oder vorwiegend der Beförderung von Gütern zu dienen.“ Zusammenfassend läßt sich sagen, dass das deutsche Zulassungs-recht die Abgrenzung von Personenkraftwagen und Lastkraftwagen nach Eignung und Bestimmung, und im Fall einer möglichen bipolaren Zwecksetzung anhand von  § 23 VI a StVZO vornimmt, der als Grenze für einen Personenkraftwagen 2,8 to benennt. Demnach unterfallen die benannten Sprinter mit 4,6 to zulässigem Gesamtgewicht zweifelsohne, und da ist dem Bayerischen Obersten Landesgericht Recht zu geben, nicht der deutschen nationalen Definition eines Personenkraftwagens.
20 
Anders als das Bayerische Oberste Landesgericht kann die Prüfung jedoch nicht an diesem Punkt abgebrochen werden. Vielmehr steht sowohl der zulassungsrechtliche Status der Sprinter als Personenkraftwagen (dazu unter 1), als auch das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot (dazu unter 2) einer Bejahung der Tatbestandsmerkmales Lastkraftwagen vorliegend entgegen. Schließlich ist festzustellen, dass selbst die Bejahung des Tatbestandsmerkmales Lastkraftwagen eine Verurteilung vorliegend im subjektiven Bereich ausschließen würde, da ein unvermeidbarer Irrtum im normativen Bereich vorläge (im einzelnen unter 3). Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Verhängung von Fahrverboten in jedem Fall selbst bei Annahme eines vermeidbaren normativen Irrtums ausgeschlossen wäre (dazu unter 4).
21 
1. Legalisierungswirkung der Zulassung als Personenkraftwagen
22 
Das vom Betroffenen geführte Fahrzeug der Firma Daimler Chrysler (Typ Sprinter) und dessen Zulassung als „Pkw geschlossen“ entfaltet eine Legalisierungswirkung dahingehend, dass er auch wie ein Personenkraftwagen im Straßenverkehr teilnehmen kann. Dazu ist im Einzelnen folgendes auszuführen:
23 
a. Bis zur Entscheidung des Bayrischen Obersten Landesgerichts sind die Sprinterfahrzeuge in Baden-Württemberg grundsätzlich nicht wegen Überschreitung der für Lkws geltenden Geschwindigkeiten kontrolliert worden.
24 
b. Diese Fahrzeuge besitzen eine Zulassung, für die ausschließlich die EG-Betriebserlaubnisrichtlinie 70/156/EWG maßgeblich ist, die durch die Verordnung über die EG-Typgenehmigung für Fahrzeuge (EG-TypV) vorhaltlos in deutsches Recht umgesetzt worden ist. Der Mercedes Benz Sprinter 4,6 t fällt unter die vorgenannten Vorschriften, da er die Kriterien der im Anhang II der EG-Betriebserlaubnisrichtlinien definierten Fahrzeugklasse M1 erfüllt. Daimler Chrysler hat mit Schreiben vom 06.02.2004 eine entsprechende Bestätigung des Kraftfahrtbundesamtes datiert vom 06.10.2003 vorgelegt (AS 93 f.), in der bestätigt wird, dass die o.g. „Sprinter“ eine vom Kraftfahrtbundesamt erteilte EG-Typgenehmigung für Fahrzeuge der Klasse M 1 (Fahrzeuge zur Personenbeförderung mit höchstens 8 Sitzplätzen) besitzen und im Auslieferungszustand entsprechend zugelassen sind. Dabei befänden sich die Fahrzeuge im Auslieferungszustand allein mit einer Kenntlichmachung von Sitzverankerungspunkten, Verzurrschiene seitlich und Seitenwandverkleidung, wobei die Seitenwandverkleidung immer je ein Fenster pro Fahrzeugseite hinter der B-Säule freilässt, und wahlweise mit temporär verwendbaren einfach wieder entfernbaren Seitenfensterabdeckung ausgerüstet werden. Diese Fahrzeuge werden in Deutschland in den Fahrzeugpapieren als „Pkw geschlossen“ oder „Kombilimousine“ bezeichnet.
25 
c. Ausdrücklich führte das Kraftfahrtbundesamt aus, dass, sofern diesen Fahrzeugen amtliche Kennzeichen zugeteilt werden, alle Zulassungsbedingungen nach § 18 Abs. 1 StVZO erfüllt seien, auch wenn sich die EG-Richtlinie in Teilen von der deutschen StVZO unterscheidet. Trotz der teilweisen Unterschiede sei diese EG-Typgenehmigung der nationalen Betriebserlaubnis gleichgestellt. So kommt es nach der EG-Typgenehmigung insbesondere nicht darauf an, ob eine Trennwand vorhanden ist (im Gegensatz zu § 18 StVZO), so dass trotz der Bestimmung als Personenkraftwagen kein Kontakt zum Fahrer vorhanden sein muss. Auch genügt es für die EG-Richtlinie 70/156/EWG, dass für das Vorhandensein eines Sitzplatzes bereits die Verankerung zur Befestigung der Sitzbänke und deren Zugänglichmachung vorhanden ist. Schließlich kommt es nicht darauf an, ob die Sitzplätze tatsächlich vorhanden sind, und kommt es insbesondere auch nicht mehr darauf an, das der Grenzwert von 3,5 to nach § 18 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 StVO überschritten worden ist.
26 
Festzuhalten ist also, dass im vorliegenden Fall eine einer deutschen Betriebserlaubnis gleichwertige Zulassung nach einer EG-Typrichtlinie vorlag. Mit dieser Frage, wie sich die EG-Typgenehmigung mit dem deutschen Straßenverkehrsrecht harmonisieren läßt, hat sich das Bayerische Oberste Landesgericht soweit ersichtlich nicht auseinandergesetzt. Diese EG-Typrichtlinie hat jedoch als lex specialis eine das nationale - entgegenstehende - Recht verdrängende Wirkung, so dass es, sofern (wie vorliegend) eine Zulassung nach EG-Recht besteht, nicht darauf ankommen kann, ob das Fahrzeug MB Sprinter auch nach dem deutschen Straßenverkehrszulassungs-recht als Personenkraftwagen zugelassen werden könnte (was es unzweifelhaft nicht würde).
27 
Infolgedessen ist mit der Zulassung nach EG-Typrichtlinie mit rechtsgestaltender Wirkung die Erlaubnis verbunden, dass das Fahrzeug im Straßenverkehr wie ein Personenkraftwagen geführt werden kann. Dies gebietet der Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsordnung und würde bei dessen Nichtbeachtung, wie bereits geschehen, zu rechtlichen Wirrnissen nicht begrenzbaren Ausmaßes führen.
28 
2. Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot
29 
Eine derart komplizierte und unübersichtliche Rechtsgestaltung ließe sich darüber hinaus nicht mehr mit dem strafrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz vereinbaren, der im Ordnungswidrigkeitenrecht analog gilt und entsprechend besagt, dass sich eine Tatbestandsmäßigkeit klar und deutlich aus geschriebenem Gesetz ergeben muss.
30 
Daher kann es letztlich auch dahingestellt bleiben, ob es zutreffend ist, für die Definition eines Personenkraft- und Lastkraftwagens im Rückgriff auf § 4 Abs. 4 Personenbeförderungsgesetz abzustellen, was vom möglichen Adressatenhorizont aus betrachtet ohnehin mehr als fragwürdig erscheint.
31 
3. Hilfsweise: Irrtum im normativen Bereich
32 
Lediglich hilfsweise ist noch auszuführen, dass sich selbst für den Fall, dass man einen Vorrang nationalen Rechts vor entgegenstehendem EG-Recht annähme und eine Legalisierungswirkung ablehnte, ein beachtlicher Irrtum im normativen Bereich vorläge.
33 
Die Behandlung von Irrtümern im normativen Bereich ist in Rechtsprechung und Literatur höchst umstritten. Bei Irrtümern im normativen Bereich, bei denen die Rechtsfrage so schwierig ist, dass sie von einem Laien gemäß einer Parallelwertung in der Laiensphäre nicht nachvollzogen werden könnte, geht die h. M. davon aus, dass diese als beachtliche Erlaubnistatbestandsirrtümer analog § 16 StGB zu behandeln sind, bei denen allein das Vorhandensein eines Irrtums ungeachtet seiner Vermeidbarkeit bereits den Tatbestand entfallen läßt. Angesichts der Komplexität der Rechtsfragen spricht alles dafür, hier - bei Verneinung des Vorranges der EG-Typenrichtlinie - einen beachtlichen Erlaubnistatbestandsirrtum analog § 16 StGB anzunehmen, zumal die Rechtslage im vorliegenden Fall durch die Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts noch unübersichtlicher und schwieriger geworden ist, und die Frage des Vorranges der EG-Typenrichtlinie unangesprochen blieb. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass diese Entscheidung in einschlägigen Autosportzeitungen veröffentlicht und von diesen ins Internet gestellt wurde.
34 
Wenn man jedoch - doppelt hilfsweise - mit dem Bayerischen Obersten Landesgericht einen bloßen Verbotsirrtum nach § 17 StGB bejahte, so wäre dieser doch in den vorliegenden Fällen unvermeidbar. Es ist nicht nachvollziehbar, wenn in der o.g. Entscheidung ausgeführt wird, man dürfe sich nicht auf Auskünfte verlassen, die der Arbeitgeber bei den Zulassungsstellen und dem Kraftfahrt-Bundesamt eingeholt habe, sondern sei darauf zu verweisen, Auskunft bei einer für die Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten zuständigen Stelle einholen zu müssen. Dies überspannt den Bogen einer zumutbaren Auskunftspflicht eindeutig. Das Gericht ist vielmehr der Auffassung, dass es in jedem Fall ausreichend ist, sich bei den Zulassungsstellen und beim Kraftfahrtbundesamt zu informieren, und es die Anforderung an einen normalen Verkehrsteilnehmer deutlich überstrapazieren würde, wenn auch noch Nachfragen bei Staatsanwaltschaft und Polizeidienststellen, die für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zuständig sind, erhoben werden müssten. Dies erscheint überdies lebensfremd und würde auch die angesprochenen Behörden personell und strukturell überfordern. Darüber hinaus gab es in Baden-Württemberg keinen speziellen Erlass. Auf Polizeistationen hätten mögliche - spätere - Betroffene unterschiedliche Auskünfte erhalten, die zentrale Zuständigkeit des Regierungspräsidiums Karlsruhe ist allseits wenig bekannt und eine Nachfrage bei der hier zuständigen Staatsanwaltschaft Freiburg hätte nicht ohne weiteres sachlich beschieden werden können ...
35 
4. Verhängung von Fahrverboten selbst bei vermeidbarem Verbotsirrtum ausgeschlossen
36 
Dem Bayerischen Obersten Landesgericht ist hilfs-, hilfsweise jedenfalls darin zu folgen, dass es entgegen der Praxis in Baden-Württemberg nicht vertretbar ist, einen Regelfall für die Verhängung eines Fahrverbotes anzunehmen, wenn Unkenntnis über ein Tempolimit bestünde, selbst wenn dieser Irrtum als vermeidbarer Verbotsirrtum eingestuft werden müsste.
37 
Nach allem unter IV. 1 und 2  Gesagtem war der Betroffene freizusprechen. Die Ausführungen IV 3. und 4 erfolgten lediglich hilfsweise.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 StPO.

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Amtsgericht Freiburg im Breisgau Urteil, 02. März 2004 - 29 OWi 55 Js 35869/03 - AK 6/04 zitiert 12 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 467 Kosten und notwendige Auslagen bei Freispruch, Nichteröffnung und Einstellung


(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zu

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 24 Bußgeldvorschriften


(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer Rechtsverordnung nach § 1j Absatz 1 Nummer 1, 2, 4, 5 oder 6, § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a bis c oder d, Nummer 2, 3, 5, 6 Buchstabe a, Nummer 8 bis 16 oder 17, jeweils auc

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 25 Fahrverbot


(1) Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 Absatz 1, die sie unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt, so kann ihr die Verwaltungsbeh

Strafgesetzbuch - StGB | § 17 Verbotsirrtum


Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte. Konnte der Täter den Irrtum vermeiden, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

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(1) Wer bei Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich. Die Strafbarkeit wegen fahrlässiger Begehung bleibt unberührt. (2) Wer bei Begehung der Tat irrig Umstände annimmt, welche den

Bußgeldkatalog-Verordnung - BKatV 2013 | § 4 Regelfahrverbot


(1) Bei Ordnungswidrigkeiten nach § 24 Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes kommt die Anordnung eines Fahrverbots (§ 25 Absatz 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes) wegen grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers in der Regel in Betr

Straßenverkehrs-Ordnung - StVO 2013 | § 18 Autobahnen und Kraftfahrstraßen


(1) Autobahnen (Zeichen 330.1) und Kraftfahrstraßen (Zeichen 331.1) dürfen nur mit Kraftfahrzeugen benutzt werden, deren durch die Bauart bestimmte Höchstgeschwindigkeit mehr als 60 km/h beträgt; werden Anhänger mitgeführt, gilt das Gleiche auch für

Referenzen

(1) Autobahnen (Zeichen 330.1) und Kraftfahrstraßen (Zeichen 331.1) dürfen nur mit Kraftfahrzeugen benutzt werden, deren durch die Bauart bestimmte Höchstgeschwindigkeit mehr als 60 km/h beträgt; werden Anhänger mitgeführt, gilt das Gleiche auch für diese. Fahrzeug und Ladung dürfen zusammen nicht höher als 4 m und nicht breiter als 2,55 m sein. Kühlfahrzeuge dürfen nicht breiter als 2,60 m sein.

(2) Auf Autobahnen darf nur an gekennzeichneten Anschlussstellen (Zeichen 330.1) eingefahren werden, auf Kraftfahrstraßen nur an Kreuzungen oder Einmündungen.

(3) Der Verkehr auf der durchgehenden Fahrbahn hat die Vorfahrt.

(4) (weggefallen)

(5) Auf Autobahnen darf innerhalb geschlossener Ortschaften schneller als 50 km/h gefahren werden. Auf ihnen sowie außerhalb geschlossener Ortschaften auf Kraftfahrstraßen mit Fahrbahnen für eine Richtung, die durch Mittelstreifen oder sonstige bauliche Einrichtungen getrennt sind, beträgt die zulässige Höchstgeschwindigkeit auch unter günstigsten Umständen

1.
für
a)
Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t, ausgenommen Personenkraftwagen,
b)
Personenkraftwagen mit Anhänger, Lastkraftwagen mit Anhänger, Wohnmobile mit Anhänger und Zugmaschinen mit Anhänger sowie
c)
Kraftomnibusse ohne Anhänger oder mit Gepäckanhänger
80 km/h,
2.
für
a)
Krafträder mit Anhänger und selbstfahrende Arbeitsmaschinen mit Anhänger,
b)
Zugmaschinen mit zwei Anhängern sowie
c)
Kraftomnibusse mit Anhänger oder mit Fahrgästen, für die keine Sitzplätze mehr zur Verfügung stehen,
60 km/h,
3.
für Kraftomnibusse ohne Anhänger, die
a)
nach Eintragung in der Zulassungsbescheinigung Teil I für eine Höchstgeschwindigkeit von100 km/hzugelassen sind,
b)
hauptsächlich für die Beförderung von sitzenden Fahrgästen gebaut und die Fahrgastsitze als Reisebestuhlung ausgeführt sind,
c)
auf allen Sitzen sowie auf Rollstuhlplätzen, wenn auf ihnen Rollstuhlfahrer befördert werden, mit Sicherheitsgurten ausgerüstet sind,
d)
mit einem Geschwindigkeitsbegrenzer ausgerüstet sind, der auf eine Höchstgeschwindigkeit von maximal 100 km/h (Vset) eingestellt ist,
e)
den Vorschriften der Richtlinie 2001/85/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2001 über besondere Vorschriften für Fahrzeuge zur Personenbeförderung mit mehr als acht Sitzplätzen außer dem Fahrersitz und zur Änderung der Richtlinien 70/156/EWG und97/27/EG(ABl. L 42 vom 13.2.2002, S. 1) in der jeweils zum Zeitpunkt der Erstzulassung des jeweiligen Kraftomnibusses geltenden Fassung entsprechen und
f)
auf der vorderen Lenkachse nicht mit nachgeschnittenen Reifen ausgerüstet sind, oder
g)
für nicht in Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassene Kraftomnibusse, wenn jeweils eine behördliche Bestätigung des Zulassungsstaates in deutscher Sprache über die Übereinstimmung mit den vorgenannten Bestimmungen und über jährlich stattgefundene Untersuchungen mindestens im Umfang der Richtlinie 96/96/EG des Rates vom 20. Dezember 1996 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die technische Überwachung der Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger (ABl. L 46 vom 17.2.1997, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung vorgelegt werden kann,
100 km/h.

(6) Wer auf der Autobahn mit Abblendlicht fährt, braucht seine Geschwindigkeit nicht der Reichweite des Abblendlichts anzupassen, wenn

1.
die Schlussleuchten des vorausfahrenden Kraftfahrzeugs klar erkennbar sind und ein ausreichender Abstand von ihm eingehalten wird oder
2.
der Verlauf der Fahrbahn durch Leiteinrichtungen mit Rückstrahlern und, zusammen mit fremdem Licht, Hindernisse rechtzeitig erkennbar sind.

(7) Wenden und Rückwärtsfahren sind verboten.

(8) Halten, auch auf Seitenstreifen, ist verboten.

(9) Zu Fuß Gehende dürfen Autobahnen nicht betreten. Kraftfahrstraßen dürfen sie nur an Kreuzungen, Einmündungen oder sonstigen dafür vorgesehenen Stellen überschreiten; sonst ist jedes Betreten verboten.

(10) Die Ausfahrt von Autobahnen ist nur an Stellen erlaubt, die durch die Ausfahrttafel (Zeichen 332) und durch das Pfeilzeichen (Zeichen 333) oder durch eins dieser Zeichen gekennzeichnet sind. Die Ausfahrt von Kraftfahrstraßen ist nur an Kreuzungen oder Einmündungen erlaubt.

(11) Lastkraftwagen mit einer zulässigen Gesamtmasse über 7,5 t, einschließlich ihrer Anhänger, sowie Zugmaschinen dürfen, wenn die Sichtweite durch erheblichen Schneefall oder Regen auf 50 m oder weniger eingeschränkt ist, sowie bei Schneeglätte oder Glatteis den äußerst linken Fahrstreifen nicht benutzen.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer Rechtsverordnung nach § 1j Absatz 1 Nummer 1, 2, 4, 5 oder 6, § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a bis c oder d, Nummer 2, 3, 5, 6 Buchstabe a, Nummer 8 bis 16 oder 17, jeweils auch in Verbindung mit § 6 Absatz 3 Nummer 1 bis 5 oder 7, nach § 6e Absatz 1 Nummer 1 bis 5 oder 7 oder nach § 6g Absatz 4 Satz 1 Nummer 3, 5, 7 oder 9 oder einer vollziehbaren Anordnung auf Grund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 2
a)
Nummer 1 Buchstabe a bis e oder g,
b)
Nummer 1 Buchstabe f, Nummer 2 oder 3 Buchstabe b,
c)
Nummer 3 Buchstabe a oder c oder
d)
Nummer 4,
jeweils auch in Verbindung mit § 6 Absatz 3 Nummer 1, 2, 3 Buchstabe a oder c, Nummer 4, 5 oder 7 oder einer vollziehbaren Anordnung auf Grund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist, oder
2.
einer unmittelbar geltenden Vorschrift in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union zuwiderhandelt, die inhaltlich einer Regelung entspricht, zu der die in Nummer 1
a)
Buchstabe a,
b)
Buchstabe b,
c)
Buchstabe c oder
d)
Buchstabe d
genannten Vorschriften ermächtigen, soweit eine Rechtsverordnung nach Satz 2 für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.
Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, soweit dies zur Durchsetzung der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union erforderlich ist, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Tatbestände zu bezeichnen, die als Ordnungswidrigkeit nach Satz 1 Nummer 2 geahndet werden können.

(3) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen

1.
des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe d und Nummer 2 Buchstabe d mit einer Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro,
2.
des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c und Nummer 2 Buchstabe c mit einer Geldbuße bis zu dreihunderttausend Euro,
3.
des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und Nummer 2 Buchstabe a mit einer Geldbuße bis zu hunderttausend Euro,
4.
des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b und Nummer 2 Buchstabe b mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro,
5.
des Absatzes 1 mit einer Geldbuße bis zu zweitausend Euro
geahndet werden.

(4) In den Fällen des Absatzes 3 Nummer 1 und 2 ist § 30 Absatz 2 Satz 3 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten anzuwenden.

(5) Fahrzeuge, Fahrzeugteile und Ausrüstungen, auf die sich eine Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 in Verbindung mit § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder 10 oder eine Ordnungswidrigkeit nach Absatz 2 Satz 1 bezieht, können eingezogen werden.

(1) Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 Absatz 1, die sie unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt, so kann ihr die Verwaltungsbehörde oder das Gericht in der Bußgeldentscheidung für die Dauer von einem Monat bis zu drei Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a eine Geldbuße festgesetzt, so ist in der Regel auch ein Fahrverbot anzuordnen.

(2) Das Fahrverbot wird mit der Rechtskraft der Bußgeldentscheidung wirksam. Für seine Dauer werden von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine amtlich verwahrt. Dies gilt auch, wenn der Führerschein von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden ist, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. Wird er nicht freiwillig herausgegeben, so ist er zu beschlagnahmen.

(2a) Ist in den zwei Jahren vor der Ordnungswidrigkeit ein Fahrverbot gegen die betroffene Person nicht verhängt worden und wird auch bis zur Bußgeldentscheidung ein Fahrverbot nicht verhängt, so bestimmt die Verwaltungsbehörde oder das Gericht abweichend von Absatz 2 Satz 1, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

(2b) Werden gegen die betroffene Person mehrere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Verbotsfristen nacheinander zu berechnen. Die Verbotsfrist auf Grund des früher wirksam gewordenen Fahrverbots läuft zuerst. Werden Fahrverbote gleichzeitig wirksam, so läuft die Verbotsfrist auf Grund des früher angeordneten Fahrverbots zuerst, bei gleichzeitiger Anordnung ist die frühere Tat maßgebend.

(3) In anderen als in Absatz 2 Satz 3 genannten ausländischen Führerscheinen wird das Fahrverbot vermerkt. Zu diesem Zweck kann der Führerschein beschlagnahmt werden.

(4) Wird der Führerschein in den Fällen des Absatzes 2 Satz 4 oder des Absatzes 3 Satz 2 bei der betroffenen Person nicht vorgefunden, so hat sie auf Antrag der Vollstreckungsbehörde (§ 92 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten) bei dem Amtsgericht eine eidesstattliche Versicherung über den Verbleib des Führerscheins abzugeben. § 883 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(5) Ist ein Führerschein amtlich zu verwahren oder das Fahrverbot in einem ausländischen Führerschein zu vermerken, so wird die Verbotsfrist erst von dem Tag an gerechnet, an dem dies geschieht. In die Verbotsfrist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird.

(6) Die Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozessordnung) wird auf das Fahrverbot angerechnet. Es kann jedoch angeordnet werden, dass die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten der betroffenen Person nach Begehung der Ordnungswidrigkeit nicht gerechtfertigt ist. Der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis steht die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozessordnung) gleich.

(7) Wird das Fahrverbot nach Absatz 1 im Strafverfahren angeordnet (§ 82 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten), so kann die Rückgabe eines in Verwahrung genommenen, sichergestellten oder beschlagnahmten Führerscheins aufgeschoben werden, wenn die betroffene Person nicht widerspricht. In diesem Fall ist die Zeit nach dem Urteil unverkürzt auf das Fahrverbot anzurechnen.

(8) Über den Zeitpunkt der Wirksamkeit des Fahrverbots nach Absatz 2 oder 2a Satz 1 und über den Beginn der Verbotsfrist nach Absatz 5 Satz 1 ist die betroffene Person bei der Zustellung der Bußgeldentscheidung oder im Anschluss an deren Verkündung zu belehren.

(1) Bei Ordnungswidrigkeiten nach § 24 Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes kommt die Anordnung eines Fahrverbots (§ 25 Absatz 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes) wegen grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers in der Regel in Betracht, wenn ein Tatbestand

1.
der Nummern 9.1 bis 9.3, der Nummern 11.1 bis 11.3, jeweils in Verbindung mit Tabelle 1 des Anhangs,
2.
der Nummern 12.6.3, 12.6.4, 12.6.5, 12.7.3, 12.7.4 oder 12.7.5 der Tabelle 2 des Anhangs,
3.
der Nummern 19.1.1, 19.1.2, 21.1, 21.2, 39.1, 41, 50, 50.1, 50.2, 50.3, 50a, 50a.1, 50a.2, 50a.3, 83.3, 89b.2, 132.1, 132.2, 132.3, 132.3.1, 132.3.2, 135, 135.1, 135.2, 152.1 oder
4.
der Nummern 244, 246.2, 246.3 oder 250a
des Bußgeldkatalogs verwirklicht wird. Wird in diesen Fällen ein Fahrverbot angeordnet, so ist in der Regel die dort bestimmte Dauer festzusetzen.

(2) Wird ein Fahrverbot wegen beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers zum ersten Mal angeordnet, so ist seine Dauer in der Regel auf einen Monat festzusetzen. Ein Fahrverbot kommt in der Regel in Betracht, wenn gegen den Führer eines Kraftfahrzeugs wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h bereits eine Geldbuße rechtskräftig festgesetzt worden ist und er innerhalb eines Jahres seit Rechtskraft der Entscheidung eine weitere Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h begeht.

(3) Bei Ordnungswidrigkeiten nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes ist ein Fahrverbot (§ 25 Absatz 1 Satz 2 des Straßenverkehrsgesetzes) in der Regel mit der in den Nummern 241, 241.1, 241.2, 242, 242.1 und 242.2 des Bußgeldkatalogs vorgesehenen Dauer anzuordnen.

(4) Wird von der Anordnung eines Fahrverbots ausnahmsweise abgesehen, so soll das für den betreffenden Tatbestand als Regelsatz vorgesehene Bußgeld angemessen erhöht werden.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer Rechtsverordnung nach § 1j Absatz 1 Nummer 1, 2, 4, 5 oder 6, § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a bis c oder d, Nummer 2, 3, 5, 6 Buchstabe a, Nummer 8 bis 16 oder 17, jeweils auch in Verbindung mit § 6 Absatz 3 Nummer 1 bis 5 oder 7, nach § 6e Absatz 1 Nummer 1 bis 5 oder 7 oder nach § 6g Absatz 4 Satz 1 Nummer 3, 5, 7 oder 9 oder einer vollziehbaren Anordnung auf Grund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 2
a)
Nummer 1 Buchstabe a bis e oder g,
b)
Nummer 1 Buchstabe f, Nummer 2 oder 3 Buchstabe b,
c)
Nummer 3 Buchstabe a oder c oder
d)
Nummer 4,
jeweils auch in Verbindung mit § 6 Absatz 3 Nummer 1, 2, 3 Buchstabe a oder c, Nummer 4, 5 oder 7 oder einer vollziehbaren Anordnung auf Grund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist, oder
2.
einer unmittelbar geltenden Vorschrift in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union zuwiderhandelt, die inhaltlich einer Regelung entspricht, zu der die in Nummer 1
a)
Buchstabe a,
b)
Buchstabe b,
c)
Buchstabe c oder
d)
Buchstabe d
genannten Vorschriften ermächtigen, soweit eine Rechtsverordnung nach Satz 2 für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.
Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, soweit dies zur Durchsetzung der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union erforderlich ist, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Tatbestände zu bezeichnen, die als Ordnungswidrigkeit nach Satz 1 Nummer 2 geahndet werden können.

(3) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen

1.
des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe d und Nummer 2 Buchstabe d mit einer Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro,
2.
des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c und Nummer 2 Buchstabe c mit einer Geldbuße bis zu dreihunderttausend Euro,
3.
des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und Nummer 2 Buchstabe a mit einer Geldbuße bis zu hunderttausend Euro,
4.
des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b und Nummer 2 Buchstabe b mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro,
5.
des Absatzes 1 mit einer Geldbuße bis zu zweitausend Euro
geahndet werden.

(4) In den Fällen des Absatzes 3 Nummer 1 und 2 ist § 30 Absatz 2 Satz 3 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten anzuwenden.

(5) Fahrzeuge, Fahrzeugteile und Ausrüstungen, auf die sich eine Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 in Verbindung mit § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder 10 oder eine Ordnungswidrigkeit nach Absatz 2 Satz 1 bezieht, können eingezogen werden.

(1) Autobahnen (Zeichen 330.1) und Kraftfahrstraßen (Zeichen 331.1) dürfen nur mit Kraftfahrzeugen benutzt werden, deren durch die Bauart bestimmte Höchstgeschwindigkeit mehr als 60 km/h beträgt; werden Anhänger mitgeführt, gilt das Gleiche auch für diese. Fahrzeug und Ladung dürfen zusammen nicht höher als 4 m und nicht breiter als 2,55 m sein. Kühlfahrzeuge dürfen nicht breiter als 2,60 m sein.

(2) Auf Autobahnen darf nur an gekennzeichneten Anschlussstellen (Zeichen 330.1) eingefahren werden, auf Kraftfahrstraßen nur an Kreuzungen oder Einmündungen.

(3) Der Verkehr auf der durchgehenden Fahrbahn hat die Vorfahrt.

(4) (weggefallen)

(5) Auf Autobahnen darf innerhalb geschlossener Ortschaften schneller als 50 km/h gefahren werden. Auf ihnen sowie außerhalb geschlossener Ortschaften auf Kraftfahrstraßen mit Fahrbahnen für eine Richtung, die durch Mittelstreifen oder sonstige bauliche Einrichtungen getrennt sind, beträgt die zulässige Höchstgeschwindigkeit auch unter günstigsten Umständen

1.
für
a)
Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t, ausgenommen Personenkraftwagen,
b)
Personenkraftwagen mit Anhänger, Lastkraftwagen mit Anhänger, Wohnmobile mit Anhänger und Zugmaschinen mit Anhänger sowie
c)
Kraftomnibusse ohne Anhänger oder mit Gepäckanhänger
80 km/h,
2.
für
a)
Krafträder mit Anhänger und selbstfahrende Arbeitsmaschinen mit Anhänger,
b)
Zugmaschinen mit zwei Anhängern sowie
c)
Kraftomnibusse mit Anhänger oder mit Fahrgästen, für die keine Sitzplätze mehr zur Verfügung stehen,
60 km/h,
3.
für Kraftomnibusse ohne Anhänger, die
a)
nach Eintragung in der Zulassungsbescheinigung Teil I für eine Höchstgeschwindigkeit von100 km/hzugelassen sind,
b)
hauptsächlich für die Beförderung von sitzenden Fahrgästen gebaut und die Fahrgastsitze als Reisebestuhlung ausgeführt sind,
c)
auf allen Sitzen sowie auf Rollstuhlplätzen, wenn auf ihnen Rollstuhlfahrer befördert werden, mit Sicherheitsgurten ausgerüstet sind,
d)
mit einem Geschwindigkeitsbegrenzer ausgerüstet sind, der auf eine Höchstgeschwindigkeit von maximal 100 km/h (Vset) eingestellt ist,
e)
den Vorschriften der Richtlinie 2001/85/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2001 über besondere Vorschriften für Fahrzeuge zur Personenbeförderung mit mehr als acht Sitzplätzen außer dem Fahrersitz und zur Änderung der Richtlinien 70/156/EWG und97/27/EG(ABl. L 42 vom 13.2.2002, S. 1) in der jeweils zum Zeitpunkt der Erstzulassung des jeweiligen Kraftomnibusses geltenden Fassung entsprechen und
f)
auf der vorderen Lenkachse nicht mit nachgeschnittenen Reifen ausgerüstet sind, oder
g)
für nicht in Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassene Kraftomnibusse, wenn jeweils eine behördliche Bestätigung des Zulassungsstaates in deutscher Sprache über die Übereinstimmung mit den vorgenannten Bestimmungen und über jährlich stattgefundene Untersuchungen mindestens im Umfang der Richtlinie 96/96/EG des Rates vom 20. Dezember 1996 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die technische Überwachung der Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger (ABl. L 46 vom 17.2.1997, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung vorgelegt werden kann,
100 km/h.

(6) Wer auf der Autobahn mit Abblendlicht fährt, braucht seine Geschwindigkeit nicht der Reichweite des Abblendlichts anzupassen, wenn

1.
die Schlussleuchten des vorausfahrenden Kraftfahrzeugs klar erkennbar sind und ein ausreichender Abstand von ihm eingehalten wird oder
2.
der Verlauf der Fahrbahn durch Leiteinrichtungen mit Rückstrahlern und, zusammen mit fremdem Licht, Hindernisse rechtzeitig erkennbar sind.

(7) Wenden und Rückwärtsfahren sind verboten.

(8) Halten, auch auf Seitenstreifen, ist verboten.

(9) Zu Fuß Gehende dürfen Autobahnen nicht betreten. Kraftfahrstraßen dürfen sie nur an Kreuzungen, Einmündungen oder sonstigen dafür vorgesehenen Stellen überschreiten; sonst ist jedes Betreten verboten.

(10) Die Ausfahrt von Autobahnen ist nur an Stellen erlaubt, die durch die Ausfahrttafel (Zeichen 332) und durch das Pfeilzeichen (Zeichen 333) oder durch eins dieser Zeichen gekennzeichnet sind. Die Ausfahrt von Kraftfahrstraßen ist nur an Kreuzungen oder Einmündungen erlaubt.

(11) Lastkraftwagen mit einer zulässigen Gesamtmasse über 7,5 t, einschließlich ihrer Anhänger, sowie Zugmaschinen dürfen, wenn die Sichtweite durch erheblichen Schneefall oder Regen auf 50 m oder weniger eingeschränkt ist, sowie bei Schneeglätte oder Glatteis den äußerst linken Fahrstreifen nicht benutzen.

(1) Wer bei Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich. Die Strafbarkeit wegen fahrlässiger Begehung bleibt unberührt.

(2) Wer bei Begehung der Tat irrig Umstände annimmt, welche den Tatbestand eines milderen Gesetzes verwirklichen würden, kann wegen vorsätzlicher Begehung nur nach dem milderen Gesetz bestraft werden.

Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte. Konnte der Täter den Irrtum vermeiden, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.

(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.

(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er

1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder
2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.

(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.