Amtsgericht Düsseldorf Beschluss, 14. Juli 2014 - 57 C 4962/14
Tenor
In dem einstweiligen Verfügungsverfahren
T gegen M
wird der Streitwertbeschwerde des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vom 29.05.2014 aus eigenem Recht gegen den Beschluss des Amtsgerichts Düsseldorf vom 06.05.2014 nicht abgeholfen.
Die Sache wird dem Landgericht Düsseldorf als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
1
Gründe:
2Die Beschwerde ist aus Sicht des Amtsgerichts zulässig. Die Frist von einem halben Jahr gemäß §§ 32 RVG, 68 Abs. 1 S.3, 63 Abs. 3 S.2 GKG ist gewahrt. Ebenso übersteigt der Beschwerdegegenstand gemäß § 68 Abs. 1 S.1 GKG 200 Euro, da die Differenz allein der 1,3-Verfahrensgebühr zuzüglich Auslagenpauschale aus einem Streitwert von 3‘300 Euro gegenüber den festgesetzten 500 Euro bereits diese Wertgrenze übersteigt.
3Die Streitwertfestsetzung erscheint dem Amtsgericht jedoch weiterhin zutreffend, weswegen eine Abhilfe unterbleibt. Den Wert des Unterlassungsanspruches in der Hauptsache grundsätzlich am Zehnfachen des fiktiven Schadenersatzes gemäß Lizenzanalogie zu orientieren, entspricht dem oberen Bereich gängiger Rechtsprechung (zuletzt OLG Rostock NJW-RR 2014, 227). Nach anderer Auffassung soll im Bereich der unerlaubten Verwendung geschützter Fotos im Rahmen einer privaten Ebay-Auktion sogar eine Verdreifachung des Anzunehmenden Schadenersatzes gemäß Lizenzanalogie als Streitwert der Unterlassung genügen (OLG Nürnberg NJOZ 2013, 1035). Eine weitergehende Erhöhung des Streitwertes zum Zwecke der Abschreckung ist dem Zivilrecht wesensfremd und daher unzulässig (OLG Celle BeckRS 2011, 28345). Bei der anzusetzenden Höhe des Schadenersatzes gemäß Lizenzanalogie ist eine schematische Orientierung an den MFM-Richtlinien für Berufsfotografen unzulässig. Die MFM-Empfehlungen sind von der Anbieterseite aufgestellt und daher mit Zurückhaltung anzuwenden, insbesondere kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die dort genannten Sätze tatsächlich auf dem Markt realisiert werden können, wobei auch nicht auf den Fotomarkt im Allgemeinen, sondern auf den Teilmarkt, der dem jeweils zu entscheidenden Sachverhalt zu Grunde liegt, abzustellen ist (BGH NJW 2006, 615).
4Der zutreffende Teilmarkt stellt hier die Verwendung von Fotos für private Ebay-Auktionen dar. Allein daraus, dass die Antragsgegnerin bei einer Ebay-Versteigerung die Absicht hat, einen möglichst hohen Verkaufspreis zu realisieren, ergibt sich noch keine gewerbliche Tätigkeit, vielmehr ist das Ziel, einen möglichst hohen Preis erzielen zu wollen, auch typisch für einen Privatverkauf.
5Gewerbliches Handeln auf Ebay ist nur dann gegeben, wenn eine Gewinnerzielungsabsicht von gewisser Dauer und Nachhaltigkeit gegeben ist. Ist die Gewerblichkeit streitig, so ist es Aufgabe der Klägerseite aus ihr frei zugänglichen Daten – wie insbesondere der Anzahl der Verkaufsvorgänge und Bewertungen – einen Sachverhalt darzulegen, der gewerbliches Handeln nahe liegend erscheinen lässt. Die Beklagtenseite trägt dann eine sekundäre Darlegungslast dahingehend, Umstände vorzutragen, die dennoch auf privates Handeln hin deuten (BGH MMR 2008, 531). Näherer eine sekundäre Darlegungslast der Antragsgegnerseite auslösender Vortrag zu gewerblichem Handeln ist hier durch die Antragstellerseite nicht erfolgt. Der bloße Verweis darauf, dass die Antragsgegnerseite zur Bewerbung ihrer Auktion ein professionelles Foto verwendet habe, deutet noch nicht auf Gewerblichkeit hin, vielmehr entspricht das Suchen nach einem passenden Foto über google und das unmittelbare Einbinden in das eigene Angebot ohne Überprüfung auf Urheberrechte gerade dem geschäftlich unerfahrenen Handeln einer Privatperson. Bereits die Art des angebotenen Gegenstandes, ein gebrauchtes Trinkglas, stellt einen typischen haushaltsgegenstand eines Privathaushaltes dar, der typischerweise nicht gewerblich angeboten wird.
6Den Markt privater Ebay-Versteigerungen spiegeln die MFM-Empfehlungen nicht wieder. Die dort genannten Lizenzgebühren im deutlich dreistelligen Bereich mit Laufzeiten von bis zu einem Jahr passen schon im Ansatz nicht zu einer Ebay-Versteigerung, die typischerweise nur bis zu 10 Tage andauert, auch mangelt es an einer Vergleichbarkeit mit einem Onlineshop. Dass die Versteigerung nachfolgend noch länger im Internet abgerufen werden kann, ist ohne Relevanz, weil ein öffentliches Interesse an einem abgelaufenen Ebay-Angebot nicht besteht. Bereits die typischerweise niedrigen Umsätze, die bei einer Ebay-Versteigerung eines gebrauchten Trinkglases erreicht werden können, machen deutlich, dass Lizenzgebühren gemäß MFM-Empfehlungen auf diesem Marktsegment nicht im Ansatz erreichbar sind. Wegen der kurzen Dauer der Auktion und den typischerweise niedrigen Umsätzen erscheint vielmehr eine fiktive Lizenzentschädigung in Höhe von 20 Euro angemessen (vgl. mit ausführlicher Begründung OLG Braunschweig MMR 2012, 328). Das Ansetzen höherer nicht marktgängiger Werte würde im Ergebnis zu einer Bereicherung führen, was nicht Zweck des Schadenersatzes gemäß Lizenzanalogie ist. Selbst man hier wegen der hohen Qualität des Fotos und der Mehrfachnutzung eine – kaum zu realisierende – Lizenzentschädigung von 60 Euro ansetzen würde, verbliebe es beim Mindeststreitwert von bis zu 500 Euro, denn der Streitwert würde dann höchstens 400 Euro betragen (2/3 des Zehnfachen der Lizenzentschädigung, da einstweiliges Verfügungsverfahren).
7Auch soweit die Verzehnfachung des Schadenersatzes gemäß Lizenzanalogie nicht schematisch anzuwenden ist, sondern lediglich als grundsätzliche Berechnungsmethode zu betrachten ist, die jeweils unter Berücksichtigung der Schwere des Verstoßes und des Angriffsfaktors im Einzelfall zu korrigieren ist, führt diese Korrektur jedenfalls nicht zu einer Abweichung nach oben. Der Angriffsfaktor bei einer privaten Ebay-Auktion ist schon wegen deren kurzer Dauer gering, hinzu kommt noch, dass trotz gegebener Wiederholungsgefahr diese graduell niedriger anzusetzen ist als bei einem gewerblichen Anbieter. Dies lässt es nahe liegend erscheinen, den Streitwert bei einer privaten Ebay-Nutzung gemäß der zitierten Rechtsprechung des OLG Nürnberg sogar eher am Dreifachen als am Zehnfachen der fiktiven Lizenzentschädigung zu orientieren. Eine Entwertung der Rechte der Urheber ist damit nicht verbunden, sondern vielmehr eine sachgerechte Orientierung am geringen Angriffsfaktor zeitlich beschränkter privater Fotonutzungen unter Verstoß gegen Urheberrechte. Das Ansetzen pauschaler Streitwerte im vierstelligen Bereich – wie laut Mitteilung der Antragstellerseite in der Antragsschrift geschehen durch das OLG Hamburg, Beschl. v. 05.08.2013, 5 W 99/11 – führt dagegen zu einer maßlosen Ablösung des Wertes des Unterlassungsanspruchs vom wirtschaftlichen Wert der fiktiven Lizenz.
8Düsseldorf, 14.07.2014
9Amtsgericht
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Referenzen - Gesetze
(1) Wird der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert gerichtlich festgesetzt, ist die Festsetzung auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend.
(2) Der Rechtsanwalt kann aus eigenem Recht die Festsetzung des Werts beantragen und Rechtsmittel gegen die Festsetzung einlegen. Rechtsbehelfe, die gegeben sind, wenn die Wertfestsetzung unterblieben ist, kann er aus eigenem Recht einlegen.
(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
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