Amtsgericht Duisburg Beschluss, 26. Feb. 2015 - 41 F 10/15
Tenor
Das Aufenthaltsbestimmungsrecht des Kindes A. B. , geb. am wird auf den Vater übertragen. Im Übrigen besteht die gemeinsame elterliche Sorge fort. Die Gerichtskosten tragen die Kindeseltern zu je 1/2; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Der Verfahrenswert wird auf 1.500,00 EUR festgesetzt.
1
I.
2Die Beteiligten zu 1.) und 2.) sind die nichtehelichen Eltern des Kindes A.. Sie üben die elterliche Sorge gemeinsam aus.
3Die Beteiligten trennten sich Ende Juni 2014 voneinander. Die Kindesmutter, die eine Umschulung zur Bürokauffrau absolviert hat, zog nach der Trennung zunächst zu ihren Eltern. Seit dem 01.09.2014 lebt sie in einer eigenen Wohnung. Der Kindesvater ist in Teilzeit (50%) als Musiker bei den Duisburger Philharmonikern tätig. Daneben übt er eine selbständige Tätigkeit aus. A. besucht den Kindergarten.
4Nach der Trennung lebte A. zunächst weiter in der bisherigen Familienwohnung. Seine Eltern betreuten ihn im wöchentlichen Wechsel, wobei der nicht betreuende Elternteil während dieser Zeit die Wohnung verließ.
5Seit September 2014 lebte A. abwechselnd bei seinem Vater und bei seiner Mutter, wobei der Wechsel freitags stattfand. Zusätzlich fand ein von den Eltern so genannter Brückennachmittag am Dienstag zwischen Ende des Kindergartens und 18 Uhr statt, den A. mit dem Elternteil verbrachte, der ihn in dieser Woche nicht betreute.
6Die Eltern nahmen nach der Trennung Beratungsgespräche des Jugendamts wahr und begannen eine Mediation.
7Mit E-Mail vom 26.01.2015 teilte die Kindesmutter dem Kindesvater mit, dass A. vorläufig bei ihr bleibe. In dem Schreiben heißt es:
8„Die Dienstagnachmittage stehen dir auf Anraten meiner Anwältin im Moment nicht zu. A. bleibt so lange bei mir bis eine vorläufige Klärung durch meine Anwältin vorgenommen wurde. Ein Wechsel wird also nicht mehr stattfinden. Verhandelt wird ein Umgangsrecht für dich alle zwei Wochen von freitags (Abholung vom Kindergarten durch dich) bis zum Montag wenn du ihn wieder zum Kindergarten bringst.“
9Die Kindesmutter ließ A. in der Folge nicht den Kindergarten besuchen, was der Kindesvater feststellte, als er ihn am 27.01.2015 zum „Brückennachmittag“ vom Kindergarten abholen wollte.
10Der Kindesvater wünscht die Fortsetzung des Wechselmodells, was er (sinngemäß) im Wege der einstweiligen Anordnung beantragt.
11Die Kindesmutter beantragt,
12den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.
13Die Kindesmutter bezweifelt, dass der Kindesvater aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit in der Lage ist, A. angemessen zu betreuen. Sie trägt vor, dass sie die Partnerschaft nie als gleichwertig empfunden habe. Sie habe die überwiegende Betreuungsleistung übernommen. So habe sie nach der Geburt ein Jahr Elternzeit genommen.
14A. habe ihr gegenüber geäußert, dass er lieber bei der Mutter bleiben wolle.
15Gegen das Wechselmodell spreche auch, dass der Kindesvater penibel darauf achte, dass die Betreuungsanteile auf die Minute genau ausgewogen seien.
16Das Gericht hat A. einen Verfahrensbeistand bestellt und diesen, das Kind sowie die Eltern persönlich angehört. Das Jugendamt der Stadt Duisburg hat sich schriftlich geäußert. Wegen der weiteren Einzelheiten wird insoweit auf den Anhörungsvermerk vom 17.02.2015, die Aktenvermerke des Verfahrensbeistands sowie den zum Geschäftszeichen 41 F 154/14 erstatteten Bericht des Jugendamts vom 12.02.2015 Bezug genommen.
17Gegenstand des Verfahrens 41 F 154/14 ist ein Antrag der Kindesmutter auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts in der Hauptsache, Gegenstand des Verfahren 41 F 12/15 ist ein Antrag der Kindesmutter auf Regelung des Umgangs.
18II.
19Gemäß § 49 Abs. 1 FamFG kann das Gericht durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Maßnahme treffen, soweit dies nach den für das Rechtsverhältnis maßgebenden Vorschriften gerechtfertigt ist und ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht.
20Ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht, weil die Kindeseltern sich nicht über den Aufenthalt von A. einig werden können, obwohl eine sofortige Entscheidung über den Aufenthalt aus Gründen des Kindeswohls erforderlich ist, und eine Entscheidung in der Hauptsache noch nicht ergehen kann.
21Nach den Feststellungen des Gerichts entspricht es dem Kindeswohl am besten, wenn das bisher praktizierte Betreuungsmodell – sog. Wechselmodell – beibehalten wird. Rechtlich fließen Aspekte des Umgangs sowie der Aufenthaltsbestimmung (als Teil des Sorgerechts) ein, wobei der rechtliche Schwerpunkt auf letzterem Aspekt liegt. Das Gericht hat keine Bedenken, den Antrag des Kindesvaters „auf Regelung von Einzelheiten der elterlichen Sorge“ als Antrag auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auszulegen. Denn die von dem Kindesvater beantragte Anordnung, „dass die Mutter verpflichtet ist, das Kind A. jeweils innerhalb einer Zeitwoche von jedem Freitag in einer ungeraden Kalenderwoche bis zum darauf folgenden Donnerstag nicht bei sich übernachten zu lassen und das Kind auch nicht beim Kindergarten abholen darf“ zielt auf eine Wiederherstellung des Wechselmodells ab. Dieses Rechtsschutzbegehren zielt – da das Familiengericht den Aufenthalt des Kindes nicht selbst bestimmen darf – auf eine Übertragung der Befugnis zur Regelung des Aufenthalts ab. Wie der Kindesvater deutlich gemacht hat, würde er das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu einer Wiederherstellung des Wechselmodells nutzen.
22In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass das Wechselmodell jedenfalls vorläufig auch gegen den Widerstand eines Elternteils angeordnet werden kann (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.11.2012- II-6 UF 191/12 – juris). Nach Auffassung des erkennenden Gerichts gilt für eine Entscheidung in der Hauptsache nichts anderes. Vor einer solchen Entscheidung in der Hauptsache möchte das Gericht aber weitere Sachaufklärung betreiben und dem Verfahrensbeistand Gelegenheit geben, weitere Gespräche – nach Möglichkeit insbesondere mit beiden Elternteilen gemeinsam – zu führen.
23Maßstab für die Entscheidung nach § 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB ist das Kindeswohl. Als gewichtige Gesichtspunkte des Kindeswohls sind die Bindungen des Kindes, die Prinzipien der Förderung (Erziehungseignung) und der Kontinuität sowie die Beachtung des Kindeswillens anerkannt, wobei die einzelnen Kriterien nicht wie Tatbestandsmerkmale kumulativ nebeneinander stehen. Vielmehr kann jedes von ihnen im Einzelfall mehr oder weniger bedeutsam für die Beurteilung sein, was dem Wohl des Kindes am besten entspricht (vgl. BGH, NJW 2011, 2360 – Rz. 43).
24Nach den Feststellungen des Gerichts ist A. an beide Elternteile sicher gebunden. Das Jugendamt vermochte keine stärkere Bindung zu einem der beiden Elternteile festzustellen. Nach Auffassung des Verfahrensbeistands besteht eine gute Bindung zu beiden Elternteilen, wobei ein leichtes Übergewicht bei der Kindesmutter liegen mag, weil diese aufgrund ihrer Elternzeit den engeren Kontakt zum Kind hatte. Für eine sichere Bindung an beide Elternteile spricht, dass A. – wie die Beteiligten übereinstimmend vortragen – in der Vergangenheit, und zwar sowohl vor als auch nach der Trennung der Eltern, von beiden Elternteilen betreut worden ist. Voraussetzung der Entwicklung einer sicheren Bindung ist es, dass die Betreuungsperson in der Lage ist, feinfühlig auf die körperlichen, psychischen und sozialen Bedürfnisse des Kindes zu reagieren und diese in jeweils angemessener Weise zu befriedigen (vgl. Westhoff/Kluck, Psychologische Gutachten schreiben und beurteilen, 6. Auflage 2014, S. 164). Durch die in der Vergangenheit gelebte Betreuung hatte A. Gelegenheit, sichere Bindungen zu beiden Elternteilen zu entwickeln. Auf die Frage, ob die Betreuung in der Zeit vor oder nach der Trennung absolut gleichgewichtig gewesen ist, kommt es für die Entwicklung einer sicheren Bindung nicht an.
25Die Beibehaltung des Wechselmodells ist am besten geeignet, die Bindungen zu beiden Elternteilen aufrecht zu erhalten und zu festigen (vgl. Sünderhauf, FamRB 2013, 327, 329). Denn auf diese Weise hat das Kind die Chance, beide Elternteile in ihren alltäglichen Verhaltensweisen, insbesondere auch in ihrer Rolle als Versorger, zu erleben. Die Kontakte sind – sowohl was die Quantität, als auch was die Qualität angeht – nicht auf die besondere Situation eines Wochenendbesuchs beschränkt.
26Unter dem Gesichtspunkt der Förderung des Kindes scheinen beide Eltern gut geeignet. Anhaltspunkte für eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Erziehungseignung liegen nicht vor. Beide Eltern halten den jeweils anderen Elternteil für gut geeignet, das gemeinsame Kind zu erziehen.
27Der Aspekt der Kontinuität spricht ebenfalls für eine Beibehaltung des Wechselmodells. Schon während des Bestehens der Beziehung der Kindeseltern haben – was unstreitig ist – beide Elternteile Anteil an der Betreuung und Erziehung des Kindes gehabt. Ob der Betreuungsanteil des einen oder anderen Elternteils überwogen hat oder nicht, ist nicht streitentscheidend. Denn die Eltern haben sich dafür entschieden, die Betreuung durch beide Elternteile auch nach der Trennung fortzusetzen, indem sie A. im wöchentlichen Wechsel betreut haben. Dem Grundsatz der Kontinuität entspricht es vor diesem Hintergrund am besten, wenn auch künftig eine Betreuung durch beide Elternteile stattfindet. Dies kann am besten durch das sog. Wechselmodell erreicht werden.
28Das Gericht konnte keine Anhaltspunkte dafür feststellen, dass im konkreten Fall die Beibehaltung des Wechselmodells nicht dem Kindeswohl dienlich sein könnte. Soweit die Kindesmutter eingewandt hat, dass A. vor dem Wechsel zum Vater geäußert habe, er wolle bei ihr bleiben, handelt es sich hierbei um eine naheliegende Reaktion auf eine aus Sicht des Kindes in diesem Moment ungewollte Veränderung. Dies liegt nach Auffassung des Gerichts aber nicht darin begründet, dass A. nicht zum Vater hin möchte, sondern darin, dass er in diesem Moment nicht von der Mutter weg möchte. Die Vermutung liegt nahe, dass vergleichbare Äußerungen auch beim anstehenden Wechsel vom Vater zu der Mutter getätigt werden. Wie die Kindesmutter einräumt, hat es keine „Szene“ oder andere Äußerung des Kindes gegeben, die auf einen tiefgreifenden Widerstand des Kindes gegen den Wechsel schließen lassen könnten.
29Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die berufliche Tätigkeit des Kindesvaters eine Betreuung des Kindes nicht zuließe, liegen nicht vor.
30Dass der Wechsel zwischen den Elternteilen als solcher eine Belastung für das Kind darstelle, ist empirisch nicht belegt. Studien haben ergeben, dass Kinder unter drei Jahren keinerlei Schwierigkeiten mit dem Leben im Wechselmodell hatten und auch Kinder im Alter zwischen drei und fünf Jahren keine Probleme mit den Wechseln zeigten (vgl. die Nachweise bei Sünderhauf, a.a.O. S. 330).
31Sowohl die richterliche Anhörung A.‘s als auch sein Gespräch mit dem Verfahrensbeistand gaben keinerlei Aufschluss darauf, dass er die Wechsel als belastend empfunden haben könnte.
32Das Gericht hält es allerdings im jetzigen Alter von A. nicht für erforderlich, dass außer dem wöchentlichen Wechsel noch ein weiterer Wechsel in Gestalt des bisher praktizierten „Brückennachmittags“ erfolgt. Aus Sicht des Kindeswohls scheint eher ein Modell mit einem wöchentlichen Wechsel zu einem festen Zeitpunkt angezeigt.
33Den Belangen des Kindes können die Eltern im Übrigen am besten dadurch begegnen, dass sie den Kontakt anlässlich des Wechsels konfliktfrei, respektvoll und dadurch für A. angenehm gestalten.
34Soweit die Eltern Gesprächsbedarf haben, sollten sie diesen außerhalb der Wechselkontakte decken, damit A. vom Elternstreit so wenig wie möglich mitbekommt.
35Dass die Eltern überhaupt streiten, steht der Praktizierung des Wechselmodells nicht entgegen. Im Gegenteil haben Eltern in der Regel im Wechselmodell weniger Konflikte als Eltern im Residenzmodell (vgl. die Nachweise bei Sünderhauf, a.a.O. S. 328). Während Konflikte die Kinder in jedem Betreuungsmodell gleichermaßen belasten (können), bietet das Wechselmodell den von den Elternkonflikten betroffenen Kindern die Chance, die hieraus resultierenden Nachteile zumindest teilweise dadurch zu kompensieren, dass sie an den positiven Ressourcen beider Eltern partizipieren, indem sie abwechselnd bei ihnen leben.
36Schließlich ist weder allgemein noch im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass es für das Kindeswohl nachteilig wäre, wenn es mehr als einen Lebensmittelpunkt gibt. Es ist empirisch bewiesen, dass Kinder sehr gut mit zwei Elternhäusern leben können (vgl. Sünderhauf a.a.O., S. 332 m. w. N.). Bei seiner Anhörung erklärte A. ganz stolz, dass er die Hausnummern sowohl der Wohnung seiner Mutter als auch der seiner Großeltern kenne. Als in diesem Zusammenhang darüber gesprochen wurde, dass man mehrere Hausnummern und mehrere Zuhause haben könne, schien A. völlig unbeeindruckt und unbelastet. Dies deckt sich mit seiner spontanen Äußerung gegenüber dem Verfahrensbeistand, dass er das „auch schön“ gefunden habe.
37Anzeichen für einen gegen das Wechselmodell gerichteten Kindeswillen liegen im Übrigen nicht vor, so dass es keiner näheren Erörterung bedarf, inwiefern der geäußerte Wille eines 3 ½ -jährigen Kindes ausschlaggebend sein kann.
38Aus diesen Gründen war im Wege der einstweiligen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht gemäß § 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB auf den Kindesvater zu übertragen, weil zu erwarten ist, dass dieser das Wechselmodell umsetzt.
39Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 80, 81 FamFG.
40In Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit besteht der Grundsatz, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt (vgl. Musielak/Borth, FamFG, 4. Auflage 2013, § 81 Rn. 3). Ein Grund, von diesem Grundsatz abzuweichen, besteht vorliegend nicht. Auch wenn die eigenmächtige Aufkündigung des Wechselmodells durch die Kindesmutter nicht kindeswohldienlich gewesen ist, sieht das Gericht hierin noch kein grobes Verschulden im Sinne des § 81 Abs. 2 Nr. 1 FamFG.
41Die Festsetzung des Verfahrenswertes beruht auf §§ 41, 45 Abs. 1 FamGKG.
42Rechtsbehelfsbelehrung:
43Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben. Beschwerdeberechtigt ist jeder, dessen Rechte durch den Beschluss beeinträchtigt sind. Die Beschwerde ist bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Duisburg, Kardinal-Galen-Straße 124-132, 47058 Duisburg schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
44Die Beschwerde muss spätestens innerhalb von zwei Wochen nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Duisburg eingegangen sein. Dies gilt auch dann, wenn die Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines anderen Amtsgerichtes abgegeben wurde. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.
45Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen und soll begründet werden.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Amtsgericht Duisburg Beschluss, 26. Feb. 2015 - 41 F 10/15
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Referenzen - Gesetze
(1) Das Gericht kann durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Maßnahme treffen, soweit dies nach den für das Rechtsverhältnis maßgebenden Vorschriften gerechtfertigt ist und ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht.
(2) Die Maßnahme kann einen bestehenden Zustand sichern oder vorläufig regeln. Einem Beteiligten kann eine Handlung geboten oder verboten, insbesondere die Verfügung über einen Gegenstand untersagt werden. Das Gericht kann mit der einstweiligen Anordnung auch die zu ihrer Durchführung erforderlichen Anordnungen treffen.
(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit
- 1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder - 2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit
- 1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder - 2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.
(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.
Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. § 91 Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.
(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn
- 1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat; - 2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste; - 3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat; - 4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat; - 5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.
(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.
(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.
(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.
Im Verfahren der einstweiligen Anordnung ist der Wert in der Regel unter Berücksichtigung der geringeren Bedeutung gegenüber der Hauptsache zu ermäßigen. Dabei ist von der Hälfte des für die Hauptsache bestimmten Werts auszugehen.
(1) In einer Kindschaftssache, die
- 1.
die Übertragung oder Entziehung der elterlichen Sorge oder eines Teils der elterlichen Sorge, - 2.
das Umgangsrecht einschließlich der Umgangspflegschaft, - 3.
das Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes, - 4.
die Kindesherausgabe oder - 5.
die Genehmigung einer Einwilligung in einen operativen Eingriff bei einem Kind mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung (§ 1631e Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs)
(2) Eine Kindschaftssache nach Absatz 1 ist auch dann als ein Gegenstand zu bewerten, wenn sie mehrere Kinder betrifft.
(3) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.