Falscher Mieter: Recht zur Mietminderung bei sich verschlechternder Mieterstruktur

bei uns veröffentlicht am27.02.2007

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Rechtsanwalt

für Familien- und Erbrecht

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Zusammenfassung des Autors
Rechtsanwalt für Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG) - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB

Qualität und Quantität des Besucherverkehrs von Mitmietern können als Mangel im Rahmen eines gewerblichen Mietverhältnisses bewertet werden.

Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart im Fall eines gewerblichen Mieters. Dieser hatte Büroräume mit exklusivem Ambiente in außergewöhnlicher Lage angemietet.Der Mietzins lag über dem Höchstsatz des örtlichen Mietspiegels für Gewerbeobjekte. Andere Mieter waren eine Versicherungsgruppe, eine Steuerberater- und Wirtschaftsprüferkanzlei und eine Arztpraxis. Der Zugang zum Gebäude war nur mit einer Codekarte oder durch Anmeldung über die Sprechanlage möglich. Später mietete die Agentur für Arbeit mehrere Etagen des Hauses für die Betreuung von Langzeitarbeitslosen und arbeitsfähigen Sozialhilfeempfängern („Hartz IV-Abteilung“) sowie für eine Suchtberatungsstelle und eine Schuldnerberatung an. Dort verkehrten täglich bis zu 500 Besucher. Da die Zugangskontrollanlage diesen Besucherverkehr nicht mehr bewältigen konnte, stand die Eingangstür zu den Öffnungszeiten der Agentur für Arbeit offen. Zum Schutz ihrer eigenen Mitarbeiter hatte die Agentur für Arbeit einen Sicherheitsdienst beauftragt, der auf den Fluren innerhalb der angemieteten Stockwerke patrouillierte.

Der Mieter machte eine Mietminderung von 50 Prozent geltend, da die Anzahl und das Verhalten der „Hartz IV- Behörde“ Besucher negative Auswirkungen auf das Mietobjekt habe. Die fehlende Zugangskontrolle führe dazu, dass unangemeldete Besucher der Behörde auch vor den Büros und Praxen erschienen und sich auch in der Tiefgarage aufhielten.

Das OLG hielt eine Mietminderung von 15 Prozent für angemessen. Die Mietsache sei mängelbehaftet. Der Betrieb einer Zugangskontrollanlage sei vertraglich geschuldet. Die Außerbetriebnahme sei von den Mietern auch nicht akzeptiert worden. Eine vergleichbare Sicherheitslage sei auch nicht durch eine an der Drehtüre postierte Person geschaffen worden. Der Vermieter schulde hier die Vermietung der übrigen Flächen an solche Mitmieter, deren Besucherverkehr in quantitativer Hinsicht einem Bürobetrieb entspreche und durch eine Zugangskontrollanlage in Verbindung mit der Türsprechanlage bewältigt werden könne. Auch in qualitativer Hinsicht müsse der Besucherverkehr zumindest den durchschnittlichen Anforderungen gerecht werden. Zwar wiesen die Richter ausdrücklich darauf hin, dass ein erheblicher Teil der Besucher dem Durchschnitt der Bevölkerung entspreche. Es könnten aber auch nicht die Augen davor verschlossen werden, dass sich unter den Besuchern der Hartz IV-Abteilung, der Suchtberatungsstelle und der Schuldnerberatung ein überdurchschnittlicher Anteil von sozial auffällig gewordenen Personen befinde (OLG Stuttgart, 13 U 51/2006).
 


 

Gesetze

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

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